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Staatsorganisationsrecht Wissen

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by Ann-kathrin L.

Verteilung der Gesetzgebungszuständigkeit

A. Überblick

Die Aufteilung der Gesetzgebungskompetenzen zwischen Bund und Ländern erfolgt im Wesentlichen durch die Art. 70-74 GG. Vor deren Anwendung sind spezielle Kompetenznormen zu prüfen.

Regelungssystematik der Art. 70 ff. GG. Nach Art. 70 I GG sind für die Gesetzgebung grundsätzlich die Länder zuständig. Gem. Art. 70 II GG richtet sich die Abgrenzung der Zuständigkeiten nach den Vorschriften über die ausschließliche Gesetzgebung Art. 71, 73 GG und die konkurrierende Gesetzgebung Art. 72, 74 GG.

B. Prüfung der Gesetzgebungszuständigkeit

Ausgangspunkt der Zuständigkeitsprüfung ist die Feststellung, ob ein Kompetenztitel (insbes. der Art. 73, 74 GG) einschlägig ist. Dabei kann sich ergeben, dass ein Gesetz in Teile zerlegt werden muss, die jweils verschiedenen Kompetenzmaterien unterfallen, so dass sich die Zuständigkeit für das gesamte Gesetz im Ergebnis aus mehreren Kompetenztiteln ergibt. Darüber hinaus gibt es neben geschriebenen auch noch ungeschriebene Kompetenzen.

Die Gesetzgebungskompetenz des Bundes

  • Grundsatz des Art. 70 I GG: Länder, es sei denn GG gibt Bund die Gesetzgebungsbefugnis

  • Geschriebene Gesetzgebungskompetenz des Bundes

    1. Ausschließliche Gesetzgebungskompetenz des Bundes, Art. 73 GG?

    2. Konkurrierende Gesetzgebundkompetenz des Bundes, Art. 74, 72 GG?

      a) Kompetenztitel des Art. 74 GG?

      b) Art. 72 II GG?

      Auf den dort genannten Sachgebieten nur unter den Voraussetzungen des Art. 72 II GG, ansonsten ohne weitere Voraussetzungen:

      aa) Regelungsanlass (Missstand)

      1. Herstellung gleichwertiger Lebensverhältnisse im Bundesgebiet

        Regelungsanlass (Missstand): Die Lebensverhältnisse in den Ländern der Bundesrepublik haben sich in erheblicher, das bundesstaatliche Sozialgefüge beeinträchtigender Weise auseinander entwickelt oder eine derartige Entwicklung zeichnet sich konkret ab.

      2. oder: Wahrung der Rechtseinheit im gesamtstaatlichen Interesse

        Diese Zielvorgabe greift nicht bereits dann ein, wenn in den Ländern unterschiedliches Recht gilt, denn im Anwendungsbereich des Art. 74 GG will das GG Rechtvielfalt zulassen. Regelungsanlass (Missstand): Unterschiedliches Landesrecht beeinträchtigt die Rechtssicherheit oder die Freizügigkeit im Bundesstaat. Bsp.: Unterschiedliche Personenstandsregelungen oder Gerichtsverfassungsrecht

      3. oder: Wahrung der Wirtschaftseinheit im gesamtstaatlichen Interesse.

        “Wirtschaftseinheit” ist nicht auf den Bereich “Recht der Wirtschaft” iSv Art. 74 I Nr. 11 GG beschränkt. Erfordernisse der Wirtschaftseinheit können die Inanspruchnahme für alle in Art. 72 II GG genannten Materien rechtfertigen. Es bestehen Überschneidungen zur Zielvorgabe “Rechtseinheit”, da sich Wirtschaftseinheit häufig über Rechtseinheit herstellen lässt. Trotzdem haben beide Zielvorgaben unterschiedliche Schwerpunkte. Regelungsanlass (Missstand): Unterschiedliche oder mangelnde landesrechtliche Regelungen haben wirtschaftspolitisch bedrohliche oder unzumutbare Auswirkungen oder erhebliche Nachteile für die Gesamtwirtschaft. Bsp.: Uneinheitliche Ausbildungs- und Zulassungsvoraussetzungen.

      bb) macht bundesgesetzliche Regelung erforderlich

      c) Art. 125a II 1 GG: Befugnis des Bundes zur Änderung von Altrecht

      Dem Bund verbleibt die Zuständigkeit zur Änderung von Vorschriften, die aufgrund des Art. 72 II GG in der bis zum 15.11.1994 geltenden Fassung erlassen worden sind, ohne Rücksicht darauf, ob die Voraussetzungen des geltenden Art. 72 II GG erfüllt sind. Allerdings ist die Änderungskompetenz eng auszulegen. Eine Änderung ist nur zulässig, soweit sie die wesentlichen Elemente der in dem fortbestehenden Bundesgesetz enthaltenen Regelung beibehält und keine grundlegende Neukonzeption enthält.

