Was ist die Definition einer Fehlgeburt oder Früher Schwangerschaftsverlust (FSV)?
Frühabort = Spontaner Schwangerschaftsverlust vor der 14. SSW/ 16. SSW
Spätabort= bis zur 22./24. SSW und < 550g, keine Lebenszeichen
Todgeburten = > 550g oder Lebenszeichen
Wie ist die Häufigkeit eines frühen Schwangerschaftsverlustes?
25% der Frauen erleben einen FSV
Ca. 15% der Schwangerschaften enden in einem FSV (80%)
Ca. 50-70% der Schwangerschaften: 30% vor der Implantation, 30% nach der Implantation, 10% der bestätigen Schwangerschaften
Was sind die Arten von FSV?
Abortus imminens (drohende Fehlgeburt): Vaginale Blutung im 1. Trimenon, meist ohne Schmerzen bei geschlossenem Muttermund und sonographisch intakter intrauteriner Schwangerschaft. Nicht selten findet sich ein retrochoriales Hämatom.
Abortus incipiens (nicht aufzuhaltender Abort): Erweichung und Verkürzung der Zervix uteri mit Erönung des Zervikalkanals, meist begleitet von einer vaginalen Blutung. Sonographisch findet sich eine dislozierte, deszendierte Fruchthöhle im Zervikalkanal.
Abortus incompletus: Inkomplettes Ausstoßen der Fruchthöhle mit Eröffnung des Zervikalkanals. Häufig mit vaginaler Blutung und Schmerzen verbunden. Evtl. finden sich Teile des Schwangerschaftsproduktes im geöffneten Zervikalkanal.
Abortus completus: Vollständiges Ausstoßen des Fruchtsackes bei zuvor gesicherter Schwangerschaft. Das Cavum uteri ist „leer“.
Missed abortion: Es bestehen bei avitalem Embryo bzw. Fetus keine Zeichen eines Abortes.
Septischer/entzündlicher Abort: Abortus incipiens, incompletus, completus oder Missed abortion mit Zeichen einer systemischen Infektion: Fieber > 39 °C, Uterusdruckdolenz evtl. mit Uteruskontraktionen assoziiert.
Windmole: Schwangerschaft mit einem leeren und wachsendem Fruchtsack ohne nachweisbare embryonale Anteile.
Ektope Schwangerschaft: Die ektope Schwangerschaft ist die Implantation einer befruchteten Eizelle außerhalb der Gebärmutterhöhle. Die Tubargravidität stellt nur eine, wenn auch die häufigste Form der ektopen Schwangerschaft dar; nichttubare (Ovar, interstitiell, cornual, cervical, Sectionarbe, abdominal, in Bauchorganen, z.B. Leber)
Nennen Sie maternale Ursachen. Nennen Sie fetoplazentare Ursachen.
A) Maternal
Endokrinologisch
Anomalie der Geschlechtsorgane
Systemisch
Trauma
Infektionen
Äußere Einflüsse
B) Fetoplazentar
Chromosomenaberrationen
Plazentainsuizienz
Iatrogen
Wann hat man ein erhöhtes Risiko für FSV?
Erhöhtes Risiko bei: IVF, Zusammenhang mit Gewalterfahrung
Erhöhtes Risiko für
o Trauer, Depression, Partner:innen/Beziehung
Gibt es einen Mutterschutz nach Fehlgeburt?
Aktuell nicht
Was sind die drei Behandlungsoptionen bei Frühem Schwangerschaftsverlust? Was sind Indikationen und Erfolgsraten für die verschiedenen Vorgehen?
- Abwartend, medikamentös, operativ
Wie lange ist die Blutungsdauer bei operativen, medikamentösen oder abwartenden Vorgehen?
Operativ= circa 3 Tage
Medikamentös= 10-21 Tage
Abwartend= 10-21 Tage
Was sind medizinische als auch möglich psychische, individuelle Vorteile?
Was sind medizinische als auch mögliche psychische, individuelle Nachteile bzw. Risiken?
Was für Auswirkungen haben die jeweiligen Vorgehen auf eine Folgeschwangerschaft?
Welche Informationen soll eine Patientin erhalten? (Leitlinie)
Außer in definierten Notfallsituationen sollte die Patientin über die Alternativen „Abwartendes Vorgehen“ und „Interventionelles Vorgehen“ aufgeklärt werden.
Patientinnen mit einer Fehlgeburt sollten nach Ausschluss von Kontraindikationen auch das abwartende Vorgehen angeboten werden
Be jeden Vorgehen soll eine Risikoaufklärung erfolgen
Bei exspektativen Vorgehen sollte eine dokumentierte Risikoaufklärung der Patientin gegenüber operativem und medikamentösem Vorgehen erfolgen
Wie kann man das Nutzen von Patient*innenpräferenzen beurteilen?
Makroebene: Kosten- Nutzen- Bewertung
Mesoebene: Leitlinien, Patient*inneninformationen
Mikroebene: Shared decision making/ Beratung
Was für Wünsche können Frauen an die Versorgung haben?
Aufklärung und Information über alle Versorgungsoptionen. Selber über die Versorgung und den Zeitpunkt entscheiden können.
