Persönlichkeit und soziale Beziehungen
Menschen haben ein fundamentales Bedürfnis nach Zugehörigkeit (Baumeister & Leary, 1995).
Entwicklung und Erhalt von sozialen Beziehungen sind entscheidend für Wohlbefinden, Selbstwertgefühl, Gesundheit und Erfolg.
Persönlichkeit beeinflusst soziale Beziehungen, z. B. durch individuelle Unterschiede im Sozialverhalten und in der Wahrnehmung anderer.
Beispiel – Aggressives Verhalten im Social Relations Model
Illustration von Aggression zwischen Personen (Adam, Ben, Chris, Debby, Eva, Frida).
Drei Effekte:
Akteurseffekt: Frida ist allgemein aggressiv.
Partnereffekt: Debby provoziert häufiger Aggressionen bei anderen.
Beziehungseffekt: Frida ist besonders aggressiv gegenüber Debby.
Drei Komponenten sozialer Interaktion & Wahrnehmung
Das Social Relations Model betrachtet soziale Interaktion auf drei Ebenen:
Akteurseffekt / Wahrnehmungseffekt:
Wie sich eine Person allgemein gegenüber anderen verhält oder sie wahrnimmt.
Beispiel: Einige Menschen sind generell hilfsbereit oder sehen andere meist positiv.
Partnereffekt / Zieleffekt:
Wie andere sich allgemein gegenüber einer bestimmten Person verhalten oder sie wahrnehmen.
Beispiel: Manche Menschen ziehen oft Hilfe an oder werden als sympathisch wahrgenommen.
Beziehungseffekt:
Wie eine Person spezifisch mit einer anderen interagiert oder sie wahrnimmt.
Beispiel: Jemand kann eine bestimmte Person besonders mögen, aber nicht unbedingt alle anderen.
Einfluss von Persönlichkeit auf soziale Interaktion
Persönlichkeit kann soziale Interaktionen auf drei Ebenen beeinflussen:
Akteurseffekte: Wer findet andere sympathisch? Wer hilft oft?
Partnereffekte: Wer wird von anderen als sympathisch wahrgenommen? Wem wird geholfen?
Beziehungseffekte: Wer ist mit wem befreundet? Wer fühlt sich in einer Beziehung zufrieden?
Unterschiede hängen von individuellen Persönlichkeitsmerkmalen ab.
Drei zentrale Forschungsfragen des Social Relations Model
Persönlichkeitseffekte:
Hat Persönlichkeit einen Einfluss auf soziale Beziehungen?
Moderatoren:
Unter welchen Bedingungen hat Persönlichkeit einen Einfluss auf soziale Beziehungen?
Prozesse / Mediatoren:
Wie wirkt sich Persönlichkeit auf soziale Beziehungen aus?
Einflussfaktoren auf soziale Beziehungen
Moderatorvariablen:
Geschlecht, sozialer Kontext, Gruppendynamiken.
Mediatorvariablen:
Wahrnehmung, Verhalten, Kommunikation.
Zusammenhang zwischen Persönlichkeit und sozialen Ergebnissen wird durch Moderatoren & Mediatoren vermittelt.
Social Relations Model (SRM) Zusammenfassung
Rahmenmodell zur Untersuchung sozialer Interaktion und Wahrnehmung
Trennung in Akteur-/Wahrnehmer- sowie Partner-/Ziel-Effekte
Wichtig: Einbeziehung mehrerer Interaktionspartner für umfassende Analysen
Peer Relationships (Beziehungen unter Gleichaltrigen)
Zwei Arten von Beliebtheit:
Status: Einfluss, Bekanntheit
Mögen: Sympathie, Freundschaften
Persönlichkeit beeinflusst Beliebtheit je nach Kontext:
Extraversion → schnellerer sozialer Erfolg (Status, Netzwerkgröße)
Verträglichkeit → langfristige positive Beziehungen (weniger Konflikte)
Persönlichkeit und sozialer Status: Die Rolle von Metaperception
Studie (Anderson et al., 2001):
Extraversion → positiver Einfluss auf Status
Neurotizismus → senkt Status (nur bei Männern)
Studie (Lawless DesJardins et al., 2015):
Extravertierte und dominante Personen erlangen schneller Status
Verträglichkeit hilft in kooperativen, aber nicht in kompetitiven Kontexten
Beliebtheit ohne vorherige Bekanntschaft
Studie (Back et al., 2010):
Narzissmus steigert anfängliche Beliebtheit (durch selbstsicheres Auftreten)
Studie (Küfner et al., 2013):
Narzissten wirken zunächst charismatisch, werden aber später als arrogant empfunden
Soziale Angst & Beliebtheit
Zwei Kontexte:
Platonische Interaktion (z. B. Kennenlernen in einer ungezwungenen Umgebung)
Speed-Dating (romantischer Kontext)
Untersuchte Faktoren:
Meta-Positivität → Wie positiv schätzt eine Person die Wahrnehmung durch andere ein?
