Lebensstilintervention vs. Operation
Lebensstilinterventionen scheitern häufig langfristig
Lebensstilinterventionen + Operation haben den größten Erfolg
Indikationen
BMI >40 kg/m^2 bei jahrerlanger erfolgloser konservativer Therapie und fehlende Kontraindikationen
BMI >35-40 kg/m^2 + Adipositas-assoziierte Folge-/Begleiterkrankung (z.B. Diabetes mellitus Typ 2, KHK, …)
BMI >30-35 kg/m^2 Patienten mit Diabetes mellitus Typ 2 im Rahmen einer wissenschaftlichen Studie
Kontraindikationen
Leberzirrhose
chronisch entzündliche Darmerkrankungen
Alkoholismus, Drogenabusus, HIV, Malignome
Incompliance
unkontrollierte schwere psychatrische Erkrankungen
sehr schwere, fortgeschrittene Grunderkrankungen
Behandlungspfad
Zuweiseebene
Diagnostische Ebene
Therapieentscheidung und -planung
Behandlungsebene - Zuweiseebene
Fachärzte z.B. Diabetologe, Kardiologe, Nephrologe, Gynäkologe
Orthopädie
Hausarzt
Krankenkasse
Zuweisung zu …
Behandlungspfad - Diagnostische Ebene
Schwerpunktpraxis für Ernährungsmedizin (BDEM/SPEM) und/oder Adipositaschirurgisches Zentrum
Behandlungspfad - Therapieentscheidung und -planung
Befunde Hausarzt/Facharzt, Diätanamnese (Standardierster BDEM-Fragebogen Adipositas)
Erste Beratungsgespräch beim Ernährungsmediziner: Vervollständigen der Anamnese, psycho- und somatische Beurteilung, Risikobewertung, weitere notwendige Diagnostik und Therapie
Konservative Behandlungsmöglichkeiten sind erschöpft, wenn
durch eine multimodale konservative Therapie in 6-12 Monaten das Therapieziel nicht erreicht und gehalten wurden.
Therapieziel der konservativen Therapie
BMI 35-39,9 kg/m^2: 10-20 % Verlust des Ausgangsgewicht
BMI >40 kg/m^2: 10-30 % Verlust des Ausgangsgewichts
Konservative Behandlungsmöglichkeiten sind erschöpft, wenn - Ernährung
mittels einer energiereduzierten Mischkost und einer weiteren ernährungsmedizinischen Maßnahmen (z.B. Formula-Diät) das Therapieziel nicht erreicht wurde.
Konservative Therapie - Bewegung
Ausdauer- und/oder Kraftausdauersportart mit >2 h pro Woche, falls keine Barrieren bestehen (z.B. Gonarthrose für Gehsportarten oder Scham beim Schwimmen)
Konservative Therapie - Psychotherapie
Durchführung einer ambulanten oder stationären Psychotherapie (Verhaltenstherapie oder Tiefenpsychologie), falls eine Essstörung (binge-eating, night-eating) oder eine Psychopathologie (z.B. Depression, Ängstlichkeit) vorliegt.
Chirurgische Therapie der Adipositas
Magenband
Schlauchmagen
Magenbypass
Bilopankreatische Diversion
Die Wahl des Eingriffes ist eine individuelle Entscheidung, basierend auf der Erfahrung des Chirurgen und Patienten-spezifischen Kriterien, einschließlich psychosozialer Faktoren.
