Aufgabe 1:
Wie lässt sich der Begriff Entwicklung definieren?
„Entwicklung bezieht sich auf relativ überdauernde und aufeinander bezogene intraindividuelle Veränderungen des Erlebens und Verhaltens über die Zeit hinweg.“
Veränderung des Verhaltens und Erlebens
Veränderung über einen Zeitraum hinweg
Stabilität und Irreversibilität
Beginnt noch vor der Geburt
Aufgabe 2:
Nennen Sie die Aufgaben der Entwicklungspsychologie.
Nach Montada (2008)
die Bestimmung des aktuellen Entwicklungsstandes,
die Prognose des zukünftigen Entwicklungstandes und
Möglichkeiten zur Beeinflussung des Entwicklungsverlaufs
Aufgabe 3.1:
Mit welchen wichtigsten Grundfragen setzt sich die Entwicklungspsychologie (Kindesentwicklung) auseinander, nennen Sie drei…, erläutern Sie eine davon näher.
Inwiefern verläuft die Entwicklung kontinuierlich oder diskontinuierlich? (Kontinuität/Diskontinuität)
Wie wirken sich Anlage und Umwelt gemeinsam auf die Entwicklung aus? (Anlage und Umwelt)
Wie wirkt sich der soziokulturelle Kontext auf die Entwicklung aus? (Der soziokulturelle Kontext)
Wie formen Kinder ihre eigene Entwicklung? (Das aktive Kind)
Wie kommt es zu Veränderungen? (Mechanismen entwicklungsbedingter Veränderungen)
Warum werden Kinder so verschieden? (Interindividuelle Unterschiede)
Wie kann Forschung das Kindeswohl fördern? (Forschung und Kindeswohl)
Aufgabe 3.2:
Erläuterung: Inwiefern verläuft die Entwicklung kontinuierlich oder diskontinuierlich? (Kontinuität/Diskontinuität)
Kontinuierlich: Sprache
Diskontinuierlich: Lebensphasen wie Kleinkind, Pubertät etc.
Kontinuierliche Entwicklungsveränderungen sind durch quantitative Veränderungen über die Zeit hinweg charakterisiert, während bei diskontinuierlichen Entwicklungsveränderungen auch qualitative Zustandsänderungen auftreten
Kontroverse
Manche Forscher betrachten Entwicklung als einen kontinuierlichen, graduellen Prozess, wie bei einem Baum, der von Jahr zu Jahr stetig höher wächst.
Andere sehen Entwicklung als einen diskontinuierlichen Prozess, zu dem plötzliche einschneidende Veränderungen gehören, so wie sich die Raupe über das Stadium der Verpuppung zum Schmetterling entwickelt. Beide Ansichten bilden bestimmte Aspekte der Kindesentwicklung ab.
Aufgabe 4:
Was sind Entwicklungsaufgaben? Wählen Sie für einen Altersbereich eine Aufgabe aus und erläutern Sie diese näher.
= Aufgaben, die sich in einer bestimmten Phase der individuellen Entwicklung stellen, deren erfolgreiche Bewältigung zu Zufriedenheit und Erfolg bei späteren Aufgaben führt, während Misserfolg zu Unglück, Missbilligung von der Gesellschaft und Schwierigkeiten bei späteren Aufgaben führt (nach Havighurst, 1948)
Aufgaben in Phase individuelle Entwicklung
Erfolgreich absolviert - Zufriedenheit & Erfolg
Nicht erfolgreich absolviert - Missbilligung & Misserfolg, Probleme in Zukunft
Erläuterung: Intimität - Sexualität
Freud - Genitalphase (13-18 Jahre)
Erikson - Intimität/Solidarität vs. Isolierung - frühes Erwachsenenalter (20 - 35 Jahre)
mittlere Adoleszenz (13. – 16. Lebensjahr)
späte Adoleszenz (16. – 18. Lebensjahr) Post-Adoleszenz (18. – 21. Lebensjahr)
Übergang zum Erwachsenenalter Erwachsenenalter (ab 18. Lebensjahr)
frühes Erwachsenenalter (20. – 35. Lebensjahr)
Entwicklungsaufgabe: Entwicklung reifer sexueller Intimität
Aufbau intimer Beziehungen
Nicht nur körperliche, sondern auch emotionale Nähe
Lernen, Vertrauen aufzubauen
Fähigkeit, sich emotional zu öffnen
Entwicklung reifer und stabiler Beziehungen
Grundlage für dauerhafte Partnerschaften im Erwachsenenalter
Wichtige Entwicklungsaufgabe in der mittleren bis späten Adoleszenz
Gelingt: Jugendliche entwickeln die Fähigkeit zu authentischer Nähe und Verbindlichkeit in Beziehungen
Misslingt (z. B. durch frühere ungelöste Konflikte): kann zu Bindungsproblemen, Angst vor Nähe oder emotionaler Abhängigkeit kommen
Erikson:
Entwicklungsaufgabe 6: Intimität und Solidarität vs. Isolation in Stichpunkten zusammengefasst:
Lebensphase: Frühes Erwachsenenalter (nach der Jugendzeit)
Zentrale Aufgabe: Aufbau intimer Beziehungen
Eriksons Verständnis von Intimität:
Liebesbeziehungen
Freundschaften
Fokus liegt auf der Beziehung zu einem geliebten Partner des anderen Geschlechts (laut Erikson)
Intime Beziehungen gelten als Ausweis gesunder psychosozialer Entwicklung
Voraussetzung: Ein stabiles Selbstbild muss bereits entwickelt sein
Gelingen: Fähigkeit zu Intimität, Solidarität und dauerhaften Bindungen
Scheitern: Gefahr von Isolation, Einsamkeit und sozialer Zurückgezogenheit
Aufgabe 5:
Erläutern Sie das Instanzenmodell nach Sigmund Freud und zeigen Sie eine Verbindung zur Persönlichkeitsentwicklung auf.
