Der Schuldner erbringt seine Leistung nicht rechtzeitig - an welche Rechtsbehelfe des Gl. mus ich denken?
Wahlrecht des Gl.:
Ersatz des Verzugsschadens, §§ 280 I, II, 286 BGB -> verschuldensabhängig
Ersatz eines durch die Nichtleistung entstandenen Schadens, §§ 280 I, III, 281 BGB.
Rücktritt, §§ 346, 323 I BGB -> verschuldesun abhängig
ABER:
Worin liegt der wesentliche Unterschied (abgesehen von der RF) zwischen SchE wegen Sch.-Verzug und Rücktritt?
SchEA n. §§ 280 I, II, 286 BGB setzt Vertretenmüssen voraus, wohingegen ein Rücktrittsrecht verschuldensunabhängig geltend gemacht werden kann.
Warum räumt § 323 IV BGB dem Gl. ein Rücktrittsrecht ein, wenn vor dem Eintritt der Fälligkeit der Leistung offensichtlich ist, dass die Vs. des Rücktritts vorliegen werden, § 281 BGB ihm bei selbiger Situation keinen SchEA aus § 281 I BGB?
Eine Regelung, dass der Gl. SchE verlangen kann, wenn vor dem Eintritt der Fälligkeit der Leistung offensichtlich ist, dass der Sch. nicht leisten wird, beinhaltet § 281 BGB nicht.
Teilweise wird hier eine analoge Anwendung des § 323 IV BGB verlangt.
Ein solcher Gedanke sei abzulehnen. Verlangt der Gl. SchE statt der Leistung, verlangt er das positive Interesse (den Gewinn, also das was ihm aus dem Vertrag gebührt). Der sich aus dem Vertrag ergebende Gewinn steht ihm aber erst nach Fälligkeit zu. Demnach wäre es unkonsequent, dem Gl. etwas zuzusprechen, was ihm nocht nicht gebührt.
Nachdem der Schuldner auch nicht auf eine vom Gl. gesetzte Nachfrist leistet, stehen dem Gl. SchEA, Rücktritt sowie weiterhin der Anspruch auf Erfüllung zu - wie gelangt der Sch. Rechtsklarheit darüber, was der Gl. von ihm verlangt?
P: Schwebezustand des Schuldners.
Teilw. wurde vertreten, dass § 262 BGB entsprechend oder analog anzuwenden sei, sodass der Schuldner den Rechtsbehelf des Gl. hätte wählen können.
Kritik: Rechte des Gl. beruhen - anders als bei der Wahlschuld - nicht auf vertraglicher Vereinbarung, sondern sind Folge der Pflichtverletzungen des Sch.
Zudem wurde eine Anwendung des § 350 BGB gefordert. Dem Wortlaut nach ist dieser aber nur auf vertragliche und nicht gesetzliche Rücktrittsrechte anzuwenden, wie § 323 BGB eines ist. Eine analoge Anwendung ist mangels planwidriger Regelungslücke nicht möglich.
-> Folge: Dem Gl. bleibt weiterhin die Befugnis zur Auswahl dessen Rechtsbehelf erhalten, sog. elektive Konkurrenz.
-> Der Sch. kann sich dem Schwebezustand nur dadurch entziehen, indem er dem Gl. die Leistung wie geschuldet anbietet, sodass dieser entweder zur Erfüllung annimmt oder in Annahmeverzug gerät und somit eine Ansprüche teilw. verliert.
Was bedeutet Rücktritt?
Rücktritt bedeutet die Rückgängigmachung eines Schuldverhältnisses durch eine empfangsbedürftige Willenserklärung. Das Rücktrittsrecht ist ein Gestaltungsrecht, deren Vss. sich aus Vertrag oder Gesetz (auch außerhalb des SR AT) ergeben.
Im Ergebnis geht es darum, dass der Gl. seine Dispositionsfreiheit wieder erhält.
Ist § 323 I (§ 326 IV) BGB eine AGL?
NEIN - AUF KEINEN FALL.
Durch die Rücktrittserklärung (§ 349 BGB - empf. WE) wird das Rücktrittsrecht ausgeübt, woraufhin die Rechtslage, also das SV in ein Rückgewährschuldverhältnis, umgestaltet wird -> mithin ist der Rücktrit ein Gestaltungsrecht.
Man hat nur einen Anspruch aus nicht auf Rücktritt.
Welche Vs. hat das Rücktrittsrecht aus § 323 I BGB?
Unter folgenden Vs. liegt ein Recht zum Rücktritt aus § 323 I BGB vor:
Gegenseitiger Vertrag
Fälliger und durchsetzbarer Leistungsanspruch des Gl. gegen den Sch.
Fristsetzung bzw. Abmahnung, sofern nicht entbehrlich (§ 323 II, IV BG).