Komplikationen der chirurgischen Therapie der Adipositas
Perioperative Komplikationsrate 5-10 %: Akute oder eingriffsspezifische Komplikationen: Nachblutung, intestinale Obstruktion, Anastomoseninsuffizienz, Infektion, Arryhtmien und Lungenembolie
Perioperative Mortalität 0,5-1 %
Restriktive Verfahren
Limitation der Nahrungszufuhr
Sleeve Gastrektomie (Schlauchmagen)
Pouchgröße 20-30 ml bei Roux-en-Y Magenbypass
Malabsorptiv
Verspätete Durchmischung des Speisebreis mit bilopankreatischen Sekreten und verkürzte Resorptionsstrecke und Limitation der Nahrungszufuhr und -resorption
Roux-en-Y Magenbypass
Gewichtsabnahme wir aber vor allem/auch anders verursacht
durch Verringerung des Hungergefühls
Erhöhung der Sättigung während einer Mahlzeit
Änderung der Nahrungsmittelpräferenzen
Änderung des Energieverbrauchs
Verstellbares Magenband (Adjustable Gastric Banding)
Das Magenband besteht aus einem befüllbaren Silikonband, an das ein Katheterschlauch angeschlossen ist, der zu einer Portkammer führt
Das Band wird bei der Operation um den oberen Teil (Fundus) des Magen gelegt, sodass ein Vormagen mit einer Größe von 20-30 ml (Pouch) entsteht
Der Port wird unter die Haut platziert und kann durch Punktion befüllt oder geleert werden
Die Füllung des Magenbandes verringert den Innendurchmesser des Pouches
Frühe Sättigung durch erhöhten intraluminalen Druck auf vagale Afferenzen (Mechanorezeptoren)
Restriktiv und malabsorptiv
Der Magen im Fundusbereich wird durchtrennt: es entsteht ein Pouch von ca. 35 ml Größe, der direkt mit dem proximalen Jejunum verbunden wird (Gastrojejunostomie)
Die Dünndarmschlinge, die das Pankreassekret und die Galle ableitet, wird ca. 100-150 cm distal dieser Gastrojejunostomie als Fußpunktanastomose an den Dünndarm wieder angeschlossen
Durch diese anatomische Veränderung werden sowohl das Hungergefühl als auch das Nahrungsvolumen (Restriktion) und die funktionelle Aufnahmefläche des Darms (Malabsorption) verringert, außerdem wird die Duodenalpassage umgangen
Die Nahrung aus dem Magenbeutel wandert durch das Roux-Glied in den gemeinsamen Kanal, wo sie sich zur Verdauung mit biliopankreatischen Sekreten vermischt; je kürzer der gemeinsame Kanal, desto größer ist der Malabsorptionseffekt
Gold Standard für Adipositaschirurgie: beste Ergebnisse beim Gewichtsverlust -> danach Sleeve und danach Magenband
Schlauchmagen (Sleeve)
Cave: Refluxrisiko steigt
Restriktives Verfahren: Resektion eines großen Magenanteils (Fundus), Dünndarm unverändert; Ghrelinspiegel sinkt
Auch als initiale Operation in einem 2-zeitigen Verfahren vor BPD/DS angewendet (bei schwer adipösen Patienten mit hohem OP-Risiko durch eine große Fettleber und viel viszerales Fettgewebe)
Zunächst minimal-invasive Anlage eines Magenschlauches → deutlicher Gewichtsrückgang, kommt der Gewichtsverlust zum Stillstand wird die Operation zu einem Duodenal Switch komplettiert
Vorteil der Methode: bei der 2. (schwierigeren) Operation hat sich das Operationsrisiko durch die Gewichtsabnahme erheblich verbessert
Bilopancreatic Diversion with Duodenal Switch BPD/DS
Duodenaler Switch (= duodenale Umstellung): Weiterentwicklung der bilioprankreatischen Diversion
Bei Patienten mit sehr hohem Ausgangsgewicht oder noch unzureichend therapierten Begleiterkrankungen (insbesondere Diabetes mellitus Typ 2) kann die Gewichtsreduktion durch eine Schlauchmagenoperation allein nicht ausreichend sein
Es wird der restriktiven Komponente des Schlauchmagens eine malabsorptive Komponente im Bereich des Dünndarms hinzugefügt
Die zur Aufnahme der Nahrung verfügbare Dünndarmstrecke wird auf 200-300 cm verkürzt und dadurch ist die Resorption der Nährstoffe stark eingeschränkt
Durch Erhalt des Magenpförtners (Pylorus) sind aber die Dumpingergebnisse seltener
Verstellbares Magenband
Mini Magenbypass
Effekte der Adipositaschirurgie
Verrbesserung der Mortalität
Metabolische Effekte
Komborbiditäten der Adipositas
Patientinnen mit (unerfülltem) Kinderwunsch
Diabetes mellitus
Effekte der Adipositaschirurgie - Verbesserung der Mortalität
bereinigte langfristige Sterblichkeit aus jeglicher Ursache in der Operationsgruppe
-40 % im Vergleich zu der der Kontrollgruppe (37,6 vs. 57,1 Todesfälle pro 10.000 Personenjahre, P<0,001);
die ursachenspezifische Sterblichkeit in der Operationsgruppe sank um
-56% für koronare Herzkrankheiten (2,6 vs. 5,9 pro 10.000 Personenjahre, P=0,006)
-92% für Diabetes (0,4 vs. 3,4 pro 10.000 Personenjahre, P=0,005)
-60% für Krebs (5,5 vs. 13,3 pro 10.000 Personenjahre, P<0,001)
Die Raten der nicht krankheitsbedingten Todesfälle, wie Unfälle und Selbstmord, waren jedoch war in der chirurgischen Gruppe 58 % höher als in der Kontrollgruppe (11,1 vs. 6,4 pro 10.000 Personenjahre, P=0,04)
Suizidrate nach Bariatrischer Chirurgie ist 2-fach erhöht!
