1. Bestehen klare Aussagen über die Prävalenzen von Kindesmisshandlung?
- Es gibt keine systematische, umfassende empirische Dauerbeobachtung oder Erfassung zum Ausmaß von Vernachlässigung und Misshandlung von Kindern
- Verschiedene Statistiken und Hinweise auf Teilmengen bestehen:
In den 1990er Jahren etwa 100 Kinder jährlich, seitdem um die Hälfte gesunken, etwa 50% der getöteten Kinder sind unter einem Jahr alt
2. Welche Formen kindlicher Misshandlung gibt es?
- Vernachlässigung (häufigste Gefährdungsform)
- Seelische Gewalt/ psychische Misshandlung
- Körperliche Erziehungsgewalt/ physische Misshandlung
- Kindestötung
3. Können Präventionsprogramme viel bewirken?
- Nein, es besteht ein Präventionsdilemma
- Die Programme erreichen nur die Mittelschicht und verstärken sogar die soziale Ungleichheit statt sie abzuschaffen und Chancengleichheit zu ermöglichen
4. Welche Risikofaktoren für eine Kindeswohlgefährdung gibt es?
- Wahrnehmung des Kindes als Belastung
- Elterliche Psychopathologie
- Elterlicher Stress
- Geringe Selbstwirksamkeit der Eltern
- Geringe soziale Kompetenz des Kindes
- Dysfunktionale Eltern-Kind-Beziehung
- Ungeplante Schwangerschaft
- Niedriger SES
-> erst mehrere Faktoren zusammen führen meist zu einem Risiko
5. Welche Formen der Vernachlässigung gibt es?
Vernachlässigung des körperlichen Kindeswohls:
Mangelnde Versorgung und Pflege, zu geringe Beaufsichtigung und Zuwendung, unzureichender Schutz vor Risiken und Gefahren
Vernachlässigung des seelischen Kindeswohls/ emotionale Vernachlässigung:
Unzureichendes oder ständig wechselndes und dadurch nicht verlässliches, tragfähiges emotionales Beziehungsangebot
Vernachlässigung der geistigen Entwicklung:
Mangel an Entwicklungsimpulsen und schulischer Förderung, insb. das Desinteresse der Eltern an regelmäßigen Schuldbesuchen des Kindes
6. Wodurch lässt sich eine emotionale Vernachlässigung des Säuglings
kennzeichnen?
Eltern begegnen dem Säugling dauerhaft mit nicht responsivem Verhalten, d.h. Bezugspersonen sind emotionale, mimisch und sprachlich nicht verfügbar
Bezugspersonen reagieren auf die kommunikativen Angebote des Kindes nicht angemessen emotional, sprachlich und mimisch
7. Was sind Zeichen einer Vernachlässigung des Kindes (ab 4-6 Lebensmonat)?
Blickkontaktvermeidung
Apathie, Passivität
Spiel- und Erkundungsverhalten wirkt ziellos und unkonzentriert
Kinder geben schnell auf Kontingenzen zwischen ihrem und dem V erhalten der Eltern zu suchen
Vernachlässigende Eltern reagieren zu selten auf Bedürfnisäußerungen ihres Kindes, sodass es keine Zusammenhänge zwischen seinen Verhaltens- und Gefühlsäußerungen und den Äußerungen der Eltern herstellen kann
8. Definiere ,Körperliche Misshandlung‘
Die körperliche Misshandlung ist die direkte Gewalteinwirkung auf das Kind durch Schlagen, Treten usw..
Sie hinterlässt sichtbare Spuren auf der Haut und ist durch folgende körperliche Symptome geprägt: Verletzungen an untypischen Stellen (Handrücken, Bissspuren, Verbrennungen, Verletzung innerer Organe usw.).
Die häufigste Todesursache ist das Schütteltrauma durch eine ZNS-Schädigung.
9. Definiere ,Psychische Misshandlung‘
Die psychische Misshandlung ist geprägt durch Zurückweisung, Ablehnung, Herabsetzung, Verängstigung, Terrorisierung und Isolation, Beschimpfen, Verspotten, Einsperren, Liebensentzug, Überforderung durch unangemessene Erwartungen, Todesdrohungen, symbiotische Bindung usw.