3 psychische Instanzen: Es, Ich & Über-Ich
1. Über-Ich (Moralische Instanz: FORDERUNG)
Enthält Gebote und Verbote
Steht für Werte- und Normvorstellungen
Entwickelt sich durch: Eltern (Mutter, Vater), Freunde, Nachbarn, Parteien, Kirchen, Vereine, Gruppen
Kontrolliert und fordert moralisches Verhalten
2. Ich (Realitätsprinzip: KONTROLLE)
Vermittler zwischen Es, Über-Ich und der Außenwelt
Verantwortlich für kritisches Denken und Verstand
Prüft die Realität und versucht, Konflikte zu lösen
3. Es (Lustprinzip: FORDERUNG)
Sitz der Triebe (Libido = Lebens- und Sexualtrieb, Destrudo = Todestrieb)
Strebt nach sofortiger Bedürfnisbefriedigung
Kennt keine Moral oder Realität
Verbindung zur Persönlichkeitsentwicklung
Frühe Bindungen (z. B. zu Eltern) prägen das Über-Ich stark
Eine stabile Persönlichkeitsentwicklung gelingt, wenn das Ich die Anforderungen aller Instanzen gut ausbalancieren kann
Überforderung des Ich → mögliche Konflikte oder psychische Störungen
Aufgabe 6:
Nennen Sie die Phasen der psychosozialen Entwicklung nach Freud und setzen Sie sich mit einer (…) Phase kritisch auseinander. (2. LV)
1. Oral (0-1)
2. Anal (2-3)
3. Phallisch (4-5)
4. Latenz (6-12)
5. Genital (13-18)
Kritische Auseinandersetzung:
3. Phallische Phase (4–5 Jahre)
Zentrale Aufgabe: Überwindung des Ödipus-/Elektrakomplexes
Junge: Liebeswunsch zur Mutter, Rivalität zum Vater
Mädchen: Penisneid, Wunsch nach einem Kind vom Vater
Kritische Betrachtung:
Stark androzentriert (männlich geprägt), insbesondere bei der Darstellung weiblicher Entwicklung
Das Konzept des Penisneids ist diskriminierend und veraltet
Die Annahme, dass Mädchen sich als minderwertig empfinden, wird kulturell und biologisch nicht gestützt
Moderne Genderforschung widerspricht dieser stark patriarchalischen Sicht
Die Ödipus-Theorie ist empirisch nicht nachweisbar
Aufgabe 7:
Nennen Sie die Stufen der psychosozialen Entwicklung nach Erikson, erläutern Sie eine Stufe näher. Zeigen Sie eine kritische Würdigung des Modells auf.
Erläuterung:
Stufe 5: Identität vs. Rollendiffusion
Zentrale Entwicklungsaufgabe: Entwicklung einer stabilen Ich-Identität
Jugendliche fragen sich: ➔ Wer bin ich? ➔ Wo gehöre ich dazu? ➔ Was will ich im Leben erreichen?
Erprobung verschiedener Rollen in Beruf, Beziehungen, Werte und Normen
Gelingt der Prozess ➔ Gefühl von Identität und Klarheit über die eigene Rolle
Misslingt der Prozess ➔ Rollendiffusion, Unsicherheit, Orientierungslosigkeit
Diese Phase bildet die Grundlage für Verantwortung und Selbstständigkeit im Erwachsenenalter
Kritische Würdigung:
Fragwürdigkeit von Stufenmodellen Entwicklung verläuft nicht immer in festen Stufen, sondern oft individuell und fließend
Psychosoziale Interventionen sind auf jeder Stufe möglich Entwicklungsschritte können auch später nachgeholt werden
Nachholbarkeit von Entwicklungsschritten Korrekturen und Wachstum sind lebenslang möglich
Kulturspezifik Das Modell ist stark auf westliche, individualistische Gesellschaften ausgerichtet In kollektivistischen Kulturen sind andere Werte und Entwicklungsziele relevant
Aufgabe 8:
Vergleichen Sie die „Klassische Konditionierung“ mit der „Operante Konditionierung“, zeigen Sie Beispiele auf.
Klassisch:
Pawlow
Lernen durch Verknüpfung eines neutralen Reizes mit einem unbedingten Reiz
unkonditionierter Reiz (Futter) führt zu unkonditionierter Reaktion (Speicheln)
neutraler Reiz (Glocke) ruft keine konditionierte Reaktion hervor
unkonditionierter Reiz (Futter) wird mit neutralem Reiz (Glocke) verbunden & führen weiterhin zur unkonditionierten Reaktiuon des Speichelns
der neutrale Reiz wird nun zum Konditionierten Reiz, da der Hund auch ohne Futter beim Geräusch der Glocke Speichelt - dies ist nun eine konditionierte Reaktion
Kind hat Angst vor Arztbesuchen, weil es Schmerz erwartet (Spritze = konditionierter Reiz)
Verhalten wird durch einen Reiz kontrolliert & neu erlernt
Operante Konditionierung
Skinner
Lernen durch Verstärkung oder Bestrafung eines Verhaltens
Verhalten aufbauen oder abbauen
Verhalten → Konsequenz (Belohnung/Bestrafung) → Verhalten wird verstärkt oder gehemmt
Positive/Negative Verstärker oder Bestrafung
Ratte drückt Hebel, um Futter zu bekommen (Verstärkung durch Belohnung)
Schüler bekommt Lob (positive Verstärkung), wenn er die Hausaufgaben macht
Aufgabe 9:
Zeigen Sie drei (…) wichtige Aspekte auf, warum es sinnvoll erscheint, sich mit der Sozial- kognitive Theorie (Lernen am Modell) nach Albert Bandura, zu beschäftigen.