Distinktive Meta-Genauigkeit → Erkennt eine Person, wie sie individuell von anderen wahrgenommen wird?
Zentrale Fragestellung:
Warum sind sozial ängstliche Personen oft weniger beliebt?
Ergebnisse:
Sozial ängstliche Personen wurden weniger gemocht.
Sowohl in platonischen als auch in romantischen Interaktionen.
Warum?
Sie hatten eine geringere Meta-Positivität → d. h., sie glaubten, dass andere sie negativer wahrnehmen als tatsächlich der Fall war.
Dies führte zu unsicherem Verhalten, das dann tatsächlich zu einer negativen Wahrnehmung führte → Selbsterfüllende Prophezeiung.
Zusätzliche Erkenntnisse:
Sozial ängstliche Personen mochten auch andere weniger.
Dies lag ebenfalls an ihrer niedrigen Meta-Positivität: Sie gingen davon aus, dass andere sie nicht mögen, und zeigten daher weniger Interesse an ihren Gesprächspartnern.
Zusammenfassung:
Sozial ängstliche Menschen schätzen sich oft schlechter ein als nötig.
Diese negative Erwartungshaltung führt zu unsicherem Verhalten, das tatsächlich dazu führt, dass sie weniger gemocht werden.
Sie neigen auch dazu, andere weniger zu mögen, weil sie annehmen, dass sie selbst nicht gemocht werden.
Persönlichkeitseigenschaften und Freundschaften
Studie (Selfhout et al., 2010):
Extravertierte knüpfen schneller Freundschaften
Verträgliche werden häufiger als Freunde gewählt
Ähnliche Persönlichkeiten neigen dazu, sich gegenseitig zu wählen
Zusammenfassung: Studien zu Peer Relationships (Beziehungen unter Gleichaltrigen)
Aasendorpf & Wilpers (1998): Langzeitstudie → Schüchternheit reduziert die Anzahl an Bekanntschaften über Zeit
Anderson et al. (2001): Extraversion erhöht Status; Neurotizismus senkt Status (nur bei Männern)
Back et al. (2010): Narzissmus steigert anfängliche Beliebtheit (durch Kleidung, Mimik, Körpersprache)
Tissera et al. (2021): Soziale Angst → geringere Beliebtheit und weniger positive Selbsteinschätzungen
Selfhout et al. (2010): Extravertierte wählen mehr Freunde; Verträgliche werden häufiger als Freunde gewähl
Extraversion und Dominanz fördern Status und Beliebtheit
Narzissmus steigert kurzfristig Beliebtheit
Soziale Ängstlichkeit erschwert soziale Integration
Ähnliche Persönlichkeiten bilden eher Freundschaften
Persönlichkeit & Romantische Beziehungen:
Berlin Speed-Dating Studie (Back et al., 2011)
Untersuchung: Welche Persönlichkeitsmerkmale beeinflussen Dating-Erfolg?
Drei Hauptfragen:
Wer wählt wen aus?
Wer wird ausgewählt?
Wie genau können Menschen vorhersagen, ob sie ausgewählt werden?
Extravertierte und narzisstische Personen wurden häufiger gewählt.
Personen mit hoher Selbstsicherheit flirteten erfolgreicher.
Menschen überschätzten oft ihre Chancen auf eine positive Rückmeldung.
Genauigkeit der Einschätzung von Dating-Erfolg
Studienergebnisse:
Männer und Frauen konnten unterschiedlich gut vorhersagen, ob sie „matchen“.
Extravertierte und selbstbewusste Personen waren treffsicherer in ihren Vorhersagen.
Narzissmus hatte keinen direkten Einfluss auf Vorhersagegenauigkeit.
Persönlichkeit & Beziehungsqualität
Zwei zentrale Faktoren für glückliche Beziehungen:
Beziehungszufriedenheit (subjektives Wohlbefinden in der Beziehung)
Beziehungsstabilität (Bleibt das Paar zusammen oder trennt es sich?)
Einfluss der Persönlichkeit:
Negativer Effekt: Neurotizismus → führt oft zu Unsicherheiten, Konflikten, Unzufriedenheit.
Positiver Effekt: Hohe Extraversion, Gewissenhaftigkeit und Verträglichkeit → stabilere, glücklichere Beziehungen.
Ähnlichkeitseffekte: Partner mit ähnlichen Einstellungen und Werten waren tendenziell zufriedener, aber Ähnlichkeiten in den Big Five hatten nur geringe Effekte.
Persönlichkeit und Dating Zusammenfassung
Extraversion & Selbstbewusstsein = Vorteil beim Dating.
Neurotizismus & geringe Verträglichkeit = Risiko für Beziehungsprobleme.
Ähnlichkeit in Persönlichkeit ist weniger wichtig als gemeinsame Werte & Einstellungen.
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