Kein Ausschluss (§ 323 V, VI BGB)
Nachfrist, § 323 BGB - Zu welchem Zweck ist dem Schuldner eine angemessene Nachfrist zur Leistung bzw. Nacherfüllung zu gewähren?
Der Gl. muss dem Sch. gem. § 323 I BGB eine angemessene Frist zur Leistung bzw. Nachbesserung setzen, bevor sich dieser vom Vertrag lösen kann.
Der Gesetzgeber räumt (entspr. dem Grundsatz pacta sunt servanda) - bei behebbaren Mängeln - dem Erfüllungsanspruch den Vorrang gegenüber dem Anspruch auf Rückgewährung der Leistungen aus § 346 BGB ein.
Dem Sch. soll eine letzte Chance gegeben werden, seiner Verpflichtung nachzukommen, um finanzielle Nachteile abzuwenden (Parallele zu § 281 I 1 BGB) -> Fristsetzung = letzte Warnung.
Nachfrist, § 323 BGB - Was meint Fristsetzung iSv § 323 I BGB?
Für eine Fristsetzung genügt es, wenn der Gl. dem Sch. durch das Verlangen nach sofortiger, unverzüglicher oder umgehender Leistung (oder vergleichbare Formulierung), deutlich macht, dass dem Schuldner für die Erfüllung nur ein begrenzter (bestimmbarer) Zeitraum zur Verfügung steht (BGH NJW 2009, 3135) - eine solche Aufforderung macht deutlich, dass nur ein bestimmbarer (begrenzter) Zeitraum für die Leistungserbringung zur Verfügung steht.
-> nachdrükliche Leistungsaufforderung, deren Ernstlichkeit sich zumindest aus dem Gesamtumsänden ergeben muss.
Die Angabe eines bestimmten Zeitraums oder (End-)Termins bedarf es nicht.
Nachfrist, § 323 BGB - K kauft am 01.02. ein handgefertigtes Klavier bei V. Beide vereinbaren, dass das Klavier am 15.07. desselben Jahres an K geliefert werden soll. Nachdem V am 15.07. zur vereinbarten Zeit nicht liefert, setzt K ihm eine Frist bis zum 25.07.. V erwidert, dass es in dieser kurzen Zeit unmöglich sei, ein solches Klavier herzustellen. Die Frist sei zu kurz. K könne am 25.07. nicht wirksam vom Vertrag zurücktreten.
P: Angemessenheit der Nachrfrist.
Die Nachfrist müsste nach objektiven Maßstäben angemessen sein.
Die Angemessenheit beurteilt sich nach den Umständen des Einzelfalls unter Berücksichtigung der Interessen beider Vertragsparteien.
Die Nachfrist soll dem Schuldner die Möglichkeit geben, eine bereits begonnene Leistung zu vollenden. Da der Schuldner aber ab Fälligkeit leistungsbereit zu sein hat, braucht die Frist nicht so lang bemessen zu sein, dass der Schuldner die noch nicht begonnene Leistung anfangen und beenden kann.
Demnach müssten 10 Tage zur Vollendung der Leistung, für welche ohnehin ausreichend Zeit gegeben wurde, angemessen sein.
Nachfrist, § 323 BGB - K kauft am 01.02. ein handgefertigtes Klavier bei V. Beide vereinbaren, dass das Klavier am 15.07. desselben Jahres an K geliefert werden soll. Nachdem V am 15.07. zur vereinbarten Zeit nicht liefert, setzt K ihm eine Frist bis zum 16.07.. V führt an, dass er lediglich noch die Gravur einfügen müsse, dass (aufgrund eines Engpasses in der Schreinerrei) erst am 17.07. möglich ist. Kann K nach der von ihm gesetzten Frist vom Vertrag zurücktreten bzw. müsste er - sofern die Nachfrist unangemessen war - eine neue setzen?
Aus dem Umstand, dass die Nachfrist den Zweck hat, dem Schuldner die Möglichkeit zur Vollendung seiner bereits angefangenen Leistung vorzunehmen ist eine 1-Tages Frist für eine Vollendung, welche 2-Tage dauert, objektiv zu kurz bemessen und somit nicht angemessen. Ein am 17.07. erklärter Rücktritt wäre unwirksam.
K müsste aber keine neue Frist setzen, denn jede unangemessene Fristsetzung setzt stets eine objektiv angemessene Frist in Lauf. Die konkrete Ausgestaltung der Frist bestimmt sich wiederum nach den Umständen des Einzelfalls unter Berücksichtigung der Interessen der Vertragsparteien.
Nachfrist, § 323 BGB - bedarf es für den Rücktritt aus § 323 I BGB stets einer Fristsetzung?