Hoher Erklärungswert
Die sozial-kognitive Theorie erklärt komplexe Lernprozesse wie das Lernen durch Beobachtung, Nachahmung und Selbststeuerung.
Ergänzung behavioristischer Lerntheorien
Bandura erweitert die behavioristischen Konzepte um kognitive Prozesse wie Denken, Motivation und Selbstbewertung.
Basis für kognitivistische Ansätze
Die Theorie legt den Grundstein für moderne Lerntheorien, die die aktive Informationsverarbeitung und Selbstregulation betonen.
Deutliche Fokussierung sozialer Faktoren
Lernen wird als sozialer Prozess verstanden – Vorbilder, Beobachtung und soziale Interaktion stehen im Zentrum.
Breite empirische Basis
Viele Experimente (z. B. Bobo-Doll-Experiment) und Forschungen bestätigen die Gültigkeit der Theorie in verschiedenen Kontexten.
Aufgabe 10:
Erläutern Sie die Mechanismen kognitiver Entwicklung nach Piaget, gehen Sie dabei auf die Begriffe Äquilibration, Assimilation und Akkommodation ein. Zeigen Sie dies an einem Beispiel
Kognitive Entwicklung erfolgt durch:
Reifung (biologisch bedingte Entwicklung des Nervensystems und des Gehirns)
Aktive Erfahrungen (aktive Auseinandersetzung mit der Umwelt)
Soziale Interaktionen (Lernen durch Kommunikation und Zusammenarbeit)
Streben nach Gleichgewicht (Lernen durch Kommunikation und Zusammenarbeit)
Begriffe:
Ausgangssituation: Kind greift Sand mit Hand
Assimilation
Bemühen des Organismus, neue Umweltgegebenheiten an seine bereits vorhandenen Schemata anzupassen
Kind möchte Sand genauso greifen, wie Wasser - funktioniert nicht - kognitiver Konflikt
Akkommodation
Entwicklung neuer Schemata oder Modifikation alter Schemata, um sie an neue Umweltbedingungen anzupassen
Schemata Sand greifen reicht nicht für Wasser aus, daher entwickelt Kind neues Schemata - Wasser wird mit Händen geschöpft = Veränderung des Denkens und Handelns
Äquilibration
Das Individuum hat das Bedürfnis, ein Gleichgewicht zwischen der wahrgenommenen Umwelt und den eigenen kognitiven Strukturen herzustellen bzw. zu erhalten
Nachdem das Kind gelernt hat, wie es mit Wasser umgehen kann, ist das kognitive Gleichgewicht (Äquilibration) wiederhergestellt.
Aufgabe 11:
Nennen Sie die Phasen der kognitiven Entwicklung nach Piaget und beschreiben Sie eine (…) Phase davon näher.
Phasen der kognitiven Entwicklung :
Sensorisch
Präoperational
Konkret operational
Formal-operational
Beschreibung:
4. Formal-Operationales Denken (ab 12. LJ)
Jugendliche können über Möglichkeiten nachdenken
Jugendliche können über die Zukunft nachdenken
Jugendliche können über Tatbestände nachdenken, die möglich oder wahrscheinlich sind (Hypothesen) und daraus vernünftige Folgerungen ziehen
Jugendliche können über Konventionen hinaus denken
Jugendliche können ihr eigenes Denken analysieren
Jugendliche können sich eigene Realitäten konstruieren, die über ihre momentane Existenz hinausgehen
Aufgabe 12:
Zeigen Sie die Inhalte des Stufenmodells zur moralischen Entwicklung nach Kohlberg auf und erläutern Sie Grenzen des Modells.
1. Präkonventionelles Niveau (Kindheit)
Stufe 1: Orientierung an Strafe und Gehorsam
Moralisches Verhalten wird daran gemessen, ob es bestraft wird oder nicht.
Beispiel: „Macht ist Recht“ (Gehorchen, um Strafe zu vermeiden).
Stufe 2: Orientierung am Kosten-Nutzen-Prinzip / Bedürfnisbefriedigung
„Eine Hand wäscht die andere“ – es geht um den eigenen Vorteil.
Fairness wird als Austausch verstanden: „Wenn du mir hilfst, helfe ich dir.“
2. Konventionelles Niveau (Jugendliche und Erwachsene)
Stufe 3: Orientierung an zwischenmenschlichen Beziehungen und Gegenseitigkeit
Moral basiert auf den Erwartungen der Familie, Freunde oder Gruppe.
„Was du nicht willst, das man dir tu…“ – man will als „guter Mensch“ gesehen werden.
Stufe 4: Orientierung an der Aufrechterhaltung der sozialen Ordnung
Die Regeln der Gesellschaft sind entscheidend.
„Ruhe ist die erste Bürgerpflicht.“ Pflichtbewusstsein und die Erhaltung der Ordnung stehen im Fokus.
