Polizei- und ordnungsbehördlichen Generalklausel
A. Ermächtigungsgrundlage
I. Anwendbarkeit des OBG und PolG NRW
1. Keine Spezialgesetz einschlägig
2. Keine Standartmaßnahme, § 9 ff. PolG NRW
3. Generalklausel, § 14 I OBG/ § 8 PolG NRW
B. Formelle Rechtmäßigkeit
I. Zuständige Behörde
II. Verfahren, § 28 VwVfG
III. Form, § 20 I OBG (für Polizei gilt § 37 II VwVfG NRW)
C. Materielle Rechtmäßigkeit
I. Tatbestand
a) Schutzgut der öffentlichen Sicherheit und Ordnung betroffen
b) Gefahr für eines dieser Gefahr
c) Verantwortlichkeit
- Verhaltensverantwortlichkeit, § 17 OBG/ § 4 PolG
- Zustandsverantwortlichkeit, § 18 OBG/ § 5 PolG
- Inanspruchnahme eines Nichtverantwortlichen, § 19 OBG/ § 6 PolG NRW
II. Rechtsfolgen: Ermessen, § 15 OBG/ § 3 PolG
1. Entschließungsermessen (“OB” des Tätigwerdens)
2. Auswahlermessem (“WIE” des Tätitgwerdens)
a) Auswahl des richtigen Verantwortlichen
b) Auswahl des richtigen Mittels
-> schnell, effektiv und kostengünstig Gefahrenabwehr
Zuverlässigkeitsbegriff, Gewerberecht, z.B. § 35 I GewO
Unzuverlässigkeit liegt vor, wenn der Gewerbetreibende nach dem Gesamteindruck seines Verhaltens nicht die Gewähr dafür bietet, dass er sein Gewerbe künftig ordnungsgemäß betreiben wird.
Fallgruppen Zuverlässigkeitsbegriff, Gewerberecht, z.B. § 35 I GewO
Persönliche Mängel (z.B. Drogensucht)
Steuerrückstände
Nichtabführung der Sozialbeiträge
Wirtschaftliche Leistungsunfähigkeit
Straftaten und ggf. Ordnungswidrigkeiten
(P) Verletzung privatrechtlicher Pflichten (eher nicht)
+ Gewerbebezug
Öffentliche Ordnung
Definition Öffentliche Ordnung: Die Gesamtheit der ungeschriebenen Regeln, deren Befolgung nach den jeweils herrschenden sozialen und ethischen Anschauungen als unerlässliche Voraussetzung eines geordneten menschlichen Zusammenlebens innerhalb eines bestimmten Gebietes angesehen wird.
Definition der konkreten Gefahr
Ein Lebenssachverhalt, der bei ungehindertem Ablauf in absehbarer Zeit mit hinreichender Wahrscheinlichkeit zu einem Schaden an den polizeilichen bzw. ordnungsbehördlichen geschützten Gefahr führt.
Gefahrenverdacht:
Ex ante objektive Anhaltspunkte, die die Gefahr möglich erscheinen lassen.
(P) Unsicherheiten bei der Gefahrprognose
Klassisch objektiver Gefahrenbegriff
Eine Gefahr liegt nur vor, wenn eine Sachlage oder ein Verhalten eine wirkliche Gegebenheit darstellt und nach wirklich bewährten Erfahrungssätzen mit hinreichender Wahrscheinlichkeit zur Schädigung eines polizeilich geschützten Rechtsgutes führen.
Tatsächliche Gefahr:
Ex ante berechtigte Prognose, die sich ex post bestätigt.
Anscheinsgefahr:
Ex ante liegen objektive Anhaltspunkte vor, dass es mit hinreichender Wahrscheinlichkeit in naher Zukunft zu einer Verletzung der öffentlichen Sicherheit oder Ordnung kommt.
Scheingefahr/ Putativgefahr:
Es ist objektiv ex ante bereits erkennbar, dass keine Gefahrenlage vorliegt, der handelnde Amtswalter beurteilt die Situation aber subjektiv falsch. -> keine Gefahr!
Zweckveranlasser
Definition: Die fragliche Person überschreitet die Gefahrenquelle nicht selbst, die Gefahr ist aber mittelbare Folge seines Verhalten. Der Zwackveranlasser verhält sich ggfs. selbst legal, provoziert jedoch andere Personen Gefahren oder Störungen zu verursachen.
