Globale Lieferketten & Menschenrechte
UN-Leitprinzipien für Wirtschaft und Menschenrechte 2011 (= UNLP):
Die UNLP hatten neben der staatlichen Schutzpflicht eine unternehmerische Verantwortung zur Achtung aller international anerkannter Menschenrechte etabliert, die aus zwei Komponenten bestand:
Der weiten unternehmerischen Verantwortung zur Achtung aller Menschenrechte, die
durch spezifisch ausgestaltete „Due Diligence“- Maßnahmen erfüllt werden sollte.
Mandat der UN Working Group on Business and Human Rights sah keine weitere normative Fortentwicklung der “Prinzipien” zu “Standards” im Sinne eindeutiger globaler Verhaltensvorgaben vor
—> Beschränkte sich auf die Implementierung und Verbreitung der UNLP
—> Irreführender Begriff des „Global standard of responsibility“
—> Achtung “aller Menschenrechte” wurde durch eine Verweisung auf einen nicht abschließenden Katalog UN- und ILO-Konversation erläutert. —> Hilft jedoch nur begrenzt weiter und lässt eine Vielzahl an Fragen offen.
Das Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz
Trat am 1. Januar 2023 in Kraft
Soll der Verbesserung der internationalen Menschenrechtslage dienen, indem es Anforderungen an ein verantwortliches Management von Lieferketten für bestimmte Unternehmen festlegt
Die Anforderungen orientieren sich am Due Dilligence Standard der UN-Leitprinzipien für Wirtschaft und Menschenrechte (UNLP)
—> maßgeblicher Kritikpunkt an dem Gesetz
Gesetz ist damit ein Zwischenschritt zwischen den UNLP als Soft Law und der bevorstehenden EU-Lieferketten-Gesetzgebung und deren nationaler Umsetzung
—> Hardening of Soft Law
Hardening of Soft Law
Implementierung ähnlicher Gesetze in Europa
Rechtsvergleich
Während Großbritannien und die Niederlande jeweils genau definierte Tatbestände von Menschenrechtsverletzungen, gesetzlich verboten haben
verfolgen Frankreich, Deutschland und auch die Europäische Union einen deutlich breiteren Ansatz.
Sorgfaltspflichten (Due DIlligence) – Lieferkette
Unternehmen sind nach §3 LkSG verpflichtet, in ihren Lieferketten menschenrechtliche und umweltbezogene Sorgfaltspflichten zu beachten
—> Ziel, Risiken vorzubeugen oder sie zu minimieren oder die Verletzung menschenrechts- oder umweltbezogener Pflichten zu beenden
Die Lieferkette umfasst nach §2 Abs. 5 LkSG „alle Produkte und Dienstleistungen eines Unternehmens”
—> d.h. alle Schritte im In- und Ausland, die zur Herstellung der Produkte und zur Erbringung der Dienstleistung erforderlich sind, von der Gewinnung der Rohstoffe bis zur Lieferung an Endkunden.
Die Lieferkette erfasst das Handeln des Unternehmens im eigenen Geschäftsbereich sowie das Handeln von unmittelbaren und mittelbaren Zulieferern (= upstream-Lieferkette)
Unmittelbare Zulieferer sind nach § 2 Abs. 7 LkSG Vertragspartner
Mittelbarer Zulieferer ist jedes Unternehmen, das kein Vertragspartner ist und dessen Zulieferungen für die Herstellung des Produkts oder die Erbringung der Dienstleistung notwendig sind (§ 2 Abs. 8 LkSG)
Verantwortungsbegründend ist nun die rein kausale Verbindung zu jedem Unternehmen in jeder Lieferkette
—> Stellt die Praxis in Anbetracht des Umfangs und der Vielschichtigkeit globaler Lieferketten vor erhebliche Herausforderungen.
Sorgfaltspflichten - konkrete Pflichten
Sorgfaltspflicht umfasst u.a.:
• die Einrichtung eines Risikomanagements (§4 Abs. 1),
• regelmäßige Risikoanalysen (§5),
• die Abgabe einer Grundsatzerklärung (§6 Abs. 2),
• die Verankerung von Präventionsmaßnahmen im eigenen
Geschäftsbereich (§6 Abs. 1, 3) und gegenüber unmittelbaren
Zulieferern (§6 Abs. 4),
• das Ergreifen von Abhilfemaßnahmen (§7 Abs. 1 – 3),
• die Einrichtung eines Beschwerdeverfahrens (§8),
• die Umsetzung von Sorgfaltspflichten bzgl. Risiken bei
mittelbaren Zulieferern (§9).