Zustimmungsbedürftigkeit des Bundesrates zu Rechtsverordnungen

Die Zustimmungsbedürftigkeit besteht für drei Gruppen von Rechtsverordnungen:

  1. wegen ihres Inhalts: bestimmte Rechtsverordnungen der Bundesregierung oder eines Bundesministers, die auf das Postwesen, die Telekommunikation oder die Eisenbahnen bezogen sind;

  2. wegen Zustimmungsbedürftigkeit des ermächtigenden Gesetzes: Rechtsverordnungen aufgrund von Bundesgesetzes, die der Zustimmung des Bundesrates bedürfen. Das Zustimmungserfordernis ist dabei unabhängig davon, ob gerade die konkrete Ermächtigungsnorm selbst eine zustimmungsbedürftige Materie betrifft; es reicht aus, dass irgendeine Vorschrift des ermächtigenden Gesetzes die Zustimmungsbedürftigkeit ausgelöst hat.

  3. bei Rechtsverordnungen aufgrund von Bundesgesetzen im Landesvollzug: Rechtsverordnungen aufgrund von Bundesgesetzen, die von den Ländern als eigene Angelegenheit oder im Auftrag des Bundes ausgeführt werden. Hier besteht eine Parallele zur Zustimmungsbedürftigkeit der Verwaltungsvorschriften in diesem Bereich (vgl. Art. 84 II, Art. 85 II GG). Wegen des Auffangcharakters dieser Alternative, die dem Regelfall der Ausführung von Bundesgesetzen betrifft, ist die Mehrzahl der Rechtsverordnungen des Bundes zustimmungsbedürftig.

Zustimmungsbedürftig sind jedoch nur Rechtsverordnungen von Bundesorganen, nicht solche von Landesorganen. Obwohl sich diese Einschränkung sprachlich nur auf die 1. Fallgruppe des Art. 80 III GG bezieht, gilt sie auch fr die beiden anderen Fallgruppen. ei Rechtsverordnungen von Landesorganen kommt eine Zustimmung des Bundesrates nicht in Betracht, weil solche Rechtsverordnungen Landesrecht begründen, die Mitwirkung des Bundesrates aber - wie Art. 50 GG zeigt - auf die “Gesetzgebung und Verwaltung des Bundes” begrenzt ist.

Die Staatsfunktionen (Gewalten) im bundesstaat - “Verwaltung” (Ausführung von Bundesgesetzen)

Verwaltungskompetenzen - Überblick

A. Abgrenzung

  • Regierung (Staatsleitung) Art. 62-69 GG

  • Gesetzgebung Art. 70-74 GG

  • Verwaltung Art. 83 ff. GG

  1. Unterscheidung zwischen Gesetzgebung (in der Sache) und Verwaltung

    Das GG unterscheidet strikt zwischen der Befugnis zur Gesetzgebung in der Sache (insbesondere Art. 70 ff. GG) und den Befugnissen bei der Ausführung von Gesetzen (Verwaltungskompetenzen).

    Merke: Nicht zur Gesetzgebungskompetenz in der Sache (insbesondere Art. 70 ff. GG), sondern zu den Verwaltungskompetenzen gehört die Gesetzgebungsbefugnis zur Regelung des Verwaltungsverfahrens und der Einrichtung von Behörden.

  2. Unterscheidung zwischen Regierung (Staatsleitung) und Verwaltung

    Zwar umfasst der Begriff der “vollziehenden Gewalt” iSd Gewaltenteilung sowohl die Regierung als auch die Verwaltung. Das GG trennt aber zwischen der Regieung (als Staatsleitung) - Art. 62 ff. GG - einerseits und der Verwaltung andererseits. Art. 83 ff. GG gelten nur für die Tötigkeit der Verwaltung. Konsequenzen:

    a) Handlungen (insbesondere Warnungen) von Bundesministern

    Die Bundesminister haben eine Doppelstellung: Sie gehören zum einen der Regierung an (Art. 62 GG); soweit sie im Rahmen der Staatsleitung tätig werden, richten sich ihre Befugnisse nach Art. 65 GG. Andererseits nehmen sie als oberste Verwaltungsbehörden des Bundes auch Verwaltungsaufgaben wahr; (nur) für die Wahrnehmung von Verwaltungsaufgaben gelten die Art. 83 ff. GG.