3. Postkonventionelles Niveau (wenige Erwachsene)
Stufe 5: Orientierung an den Rechten aller als Prinzip
Grundrechte und das Wohl aller haben Vorrang vor individuellen Regeln.
Beispiel: „Eigentum verpflichtet.“ Rechte und Gesetze werden kritisch hinterfragt.
Stufe 6: Orientierung an universellen ethischen Prinzipien
Eigene, universelle moralische Prinzipien (wie Gerechtigkeit) stehen im Mittelpunkt.
Beispiel: Kants kategorischer Imperativ – man handelt so, dass die Handlung als allgemeines Gesetz gelten könnte.
Grenzen und Kritik an Kohlbergs Modell:
1. Kulturelle Einseitigkeit
Das Modell basiert auf westlichen, individualistischen Kulturen.
Andere Kulturen (z. B. kollektivistische Gesellschaften) könnten moralische Entscheidungen anders priorisieren.
2. Betonung von Gerechtigkeit
Kohlbergs Theorie fokussiert sich stark auf das Prinzip der Gerechtigkeit.
Carol Gilligan kritisierte dies und wies darauf hin, dass Fürsorge und Beziehungen bei moralischen Entscheidungen (v. a. bei Frauen) eine größere Rolle spielen könnten.
3. Kognitive Ausrichtung
Die Theorie beschreibt eher die Fähigkeit, moralisch zu argumentieren, nicht zwangsläufig das tatsächliche Verhalten.
Menschen können in einer bestimmten Stufe argumentieren, handeln aber oft anders, z. B. aus Emotion oder Gewohnheit.
4. Nicht jeder erreicht die höchsten Stufen
Kohlberg selbst stellte fest, dass nur wenige Menschen die postkonventionellen Stufen 5 oder 6 erreichen.
Die Theorie impliziert eine Hierarchie, bei der spätere Stufen moralisch „höherwertiger“ sind, was nicht unumstritten ist.
Aufgabe 13:
Erläutern Sie drei (…) Erkenntnisse der Bindungsforschung (Bowlby, Ainsworth)
Eine sichere Bindung entsteht, wenn die Signale von der Bezugsperson wahrgenommen und richtig interpretiert werden und das sie angemessen und prompt darauf reagiert
Die Bezugsperson nimmt die Signale des Kindes (z. B. Weinen, Lächeln) wahr.
Sie interpretiert diese richtig (z. B. Hunger, Nähebedürfnis).
Sie reagiert prompt und angemessen (z. B. tröstet das Kind, füttert es).
Das Kind fühlt sich verstanden, sicher und geborgen → es entwickelt Vertrauen.
Zu einer unsicheren Bindung entwickelt es sich, wenn nur unzureichend oder inkonsistent (ohne Dauer, widersprüchlich) reagiert wird
Die Reaktionen der Bezugsperson sind unzureichend, unzuverlässig oder widersprüchlich.
Manchmal reagiert sie zu spät, gar nicht oder unangemessen.
Das Kind erlebt Unsicherheit: Es kann sich nicht darauf verlassen, dass seine Bedürfnisse erfüllt werden.
Folge: Misstrauen, Ängstlichkeit oder übermäßige Anhänglichkeit.
Fühlt das Kind sich sicher, wird kein Bindungsverhalten aktiviert, Kind wagt sich dann die Bezugsperson zu verlassen, um seine Umwelt zu erkunden und seiner Neugier in Form von explorativem (erforschen, erkunden)Verhalten nachzugehen
Wenn das Kind sich sicher gebunden fühlt, muss es kein Bindungsverhalten (z. B. Klammern, Weinen) zeigen.
Es vertraut darauf, dass die Bezugsperson da ist, wenn es sie braucht.
Das Kind verlässt die Bezugsperson und erkundet mutig die Umwelt (Exploration).
Die Bezugsperson fungiert als „sicherer Hafen“ für emotionales Auftanken.
Aufgabe 14:
Beschreiben Sie die vier Phasen der Bindungsentwicklung (Bowlby, Ainsworth),
1. Vorbindungsphase (bis ca. 6 Wochen nach der Geburt)
Das Kind zeigt Bindungsverhalten (z. B. Weinen, Schreien), richtet sich jedoch an jede Person, nicht speziell an eine Bezugsperson.
Gegen Ende dieser Phase beginnt das Kind, zwischen Mutter und anderen Personen zu unterscheiden.
2. Entstehungsphase der Bindung (6 Wochen bis 8 Monate)
Das Kind differenziert zunehmend zwischen bekannten und unbekannten Personen.
Es bevorzugt vertraute Personen, zeigt jedoch noch keine Trennungsangst.
Das Bindungsverhalten wird gezielter.
3. Eindeutige Bindungsphase (8 bis 24 Monate)
Das Kind zeigt eine klare Bindung zu einer oder mehreren Bezugspersonen.
Es tritt Trennungsangst und Fremdeln auf.
Das Kind exploriert seine Umwelt, sucht jedoch bei Unsicherheit die Nähe der Bezugsperson (sicherer Hafen).
4. Phase der gegenseitigen Beziehung (ab ca. 2 Jahre)
Das Kind entwickelt ein Verständnis für die Gefühle und Absichten der Bezugsperson.
Es kann Standpunkte übernehmen und Wartezeiten besser akzeptieren.
Die Beziehung wird gegenseitig, das Kind versteht, dass die Bezugsperson eigene Bedürfnisse hat.
