1. Wie viele Menschen sind derzeit ca. auf Flucht und wie viele davon sind Frauen (im gebärfähigen Alter)?
➢ Weltweit sind über 80 Mio. Menschen auf der Flucht
➢ 1/3 sind Frauen
➢ Die Hälfte der Frauen ist im gebärfähigen Alter; ein hoher Anteil dieser Frauen ist schwanger oder stillt
2. Welche Gründe gibt es für eine Flucht?
➢ Krieg
➢ Verfolgung: politische Einstellung, Sexualität, Religion, Hautfarbe
➢ Schlechte wirtschaftliche Situation: Armut, keine Zukunftsaussichten
➢ Auswirkungen der Klimakrise: Hunger, Hungersnot, Armut
3. In welche rechtlichen „Kategorien“ werden Geflüchtete eingeteilt und was bedeuten diese? Welche zwei zusätzlichen Schutzformen gibt es?
➢ Asylsuchende: Personen, die Schutz suchen, aber noch keinen Antrag gestellthaben. Sie befinden sich in einer rechtlichen Grauzone.
➢ Asylbewerber:innen: Personen mit laufendem Asylverfahren, häufig
eingeschränkten Rechten und begrenztem Zugang zu Sozialleistungen.
➢ Schutzberechtigte: Menschen mit Anerkennung nach Artikel 16a Grundgesetz oder der Genfer Flüchtlingskovention (z.B. politische Verfolgung). Sie erhalten:
Dreijähriges Bleiberecht
Zugang zu Sozialleistungen und Familiennachzug
Nach 5 Jahren Möglichkeit auf eine unbefristete Arbeitserlaubnis
➢ Geduldete: Ausreisepflichtige, bei denen Abschiebehindernisse (z.B.
völkerrechtliche Abschiebehindernisse wie z.B. Folter im Heimatland) bestehen. Rechte und Leistungen sind stark eingeschränkt.
➢ Schutzformen:
Schutz (wird gewährt, wenn ernste Gefahren [Todesstrafe, Folter] drohen, ohne dass das Asylrecht greift; Bleiberecht beträgt ein Jahr; Verlängerung möglich)
Illegalisierte (Personen ohne Aufenthaltsstatus, die keine Gesundheits- und Sozialleistungen erhalten)
4. Was sind häufige Erfahrungen, die Frauen auf Flucht machen?
➢ Gewalterfahrungen (sexuelle Gewalt, Zwangsprostitution, Missbrauch)
➢ Hygienemangel
➢ Tod: Viele überleben die Flucht nicht (seit 2014 ca. >24.000 Menschen bei Flucht über Mittelmeer ums Leben gekommen) oder erleben Tod von Anderen
5. Welche spezifischen Gesundheitlichen Belastungen können geflüchtete Frauen erleiden?
➢ Krankheiten: HIV, Malaria, Anämie, Vit-D-Mangel, Blutungsrisiken
➢ FGM_C: Weibliche Genitalverstümmelung
➢ Psychische Belastungen: PTBS, Depression, Angstzustände
➢ Bezüglich Schwangerschaft und Geburt: häufig Multiparität, rasche Schwangerschaftsfolgen, Spontangeburten ohne professionelle Betreuung
Welche Barrieren gibt es in der Gesundheitsversorgung von geflüchteten Frauen?
➢ Strukturelle Herausforderungen
Fragmentierte Versorgung: Frauen bleiben oft nur wenige Wochen in Erstaufnahmeeinrichtungen. Eine kontinuierliche Betreuung ist schwierig, nur möglich wenn Frau einer Kommune zugewiesen ist.
Hygiene und Privatsphäre: In Unterkünften fehlen oft Rückzugsorte und hygienische Standards, was das Wohlbefinden schwangerer Frauen gefährdet
➢ Kommunikationsprobleme
Sprachbarrieren erschweren Kommunikation zwischen Patientinnen und medizinischem Personal
Fehlende Dolmetscher:innen oder Übersetzungsdienste
Folge: Wenig Aufklärung über medizinische Maßnahmen und Eingriffe
➢ Fehlende Informationen
Viele Frauen wissen nicht, welche Gesundheitsangebote in DE zu Verfügung stehen -> Komplexität des Gesundheitssystems schwer verständlich
Hebammenhilfe ist in vielen Herkunftsländern unbekannt oder hat andere kulturelle Bedeutung
Krankenhäuser werden als erste sichere Anlaufstelle wahrgenommen
Welche Rechte und Leistungen haben geflüchtete Frauen?
➢ Leistungen nach Asylbewerberleistungsgesetz (§4 AsylblG)
Anspruch auf Sonderleistungen für Schwangere und Wöchnerinnen:
Ärztliche und pflegerische Hilfe
Arznei-, Verband- und Heilmittel
Vorsorgeuntersuchungen und Schutzimpfungen
Einschränkungen:
Keine Erstattung von Haushaltshilfen
Psychotherapien meist nicht im Leistungsumfang enthalten
Leistungen wie Familienplanung müssen zusätzlich beantragt werden
➢ Abrechnung
Vor jedem Arztbesuch ist ein Behandlungsschein bei der zuständigen
Behörde (z.B. Sozialamt) zu beantragen
Kostenübernahme für Dolmetscher:innen erfolgt nur bei „unerlässlicher“ Notwendigkeit
8. Welche praktischen Unterstützungsansätze gibt es im Gesundheitssystem?
Vernetzung und Anlaufstellen: Aufbau von Netzwerken zwischen Erstaufnahmeinrichtungen, Kliniken, Mutter-Kind-Einrichtungen und Hebammennetzwerken; Anlaufstellen speziell für geflüchtete Frauen
Mehrsprachige Materialien: Informationsbroschüren, Nutzung digitaler Übersetzungsdienste oder Sprachmittler:innen
Sensibilisierung des Gesundheitspersonals: Schulungen zur interkulturellen Kompetenz, Sensibilisierung für Traumata und spezifische Bedürfnisse geflüchteter Frauen
Ambulanz-Projekte: Entwicklung spezialisierter Ambulanzen für geflüchtete Frauen, Förderung niedrigschwelliger Angebote für Schwangerschaftsvorsorge und Geburtshilfe
9. Was würden Sie Gesundheitseinrichtungen, der Gesellschaft/Politik und Fachkräften im Hinblick auf die Versorgung geflüchteter Menschen empfehlen?
Gesundheitseinrichtungen
Förderung einer ganzheitlichen Betreuung, die medizinische, soziale und psychologische Bedürfnisse einbezieht
Aufbau langfristiger Betreuungsmodelle für geflüchtete Frauen
Gesellschaft/Politik
Verbesserung der rechtlichen Rahmenbedingungen, z.B. durch Ausweitung des Leistungsumfangs im Asylbewerberleistungsgesetz
Förderung der Integration geflüchteter Frauen in die Gesundheitsversorgung
Fachkräfte
Sensibilisierung für kulturelle Unterschiede und interkultureller Kommunikation
Aufbau von niedrigschwelligen Angeboten zu Unterstützung geflüchteter FraueNn
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