=> Compliance Management Systeme müssen entsprechend erweitert werden
=> Angemessenheit der Maßnahmen zur Erfüllung der Sorgfaltspflicht richtet sich nach Art und Umfang der Geschäftstätigkeit, dem Einflussvermögen des Unternehmens und der Art des Verursachungsbeitrags (§3 Abs. 2 LkSG)
=> §6 LkSG fordert eine effektive Vorbeugung und Vermeidung von Risiken im eigenen Geschäftsbereich wie auch bei unmittelbaren Zulieferern, von denen die Zusicherung verlangt wird, dass sie die an sie gerichteten menschenrechts- und umweltbezogenen Vorgaben einhalten (§6 Abs. 4 Ziff. 2 LkSG)
Sorgfaltspflichten – Abhilfemaßnahmen (eigener Geschäftsbereich)
Abhilfemaßnahmen (§7 Abs. 1 LkSG):
Wenn ein Unternehmen eine Verletzung im eigenen Geschäftsbereich feststellt, hat es angemessene Abhilfemaßnahmen zu ergreifen, um die Verletzung zu verhindern, zu beenden oder das Ausmaß zu minimieren.
Im Inland muss die Abhilfemaßnahme immer zu einer Beendigung der Verletzung führen, im Ausland im Regelfall.
Sorgfaltspflichten - mittelbarer Zulieferer
Liegen dem Unternehmen „tatsächliche Anhaltspunkte“ vor, die eine Verletzung bei mittelbaren Zulieferern „möglich“ erscheinen lassen (substantielle Kenntnis), so hat es nach §9LkSG anlassbezogen:
• eine Risikoanalyse durchzuführen,
• angemessene Präventionsmaßnahmen zu ergreifen,
• ein Konzept zur Verhinderung, Beendigung, Minimierung der
weiteren Verletzung zu erstellen und umzusetzen,
• ggfs. die Grundsatzerklärung zu aktualisieren.
Durchsetzung und Sanktionen im LkSG
Das LkSG führt keine eigenen Schadenersatztatbestände ein, jedoch eine Prozessstandschaft (§11 LkSG)
Setzt im Übrigen auf eine Kombination aus:
behördlicher Kontrolle und Durchsetzung (§§ 12 – 21 LkSG) seitens des Bundesamts für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle,
Zwangsgeld (§23 LkSG),
Bußgeldvorschriften (bis zu 8 Mill. Euro) (§24 LkSG) und
Ausschluss von Vergabeverfahren bei rechtskräftig festgestellten Verstößen gegen Bußgeldvorschriften und Bußgeldern über bestimmten Schwellenwerten (§22 LkSG).
=> Die Maßnahmen können kumulativ greifen
Steuerungswirkung
Verordnungsermächtigung und Handreichungen
Das LkSG hat das Bundesministerium für Arbeit und Soziales im Einvernehmen mit dem Bundesministerium für Wirtschaft und Energie ermächtigt drei Rechtsverordnungen auf den Weg zu bringen, um die Sorgfaltspflichten in Bezug auf mittelbare Zulieferer sowie die behördlichen Verfahren hinsichtlich der Berichtsprüfung und der risikobasierten Kontrolle näher zu regeln.
=> Dagegen richtet sich auch ein Hauptbestandteil der Kritik:
Kann unmöglich deutschen rechtsstaatlichen Grundsätzen genügen
Verfahren, vergleichbar den delligierten Rechtsakten, das man von der europäischen Ebene kennt, welches der europäische Gesetzgeber seit Jahren praktiziert.
—> Dem liegt aber auch ein spezielles Gesetzgebungsverfahren zugrunde, was es so in Deutschland nicht gibt.
Insofern darf bezweifelt werden, ob die Ausformulierung der im Gesetz nur rudimentär geregelten Sorgfaltspflichten hinsichtlich der schwierigen und vielgestaltigen Fallgrupppe der mittelbaren Zulieferer durch Rechtverordnung rechtsstaatlichen Maaßstäbe genügt.
Gestaltungsmacht innerhalb der Lieferkette - Risikoanalyse
Interviews mit Unternehmen:
Zulieferer generieren unterschiedliche Risiken, je nach Industriezweig:
Korruption: Automobilindustrie, Tabak, Pharma
Kinderarbeit: Kakao, Rohwaren,Textil, Nahrungsmitte
Zwangsarbeit: s. Kinderarbeit, zudem Automobilindustrie
Sicherheit am Arbeitsplatz: Alle
Wettbewerbswidrige Praktiken: Automobilindustrie, Pharma
Gestaltungsmacht innerhalb der Lieferkette - Risikomanagement
Zusicherung & Garan.en in Verträgen
Verhaltenskodizes
Echte Auditrechte
Kontaktangabe für die Meldung von Vorkommnissen
Spezifische Umsetzungsvorgaben inkl. Defini.onen, Erläuterungen, Maßstäbe (selten)
Gestaltungsmacht innerhalb der Lieferkette - Orientierungshilfen
Leitbilder (UN Global Impact, Ruggie Prinzipien)
Generelle Standards: Bsp.:
ISO 26000 (verantwortungsvolles Unternehmen),
ISO 37001 (Korruptionsbekämpfung im Unternehmen),
ISO 37301 (Anforderungen an ein wirksames Compliance Management System)
Industriespezifische Standards:
Beispiel: Pharmaceutical Supply Chain Initiative.
Prinzipen für verantwortungsvolle Handhabung von
Lieferketten.
Leitfaden für die Umsetzung der Prinzipien.
Leitfaden für die Durchführung von Audits.
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