Aufgabe 15:
Nennen Sie die Bindungstypen und beschreiben Sie einen (…) Typ näher.
Sichere Bindung (Typ B)
Unsicher-vermeidende Bindung (Typ A)
Unsicher-ambivalente Bindung (Typ C)
Desorganisierte/desorientierte Bindung (Typ D) (Zusatztyp)
Bindungstyp
Verhalten des Kindes
Elterliches Verhalten
- Meidet Nähe zur Mutter - Kaum Reaktion bei Trennung oder Rückkehr - Wirkt ungestresst, ist innerlich gestresst
- Wenig einfühlsam - Vermeidet Körperkontakt - Erwartet Selbstregulation
- Zeigt Freude bei Rückkehr der Mutter - Lässt sich schnell beruhigen - Erkundet aktiv die Umwelt
- Prompt - Verlässlich - Freundlich - Feinfühlig
- Starkes Klammern - Widersprüchliches Verhalten (sucht Nähe, ist wütend) - Geringe Erkundung der Umwelt
- Inkonsequent - Manchmal zugewandt, manchmal abweisend
Desorganisierte/desorientierte Bindung (Typ D)
- Widersprüchliches Verhalten - Nähesuche wird abgebrochen - Angstreaktionen bei Rückkehr der Mutter
- Häufig traumatisch - Missbrauchserfahrungen - Vernachlässigung
Aufgabe 16:
Was sind Bindungsstörungen und wie können diese sich zeigen? Welche Schlussfolgerungen können für die pädagogische Praxis abgeleitet werden?
Was sind Bindungsstörungen
tiefgreifende Störungen in der sozialen und emotionalen Entwicklung
oft mit langanhaltenden Auswirkungen
oftmals Folgen von Traumata, Vernachlässigung, Trennung, Gewalt oder unvorhersehbare & willkürliche Bezugspersonen
Arten:
Reaktive Bindungsstörung des Kindesalter
Bindungsstörung des Kindesalters mit Enthemmung
Wie zeigen sich diese:
Ohne Bindungsanzeichen
Undifferenziert/distanzlos
Übersteigert
Gehemmt
Aggressiv
In Form einer Rollen-Umkehr (Kind übernimmt Elternrolle)
Somatisierend (körperliche Beschwerden ohne organische Ursache)
Schlussfolgerungen für die pädagogische Praxis:
Bindung ist ein überlebenswichtiges motivationales Grundbedürfnis eines jeden Menschen
Ungünstige Bindungserfahrungen sind ein Prädiktor für eine Vielzahl von (psycho)pathologischen Auffälligkeiten über die Lebensspanne
Bindungsentwicklung ist ein lebenslanger Prozess, der durch angemessene frühe innere Repräsentationen ermöglicht wird
Entscheidende Voraussetzungen für eine adäquate Bindungsentwicklung ist die Sensibilität und Responsivität der Bezugsperson
Der Umgang mit Bindungsstörungen erfordert immer ein multiperspektivisches Setting, je früher interveniert wird, desto besser
Nachreifungsprozesse sind (zwar schwer und zeitintensiv, aber) grundsätzlich möglich.
Aufgabe 17:
Die soziale Welt von Kindern und Jugendlichen, erläutern Sie die Bedeutung der Peer-Group (drei … Elemente).
Bedeutung:
Unterschiedliche Einflussbereiche der Eltern (eher Lebensorientierung) und Gleichaltriger (eher Freizeit)
Gleichaltrige prägen nicht nur das Freizeitverhalten, sondern wirken tief in die persönliche Identitätsentwicklung hinein
3 Elemente:
bietet Kompetenzförderung
symmetrische Beziehungsebene, fördern von sozialen Fähigkeiten, Kontakt und Kooperationsfähigkeit, soziale Regeln, Moralentwicklung…
wirkt als Bindungs- und Unterstützungsinstanz
ähnlich wie zu erwachsenen Bezugspersonen kann eine Freundschaft sichere Ausgangsbasis für explorative Lernerfahrungen und Bewältigung von Belastungssituationen sein
ist ein Raum für Statusgewinn und Emanzipation
Status und Anerkennung:
Verlassen des Kindseins und noch keinen Zugang zur Erwachsenenwelt, deshalb, unter Gleichaltrigen, streben nach Status und Anerkennung
Emanzipation vom Elternhaus
Peer – Group: geben von gegenseitigem Rückhalt, Erlernen von sozialen Fähigkeiten, Kontakt zum anderen Geschlecht, Regulation von Aggressionen; größerer Freiraum als andere Beziehungssysteme wie Familie, Schule…
Aufgabe 18:
Nennen Sie drei (…) Entwicklungsaufgaben des Jugendalters und erläutern Sie diese kurz.
1. persönliche (intrapersonale) Entwicklungsaufgaben
Den eigenen Körper akzeptieren (z. B. durch die körperlichen Veränderungen in der Pubertät)
Eigene Werte und eine persönliche Lebensphilosophie entwickeln (z. B. moralische Überzeugungen, politische Einstellungen, Weltanschauung)
2. zwischenmenschliche (interpersonale) Entwicklungsaufgaben
Aufbau und Gestaltung neuer Freundschaften (z. B. Beziehungen zu Gleichaltrigen beider Geschlechter vertiefen)
Umgestaltung der Beziehung zu den Eltern (z. B. Ablösung vom Elternhaus, Streben nach mehr Autonomie)
3. gesellschaftliche (soziokulturelle) Entwicklungsaufgaben
Unabhängigkeit von den Eltern erlangen (z. B. finanzielle Selbstständigkeit, eigene Entscheidungen treffen)
Einen Beruf wählen (z. B. berufliche Orientierung und Integration in die Arbeitswelt)
Aufgabe 19:
Beschreiben Sie zwei wichtige Hauptveränderungen im heranwachsenden Gehirn, die das Entscheidungs- und Risikoverhalten beeinflussen können. Zeigen Sie mögliche Unterstützungsmöglichkeiten pädagogischer Fachkräfte auf.