10. Definiere ,Sexuelle Kindesmisshandlung‘
Sexuelle Kindesmisshandlung beschreibt sexuelle Handlungen mit Körperkontakt, Vorzeigen pronografischer Materialien durch eine ältere Person. Sie ist immer mit körperlicher und seelischer Gewalt verbunden.
11. Was ist das ,Münchhausen Stellvertreter Syndrom‘?
Das Münchhausen Stellvertreter Syndrom beschreibt die subtile Form der Misshandlung durch manipulatives ,,überfürsorgliches‘‘ Verhalten meistens der Mutter.
12. Was sind ,Adoleszenzkonflikte‘?
Adoleszenzkonflikte sind geprägt durch fehlende Akzeptanz der wachsenden Fähigkeiten und Bedürfnisse nach Selbstständigkeit. Es entstehen Ablösungs- und Autonomiekonflikte, die eskalieren und die weitere Entwicklung des Kindes verhindern.
13. Was sind Indikatoren für eine Misshandlung (ab 4-6 Lebensmonat)?
Blickverhalten wirkt gespannt aufmerksam
Sie wirken ängstlich – abweisend
Regungslos – wachsam
Wirken in der motorischen Entwicklung eingeschränkt, da sie auf lebhaftes Verhalten verzichten
Bei unangenehmen Handlungen (invasives Füttern, grobe Pflegehandlungen, aggressiv getöntem Körperkontakt) wehren sie sich viel weniger als man ihrem Alter entsprechend erwarten dürfte
Können Essprobleme und Aufmerksamkeitsstörungen haben
Dysphorisch und dysrhythmisch
14. Was ist das ,Battered-child-syndrom‘?
Das Battered-child-syndrom beschreibt typische äußere und knöcherne Verletzungen und Mehrfachverletzungen mit unterschiedlichen Entstehungszeitpunkten.
15. Was ist das ,Shaken-Baby-Syndrom‘/Schütteltrauma?
Bei dem Syndrom entsteht durch das heftige Schütteln des Säuglings ein subdurales Hämatom ohne sichtbare äußere Verletzungen.
Mögliche Hinweise sind Hämatome an Schultern, Brust und Oberarmen, Benommenheit, Schläfrigkeit bis Bewusstlosigkeit, Erbrechen. Leitsymptome sind eine retinale Einblutung, cerebrale Krampfanfälle und Bewusstseinstrübungen.
16. Welche Formen von Misshandlung können im Kontext der Ernährung auftreten?
Misshandlung durch invasives Füttern – Griffmarken an Wangen (gewaltsames Öffnen des Mundes), Verbrennungen und Verbrühungen im Mundbereich
Mangelnde Kenntnis der Zubereitung von Nahrung
Überhöhte Erwartungen an die Selbstständigkeit des Kindes oder Fehleinschätzung der kindlichen Entwicklung
Keine Rhythmizität (Essen wird vergessen)
Keine Kontrolle der Nahrungszufuhr
Gedeihstörungen (geht häufig mit Persönlichkeitsstörungen der Eltern einher)
Austrocknen bei zu wenig Flüssigkeitszufuhr (trockene Schleimhäute, Augen liegen tief, Augenhöhlen sind glänzend, keine Tränen, seltenes Wasserlassen, kein Urin, stehende Hautfalten, Teilnahmslosigkeit)
17. Welche Folgen können durch die Misshandlung entstehen?
Körperliche Entwicklung
Unter-, Übergewicht, Minderwuchs, allgemeine Krankheitsanfälligkeit, körperliche Fehlentwicklung, verzögerte motorische Entwicklung
Kognitive Entwicklung:
Sprachprobleme, geistige Fehlentwicklung etc., Schulschwierigkeiten
Psychische Entwicklung:
Psychatrische Auffälligkeiten, Hyperaktivität, Inaktivität/Passivität, gestörte Wach- und Schlafphasen, Hospitalismuserscheinungen
Soziale Entwicklung:
Distanzlosigkeit, Aggressivität, Depressionen, Ängste
Frühe Beziehungs- und Bindungsstörungen/ frühkindliche Deprivation:
Massive Kontaktstörungen mit widersprüchlichen Reaktionen, Distanzlosigkeit, Angst, Misstrauen, Selbst- und Fremdaggressio
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