Effekte der Adipositaschirurgie - Metabolische Effekte
BMI, Triglyceride, HDL-Cholesterin, Bluthochdruck, Nüchternglukose, Metabolisches Syndrom ↓
Effekte der Adipositaschirurgie - Komorbiditäten
Signifikante Reduktion des Krebsrisikos bei Frauen
Reduktion der Diagnose „Metabolisches Syndrom“ um 87% 4 Jahre nach Roux-en-Y Magenbypass
Signifikante Reduktion der Obstruktiven Schlafapnoe bereits nach 2 Jahren
Messbare Verbesserung der Lebensqualität nach Schlauchmagen
Effekte der Adipositaschirurgie - Diabetes mellitus
HbA1c sinkt stärker im Vergleich zur konservativen Therapie
Bedarf an Antidiabetika sinkt nach Adipositaschirurgie
Effekte der Adipositaschirurgie - Kinderwunsch
Besserung eines Polycystischen Ovarsyndroms (PCOS)
Rate der Infertilität sinkt
Rate an Gestationsdiabetes sinkt
Schwangerschaftskomplikationen (Hypertonie, Makrosomie, tiefe Beinvenenthrombose, Präeklampsie, Sectio) sinken
Cave: Mikronährstoffmangel!
Kontrolle von Folsäure, Vitamin B12, Eisen, Vitamin A und Vitamin D
800 µg/Folsäuresupplemente statt 400 µg
Welche Diabetiker profitieren am ehesten von einer bariatrischen Operation?
Hohes C-Peptid (Körpereigene Insulinsekretion intakt)
Nicht Insulinpflichtig
Kurze Diabetesdauer
Niedriges Alter bei OP
Hohe Gewichtsabnahme post-OP
Nach der bariatrischen Operation verbessert sich der Glukosestoffwechsel
Verbesserung der hepatischen Insulinsensitivität
Unmittelbar nach der OP nachweisbar
Durch negative Energiebilanz
Verbesserung der β-Zellfunktion und Insulinsekretion
Schnellere und stärkere Insulinsekretion bei gleichzeitig schnellerem Abfall des Insulinspiegels
Vermehrte Sekretion von Inkretinen durch erhöhte Exposition der vor allem in distalen Dünndarmabschnitten lokalisierten L-Zellen mit Chymus
Verbesserung der peripheren Insulinsensitivität (Muskel, Fettgewebe):
Erst später nach der OP nachweisbar
Durch Gewichtsabnahme bedingt
Hyperinsulinämische Hypoglykämie mit Nesidioblastose nach Magenbypass-Operation
???