    Die Frage ist zB bedeutsam für Warnungen durch einen Bundesminister. Nach einer mM handelt es sich um Verwaltungstätigkeit, so dass die Art. 83 ff. GG gelten; dem Bundesminister fehlt dann idR die Verwaltungskompetenz, weil diese gem. Art. 83 GG grds. bei den Ländern liegt. Nach BVerfG handelt es sich um eine Tätigkeit im Rahmen der Staatsleistung; die Art. 83 ff. Gelten hierfür nicht; vielmehr folgt die Befugnis, Warnungen auszusprechen, aus Art. 65 GG.

    b) Organisation der Regierung

    Die zT in Art. 83 ff. GG erhaltenen Gesetzesvorbehalte gelten nicht für die Organisation der Regierung. Deswegen bestimmt grds. der Bundeskanzler die Zahl der Minister und ihre Geschäftsbereiche im Rahmen seiner Organisationsgewalt (Art. 64 I, 65 GG). Das schlißet nicht aus, dass wegen der Bedeutung der Organisation im Einzelfall eine parlamentarische Willensäußerung erforderlich ist.

B. Systematik der Art. 83 ff. GG

Art. 83 ff. GG regeln die Verteilung der Verwaltungskompetenzen zwischen Bund und Ländern bei der Ausführung von Budnesgesetzen. (Bzgl. der Ausführung von Landesgesetzen liegen alle Verwaltungskompetenzen ausschließlich bei den Ländern, vgl. Art. 30 GG).

Merke:

  1. Art. 84-86 GG regeln nicht “wann” der jeweilige Verwaltungstyp vorliegt, sondern nur die Rechtsfolgen.

  2. Trotz der Überschrift des VII. Abschnitts (“Ausführung der Bundesgesetze”) und des Begriffs “vollziehende Gewalt” gelten die rechtsfolgen der Art. 83 ff. GG nach hM nicht nur für den Vollzug von Gesetzen (“gesetzesakzessorische” Verwaltung), sondern auch für diejenigen Bereiche, in denen die Verwaltung ohne ausdrückliche Ermächtigungsgrundlage handeln kann (zB Vergabe von Subventionen) (“gesetzesfreie” Verwaltung - Der Begriff ist wenig glücklich, weil die Verwaltung natürlich auch in diesem Bereich nicht gegen bestehende Gesetze verstoßen darf).

C. Aspekte der Verwaltungskompetenz

Unter den Begriff “Verwaltungskompetenz” fallen unterschiedliche Befugnisse:

  1. Wahrnehmungskompetenzen (=Handlungsbefugnisse gegenüber dem Bürger)

  2. Aufsichtsbefugnisse (des Bundes)

  3. Befugnisse zur Regelung des Verwaltungsverfahren und zur Einrichtung von Behörden

Regelungen des Verwaltungsverfahrens betreffen das “Wie” des Verwaltungshandelns: zB Handlungsform; Zustandekommen und Durchsetzung etc.

Behörden sind alle amtlichen Stellen, auch solche selbständiger Rechtsträger einschließlich Beliehener. Die Einrichtung der Behörden umfasst deren Einrichtung (Gründung) und Einrichtung (innere Organisation) sowie die Übertragung von Aufgaben und Befugnissen.

Ausführung der Bundesgesetze durch die Länder

  1. Zur Neufassung des Art. 84 I GG:

    Wegfall des generellen Zustimmungserfordernisses für Bundesregelungen, dafür Abweichungsrecht der Länder (S. 2). Spätere Bundesreglungen treten grds. verzögert in Kraft (um Ländern neue abweichende Regelungen zu ermöglichen( (S. 3). Abweichend von Art. 31 GG (Bundesrecht bricht Landesrecht) geht das später erlassene Recht dem früheren vor (S. 4 iVm Art. 72 III 3 GG). Ausnahmsweise keine Abweichungsmöglichkeit für die Länder von bundesrechtlichen Regelungen des Verwaltungsverfahrens, dafür wird das Bundesgesetz zustimmungspflichtig (S. 5). “Sperrfreist” für abweichende landesrechtliche Regelungen des Verwaltungsverfahrens bei Altrecht: Art. 125b II GG.