Inanspruchnahme von Nichtverantwortlichen, § 19 OBG/ § 9 PolG NRW
A. Tatbestandsvoraussetzungen
I. Gefahr für die öffentliche Sicherheit oder Ordnung i.S.v. § 14 I OBG / § 8 I PolG NRW
II. Notstandspflichtigkeit nach § 19 OBG/ § 6 PolG NRW
1. Betroffener weder Verhaltens- noch Zustandsstörer gem. §§ 17, 18 OBG/ §§ 4, 5 PolG NRW
2. Gegenwärtige erhebliche Gefahr i.S.v. § 19 I Nr. 1 OBG/ § 6 I Nr. 1 PolG NRW
3. Unmöglichkeit anderweitige Gefahrenabwehr, § 19 I Nr. 2 OBG/ § 6 I Nr. 2 PolG NRW
4. Vorrangigkeit behördlicher Gefahrenabwehr, § 19 I Nr. 3 OBG/ § 6 I Nr. 3 PolG NRW
5. Opfergrenze beim Nichtverantwortlichen, § 19 I Nr. 4 OBG/ § 6 I Nr. 4 PolG NRW
B. Rechtsfolge
I. Ermessensausübung gem. § 16 OBG/ § 3 PolG NRW
II. Verhältnismäßigkeit der Maßnahme, § 15 OBG/ § 2
Ersatzvornahme, §§ 51 I Nr. 1, 52 PolG; §§ 57 I Nr. 1, 59 VwVG NRW
Vornahme einer vertretbaren Handlung anstelle des Pflichtigen
Zwangsgeld, §§ 51 I Nr. 2, 53 f. PolG NRW; §§ 57 I Nr. 2, 60 f. VwVG NRW
Beugemittel, um zur Erfüllung der Anordnung zu veranlassen
Unmittelbarer Zwang, §§ 51 I Nr. 3, 55 PolG NRW; §§ 57 I Nr. 3, 62 VwVG NRW
Erzwingung von Handlung/ Duldung/ Unterlassen durch direkte staatliche Einwirkung
Gestrecktes Verfahren, Verwaltungsvollstreckung
A. Ermächitigungsgrundlage
-> Polizei: § 50 I PolG NRW
-> Andere: § 55 I VwVG NRW
B. Formelle Rechtmäßigkeit (gleich)
1. Zuständigkeit (Grundsatz des Selbstvollzugs)
2. Verfahren (str. ob VA)
3. Form (grds. keine besondere Form, außer beim Zwangsgeld)
C. Materielle Voraussetzungen
I. Vollstreckungsvoraussetzungen
1. Wirksamer Grund VA gerichtet auf Handlung/ Duldung/ Unterlassen
2. Vollziehbarkeit des Grund VA
unanfechtbar oder sofort vollziehbar (§ 80 II VwGO)
3. (P) Rechtmäßigkeit des Grund VA
keine Prüfung nach g.h.M. bei Unanfechtbarkeit
ansonsten kann dahinstehen, wenn der Grund VA rechtmäßig ist
II. Vollstreckungsverfahren
1. Richtiges Zwangsmittel
2. Androhung (§ 63 VWVG NRW, § 56 PolG)
Schriftform, Fristbestimmung
Verbindung mit GrundVA möglich
3. Festsetzung (§ 64 VwVG NRW)
4. Besondere Voraussetzungen des Zwangsmittels
5. Richtiger Adressat
III. Ermessen
Gekürztes Verfahren, Verwaltungsvollstreckung
2. Verfahren (str.)
3. Form
1. Kein Grund-VA ergangen
Wenn GrundVA nicht vollziehbar ist: Ebenfalls nach h.M. anwendbar (Erst-Recht-Schluss)
2. Voraussetzungen von § 55 II VwVG NRW/ § 50 II PolG NRW
a) Formelle und Materielle Rechtmäßigkeit eines fiktives Grund-VAs
b) Gegenwärtige Gefahr
c) Notwendigkeit (des Verzichts auf GrundVA, Androhung und Festsetzung)
Gestrecktes Verfahren nicht möglich
Prüfung i.S.d. der Erforderlichkeit
2. Androhung (§ 63 VwVG NRW, § 56 PolG) -> entbehrlich gem. § 56 I 3 PolG NRW, § 63 I 5 VwVG NRW
3. Festsetzung gem. § 64 S. 2 VwVG NRW nicht erforderlich
Entschließungsermessen
Auswahlermessen
Gegenwärtige Gefahr im Sinne des § 55 II VwVG (Verwaltungsvollstreckung)
Gegenwärtige Gefahr ist eine Sachlage bei der die Einwirkung des schädigenden Ereignisses bereits begonnen hat oder bei der diese Einwirkung mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit umgehend bevorsteht.