„kalte“ Kognition (rationale Entscheidung) von 14-15- jährigen auf Erwachsene ähnlichem Stand wie , logisches Denken, Hypothesenbildung… Allerdings werden Leistung erbracht, die wenig emotional anregend sind und nicht mit einem hohen Aktiviertheitsniveau einher gehen
„heiße“ Kognition (automatische Abläufe) Situationen, in denen und ausgelöst werden und mit hoher Aktiviertheit starke Emotionen angeregt einhergehen. Entsprechend hoch ist die Neigung, „aus dem Bauch“ heraus, zu entscheiden, was mit der erhöhten Bereitschaft einhergeht, der Stimmung der Peergroup zu folgen und mitzumachen
Was können wir tun:
Empathie zeigen - einfühlendes Verstehen
Echtheit - Kongruenz
bedingungslose Wertschätzung & Akzeptanz
Aufgabe 20:
Psychische Auswirkungen der pubertären Entwicklung können sich in Selbstverletzungen bei Jugendlichen zeigen, welche Leitfragen sollten zur Interventionsplanung berücksichtigt werden? Wie sollte eine professionelle Intervention erfolgen?
Leitfragen zur Interventionsplanung:
Offenheit
Wird das selbstverletzende Verhalten „verheimlicht“ und ist es zufällig „öffentlich“ geworden oder wird es „offen“ gezeigt?
Schwere - Eigengefährdung
Wie schwerwiegend sind die Verletzungen und welche insbesondere gesundheitlichen Risiken sind auch im Sinne einer Eigengefährdung damit verbunden?
Umfeld - Stellungen
Was ist über den familiären Hintergrund, soziale Umstände und die Stellung in der Peer-Group bekannt?
Umfeld - Stabilität
Ist das unmittelbare soziale Umfeld stabil oder instabil bzw. gibt es verlässliche und förderliche/unterstützende Bezugspersonen?
Fremdgefährdung?
Welche konkrete Gefährdung geht ggf. im Sinne einer Fremdgefährdung für die anderen Kinder bzw. Jugendlichen der Gruppe aus?
Wie Intervention:
Grundprinzipien:
Verhinderung positiver Zuwendung im Zusammenhang mit SSV!
Verhinderung sozialer Ansteckung!
Grundsätze:
Ruhe bewahren!
Ansprechen! (ggf. nicht sofort, nur im Einzelsetting)
Wundversorgung in neutraler Haltung (ggf. selbst versorgen lassen, immer im Einzelsetting)
Haltung: „Respektvolle Neugier“
Keine Beendigung des Verhaltens fordern - aber genau das ermöglichen
Aufgabe 21:
Zeigen Sie mithilfe der Bedürfnispyramide nach Maslow, wie sich Bedürfnisse für Menschen im späteren Erwachsenenalter darstellen können.
Stufe 1: Physiologische Bedürfnisse
Diese Grundbedürfnisse bleiben im Alter weiterhin zentral:
Nahrung und Trinken, oft erschwert durch Appetitlosigkeit oder Kau-/Schluckbeschwerden
Schlaf, der im Alter häufig gestört ist
Schmerzfreiheit
Körperpflege
Sexualität, die auch im Alter ein Thema sein kann, oft aber tabuisiert wird
Stufe 2: Sicherheitsbedürfnisse
Geborgenheit und Schutz, z. B. durch eine vertraute Umgebung oder konstantes Pflegepersonal
Sicherheit im Alltag, um Ängste vor Stürzen oder dem Verlust von Kontrolle (Inkontinenz) zu reduzieren
Finanzielle Sicherheit und verlässliche Versorgung (z. B. Heimplatz, Pflegeversicherung)
Stufe 3: Soziale Bedürfnisse
Zugehörigkeit: das Gefühl, weiterhin Teil einer Gemeinschaft zu sein, sei es durch Familie, Freundschaften oder soziale Gruppen
Vermeidung von Einsamkeit, da im Alter soziale Kontakte oft verloren gehen (Tod des Partners, Freunde)
Anerkennung durch Betreuungspersonal oder andere Menschen
Stufe 4: Wertschätzung
Respekt und Anerkennung trotz körperlicher oder geistiger Einschränkungen
Das Gefühl, noch gebraucht zu werden, z. B. durch sinnstiftende Aufgaben im Heim (z. B. Pflanzen gießen, helfen bei kleinen Aufgaben)
Autonomie und Mitbestimmung bei Entscheidungen im Alltag (z. B. Kleidung, Essenszeiten)
Stufe 5: Selbstverwirklichung
Auch im Alter besteht der Wunsch, eigene Interessen und Werte zu leben
Kreative Tätigkeiten (Malen, Schreiben), Glaubensausübung, Auseinandersetzung mit dem Lebensrückblick (Biografiearbeit)
Würdiges Altern und die Möglichkeit, das eigene Leben selbstbestimmt zu gestalten, so weit es möglich ist
Aufgabe 22:
Erläutern Sie, wie sich herausforderndes Verhalten bei älteren Menschen in Pflegeeinrichtungen zeigen können, nennen Sie mögliche Ursachen.