    Rechtsanwendungsregel für Regelungen des Verwaltungsverfahrens:

    1. Vorrangige Regelungen im Bundesrecht?

    2. Spezielle Regelungen in landesrechtlichen Ausführungsbestimmungen?

    3. VwVfG/ VwVG/ VwZG des Landes

  2. Problem bei Art. 85 I GG:

    Dort ist die Befugnis des Bundes zur Regelung des Verwaltungsverfahrens nicht ausdrücklich erwähnt;

    hM: Redaktionsversehen, Art. 85 I GG ist um diese Befugnis zu ergänzen (Erst-Recht-Schluss im Vergleich mit Art. 84 I GG). Das führt nach Ansicht des BVerfG aber nicht zur Zustimmungspflichtigkeit des Gesetzes: Grund: Anders als bei Art. 84 GG stellen Verfahrensregelungen im Bereich des Art. 85 GG keinen Eingriff in die Sachkompetenz der Länder dar; ein Erst-Recht-Schluss aus Art. 85 II GG (Zustimmungsbedürftigkeit von Verwaltungsvorschriften) ist nicht möglich, weil Art. 85 II GG Maßnahmen der Exekutive und nicht der Legislative betrifft.

  3. Die Gesetzgebungsbefugnis des Landes zur Regelung des Verwaltungsverfahrens und der Einrichtung der (Landes-)Behörden ist im Ergebnis unproblematisch, lässt sich aber unterschiedlich begründen:

    1. aus Art. 84 I GG bzw. (dem ergänzenden) Art. 85 I GG

    2. aus Art. 30 GG

    3. als Annex-Kompetenz zur Wahrnehmungskompetenz (insoweit gilt der Grundsatz: Wer die Wahrnehmungskompetenz hat, kann grds. auch das Verwaltungsverfahren und die Einrichtung der Behörden regeln)

    4. Durch die Förderalismusreform neu eingefügt ist das Verbot, durch Bundesgesetz den Gemeinden und Gemeindeverbänden Aufgaben zu übertragen (Art. 84 I GG und Art. 85 I GG am Ende).

Bundeseigene Verwaltung

A. Systematik der Art. 86, 87 ff. GG

B. Verteilung der Verwaltungskompetenzen

Die Wahrnehmungskompetenzen (=Handlungsbefugnisse gegenüber dem Bürger), die Gesetzgebungsbefugnisse zur Regelung des Verwaltungsverfahrens und zur Einrichtung von Behörden sowie die Aufsichtsbefugnisse liegen im Umfang der durch das GG angeordneten oder zugelassenen Bundesverwaltung beim Bund.

Anmerkung: Die Vorschriften über die Gegenstände der bundeseigenen Verwaltung sind zum Teil als Wahrnehmungsbefugnisse, zum Teil als Gesetzgebungsbefugnisse zur Einrichtung von Behörden formuliert. Beide Befugnisse bedingen einander: Wenn der Bund die Wahrnehmungsbefugnis hat, muss er auch die Befugnis zur Errichtung entsprechender Behörden haben; hat der Bund die Gesetzgebungsbefugnis zur Einrichtung bestimmter Bundesbehörden, hat er auch die entsprechenden Wahrnehmungsbefugnisse. Das Gleiche gilt für die Gesetzgebungsbefugnisse zur Regelung des Verwaltungsverfahrens für die Bundesbehörden. Offen - im Ergebnis aber ohne Bedeutung - ist die Frage, woher sich diese Gesetzgebungskompetenzen ergeben, wenn sie im GG nicht ausdrücklich geregelt sind:

  1. aus dem Rechtsgedanken des Art. 86 GG

  2. als Annex-Kompetenz zur Gesetzgebungskompetenz in der Sache (= Art. 70 ff. GG)

  3. als Annex-Kompetenz zur Verwaltungskompetenz (=Art. 87 ff. GG)

  4. kraft Natur der Sache

C. Die Bundesverwaltung nach Art. 87 GG

Die auswärtige Gewalt, Art. 32, 59 GG - Abschluss völkerrechtlicher Staatsverträge

Abschlusskompetenz und Transformationskompetenz des Bundes

Die Abschlusskompetenz betrifft die Frage, ob der Bunde den Vertrag abschließen darf. Die Transformationskompetenz betrifft die Frage, ob der Bund oder das Land für die Umsetzung des Vertrages in innerstaatliches Recht zuständig ist.

Merke: Nach der hM vom Dualismus, sind Völerrecht und nationales Recht zwei selbstständige Rechtsordnungen, Völerrecht bedarf deswegen einer Umsetzung (Transformation) in nationales Recht, um innerstaatlich Geltung zu erlangen. Völkergewohnheitsrecht und allgemein anerkannte Rechtsgrundsätze werden gem. Art. 25 GG automatisch Bundesrecht und gehen den Gesetzen vor (Zwischenrang). Völkervertragsrecht wird innerstaatlich nur verbindlich, wenn es durch einen besonderen Transformationsakt umgesetzt wird.