Überschießende Insulinsekretion durch Überstimulation der Inselzellen (durch GLP-1) → Hyperplasie der Inselzellen = Nesidioblastose
Vermutung. die trophischen Faktoren der Beta-Zellen (GLP-1) haben sich infolge des Magenbypasses erhöht
normales Inselchen einer adipösen Kontrollperson Kontrollperson mit immunhistochemischer Färbung für Insulin
vergrößertes Inselchen von Patient 2 mit immunhistochemischer Färbung für Insulin
Das Inselchen ist etwa dreimal so groß wie die normal große Insel in der der unteren rechten Seite der Abbildung
Symptome von Hypoglykämie (Unterzuckerung): verschwommene Sicht, Krampf, Schwäche, Verwirrung, Verlust des Bewusstseins
Häufige unerwünschte Wirkungen bariatrischer Operationen
Dumping-Syndrom
Durchfall oder Obstipation
Haarausfall
Erbrechen (cave: Vitamin B1-Verlust)
Nahrungsmittelunverträglichkeiten (subjektiv/objektiv)
Gallensteine
Refluxbeschwerden nach Sleeve Gastrektomie
Neue/alte psychische Probleme/Essstörungen
Hautprobleme, plastische Operationen
Rasche Gewichtswiederzunahme bei schlechter Compliance
Dumping Syndrom
Ursache: sturzartiger Übertritt des Speisebreis in den Dünndarm z.B. nach totaler oder partieller Magenresektion (Gastrektomie)
Besonders nach voluminöser, kohlenhydratreicher Nahrung und hoher Flüssigkeitszufuhr (besonders ausgeprägt bei sehr kalten, heißen und zuckerhaltigen Getränken)
Dünndarmfehlbesiedlung
massive bakterielle Überwucherung des Dünndarms durch eigentlich harmlose Dickdarmbakterien (bakterielle Fehlbesiedelung) → gravierende Störung der Homöostase im bakteriellen Ökosystem (Dysbiose) mit ernsthaften Verdauungsstörungen
Typische Symptome:
Übermäßige Gasbildung mit Blähungen (Meteorismus)
Flatulenz
Abdominelles Spannungsgefühl
Diarrhoe
Bauchschmerzen
Malabsorption
Die am besten etablierte SIBO-Therapie besteht in der Gabe des topischen Antibiotikums Rifaximin (3x550 mg über 10-14 Tage)
Weitere Therapie: Probiotika???
Risiken für Mangelernährung nach Adipositaschirurgie
Risiko ist beim Roux-en-Y Magenbypass und Bilopancreatic Diversion with Duodenal Switch höher als beim Schlauchmagen
Energieaufnahme in den ersten 6 Monate post OP ca. 700-900 kcal/d → verminderte Aufnahme aller Mikro- und Makronährstoffe insbesondere Protein
Postoperative Übelkeit (GLP-1 ↑, Dumping Syndrom, Pougröße: N. vagus)
Imcompliance für die Einnahme von Supplementen
Risiko für Mangelernährung korreliert mit der Länge der umgangenen Resorptionsfläche im Darm (bzw. der Kürze des „common channels“)
Schlechte Ernährungsgewohnheiten bestehen oft schon vor der OP: Präferenz für energiedichte hochverarbeitete Nahrung mit geringer Mikronährstoffdichte
Cave: Komorbiditäten → Medis: Cortison! PPIs
Mögliche Ursachen für Mangelernährung: Hautprobleme und Haarausfall
Protein, Eisen, Zink, Kupfer, essentielle Fettsäuren, Vitamin A, B9, B2, B3 und B6
Mögliche Ursachen für Mangelernährung: Sehstörungen
Vitamin B12, A, E, B1 und B9, Kupfer und Zink
Mögliche Ursachen für Mangelernährung: Herzversagen
Vitamin B1 und B12, Eisen und Selen
Mögliche Ursachen für Mangelernährung: Leberdysfunktion
Protein und SIBO
Mögliche Ursachen für Mangelernährung: Nierensteine
Calcium im Urin und Oxalate
Mögliche Ursachen für Mangelernährung: Knochenerkrankungen
Calcium, Vitamin D, Parathormon, Selen, Vitamin K
Mögliche Ursachen für Mangelernährung: Ödeme
Protein, Vitamin B1, Selen, Vitamin B3, SINO, Leber-, Nieren und Herztests
Mögliche Ursachen für Mangelernährung: Neurologische Komplikationen
