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Handelsrecht Streitstände

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by Ann-kathrin L.

Erbfall Firmenfortführung: Fraglich ist, ob ein Haftungsausschluss auch nach ursprünglicher Firmenfortführung durch bloße nachträgliche Frimenänderung innerhalb der Dreimonatsfrist bei Fortführung des Handelsgeschäfts möglich ist.

Früher h.M.:

Nach früher h.M. liegt keine “Einstellung” iSv § 27 II HGB vor, wenn zunächst beides weitergeführt und nur nachträglich die firma geändert wird. Erforderlich ist nach Wortlaut und Zweck des Gesetzes die einstellung der unternehmerischen Tätigkeit selbst. Wird nur die Firma nachträglich, dh grds. nach Aufnahme der geschäftlichen Tätigkeit aufgegeben, so verbleibt es bei der unbeschränkten Haftung.

zunehmende Ansicht:

Nach zunehmender Ansicht führt auch die bloße nachträgliche Änderung der Firma zu einer Enthaftung des übernehmenden Erben. Das folge aus der Verweisung auf § 25 HGB und aus dem Gesetzeszweck, da nach den Gesetzesmaterialien nur mit der Fortführung der Firma die Haftungserwartung des Verkehrs verbunden sei. Problematisch ist, ob auch hierfür die dreimonatige Überlegungsfrist des § 27 II HGB gilt. Dagegen spricht dessen Wortlaut, wonach die Fortführung des “Geschäfts” und nicht lediglich der Firma eingestellt wird. andererseits wird in den Gesetzesmaterialien davon ausgegangen, dass § 27 II HGB dem Erben Zeit gewähren soll, um sich über die endgültige Fortführung der Firma schlüssig zu werden. Für das Ausreichen der bloßen Firmenänderung spräche auch der Gesetzeszweck, da die Haftungserwartung des Geschäftsverkehrs während der Dreimonatsfrist ohnehin nicht abschließend geschützt sei und nach deren Ablauf bei vorherigem Firmenwechsel auch nicht mehr schutzwürdig sei.

Stellungnahme:

Für die 1. Ansicht spricht der Gesetzeswortlaut, der für die Durchbrechung der Kontinuität die Einstellung des Betriebes verlangt. Wenn der Erbe, der das Gewerbe zunächst unter der alten Firma fortgeführt hat, daran nicht mehr festhalten will, muss er dies nachhaltig deutlich machen, da für den Geschäftsverkehr häufig nicht ersichtlich ist, ob die Firmenfortführung durch Rechtsgeschäft oder aufgrund Erbfall erfolgt.

Allerdings ergibt sich aus den Gesetzesmaterialien als Sinn und Zweck der Vorschrift, dass der Erbe zum Schutz des Handelsverkehrs innerhalb der dreimonatigen Bedenkzeit eine Entscheidung über das Weiterbetreiben des geerbten Geschäftes treffen muss. Diesem Gesetzeszweck genügt es, wenn der Erbe innerhalb der Bedenkzeit nur durch Änderung der Firma dokumentiert, die Kontinuität durchbrechen zu wollen. Danach wird man § 27 II HGB auf die bloße Änderung der Firma entsprechend anwenden können.

Erbfall Firmenfortführung: Streitig ist, ob die Haftungsbeschränkung (=Ausschluss der persönlichen Haftung) dadurch möglich ist, dass bei Weiterführung von Geschäft und Firma (zeitgleich oder unverzüglich danach) die Eintragung einer Haftungsbeschränkung des Erwerbers ins Handelsregister gem. § 27 I iVm § 25 II HGB erfolgt.

e.A.:

Nach einer Ansicht ist ein einseitiger Haftungsausschluss entsprechend § 25 II HGB unzulässig. Die Interessenlage sei bei der Übernahme eines Handelsgeschäfts aufgrund Erbgangs eine ganz andere als bei der Übernahme unter Lebenden. Hier haftet der Gläubiger in jedem Falle der bisherige Inhaber. Auch spräche entscheidend gegen die Analogie der Normzweck des § 27 HGB. Soll der Erbe im Fall der Unternehmensfortfürhung ggü. den Altgläubigers persönlich haften wir ggü. den Neugläubigern, dann besteht kein Anlass zur Anerkennung eines einseitigen Haftungsausschlussgrundes, den es im Verhältnis zu den Neugläubigern nicht gibt. Zudem würde dem Erben eines Einzelunternehmers damit zugestanden, was § 130 HGB dem Erben eines Komplementärs versagt, da dieser gem. § 130 II HGB für die Altverbindlichkeiten auch persönlich haftet.

h.M.:

Nach hM ist ein Haftungsausschluss möglich.

Schon der Wortlaut des § 27 I HGB verweist auf die entsprechende Anwendung des ganzen § 25 HGB, also auch des § 25 II HGB mit der Möglichkeit des Haftungsausschlusses. Es handelt sich dabei um eine Rechtsgrund- und keine bloße Rechtsfolgeverweisung.