I. Abschlusskompetenz des Bundes?

  1. Zuständigkeit

    a) Verbandskompetenz des Bundes, Art. 32 GG. Vertragsmaterie betrifft Gegenstand der

    aa) Gesetzgebungskompetenz des Bundes: unstreitig (+), Art. 32 I GG, arg. ex Art. 32 III GG

    bb) Gesetzgebungskompetenz des Landes: Abgesehen vom Sonderfall des Art. 23 GG str.: Begründet Art. 32 III GG eine ausschließliche oder nur eine konkurrierende Zuständigkeit der Länder?

    Nach hM nur konkurrierend: Folge: Abschlusskompetenz des Bundes geht weiter als seine Transformationskompetenz.

    b) Organkompetenz

    An sich Bundespräsident, Art. 59 I 2 GG; allerdings konkludente Ermächtigung des Bundeskanzlers oder der Bundesminister (außer Ratifikation).

  2. Verfahren (=Beteiligung von Bundestag und Bundesrat erforderlich?)

    a) Beteiligung des Bundestages durch Vertragsgesetz nach Art. 59 II 1 GG erforderlich, wenn Bund Vertrag abschließt,

    aa) der die politischen Beziehungen des Bundes regelt, Art. 59 II 1, 1. Alt. GG

    Enge Auslegung: nicht jeder außenpoltische Vertrag, sondern nur bedeutende Verträge, die den Bestand des Staates und dessen Stellung in der Staatengemeinschaft betreffen.

    bb) der Gegenstände der Gesetzgebung betriff, Art. 59 II 1, 2. Alt. (=wenn für die innerstaatliche Umsetzung eine gesetzliche Regelung erforderlich ist)

    Merke: Greift Art. 59 II 1 GG nicht ein (= Umsetzung kann durch Verwaltungsvorschrift oder VO erfolgen), liegt ein völkerrechtlicher Vertrag iSd Art. 59 II 2 GG vor (Verwaltungsabkommen). Die Abschlusskompetenz des Bundes wird in Art. 59 II 2 GG vorausgesetzt. Sie besteht, wenn der Bund die Gesetzgebungskompetenz hat (arg. ex Art. 32 III GG). Unter Umständen ist die zustimmung des Bundesrates erforderlich, Art. 59 II 2 GG iVm Art. 84 II, 85 II GG; Art. 80 II GG wird analog angewandt).

    b) Zustimmung Bundesrat erforderlich? Gehört Vertragsmaterie

    aa) zum Bundesrecht, so gelten die allgemeinen Regeln über die Zustimmungsbedürftigkeit von Bundesgesetzen.

    bb) zum Landesrecht, dann str., weil das GG keine Regelung über die Zustimmungsbedürftigkeit enthält. mM: zustimmung erst Recht erforderlich; hM: mangels Regelung keine Zustimmung; die Länderinteressen werden durch das Transformationserfordernis ausreichend geschützt.

II. Transformation

  1. Automatisch durch das vom Bundestag beschlossene Vertragsgesetz, wenn Bund die Transformationskompetenz hat - Herleitung: Art. 59 II 1 GG (-); Art. 73 I Nr. 1 GG (-); Art. 32 GG (-); nur aus Art. 70 ff. GG (Gesetzgebungskompetenz)

  2. Sonst: für Transformation zusätzlich Landesgesetz erforderlich (Verpflichtung des Landes zum Erlass des Gesetzes aus dem Grundsatz der Bundestreue, wenn das Land die Transofrmation nach vorheriger Beteiligung zugesagt hat).

Die Wahlrechtsgrundsätze - Art. 38 I 1 GG

Die Wahlrechtsgrundsätze des Art. 38 I 1 GG gelten unmittelbar nur für die Wahlen zum Bundestag. Sie gelten aber gem. Art. 28 I 2 GG, auch für Wahlen in den Ländern, Kreisen und Gemeinden. Das BverfG hat seine bisherige Rspr. aufgegeben, wonach Verletzungen der Wahlrechtsgrundsätze bei Wahlen in den Ländern unter Berufung auf Art. 3 I GG mit der VfB zum BVerfG angegriffen werden können. Zur Begründung hat das BVerfG angeführt, dass die Länder im Rahmen ihrer Verfassungsautonomie in ihrem Verfassungsraum allein zuständig sind üfr den subjektiv-rechtlichen Schutz des Wahlrechts.

allgemein

Das aktive und passive Wahlrecht (die Wahlberechtigung) muss grundsätzlich allen Bevölkerungsgruppen in gleicher Weise offenstehen. Unzulässig ist es, bestimmte Bevölkerungsgruppen aus politischen, wirtschaftlichen oder sozialen Gründen das Wahlrecht zu versagen.

Einschränkungen nur zulässig aus der Natur der Sache:

  • Auslandsdeutsche (Beschränkungen zulässig, weil das Anknüpfen an die Sesshaftigkeit im Staatsgebiet gesicherter staatsrechtlicher Tradition entspricht).