Nein -> gem. § 323 II bzw. III BGB kann eine Frist entbehrlich oder vielmehr eine Abmahnung erforderlich sein.
Nachfrist, § 323 BGB - Die vom Sch. zu erbingende Leistung liegt in einem Unterlassen - bedarf es hier einer Fristsetzung?
Nein -> Bei Unterlassungspflichten wird die Fristsetzung durch eine Abmahnung ersetzt, § 323 III BGB.
Nachfrist, § 323 BGB - K und V schließen einen Kaufvertrag über einen Mont Blanc Kugelschreiber für 1.000€. K hat die 1.000€ bezahlt. V verweigert die Herausgabe des Kugelschreibers, weil er der Auffassung ist, er hätte noch eine offene Forderung ggü. K aus einem anderen Kugelschreiber-Deal und möchte deshalb den Kugelschreiber erst nach Zahlung der daraus noch offenen 100€ herausgeben. Tatsächlich hat K die Forderung über 100€ bereits bezahlt.
Erfordert der Rücktritt des K eine Fristsetzung gem. § 323 I BGB?
P: Wann ist eine Leistungsverweigerung ernsthaft und endgültig?
Zwar erfordert der Rücktritt gem. § 323 I BGB eine angemessen Nachfristsetzung.
Indem V dem Herausgabeverlangen des K nicht nachkommt, könnte dieser die Leistung ernsthaft und engültig verweigert haben, sodass eine Fristsetzung gem. § 323 II Nr. 1 BGB entbehrlich wäre.
An eine ernsthafte und endgültige Leistungsverweigerung sind strenge Anforderungen zu stellen.
Eine Erfüllungsverweigerung liegt nur vor, wenn der Sch. unmissverständlich und eindeutig zum Ausdruck bringt, dass er seinen Vertragspflichten unter keinen Umständen nachkommen wird und eine Fristsetzung hieran nichts ändern wird.
Es muss sich um das letzte Wort des Schuldners zu seiner Leistungsbereitschaft handeln.
Fall: Hier geht V davon aus, aufgrund eines Zurückbehaltungsrechts aus § 273 BGB nicht leisten zu müssen, demnach K im Moment keinen Anspruch auf den Kugelschreiber hat. Aus dem bloßen Bestreiten eines Anspruchs lässt sich noch keine unmissverständliche und eindeutige Leistungsverweigerung ableiten. Mithin muss K dem V eine Nachrfrist setzen.
Woran muss ich denken, wenn der Schuldner vor dem vereinbarten Leistungstermin erklärt, dass er nicht werde leisten können?
Zwar setzt § 323 I BGB den Rücktritt unter die Vs. das die Leistung fällig und der Anspruch darauf durchsetzbar ist. Nach § 323 IV BGB kann der Gl. aber bereits vor Fälligkeit vom Vertrag zurücktreten, wenn der Eintritt der Vs. des Rücktritts offensichtlich ist.
Bsp.: Lieferant erklärt Käufer, dass er zum vereinbarten Termin nicht leisten kann, weil er selbst nicht beliefert wurde -> für die Ausübung des Rücktritts muss Käufer nicht erst bis zum Liefertermin warten.
Kein Ausschluss - § 323 V BGB - K und V schließen einen KV über eine Küche samt Geräte. V liefert die Küche ohne Geräte. K lehnt die Annahme unter Verweis auf § 266 BGB ab und setzt V eine angemessene Frist zur Leistungserbringung. Frist verstreicht erfolglos. Kann K ohne Weiteres vom Vertrag zurücktreten?
P: Es wurde nur eine Teilleistung angeboten -> setzt der Rücktritt gem. § 323 V 1 BGB nun Interessenortfall voraus?
Nein -> hier hat K die Leistung berechtigt abgelehnt (§ 266 BGB) und V zur Erbringung der gesamten geschuldeten Leistung unter Setzung einer Frist aufgefordert.
Grund: Wortlaut des § 323 V 1 BGB spricht von “eine Teilleistung bewirkt”. Indem K die Annahme der Teilleistung berechtigt ablehnte, wurde noch keine Teilleistung bewirkt und es liegt kein Annahmeverzug vor, sodass das zusätzliche Erfordernis aus § 323 V 1 BGB - Interessenfortfall - nicht erfüllt sein muss.
Achtung 🚨 : Anders bei Teilunmöglichkeit (Wiederholung: Der noch mögliche Teil der Leistung ist dann keine Teilleistung iSv § 266 BGB mehr, sondern gem. § 275 BGB (“soweit”) die ganze (“noch”) geschuldete Leistung -> daher kein Ablehnungsrecht aus § 266 BGB.
Wann liegt Interessenfortfall iSv § 323 V 1 BGB vor?