Informationen darüber bekommen, dass eine Hebammenbegleitung während und nach dem FSV möglich ist
Beim abwartenden Vorgehen besser über die Heftigkeit der Blutung, der Schmerzen und den Ablauf aufgeklärt werden.
Ursachenabklärung, warum der FSV stattfand
Angepasste Sprache in der medizinischen Behandlung. Kein Druck und keine Angst gemacht zu bekommen.
Bessere Beratung und Betreuung im Hinblick auf die Psyche. Nennung von Beratungsstellen, Selbsthilfegruppen etc.
Bedauern, dass es ein Tabuthema in der Gesellschaft ist.
In der Trauer respektiert zu werden.
Im Krankenhaus ein angemessenes Setting erhalten (nicht mit einer Schwangeren in einem Zimmer)
Gibt es Versorgungsprobleme bzgl. FSV?
Fehlende Informationen
Fehlende Empathie
Fehlende Trauerbegleitung/ psychologische Begleitung
Stigma in der Gesellschaft
Ärzt:innen: Keine Rufbereitschaft, Z.T. Wenig Erfahrung
Aktuell gestartete Studie
o Befragung zu Versorgungsproblemen
o Verbesserung eines first-line managements für Frauen mit Frühen
Schwangerschaftsverlusten (FSV) mittels Digitalisierung unter besondere Berücksichtigung der drei möglichen Behandlungsmethoden und emotionaler Unterstützung
Welche medizinischen Leitlinien gibt es zum Thema? Welches Vorgehen wird empfohlen?
Wie sieht die Versorgung in der Realität aus? Welche Vorgehen werden hauptsächlich durchgeführt?
Was sollte in der allgemeinen Behandlungssituation beachtet werden?
- Es ist nicht eilig!
- Zweitmeinung (4-8% falsch positive Diagnosen- (ACOG, 2015))
- Diagnostik gewünscht?
- Beerdigung gewünscht?
- Schutzfristen/Krankschreibung
- Therapeutische Hilfe, Selbsthilfegruppe, auch online Austausch
- Information/Beratung zu den Behandlungsoptionen
o Frauen haben oft stärkere Präferenzen und sind zufriedener wenn sie diesen zufolge behandelt werden (Wallace 2010)
o Frauen treffen Werteentscheidungen und pragmatische Entscheidungen o Sie können jederzeit ihre Meinung ändern
o Sie können jederzeit in die Klinik
Wie sollte man als Hebamme zu den verschiedenen Vorgehen beraten? Was ist zu beachten?
Was für Maßnahmen sind bei einem FSV empfohlen?
> KennzeichnunginderLeitliniealsärztlicheMaßnahme
Feststellung der Schwangerschaft
Bestimmung Gestationsalter
Anamnese
o „Zur Risikoerfassung soll in der Frühschwangerschaft in der Anamnese vor allem nach vorausgegangenen Schwangerschaften (Aborte, EUG) und Geburten, geburtshilflichen oder gynäkologischen Operationen, vorausgegangenen Fehlgeburten, schwere Allgemeinerkrankungen, Sterilitätsbehandlungen, Adnexitiden, Blutungen, Schwangerschaftshochdruck, Rh-Konstellation, pos. AK-Titer, Diabetes mellitus, Gerinnungsstörungen, genetische Erkrankungen, Uterusfehlbildungen, immunologische Erkrankungen (z.B. Antiphospholipid-Syndrom), Trophoblasterkrankungen gefragt werden.
Gynäkologische Untersuchung
Ultraschalluntersuchung
ß-hCG-Bestimmung
Blutgruppenbestimmung inkl. Rh-Faktor
Hb
Feststellen von Risiken
Beratung & Entscheidungsfindung
o Das operative Vorgehen ist gegenüber dem abwartenden Vorgehen bei Vorliegen medizinischer Begleiterkrankungen wie schwerer Anämie, Blutungsstörungen, Herz-Kreislauf-Erkrankungen u.ä. vorzuziehen (1).
o Ausschlusskriterien für ein abwartendes Vorgehen sind: (Verdacht auf) Septisches Abortgeschehen (Infektion von Uterus, Adnexen, kleinem Becken; Temperatur > 39 °C, deutlich erhöhte Entzündungswerte); Kreislaufinstabilität; starke vaginale Blutung mit konsekutiver Anämie (Hämoglobin < 9 g/dL); Gerinnungsstörungen; Wunsch der Patientin nach operativem Vorgehen; Verdacht auf ektope oder heterotope Schwangerschaft; Verdacht auf Trophoblasterkrankung (Blasenmole); intrauterin befindliches Intrauterinpessar (4 in Anlehnung an 76).
o Im Vergleich zum medikamentösen und zum operativen Vorgehen bringt das exspektative Vorgehen ein erhöhtes Blutungsrisiko mit sich und es kann bei sehr langem Abwarten (> 8 Wochen) sehr selten zur disseminierten intravasalen Koagulopathie (sog. Dead-Fetus- Syndrom) führen (4).
o Ein abwartendes Vorgehen wird außerdem nicht empfohlen, wenn die Patientin frühere negative und/oder traumatische Erfahrungen im Zusammenhang mit einer Schwangerschaft gemacht hat oder wenn sie aus persönlichen Gründen die Übertragung von Erythrozytenkonzentraten und/oder anderen Blutprodukten ablehnt
Wann ist eine Anti- D- Prophylaxe notwendig?