  • Ausländerwahlrecht (ohne Verfassungsänderung unzulässig, weil nur das Staatsvolk wählen darf).

unmittelbar

Zwischen Stimmabgabe des Wählers und Ermittlung des gewählten Abgeordneten darf keine weitere Instanz mit Entscheidungsbefugnissen eingeschaltet werden. Unzulässig sind eta Wahlmännergremien wie bei der Wahl des US-Präsidenten.

  • Bei der Listenwahl müssen die Nachrücker festgelegt sein. Unzulässig ist, dass Parteien, Fraktionen oder sonstige Dritte nach der Stimmabgabe Kandidaten auswechseln, die Reihenfolge auf den Listen ändern oder frei Ersatzleute für ausgeschiedene Kandidaten bestimmen.

frei

Verboten ist jeder Zwang und Druck auf den Inhalt der Wahlentscheidung.

  • Einführung einer Wahlpflicht (str.: nach hM zulässig, weil Einwirkung nicht auf den Inhalt (das “Wie”), sondern nur das “Ob” der Stimmabgabe).

  • Unzulässig sind Wahlpropagande und Unterschriftenaktionen vor Wahllokalen und Veröffentlichung von Wählerbefragungen vor Schließung der Wahllokale (§ 32 BWG)

gleich

Bei dem Grundsatz der “Gleichheit der Wahl” handelt es sich um eine streng formalisierte Ausprägung des allgemeinen Gleichheitssatzes (=Art. 38 I 1 GG fordert eine formale Gleichbehandlung).

Beeinträchtigung dieses Grundsatzes sind nur dann zulässig, wenn hierfür nicht nur ein sachlicher, sondern ein zwingender Grund vorliegt.

  • Jeder Wahlberechtigte muss sein Wahlrecht in formal möglichst gleicher Weise ausüben können.

    • Gleicher Zählwert jeder Stimme. Unbedingt zu gewährleisten ist, dass jede Stimme gleich gezählt wird. Darauf folgt etwa die Unzulässigkeit eines Klassenwahlrechts mit Differenzierungen bezüglich des Zählwertes der Stimme nach Besitz oder Bildung des Wählers.

    • Grundsatz: gleicher Erfolgswert jeder Stimme. Grundsätzlich ist auch erforderlich, dass jede Stimme für die Zusammensetzung des Bundestages die gleiche Wirkung hat.

      • Problem: Einführung eines Mehrheitswahlrechts (zulässig)

      • Problem: 5%-Klausel (zulässig, wenn für Funktionstüchtigkeit des Parlaments und Schaffung stabiler Regierungen zwingend erforderlich)

      • Problem: Überhangsmandate

  • Gilt auch für die Wahlbewerber und die sie unterstützenden Parteien (Grundsatz der abgestuften Chancengleichheit, vgl. § 5 PartG)

    • Problem: Einführung von Frauenquoten (Verstoß gegen die passive Wahlrechtsgleichheit nach hM (-))

geheim

Es muss gewährleistet sein, dass der Wähler bei der Stimmabgabe unbeeinflusst und unbeobachtet ist.

  • Problem: Briefwahl (Gefahr der Kontrolle und Manipulation)

Der Abgeordnete

Grundnorm: Art. 38 I 2 GG

  • Das freie Mandat:

    • Der Abgeordnete ist an Aufträge und Weisungen nicht gebunden und nur seinem Gewissen unterworfen (Gegensatz: imperatives Mandat).

    • Kein Mandatsverlust durch Partei- oder Fraktionsaustritt oder -schluss.

  • Statusrechte (Organrechte) des Abgeordneten

    Aus Art. 38 I 2 GG und dem dort festgelegten Status des Abgeordneten ergeben sich eine Reihe von Rechten. Dabei handelt es sich nicht um persönliche Rechte, sondern um Organrechte.

    Werden diese Organrechte durch ein anderes Verfassungsorgan beeinträchtigt, kann der Abgeordnete hiergegen im Wege des Organstreits (Art. 93 I Nr. 1 GG) vorgehen. Die Erhebung einer VfB scheidet aus.

    Die VfB steht dem Abgeordneten nur dann zur Verfügung, wenn seine Abgeordnetenrechte durch Behörden/ Gerichte beeinträchtigt werden.

    Die dem Abgeordneten grundsätzlich zustehenden Organrechte können im Interesse der Funktionstüchtigkeit des Parlaments in gewissem Umfang durch die GO des Bundestages eingeschränkt werden.