Vitamin B1, B12, B9 and A, Kupfer, Zink, Calcium, Vitamin E, B3, B6, B7
Mögliche Ursachen für Mangelernährung: Glossitis und Geschmacksverlust
Eisen, Vitamin B12, Zink, Vitamin A
Mögliche Ursachen für Mangelernährung: Anämie
Eisen, Vitamin B12 und B9, Kupfer, Zink, Selen, Vitamin A und E, Protein
Mögliche Ursachen für Mangelernährung: Postprandiale Hypoglykämien
Blutzuckerkonzentrationen im Nüchternzustand und nach Provokationstest
Mögliche Ursachen für Mangelernährung: Übelkeit und Erbrechen
Vitamin B1 und B1, Protein, SIBO
Mögliche Ursachen für Mangelernährung: chronischer Durchfall
Protein, Vitamin B1, B12 und B3, Magnesium, Kalium, Calcium, Phosphor, Eisen, Zink, Selen, Vitamin A, D, E und K, essentielle Fettsäuren und SIBO
Mögliche Ursachen für Mangelernährung: Blutungen und Blutergüsse
Vitamin C und K
Arten und Häufigkeit von Mikronährstoffmangel nach bariatrischen Operationen
Anämie (10-74 %)
Neurologische Symptome (5-9 %)
Empfehlungen zu Supplementen
Keine retardierten Formulierungen
Keinen Magensaft-resistenten Überzug
Supplemente sollen sich bei Raumtemperatur in einem Wasserglas in 90 min auflösen
Ideal: Flüssigkeiten, Suspensionen, Kautabletten
Problem: keinen Konsens für standardisiertes Vorgehen bei Supplementierung (Große Unterschiede in der Praxis; Empfehlungen basieren auf Expertenmeinungen und nicht auf RCTs)
Cave: Vitamin D3 (nicht D2), Calciumcitrat (nicht Calciumcarbonat, Calciumcitrat ist bei verminderter Magensäure besser zu resorbieren)
Vitamin C-Mangel
Prävalenz von 35% 1 Jahr nach Magenbypass
Zink-Mangel
Prävalenz von 36-51% nach bariatrischer Operation
Besonders bei Fett-Malabsorption
Cave: präoperativer Mangel ist häufig
Non-compliance bei Einnahme von Multivitamin-Mineralstoff-Supplementen
Anämie und Acrodermatitis enteropatica-artige Hauterscheinungen
Cave: hohe Dosen Zinksupplemente (> 50 mg/Tag) behindern die Eisen- und Kupferresorption → Anämie und neurologische Symptomatik
Eisen-Mangel
häufig
Cave: Menstruation, Schwangerschaft, präoperativer Eisen-Mangel
Symptome: mikrozytäre hypochrome Anämie, Fatique
Gängige Vitamin-Mineralstoff-Spurenelement-Kombipräparate reichen oft nicht aus
Vitamin A-Mangel
Seltener
Cave: Schwangerschaft, Steatorrhoe
Symptome: Nachtblindheit, Xerophtalmie, Infektanfälligkeit
ADEK-Kombinationspräparat i.m
Vitamin B1-Mangel
Cave: post-operatives Erbrechen (verminderte Magensäure), i.v. Glukosegabe
Symptome: periphere Neuropathie, Nystagmus, Opthalmoplegie, Ataxie, Wernicke Encephalotpathie, Korsakow Psychose
Thiamin-Mangel wird durch B-Komplex + Magnesiumgabe behandelt → Maximierung der Thiaminresorption + der neurologischen Funktion
Osteoporose und Osteomalazie
Calcium und Vitamin D
Supplement: 1200-1500 mg Calciumcitrat/Tag
Fettfreie Masse -20-30% im ersten Jahr nach der Operation (Muskelabbau → Knochenverlust)
Knochenverlust (hauptsächlich proximale Oberschenkelregionen):
verminderte mechanische Belastung
Mikronährstoffmangel und Malabsorption (Kalzium und Fett)
neurohumorale Veränderungen (Magen-Darm-Trakt, Bauchspeicheldrüse, Fettgewebe und Keimdrüsenhormone)
Calcium-Resorption vorwiegend im Duodenum und oberen Jejunum
Calcium-Resorption durch Bildung von Kalkseifen vermindert (weil Fette nicht ausreichend resorbiert werden)
Präoperativer Vitamin D-Mangel bei Adipositas (60-70%) durch fehlende Sonnenlichtexposition und Sequestrierung von Vitamin D im Fettgewebe
Postoperative Laktoseintoleranz → geringere Aufnahme Ca-reicher Lebensmittel