Zwar ist eine abweichende Vereinbarung mit dem bisherigen Inhaber, also dem Erblasser, nicht mehr möglich, aber bei einer entsprechenden Anwendung des § 25 II HGB genügt eine einseitige Erklärung des Erben. Auch bei der unmittelbaren Anwendung des § 25 II HGB ist nicht erforderlich, dass die Eintragung des Haftungsausschlusses in das Handelsregister gemeinsam beantrag wird. Zudem wird in den Fällen, in denen die Unternehmensübertragung nicht aufgrund eines Rechtsgeschäfts mit dem früheren Inhaber, sondern auf andere Weise erfolgt (zB Doppelpächterfall), ein Vertragspartner für eine Vereinbarung nicht zur Verfügung stehen. Aus Gründen des Erwerberschutzes wird daher aber auch hier eine einseitige Erklärung und Kundgabe ausreichen.

Auch haftungsrechtlich tritt keine Verschlechterung zu Lasten der Gläubiger ein. Auch wenn - anders als bei einer Geschäftsübernahme unter Lebenden - der bisherige Inhaber durch den Tod als Schuldner wegfällt und bei einem Haftungsausschluss die handelsrechtliche Haftung des Nachfolgers ausscheidet, ist der Gläubiger hinreichend geschützt.

Anstelle der Person des Erblassers haftet nämlich der Erbe nach § 1967 BGB mit seinem gesamten Vermögen oder - bei einer erbrechtlichen Haftungsbeschränkung nach §§ 1975 ff. BGB - jedenfalls mit dem Nachlassvermögen. Damit haftet der Erbe, auch wenn er die Erbenhaftung auf den Nachlass beschränkt, den Altgläubigern mit dem Vermögen, auf das sie auch vor dem Erbfall zugreifen konnten. Durch den handelsrechtlichen Haftungsausschluss wird somit lediglich verhindert, dass ein Altgläubiger auf das sonstige Privatvermögen des Erblassers einen Zugriff erhält.

Stellungnahme:

Für die 2. Auffassung spricht, dass § 27 I HGB auf den ganzen § 25 HGB verweist. Es ist auch nicht ersichtlich, warum der Geschäftsgläubiger nach dem Tod des ursprünglichen Inhabers durch Zugriff auf das sonstige Privatvermögen des Erben bessergestellt werden soll als vor dem Erbfall. Dem Gläubiger steht zumindest der Nachlass für die Befriedigung seiner Forderung zur Verfügung. Auch der Vergleich mit § 130 HGB führt zu keinem anderen Ergebnis, da jedenfalls bei einem Gesellschafterwechsel auch der Altinhaber schon mit seinem Privatvermögen akzessorisch haftete; dass die Haftungsbeschränkung im Fall des § 27 HGB nicht auf einer Vereinbarung zwischen Veräußerer und Erwerber beruht, liegt aufgrund des Erbfalls in der Natur der Sache.

Danach ist die Eintragung einer Haftungsbeschränkung nach § 27 I HGB entsprechend § 25 II HGB möglich.

Merke: Der Erbe haftet nach hM auch dann nicht über §§ 27 iVm § 25 I 1 HGB, wenn er den Geschäftsbetrieb, ohne ihn selbst betrieben zu haben, sofort an einen Erwerber weiterveräußert oder weiterverpachtet hat.

Muss iRv § 15 III HGB die Eintragung der unrichtigen Tatsache vom Kaufmann veranlasst worden sein oder greift die Rechtsscheinhaftung generell?

h.M.:

Nach der hM ist § 15 III HGB restriktiv zu interpretieren: Die Vorschrift wirkt nur zu Lasten desjenigen, der eine Rechtstatsache zur Eintragung angemeldet hat sich eine Anmeldung zurechnen lassen muss (modifziertes Veranlasserprinzip). Für die bei einer Worlautanwendung mögliche Haftung völlig Unbeteiligter mit ihrem gesamten gegenwärtigen und künftigen Vermögen gibt es keinen vernünftigen Grund.

a.A.:

Dagegen wird eingewandt, dass dies mit Wortlaut und Entstehungsgeschichte nicht in Einklang zu bringen sei. Danach sei ein umfassender Vertrauensschutz ohne Rücksicht darauf gewollt, wie es zur falschen Eintragung gekommen ist. Der an ihr Unbeteiligte ist nicht ganz schutzlos, da er bei einem Fehler des Registergerichts einen Schadensersatzanspruch wegen Amtspflichtverletzung hat (Art. 34 GG, § 839 BGB). Auch wirke die Tatsache nur gegen den, “in dessen Angelegenheiten die Tatsache einzutragen war”, also nur gegen denjenigen, der solche “Angelegenheiten” hat, dh das tatsächlich registerpflichtige Unternehmen, ihre Unternehensträger und ihre Gesellschafter; der Privatmann müsse § 15 III HGB nicht fürchten, auch wenn er unversehens, zB als OHG-Gesellschafter in einer Eintragung erscheint. Erfährt er aber davon sorgt er nicht für Korrektur, so kann er nach den allgemeinen Rechtsscheingrundsätzehn haften, nicht aber aus § 15 III HGB.

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Ann-kathrin L.

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