Verhalten:
Aggressives Verhalten (verbal oder körperlich): Anschreien, Schlagen, Beschimpfen
Rückzug oder Verweigerung: Essen oder Medikamente verweigern, Ablehnung von Pflegehandlungen
Rufen, Schreien, Lautes Weinen
Unruhe und Weglauftendenzen (Hinlauftendenzen): zielloses Umherwandern, Versuch, das Heim zu verlassen
Sexuell enthemmtes Verhalten
Zwanghafte oder repetitive Handlungen: sich ständig wiederholende Bewegungen oder Fragen
Wahnvorstellungen und Halluzinationen, die zu ängstlichem oder abwehrendem Verhalten führen
Soziale Inakzeptanz: unangemessene Kommentare, Entblößen in der Öffentlichkeit
Mögliche Ursachen:
Biologisch
Schmerzen, Unbehagen
Hunger, Durst
Halluzinationen, infektionsbedingte Verwirrtheit, Reizbarkeit
Psychisch
Angst, Furcht, bedroht fühlen
Langeweile, Einsamkeit
Selbststimulierung, Über- & Unterstimulierung
Wut/ Frust
sozial, umgebungsbeding
Kommunikationsprobleme
Zurückweisung von Behandlung
Unbehagen bezüglich Umgebung (laut, kalt, hell)
Aufgabe 23:
Beim Umgang mit dementen Menschen, haben Feil und Richard Grundannahmen der Validation formuliert, nennen und erläutern Sie zwei (…) dieser Annahmen.
Grundannahmen der Validation (Auswahl)
Alle Menschen sind einzigartig und müssen als Individuen behandelt werden
Jeder Mensch hat eine einzigartige Biografie, Persönlichkeit und Lebensgeschichte
Im Umgang mit dementen Menschen ist es wichtig, auf ihre individuellen Bedürfnisse und Gefühle einzugehen
Pflege und Betreuung sollten personenzentriert sein – das bedeutet, man respektiert die Würde und Einzigartigkeit jedes Einzelnen
Es gibt einen Grund für das Verhalten von verwirrten, sehr alten Menschen
Jedes Verhalten ist sinnvoll, auch wenn es auf den ersten Blick unverständlich erscheint
Häufig drücken alte, verwirrte Menschen durch ihr Verhalten unerfüllte Bedürfnisse, unerledigte Lebensthemen oder starke Gefühle aus
Die Aufgabe der Betreuungsperson ist es, das Verhalten zu verstehen, zu validieren und nicht vorschnell zu bewerten oder zu korrigieren
Aufgabe 24:
Was ist Biografie? Grenzen diesen Begriff von Lebenslauf ab.
Lebenslauf: zeitliche Abfolge zentraler individueller biografischer Ereignisse (z.B. Lebenslauf(daten) bei Bewerbungen)
Biografie: alle individuellen Daten in zeitlicher Abfolge mit subjektiven Bedeutungen versehen
Biografie umfasst mehr als Lebenslauf
Individuelle Zahlen, Fakten und Interpretationen der Fakten
Subjektive Bedeutungen entstehen vor dem Hintergrund der eigenen Erfahrungen
Aufgabe 25:
Definieren Sie den Begriff Biografiearbeit und zeigen Sie deren (mindestens zwei) zentrale Elemente auf.
Definition
„Biografiearbeit ist der Versuch, Mensch-Sein als Körper, Geist und Seele in den individuellen, gesellschaftlichen und tiefenpsychologischen Dimensionen wahrzunehmen. In der Rückschau auf das eigene Leben geschieht Einbettung in das gesellschaftliche Leben, wächst Verständnis für das Eigene. Biografiearbeit ermöglicht, sich sinnhaft als Bestandteil eines Kontinuums zu definieren.“
Versuch Mensch-Sein als Körper, Geist & Seele in individuellen, gesellschaftlichen und tiefenpsychologischen Dimensionen wahrzunehmen
Rückschau auf Leben um in gesellschaftliches Leben einzuordnen
Daraus Verständnis für eigenes Leben
Zentrale Element:
Biografiearbeit zielt auf die Ganzheitlichkeit des Menschen (Körper- Seele-Geist; Denken, Fühlen, Handeln)
Biografiearbeit ist die Reflexion der Vergangenheit zur Gestaltung der Zukunft
Biografiearbeit nimmt den Menschen in seinen psychischen Dispositionen und im gesellschaftlichen und historischen Zusammenhang in den Blick.
Biografiearbeit ist an ein professionelles Setting gebunden. (Miethe, 2017, S.21-24)
Aufgabe 26:
Erläutern Sie die Begriffe Biografiearbeit und Biografieforschung und grenzen Sie diese voneinander ab.
Biografieforschung stellt eine sozialwissenschaftliche Forschungstradition dar, bei der Biografie dazu genutzt wird, zu allgemeinen sozialwissenschaftlichen Erkenntnissen zu kommen, die in der Regel publiziert werden.