    • Recht auf Teilnahme an Sitzungen des Bundestages einschließlich des Rechts zur Teilnahme an den Abstimmungen und Wahlen.

    • Rederecht, Antrags- und Initiativrecht

    • Frage- und Informationsrecht gegenüber der Regierung

    • Recht zum Zusammenschluss mit anderen Abgeordneten zu einer Fraktion (§ 10 GO-BT bzw. einer Gruppe (§ 10 IV GO-BT))

    • Recht auf Mitarbeit in einem Ausschuss des Bundestages

      Merke: Fraktionslose Abgeordnete sind gem. § 57 II 2 GO nur “beratende” Ausschussmitglieder. Dies ist verfassungsrechtlich zulässig, weil andernfalls die Stimme des fraktionslosen Abgeordneten ein überproportionales Gewicht enthielte und dem Abgeordneten das Stimmrecht im Parlament verbelibt

  • Statusgleichheit

    Abgeordnete sind in Statusfragen grds. formal gleich zu behandeln, damit keine Abhängigkeiten oder Hierarchien entstehen, die über das für die Arbeitsfähigkeit des Parlaments unabdingbare Maß hinausgehen. Deswegen ist die Zahl der mit Zulagen bedachten Funktionsstellen auf wenige politisch besonders herausgehobene parlamentarische Funktionen zu beschränken.

Indemnität, Art. 46 I GG

  • Auf Dauer keine dienstrechtliche oder (straf-, zivil-, verwaltungs-) gerichtliche Verantwortlichkeit für eine Abstimmung oder Äußerung im parlamentarischen Bereich (Bundestag, Ausschuss, Fraktion), es sei denn, verleumderische Beleidigung, Art. 46 I 2 GG iVm § 187 StGB (dann aber Art. 46 II GG)

    Merke: Gilt nicht für Äußerungen in der Presse oder bei Wahlreden und nicht für Äußerungen als Regierungsmitglied.

  • Zulässig sind innerparlamentarische Ordungsmaßnahmen durch den Bundestagspräsidenten (Art. 40 I 2 iVm §§ 36 ff. GO-BT)

Immunität, Art. 46 II GG

  • Während der Dauer des Mandats darf ein Abgeordneter wegen einer mit Strafe bedrohten Handlung nur mit Einwilligung des Bundestages zur Verantwortung gezogen oder verhaftet werden, es sei denn, dass er bei Begehung der Tat oder am nächsten Tage festgenommen wird.

    Merke: str., ist ob Immunität auch für lediglich mit Disziplinarmaßnahmen bedrohte Handlungen hilt.

  • Zum Verfahren vgl. Anlage 6 zur GO-BT (Sa. 35)

  • Art. 46 II GG dient in erster Linie der Funktionstüchtigkeit des Parlaments. grds. kein subjektives Recht des Abgeordneten - aber: Anspruch darauf, dass sich das Parlament bei der Entscheidung über die Aufhebung der Immunität nicht von sachfremden, willkürlichen Motiven leiten lässt (Fall Pofalle).

sonstige Vorschriften

  • Zeugnisverweigerungsrecht, Art. 47 GG

  • Urlaubsanspruch für Wahl, Art. 48 I GG

  • Behinderungsverbot, Art. 48 II GG

  • Entschädigungsanspruch (Diäten), Art. 48 III 1 iVm § 11 AbgG

  • Freie Benutzung staatlicher Verkehrsmittel, Art. 48 III 2 GG iVm § 16 AbgG

  • Verhaltensregeln für Mitglieder des Bundestages (Anzeige von Interessenkollisionen pp.), § 44a AbgG, § 18 iVm Anlage 1 GO-BT

Die Fraktionen

Definition:

Fraktionen sind Vereinigungen von mindestens 5% der Mitglieder des Bundestages, die derselben Partei oder - wie CDU/CSU - solchen Parteien angehören, die aufgrund gleichgerichteter Ziele in keinem Land miteinander in Wettbewerb stehen (§ 45 AbgG iVm § 10 GO-BT).

Eine Zahl von Abgeordneten, die weniger als 5% der Mitglieder des Bundestages umfasst, kann sich in einer Gruppe zusammenschließen (§ 10 IV GO-BT).

Funktion:

Die Fraktionen sind für die Kanalisierung und Strukturierung der politischen Meinung im Vorfeld der parlamentarischen Entscheidung unerlässlich. Sie sind “notwendige Einrichtungen des Verfassungslebens und maßgebliche Faktoren der politischen Willensbildung”. Sie sind Mittler zwischen Parlament und Abgeordneten; ihre Einrichtung dient der Effektivierung der Abgeordnetenrechte.