Kostenrecht, Rechtmäßigkeit des Kostenbescheides
I. Ermächtigungsgrundlage für den Kostenbescheid
II. Formelle Rechtmäßigkeit des Kostenbescheides
1. Zuständigkeit zum Erlass des Kostenbescheides
2. Anhörung
III. Materielle Rechtmäßigkeit des Kostenbescheides
1. Rechtmäßigkeit der Ersatzvornahme gem. § 24 I VO VwVG NRW
2. Richtiger Kostenschuldner i.S.d. § 20 II 1 VO VwVG NRW
3. Erstattungsfähigkeit der Kosten
4. Fälligkeit der angesetzten Kosten mit Entstehung, § 20 IV S. 1 VO VwVG NRW
5. Ordnungsgemäße Ermessensausübung (i.d.R. intendiertes Ermessen)
Gewerbebegriff
Gewerbsmäßigkeit (positive Merkmale)
erlaubte Tätigkeit
selbstständigkeit
auf Dauer angelegt
mit Gewinnerziehlungsabsicht
Gewerbsfähigkeit (negative Merkmale)
Keine Urproduktion
Kein freier Beruf
Keine bloße Nutzung und Verwaltung eigenen Vermögens
Erlaubte Tätigkeit, Gewerbebegriff
Nicht verboten oder sozial unwertig.
Gewinnerziehlungsabsicht, Gewerbebegriff
Gewinnerziehlungsabsicht ist das planmäßige Streben, mehr zu erwirtschaften als zur Deckung der betrieblichen Nebenkosten erforderlich ist.
Dauerhaftigkeit, Gewerbebegriff
Planmäßiges Handeln von gewisser Nachhaltigkeit
muss nicht ununterbrochene Tätigkeit sein
auch einmalige Tätigkeiten, wenn diese sehr lange anhalten
Selbstständig, Gewerbebegriff
Selbstständig ist, wer auf eigene Rechnung und eigene Gefahr nach außen im Namen auftritt und im Innenverhältnis in persönlicher und sachlicher Unabhängigkeit eigene Verantwortung trägt.
Keine Urproduktion, Gewerbebegriff
Land- und Forstwirtschaft, Weinbau, Gartenbau, Fischerei, Bergbau etc.
Ordnungsbehördliche Verordnung
I. Ermächtigungsgrundlage für die ordnungsbehördliche Verordnung
§§ 25, 27 I OBG
Beachte Wesentlichkeitstheorie: Je wichtiger die Angelegenheit, insbesondere je intensiver der Grundrechtseingriff, desto genauer muss die Regelung im Parlamentsgesetz sein.
II. Formelle Rechtmäßigkeit
a) Zuständigkeit
Verbandskompetenz: Gemeinde gem. §§ 27 I - III, 3 OBG NRW
Organkompetenz: § 27 IV OBG
b) Verfahren (insb. Anhörung gem. § 28 VwVfG NRW)
aa) Wirksamer Ratsbeschluss gem. §§ 47 ff. GO NRW
bb) Verkündung gem. §§ 33, 34 OBG NRW
c) Form, § 30 OBG
III. Materielle Rechtmäßigkeit der ordnungsbehördlichen Verordnung
a) Bestimmtheit, § 29 OBG NRW
b) Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung (abstrakte Gefahr hier auch ausreichend)
c) Richtiger Adressatenkreis
d) Rechtsfolge Ermessen (Vereinbarkeit mit höherrangigem Recht, insbesondere Grundrechte)
Gewahrsam im Sinne des § 35 I PolG NRW
Als Gewahrsam wird ein Rechtsverhältnis bezeichnet, das mit hoheitlicher Gewalt hergestellt wird und kraft dessen einer Person in der Weise die Freiheit entzogen wird, dass sie von dem Hoheitsträger in einer dem hoheitlichen Zweck entsprechender Weise verwahrt und daran gehindert wird, sich fortzubewegen.
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