Begriffsdefinition DGSF
Begriffsdefinition PTV10
Wie viele Sitzungen können in der Systemischen mit Angehörigen sein?
- bei anderen Therapieverfahren: jede 4. Stunde können Angehörige einbezogen werden
- in der Systemischen: jede Sitzung kann mit Angehörigen sein
Eigenschaften von Systemen
▪ Ein System ist eine beliebige Gruppe von Elementen, die durch Beziehungen miteinander verbunden und durch eine Grenze von ihren Umwelten abgrenzbar
sind
▪ Was/wer dazugehört und wer nicht, liegt nicht in der Natur der Sache, sondern wird bestimmt durch die Perspektive der Mitglieder und der Beobachtenden. Erst Beobachtende lassen Systeme entstehen. Denn diese entscheiden, welche Elemente, welche Beziehung und welche Grenzen sie diesem System zuordnen wollen.
▪ Systeme haben eine aktive Tendenz zur Selbsterschaffung und Selbsterhaltung und folgen dabei eigenen (bewussten oder unbewussten) Regeln (=Autopoiesis)
▪ Systeme weisen eine Eigendynamik auf, die sich der genaueren Analyse und Beeinflussung von außen entziehen kann
Eigenschaften von Systemen: Kybernetik
Kybernetik: Wie funktioniert Steuerung und Regelung im System?
▪ Kybernetik 1. Ordnung: Familien werden als ein von Regeln gesteuertes System verstanden; Psychotherapeut:innen versuchen, dieses System gezielt zu beeinflussen (um es in ein „optimales Gleichgewicht zu bringen“)
▪ Kybernetik 2. Ordnung: Orientiert an Konzepten wie Selbststeuerung, Selbstorganisation und struktureller Autonomie von Lebewesen, es wird auf normative Vorstellungen über Familien und Gesundheit verzichtet; Psychotherapeut:innen versuchen das Klient:innensystem (irgendwie?!) zu „verstören”
Eigenschaften von Systemen: Mitgliedschaften (Grenzen)
Mitgliedschaften (Grenzen) können normativ (z.B. alle Familien-, Teammitglieder) oder flexibel (z.B. alle wichtigen Bezugspersonen) definiert werden. Grenzen eines (Sub-)Systems machen klar, was innerhalb und außerhalb liegt.
Eigenschaften von Systemen:
exemplarisch wichtige Parameter und Subsysteme
▪ Exemplarisch wichtige Parameter: Grenzsetzung, Macht- und Rollenverteilung, offene und verdeckte Konflikte, Koalitionen etc…
▪ Subsysteme: Elternsystem, Geschwistersystem, Paarsystem, …
Regeln von Systemen
▪ wiederkehrende Verhaltensmuster in einer Familie oder einem anderen sozialen System
▪ explizit (z.B. „Wir sind Vegetarier:innen“; „In unserer Familie gibt es keine Scheidungen“) oder implizit sein (z.B. Modell der Eltern)
▪ Normen des Zusammenlebens, die ein (Familien-) System definieren und stabilisieren
▪ Regeln sind den Beteiligten nicht immer bewusst, sondern werden z.B. erst bei Regelübertritt erkennbar
Eigenschaften von Systemen: Grenzen
▪ (meist implizite) Vereinbarungen darüber, wer zum System dazugehört oder nicht. Über Mitgliedschaft definiert ein soziales System auch, was den Kern seiner Identität und seiner Sinngebung ausmacht. System-Umwelt-Grenzen unterscheiden, was zu einem System gehört und was nicht
▪ Gesunde Familien zeichnen sich durch klare Generations-, Geschlechts- und Funktions-Grenzen der Subsysteme (Eltern / Kinder) aus
Beispielhafte Phänomene, welche bei Nicht-Einhaltung von Generationsgrenzen bzw. fehlender, schwacher oder starrer Grenzziehung auftreten können:
Kurzer geschichtlicher Überblick
Was ist am Ende das wichtigste an der Bewegung?
Welche Systemsichen Grundhaltungen gibt es?
Haltung des Nicht-Wissens
Neutralität und Allparteilichkeit
Respekt und Wertschätzung
Kreativität und Handlungsspielräume
Lösungs- und Ressourcenorientierung
▪ Die Lösung habe nicht ich, sondern mein Gegenüber
▪ Arbeit mit Hypothesen anstatt Wahrheiten → Ziel nicht Wahrheit zu finden, sondern möglichst unterschiedliche Hypothesen zu generieren
▪ „Man kann nicht keine Hypothesen bilden“ →Hypothetisieren ist ein automatischer Vorgang, den wir nur schwer unterdrücken können, aber wichtig Eindrücke und Vermutungen als solche reflektieren und immer bereit sein, sie wieder zu verwerfen
▪ „Man soll die eigenen Hypothesen nie heiraten!“
▪ Wirklichkeit ist nichts Objektives, sondern hängt von der Brille ab, durch die ich sie betrachte
▪ Alles könnte immer auch ganz anders sein
▪ Ob Hypothesen wahr oder falsch sind, ist unerheblich. Viel wichtiger ist, ob sie nützlich sind → Nicht-Wissen als Haltung eröffnet Räume
▪ Haltung des Nicht-Wissens hält Neugier aufrecht → „weniger wissen wollen“
▪ Für jede:n Klient:in muss eine eigene Therapieform gefunden werden
Bild zur Haltung des Nicht-Wissens
Grundlage des Radikalen Konstruktivismus (P. Watzlawick)
▪ Ob einer Kombination von Verhaltens- und Erlebensweisen Krankheitswert zukommt, ist Ergebnis einer sozialen Konstruktion.