Bei einigen Patienten ist eine tägl. Vitamin D-Erhaltungsdosis von 5.000 IE notwendig (noch höhere i.m. Dosen sind nötig um einen VitD-Mangel auszugleichen)
Cave: weitere Risikofaktoren wie Cortisontherapie
aborwerte: Calcium im Serum, alk. Phosphatase, 25-OH-Vit D, iPTH, Calcium im Urin
Nierensteine
ein Magenbypass führt zu einem erhöhten Fettanteil im Lumen, der Kalzium verseift und Oxalat freisetzt
Oxalatabsorption erhöht, Kalzium bindet Oxalat in der Niere und bildet Nierensteine
Therapie: Flüssigkeitszufuhr, orales Kalzium, Kaliumzitrat
Anämie
Eisen, Kupfer, Zink, Vitamin B12, Folsäure, Vitamin C
Cave: Menstruation, Schwangerschaft und präoperativer Eisen-Mangel
Gängige Multivitamin-Mineralstoff-Supplemente reichen oft nicht aus
Symptome von Anämie (bei schwerer Anämie)
Zentral: Fatigue, Schwindel, Ohnmacht
Blutgefäße: Herzklopfen, schnelle Herzfrequenz, Brustschmerzen, Herzinfarkt
Haut: Blässe, Kälte
Muskel: Schwäche
Atmung: Kurzatmigkeit
Nutritive Ursachen für verschiedene Anämieformen
Übelkeit und Erbrechen in den ersten Monaten nach der Operation
Häufig in der früh-postoperativen Phase (bis 2/3 der Patienten)
Ursachen: Begrenzte Volumenkapazität des Magenpouches von 20-30 ml + zu viel, zu schnelles essen oder zu wenig gekaut
Wiederholte Episoden von Regurgitation (in der Regel ohne Übelkeit) und Erbrechen
Cave: Häufiges Erbrechen kann auch Ausdruck einer Stenose oder einer Ulzeration im Anastomosenbereich sein
Bei entsprechendem klinischem Verdacht weitere Abklärung
Regurgitation
Zurückdringen von festen oder flüssigen Nahrungsteilen aus dem Magen in die Speiseröhre und in die Mundhöhle unmittelbar nach der Nahrungsaufnahme
z.B. bei bestimmten Erkrankungen der Speiseröhre oder des Magens
Regurgitation vs. Erbrechen
Nahrungsbrei wird nicht von einer Antiperistaltik in die Mundhöhle zurückbefördert, sondern z.B. durch fehlende oder verminderte Peristaltikwellen, sodass die Nahrung nicht effektiv befördert wird, oder die Passage kann durch Einschnürungen oder Aussackungen gestört werden
Reduktion der Magensäure nach bariatrischer Chirurgie
Folgen: Vitamin B1-Mangel, Eisenmangel, Calcium-Mangel, Magnesium-Mangel, bakterielle Fehlbesiedelung
Protonenpumpenhemmer (PPIs): als Magenschutz nach der Operation, Dauermedikation zur Prävention von Blutungen
Langzeitbehandlung mit Protonenpumpenhemmer (PPI)
Verminderte Calcium-Resorption: vermehrte Frakturen; durch das saure Milieu im Magen wird Nahrungscalcium gelöst und kann resorbiert werden
Hinweis auf die Entstehung einer Hypomagnesiämie
Eisen Malabsorption: Fe^3+ fällt bei normalem pH-Wert aus, es wird aber durch Magensäure löslich und kann mithilfe von Chelatoren in Lösung gehalten werden, um im weniger sauren Milieu von Duodenum und proximalem Jejunum resorbiert werden zu können. (Chelatoren: intestinale Enzyme oder Nahrungskomponenten wie bestimmte Aminosäuren, Zuckersorten, Amine und Amide)
Vitamin B12-Malabsorption: Mit der Nahrung aufgenommenes Vitamin B12 wird mithilfe der Magensäure und Pepsin aus der Proteinbindung freigesetzt und an Haptocorrin gebunden
Veränderte Lebensmittel-Präferenzen nach der Operation
Nach Magenband: weniger Brot und Pasta
Nach Biloprankreatischer Diversion (+ Duodenal Switch): Fettaufnahme sinkt
Nach RYGB (Bypass): Fettaufnahme sinkt und es werden weniger süße Lebensmittel verzehrt
Die Mechanismen, die diese Veränderungen verursachen, betreffen die sensorischen, belohnenden und physiologischen Bereiche des veränderten Geschmacks, aber die ursächlichen anatomischen und physiologischen Faktoren müssen noch ermittelt werden