Was ist bei wiederholten FSV zu beachten?
50% genetische Ursache beim Kind
Größten Risikofaktoren: Alter, Vorangegangene FSV
Weiterführende Untersuchungen: Gerinnungsfaktoren, Schilddrüse, Diabetes
Psycho-soziale Begleitung in Folgeschwangerschaft: Gespräche, Häufiger Ultraschall
Was für Unterstützungsangebote gibt es bei FSV?
Hebammenbetreuung
Selbsthilfegruppen
Internetforen: www.fehlgeburt.info
Beratungsstellen wie profamilia
Trauerbegleitung
Psychologisches Unterstützungsangebote – Selbstselektion empfohlen
Wie gestaltet sich die Betreuung bei einem abwartenden Management?
- Aufklärung über den Ablauf des gesamten Fehlgeburtenprozesses inklusive auftretender Schmerzen und Behandlungsvorschläge zur Schmerzlinderung
- Schmerzbehandlung: Nichtsteriodale Antiphlogistika wie Ibruprofen oder Metamizol
- Aufklärung über typische Symptome: auällig lange und stark anhaltende oder übelriechende Blutungen und/oder Fieber über 38 Grad (= Hinweis auf verbliebendes Restgewebe oder Infektion)
- Bis zur Beendigung des Abortgeschehens mit erhöhter Dauer= Erhöhter Blutverlust
- Keine Empfehlung zu folgenden Verzichten da Mangel an Evidenz: Tampons, Menstruationstasse, Geschlechtsverkehr, körperliche Anstrengung
- Aufklärung über den Fall, dass ein kompletter Abort ausbleibt: Notwendigkeit einer operativen bzw. medikamentösen Folgetherapie
- Verlaufskontrolle (transvaginaler Ultraschall) innerhalb 7-14 Tage
- Beobachten von:
o Schmerzen
o Fieber, Entzündungszeichen
o Blutungen (je nach SSW)
o Blutentnahme (ß-hcg (0d, in 14d), Leukozyten, CRP, Hb)
o US-Kontrolle (!?)
Nichts im Ultraschall – keine Ausschabung
Reste – Unterstützen/ Abwarten
Was ist bei der Betreuung eines medikamentösen Vorgehen zu beachten?
Sollte ambulant erfolgen
Informierte Entscheidung
Mitgabe einer Befunds- und Behandlungsdokumentation sowie Notfall-
Telefonnummer
Aufklärung über Symptome der Behandlung und Zeichen für mögliche
Komplikationen
Mittel der Wahl bei nachgewiesenen Frühabort (<12.SSW)= 200 mg Mifepriston oral gefolgt von 600-800 qg Misoprostol vaginal nach 24h
Es soll keine Antibiotika- Gabe erfolgen
Adäquates Schmerzmanagement
Mögliches Auftreten von Übelkeit/ Erbrechen; Angebot eines Antimetikum wie z.B. Dimenhydrinat
Nachuntersuchung 7-14 Tage nach erster Medikamentengabe empfohlen
Bei Verdacht auf intrauterine Gewebsreste ohne relevante Blutung= abwartend
Verlauf medikamentösen Aborteinleitung eintreten von anhaltende überregelstärke vaginale bzw. uterine Blutungen + sonographischer Hinweis auf Gewebsreste= operative Entfernung verbliebener Schwangerschaftsreste
Bei Anzeichen auf Infektion= Antibiotikatherapie
Wie ist die Begleitung bei einer operativen Behandlung?
Individuelle Entscheidung zur Notwendigkeit einer medikamentösen Zervixreifung eines Prostaglandinpräparates oder mechanischer Dilatatoren
Einsatz von Misoprostol zur Erweichung Zervix: Dokumentierte Aufklärung über off label use
Abortkürettage als Saugkürettage/ Vakuumaspiration
In der Regel ambulant
Bei starken bis mittelstarken Schmerzen: leichte Opioide in Kombination mit Nicht- Opioid- Analgetika
Starker postoperativer Blutung; Ausschluss Plazentarestmaterial
Wie kann mit dem Trauerprozess umgegangen werden?
- Begleiten: Abwarten, Begleiten, Zuhören
- Abschiedsritual/ Loslassen?= Fotografie?
o Wassermethode
Lagerung in der Kühlung > Dem Körper wird Flüssigkeit entzogen,
insbesondere
in frühen Wochen
Wasser in ein Gefäß geben > Das Kind hineinlegen (!)
Ggf. täglicher Austausch von Wasser
Tendenziell kühles Wasser ggf. Eiswürfel
Ggf. bis zu einer Woche möglich; Herausnehmen möglich
- Wie geht es Partner:innen?
Wie kann man die Betreuung bei FSV abrechnen?
Hilfe bei Beschwerden
Begleitung einer Fehlgeburt
Wochenbett
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