Rechtsstellung im parlamentsinternen Bereich:

  • Fraktionen sind Organteile des Bundestages

  • Rechte der Fraktionen

    Im GG selbst sind Fraktionen nur beiläufig in Art. 53a I GG erwähnt. Ihre parlamentsinternen Rechte ergeben sich (als vom Abgeordneten abgeleitete Rechte) aus Art. 38 I 2 GG sowie aus der GO des Bundestages. Die der Fraktion grundsätzlich zustehenden Rechte können im Interesse der Funktionstüchtigkeit des Parlaments in gewissem Umfang durch die GO des Bundestages eingeschränkt werden. Zur Verteidigung der parlamentsinternen Rechte gegen andere Verfassungsorgane steht den Fraktionen das Organstreitverfahren zur Verfügung.

    • Gesetzesinitiativrecht aus der “Mitte des Bundestags”, Art. 76 GG iVm § 76 GO-BT

    • Antrags- und Vorschlagsrechte

    • Recht auf Gleichbehandlung der Fraktionen

      “Auf die Ebene der Fraktionen übertragen ergibt sich aus dem Prinzip der gleichen Mitwirkungsbefugnis aller Abgeordneten der Grundsatz der Gleichbehandlung der Fraktionen”. Der Gleichheitsgrundsatz ermöglicht es aber auch, unterschiedlichen Fraktionsgrößen Rechnung zu tragen.

    • Recht zur Benennung von Ausschussmitgliedern

      Da die Ausschüsse des Bundestages das verkleinerte Abbild des Plenums sind, gilt für die Besetzung der Ausschüsse nach der Rechtsprechung des BVerfG der Grundsatz der Spiegelbildlichkeit von Parlament und Ausschüssen. Vgl. auch § 12 GO-BT. Wird die Spiegelbildlichkeit durch das übliche Berechnungssystem nicht erreicht, so ist ein Wechsel im Berechnungssystem zulässig. Wird auch durch einen Wechsel des Berechnungssystems die Spiegelbildlichkeit nicht erreicht, so soll die Vorabvergabe eines Grundmandats an die stärkste Fraktion zulässig sein.

Rechtsstellung im allgemeinen Rechtsverkehr

  • Fraktionen sind gem. § 46 I, II AbgG rechtsfähige Vereinigungen, die klagen und verklagt werden können.

  • Im Übrigen ist die Rechtsstellung der Fraktionen im allgemeinen Rechtsverkehr umstritten: § 46 I, II AbgG beschränkt sich auf die Verleihung der allgemeinen Rechtsfähigkeit ohne die Rechtsnatur der Fraktion ausdrücklich zu bestimmen. § 46 III AbgG stellt lediglich klar, dass Fraktionen “nicht Teile der öffentlichen Verwaltung” sind und “keine öffentliche Gewalt” ausüben.

    • Zum Teil: privatrechtliche Vereinigungen. Grund: numerus clausus der öffentlich-rechtlichen Organisationsformen; enger zusammenhang zwischen Partei- und Fraktionszugehörigkeit.

    • Zum Teil: öffentlich-rechtliche Vereinigung. Grund: numerus clausus der privatrechtlichen Organisationsformen. Die öffentlich-rechtlichen Vorschrift des § 46 AbgG hat ein neues Rechtssubjekt eingeführt; die Fraktion als öffentlich-rechtliche Vereinigung.

Rechtsverhältnis zwischen Fraktion und Abgeordneten

  • Einflussnahme auf Abgeordneten:

    • Fraktionszwang (=Verpflichtung nach Votum der Fraktion abzustimmen) ist wegen Art. 38 I 2 GG unzulässig.

    • Fraktionsdisziplin (=Bestreben, einheitliches Handeln durch innerfraktionelle Willensbildung zu erzielen) ist nach hM zulässig.

  • Ein Fraktionsausschluss ist nach hM (nur) zulässig, wenn ein wichtiger Grund vorliegt.

  • Der Rechtsweg für Streitigkeiten im Innenverhältnis (zB Fraktionsausschluss) ist str.:

    1. Zum Teil wird auf die Rechtsnatur der Fraktion (s.o.) abgestellt.

    2. Zum Teil auf den Sachzusammenhang: Aufgaben der Fratkion sind öffentlich-rechtlich

    3. Zum Teil auf den Errichtungsakt: öffentlich-rechtlicher Vertrag

    Nach wohl hM ist eine öffentlich-rechtliche Streitigkeit gegeben. Folge: Auf Verfassungsebene Organstreit, soweit durch die Maßnahme Abgeordnetenrechte gefährdet werden können; auf Gemeindeebene Rechtsweg zu den Verwaltungsgerichten.

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Ann-kathrin L.

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