Proteinmangel
Empfehlung zur Proteinzufuhr: 1-1,5 g/kg ideales Körpergewicht (berechnet an BMI 25) aber mindestens 60 g/Tag; +30 % bei Bilopankreatischer Division + Duodenal Switch mindestens 90 g/Tag
Inzidenz 3-6% nach Magenbypass und 5-15% nach BPD/DS
Häufig 3-6 Monate postoperativ
Fehlende proteolytische Pepsine des Fundus
Falls Fleisch und Milchprodukte schlecht toleriert werden, sollte auf alternative Eiweißquellen (z.B. Fisch, Geflügel, Ei, Soja) hingewiesen werden
Liegt der tägliche Eiweißkonsum trotzdem unter 80 g, ist eine engmaschige Betreuung der Patienten durch Ernährungsspezialisten angezeigt
Eine zeitliche limitierte Gabe von Proteinsupplementen ist im ersten Jahr nach der Operation indiziert und später nur in seltenen Fällen notwenig
Cave: Mangel an Zink (Albumin ist das primäre Bindungsprotein für Zink), B1 und B6 sind häufig bei Proteinmangel
Proteinmangel - Risikogruppen
Non-Compliance, Essstörungen, Jugendliche, Schwangere, häufiger bei malabsorptiven Verfahren
Und längeren Roux-Schenkel
Laktoseintoleranz, Aversion gegen Fleisch und Milchprodukte
Proteinmangel - Mangelerscheinungen
Hypoalbuminämie
Ödeme
schlechte Wundheilung
Vergleich der Zusammensetzung der Gewichtsabnahme bei Biggest Losern und Magenbypass
Biggest Loser-Probanden erhalten ihre Fett-freie Masse (nur 16% der Gewichtsabnahme vs. 30% bei Magenbypass)
Eine höhere Proteinaufnahme bei Biggest Loser vs. Magenbypass (ca. 120 g//Tag vs. 70 g/Tag) hat neben dem Sport vermutlich zum Gruppenunterschied beigetragen
Praxisempfehlungen zum Kostaufbau: Flüssige Phase
Die ersten 7-14 Tage nach der Operation wird eine flüssig-weiche Ernährung mit joghurtartiger, homogener, feinpürierter Konsistenz eingehalten
Die erste Phase des Kostaufbaus beginnt noch am Operationstag mit schluckweisem Trinken klarer Flüssigkeiten (stilles Wasser)
Am ersten postoperativen Tag wird, nach ärztlicher Anordnung, die erste Mahlzeit eingenommen, beispielsweise in Form von fettarmem Naturjoghurt
Die Portionsgrößen umfassen zu Beginn 100 bis maximal 150 ml, wobei sowohl Nahrungs- als auch Flüssigkeitszufuhr beim ersten Anzeichen einer Sättigung, welches als Druckgefühl in Magengegend beschrieben wird, sofort beendet werden sollte
Generell empfehlen sich 3-4 kleine Mahlzeiten, Aufgrund des häufig sehr früh einsetzenden Sättigungsgefühls kann in den ersten Tagen eine fünfte Mahlzeit sinnvoll sein
Da auch Flüssigkeiten zu einem Druckgefühl führen können, sollte stündlich ein Glas Wasser oder ungesüßter Tee schluckweise getrunken werden, um die empfohlene Flüssigkeitszufuhr von mindestens 1500 bis 2000 ml zu erreichen
Geeignet: Stilles Wasser, ungesüßter Kräuter- und Früchtetee, verdünnte Gemüsesäfte, stark verdünnte Fruchtsäfte (ein Teil Saft zu vier Teilen Wasser), Brühe
Achtung bei: Kohlensäurehaltige Getränke, maximal 500 ml koffeinhaltige Getränke (Kaffee, Schwarz-, Grün-, Mate-Tee), zuckerhaltige Getränke (Limonaden, Energydrinks, Cola, Fruchtsäfte)
Praxisempfehlungen zum Kostaufbau: Flüssige Phase - empfehlenswerte Lebensmittel
Eiweißshakes, fettarmer Naturjoghurt und Quark (kann mit Fruchtmus, z. B. Babygläschen oder Apfelmark ergänzt werden [ohne Zuckerzusatz])
Fein pürierte Gemüsesuppen (evtl. zzgl. neutralem Eiweißkonzentrat)
Dünnes Kartoffelpüree (evtl. zzgl. neutralem Eiweißkonzentrat)
Praxisempfehlungen zum Kostaufbau: Übergangsphase (Phase 2)
Die zweite Phase beginnt etwa ab Woche 3, direkt im Anschluss an die flüssig-weiche Phase