▪ Störungswert entsteht erst innerhalb eines bestimmten Kontextes.
▪ Wahrheiten der Klient:innen können andere als die der Therapeut:innen sein.
→Arbeiten auf Augenhöhe zwischen Therapeut:innen und Klient:innen
!! Wahrheiten sind das worauf wir uns geeinigt haben !!
▪ Neutralität gegenüber Problemen, Lebensentwürfen, Therapieergebnissen …
→ Geringstmögliche Vorgabe von Normen durch Therapeut:innen
▪ Neutralität bedeutet nicht Gleichgültigkeit, sondern neugierig in nicht-wissender Haltung zu bleiben
▪ Allparteilichkeit ist die Fähigkeit, für alle Familienmitglieder gleichermaßen Partei ergreifen zu können, die Fähigkeit, die Verdienste jedes Familienmitgliedes (an)zuerkennen und sich mit beiden Seiten ambivalenter Beziehungen identifizieren zu können
▪ Allparteilichkeit im Mehrpersonensetting besonders bedeutsam, aber auch herausfordernd
Wichtig bei Neutralität und Allparteilichkeit
Wichtig: Bewusstsein über die Wirkungsmächtigkeit der eigenen Sprache
→ Sprache setzt einen Aufmerksamkeitsfokus (und lenkt ihn von anderen Realitäten ab)
▪ Beschreibungen beeinflussen Denkmuster: Wie wird das Problem beschrieben? Ließe es sich auch anders beschreiben? Was wäre dann anders?
▪ z.B. Nicht „Ich habe eine Borderline-Störung“, sondern „Ich zeige Symptome, welche die Kriterien für die Vergabe einer Borderline-Störung nach ICD 10 derzeit erfüllen.“
▪ Nicht „Ich bin…“, sondern „eine Seite von mir“
▪ SOWOHL ALS AUCH anstatt ENTWEDER/ODER anstatt ABER
Neutralität und Allparteilichkeit:
Mögliche Fragen für die eigene therapeutische Arbeit könnten sein
▪ Was sind Themen, die sich als potentielle Störenfriede gegenüber meiner Allparteilichkeit entpuppen könnten?
▪ Woran kann ich bemerken, dass ich für eine Seite mehr Partei ergreife?
▪ Was mache ich, wenn ich merke, dass Allparteilichkeit mir schwer fällt?
Respekt und Wertschätzung/ Wir brauchen einen Auftrag
▪ Respekt gegenüber Familiensystem/bisherige Strategien/Anerkennung, was bisher geleistet wurde/gelungen ist
▪ „Klient:innen sind kompetent und verantwortlich.“
▪ Möglichst wenig Einschränkung der Klient:innen –Autonomie →ob eine Alternative besser ist als eine andere, das entscheidet nicht Therapeut:in
▪ Gleichzeitig: Keine Vernachlässigung der Klient:innenbedürfnisse nach Anleitung & Halt
▪ Klient:in anstatt Patient:in → gemeinsame Gestaltung des Therapieprozess und regelmäßige Auftragsklärung
Respekt und Wertschätzung:
Technik um sie aufrechtzuerhalten
z.B. durch Therapiebriefe aus Klient:innenperspektive oder gemeinsame Reflexionen über die bisherige Therapie:
▪ Was war bisher hilfreich im Therapieprozess? Wovon mehr, wovon weniger? Welche Sitzung besonders hilfreich gewesen?
▪ Was möchte ich (noch alles) verändern?
▪ Was möchte ich im Umgang mit meinem Bezugssystem zukünftig anders machen?
▪ Woran werde ich in einem Jahr erkennen, dass mir die Therapie geholfen hat?
▪ Mit welchen Gefühlen/inneren Anteilen etc. möchte ich mehr in Kontakt kommen? …
▪ Erweiterung von Handlungsspielräumen als Hauptziel von Therapie (von „es passiert“ mit mir zu „ich mache“)
▪ Symptomfördernde familiäre Interaktionen und Strukturen, dysfunktionale Lösungsversuche und starre/einschränkende Familienerzählungen infrage zu stellen und die Entwicklung neuer, gesundheitsfördernder Interaktionen, Lösungsversuche und Erzählungen anzuregen
▪ Verflüssigung von verfestigten Strukturen → hin zu einer nützlicheren/befriedigenderen Lösung verändern, die weniger Kosten verursacht/weniger problematisch ist
▪ fehlerfreundliches, neugieriges, experimentierfreundliches Klima → auch von therapeutischer Seite offene Fehlerkultur → „Alles ist kritisierbar“
▪ Irritation und Verstärkung als Therapieziel/Einsatz von verblüffenden oder humorvollen Interventionen
▪ Grundsatz: Respekt vor Personen, Respektlosigkeit gegenüber Ideen
▪ Ressourcen, Kompetenzen, Fähigkeiten sind im System schon da, sie müssen nur (wieder-)entdeckt werden
▪ Nicht Lösungen vorgeben, sondern einladen zum gemeinsamen Suchprozess
▪ Veränderung passiert nicht nur in Therapiesitzungen, sondern vor allem dazwischen → Bedeutung der Eigenleistung der Klient:innen
▪ „Raus aus der Problemtrance“ (z.B. Refraiming, durch Fragen nach Ausnahmen, „nur mal angenommen, dass..“)
→ ermöglichen anderes Erleben, aktivieren anderes Netzwerk
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