Ein Interessenfortfall iSv § 323 V 1 BGB liegt vor, wenn der Gl. mit der angenommenen Teilleistung seine Vertragszwecke auch nicht anteilig verwirklichen kann -> Gl. kann nur mit vollständiger Leistung was anfangen (es werden nur 8 qm Fliesen für eine 10 qm Küche geliefert.)
Kein Ausschluss - wann liegt Interessenfortfall iSv § 323 V 1 BGB vor?
Ein Interessenfortfall iSv § 323 V 1 BGB setzt voraus, dass der Gl. seine Vertragszwecke mit der angenommenen Teilleistung auch nicht anteilig verwirklichen kann.
Besonderheiten Teilrücktritt - K und V schließen KV über den Kauf einer Küche samt Geräte. V liefert die Geräte nicht, sondern nur die Küche und baut diese ein. Nach erfolglosem Ablauf einer Nachfrist, möchte K vom Vertrag hinsichtlich der Geräte zurücktreten - möglich? Wenn ja, fordert dies Interessenfortfall?
Aus der Existens des § 323 V 1 BGB lässt sich e contrario die Möglichkeit zum teilweisen Rücktritt ableiten -> Mithin Teilrücktritt hinsichtlich der Geräte möglich.
Interessenfortfall wird nur verlangt (vgl. Wortlaut § 323 V 1 BGB -> “vom ganzen Vertrag”), wenn vom ganzen Vertrag zurückgetreten werden soll.
Besonderheiten Teilrücktritt - warum wird beim Rücktritt zwischen qualitativer und quantitativer Schlechtleistung unterschieden?
§ 323 BGB setzt bei Rücktritt wegen quantitativer Schlechtleistung (Zuweniglieferung - Teilleistung; Achtung: 🚨 nicht im Gewährleistungsrecht!) höhere Anforderungen.
Grund für diese Differenzierung ist der Grundsatz der Vertragserhaltung. Ein Rechtsbehelf der den Vertrag insgesamt aufhebt (Rücktritt), soll ggü. anderen, die zunächst unter Aufrechterhaltung des Vertrages die Leistungsstörung kompensieren, subsidiär sein, weil die vollständige Rückabwicklung eines Vertrages kostenintensiv und ökonomisch unzweckmäßig ist, wenn die Leistungsstörung behoben bzw. kompensiert werden kann.
-> Stärkung pacta sunt servanda.
-> Teilleistung soll bösgläubigen GL. nicht ermöglichen, sich aus dem Vertrag zu stehlen.
Inwiefern sind § 323 V S. 1 und S. 2 BGB voneinander abzugrenzen?
Satz 1 findet Anwendung bei einer Teilleistung und fordert für den Rücktritt Interessenfortfall.
Satz 2 findet hingegen bei einer nicht wie geschuldet erbrachten Leistung Anwendung und lediglich, dass die Schlechtleistung nicht nur unerheblich ist.
-> Unterscheidung hinsichtlich Anwendungsbereich und Höhe der Anforderungen.
-> Mithin immer klar machen, ob Teilleistung oder Schlechtleistung vorliegt.
Rücktrittserklärung, § 349 BGB - A steht ein Rücktrittsrecht zu und erklärt B vor Ablauf einer angemessenen Frist den Rücktritt. Ist der Rücktritt wirksam?
Nein -> eine Erklärung des Rücktritts bei Nichtvorliegen der Rücktrittsvoraussetzungen ist unwirksam. Erklärt man den Rücktritt vor Ablauf der angemessenen Frist hat dies nicht zur Folge, dass nach Fristablauf die Rücktrittsrechtfolgen eintreten.
Der Rücktritt ist unwirksam.
A kauft einen Tisch bei B für 200€. A nimmt den Tisch sofort mit und zahlt 100€. Sie vereinbaren, dass A die restlichen 100€ am 02.05.2024 zu zahlen hat. A zahlt am 02.05.24 nicht. B setzt Frist auf 10.5.2024 und A zahlt weiterhin nicht.
Kann B vom ganzen Vertrag zurücktreten?
P: Rücktritt bei Teilverzögerung
Leistet der Sch. nur eine Teilleistung (Hier 100€/200€) setzt ein Rücktritt des Gl. vom ganzen Vertrag nach § 323 V 1 BGB Interessenfortfall voraus.
Ein Interesse des Gl. an der Teilleistung käme in Betracht, wenn die Leistung als auch die Gegenleistung teilbar wären und damit ein teilweiser Leistungsaustausch möglich wäre.
Der Tisch lässt sich nicht teilweise verkaufen und auch nicht teilweise rückabwickeln.
Danach hat B hier kein Interesse am Rückerhalt eines “Tisch-Teils”, sodass Interessenfortfall bei einer nicht teilbaren Leistung anzunehmen ist.
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