Empfehlenswert sind Dämpfen, Kochen, Dünsten, Garen und Backen, während auf fettige Zubereitungsformen, wie beispielsweise Frittieren und starkes Anbraten, verzichtet werden sollte
Faserreiche, blähende und sehr krümelige und körnige Lebensmittel sollten gemieden werden
Im Vordergrund der Übergangsphase steht das sehr gute Kauen
Auch wenn die Speisen nicht mehr püriert werden, sollte der zu schluckende Speisebrei weiterhin eine weiche homogene Konsistenz haben
Da nun wieder einzelne Komponenten auf dem Teller erkennbar sind, empfiehlt es sich, beim Essen mit der Eiweißquelle zu beginnen
Fett- und zuckerarme Lebensmittel und ein sparsamer Gebrauch von Speiseölen verbessern die Verträglichkeit und reduzieren die Kalorienzufuhr
Praxisempfehlungen zum Kostaufbau: Übergangsphase (Phase 2) - empfehlenswerte Lebensmittel
Fettarme Milchprodukte
Zartes, mageres Fleisch, Hackfleisch
Fisch (gedünstet oder gekocht, ohne Panade)
Säure- und faserarme Obstsorten, geschält: Apfel, Birne, reife Mango und Banane, Erdbeeren, Himbeeren, Heidelbeeren, Wassermelone (ohne Kerne)
Als Kompott: Aprikose und Pfirsich (enthäutet), Mandarinenfilets, Heidelbeeren, Erdbeeren
Gedünstetes oder gekochtes Gemüse: Möhren, Zucchini, Aubergine, Kürbis, Rahm- oder passierter Spinat, Brokkoli, Blumenkohl, rote Rüben
Rührei, weich gekochtes Ei, Eierstich
Kartoffeln, Kartoffelpüree, Couscous, weiche Polenta, Semmelknödel
Hafer, Weizen und daraus hergestellte Mehle
Reis und Nudeln weich gekocht
Getreidebreie (aus zarten Flocken oder Grieß)
Weiches Brot aus feinvermahlenem Mehl, Knäckebrot ohne Samen
Praxisempfehlungen zum Kostaufbau: Übergangsphase (Phase 2) - ungeeignete Lebensmittel
Rindfleisch (außer Hackfleisch)
Trockenfrüchte
Faserreiche Obst- und Gemüsesorten: Spargel, Staudensellerie, Ananas, Porree/Lauch, Zitrusfrüchte (es kann sich ein Phyytobezoar bilden: aus verschluckte Pflanzenfasern gebildete Magen- oder Darmstein)
Obst und Gemüse mit harter Schale und Kernen: Tomate, Paprika
Blähendes Gemüse: einige Kohlgemüse, Hülsenfrüchte (Erbsen, Bohnen, Linsen), Pilze, Zwiebeln
Reis und Nudeln bissfest
Nüsse und Samen
Langzeiternährung nach der Operation
Phase 3 stellt den Übergang vom Kostaufbau zur Dauerernährung dar
Ziel sollten 3-4 regelmäßige Mahlzeiten sein, die an den individuellen Tagesablauf angepasst werden
Es sollte weiterhin auf kleine Portionsgrößen mit maximal 150 bis 250 ml oder 150 bis 250 g geachtet werden
Rohes Gemüse und Salat kann nun schrittweise in den Speiseplan aufgenommen werden
Um einem Muskelabbau entgegenzuwirken, sollte auf eine ausreichende Eiweißzufuhr geachtet werden. Zur Vermeidung einer Eiweißmangelernährung sollten wenigstens 60–80 g Protein am Tag verzehrt werden, idealerweise mit einer hohen biologischen Wertigkeit (z.B. Kartoffel-Ei)
Es gilt, das neu erlernte Essverhalten zur Gewohnheit werden zu lassen
Nachkontrolle
Bei jeder Nachkontrolle müssen auch die folgenden klinischen Parameter sorgfältig erhoben und in einem Datenblatt festgehalten werden:
Gewichtsverlauf (aktuelles Körpergewicht, BMI in kg/m2 , Gewichtsverlust prozentual vom vorbestehenden Übergewicht)
Gastrointestinale Symptome (Übelkeit, Regurgitation, Erbrechen, Koliken, Dumpingsymptome, Stuhlanamnese)
Komorbiditäten, körperliche Aktivitäten, Ernährungsanamnese und klinische Symptome eines Nährstoffmangels
Regelmäßige, klinische und biochemische Kontrollen nach einem bariatrischen Eingriff sind lebenslang durchzuführen
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