Biografiearbeit verfolgt demgegenüber kein genuin wissenschaftliches Erkenntnisinteresse, sondern das Ziel der Arbeit ist auf biografisches Verstehen und Weiterentwicklung der Biografen selbst gerichtet.“ (Miethe, 2017, S.25)
Abgrenzung:
Biografiearbeit dient der individuellen Unterstützung und Selbstentwicklung. Sie ist praktisch orientiert und nicht wissenschaftlich
Biografieforschung ist wissenschaftlich ausgerichtet, verfolgt Theoriebildung und will gesellschaftliche Erkenntnisse gewinnen
Aufgabe 27:
Erläutern Sie die Begriffe Biografiearbeit und ´Biografisches Lernen´. Zeigen Sie auf, wie sich ´Biografisches Lernen´ zusammensetzt.
Biografisches Lernen kann zum einen als allgemeiner Oberbegriff für alle Lernprozesse verstanden werden, die in irgendeiner Form lebensgeschichtliche Aspekte oder Fragestellungen in den jeweiligen Lernprozess einbeziehen. Zum anderen kann sich dieser Begriff auf einen Bereich beziehen, der als biografisch orientierte Didaktik bezeichnet werden soll.
Zusammensetzung Biographisches Lernen:
Sich Erinnern:
Lebensgeschichte in Gedächnis rufen - Erfahrungen rekonstruieren - daraus Erkenntnisse für heutiges Leben gewinnen
Vergegenwärtigen:
Lernen, das vergangene Leben neu auszulegen/deuten/interpretieren - In Gegenwart können unter neuen Bedingungen, neue Entwicklungs- und Bildungsprozesse neu gelingen oder misslingen – Im Mittelpunkt steht die Entfaltung von Eigensinn und Individualität
Zukunft gestalten:
Ungewissheit aktzeptieren - sich auf Zukunft bedacht einlassen
Erzählen:
Bedeutung des alltagssprachlichen Erzählens für professionelles pädagogisches Handeln - Klienten zur Detail-Erzählung aufgefordern - durch Erzählanregung des Klienten wird dessen individuelle Motive und Ziele deutlich(er)
Methoden-Kompetenz:
Methoden, um das eigene Leben (das stets im Fortschreiten ist) zu erkennen, verstehen und zu analysieren
Mit Hilfe von Wissenschaft und Kunst, Philosophie und Fotografie, biografischer (Re-)Konstruktion und soziologischer Analyse
Aufgabe 28:
Nennen Sie Möglichkeiten zum Einstieg in die Biografiearbeit im sozialpädagogischen Kontext. Erläutern Sie eine Methode näher.
Möglichkeiten:
Gesprächsrunden, Lebenslinien-Methode, Erinnerungsbücher, Erzählcafés
Lebenslinien-Methode:
Vorbereitung:
Bereitstellung von Materialien wie Papier, Stiften und evtl. farbigen Markierungen
Alternativ auf einer Wandtafel mit Schnur oder Klebeband
Erklärung:
Sozialarbeitende Person erklärt den Teilnehmenden, dass sie ihre Lebenslinie zeichnen sollen
Linie stellt den Verlauf ihres Lebens dar -> auf dieser Linie sollen die wichtigsten Ereignisse und Wendepunkte markiert werden
Zeichnung der Lebenslinie:
Teilnehmenden zeichnen eine horizontale Linie auf das Papier oder an die Wand
Links ist der Beginn ihres Lebens (Geburtsjahr)
rechts das heutige Datum
Eintragen der wichtigsten Ereignisse und Wendepunkte mit Markierungen oder Symbolen (positive und negative)
z. B. den ersten Job, die Geburt eines Kindes, den Verlust eines geliebten Menschen oder andere prägende Erfahrungen
Reflexion:
Nachdem die Lebenslinie erstellt ist, wird eine Reflexion angestoßen
Teilnehmenden können sich gegenseitig ihre Lebenslinien zeigen oder darüber sprechen, was sie bei der Erstellung entdeckt, haben
Es kann auch überlegt werden, wie sich bestimmte Ereignisse auf die persönliche Entwicklung ausgewirkt haben und welche Werte oder Einsichten daraus abgeleitet werden können
Auswertung:
ermöglicht Zusammenhänge und Wendepunkte
Es wird deutlich, wie bestimmte Erfahrungen miteinander verknüpft sind und welche Ressourcen sie im Laufe ihres Lebens entwickelt haben, um mit Herausforderungen umzugehen
Aufgabe 29:
In der Biografieforschung werden 3 Textsorten unterschieden, welche sind das? Erläutern Sie diese (eine davon) näher.
Erzählungen
Argumentation
Beschreibung
Erläuterung - Erzählung:
Biograph*in erzählt
konkrete & einmalige Situationen/Ereignisabfolgen
keine Deutung - wird Zuhörer überlassen
keine Anweisungen, wie Situation zu verstehen ist
„Erzählungen „referieren auf zurückliegende singuläre Ereignisabfolgen. […] die in einer Beziehung zeitlicher oder kausaler Aufeinanderfolge zueinander stehen.“ (Rosenthal 1995: 240).
Anders gesagt: Bei Erzählungen handelt es sich immer um ganz konkrete und einmalige Situationen und diese Situationen werden so erzählt, dass die Abfolge und der Zusammenhang der verschiedenen Ereignisse deutlich wird.
In den Erzählungen gehen die Biografinnen in die Perspektive des „Damals “, d. h. die konkrete Situation wird einfach nur erzählt und es werden damit keine Deutungen verbunden.
In gewissem Sinne überlassen die Erzählenden die Deutungen dieser Situation den Zuhörenden und geben keinerlei Regieanweisung dazu, wie diese Situation zu verstehen (Miethe, 2017, S. 76) ist.“
Aufgabe 30:
Erläutern Sie kurz was narratives Erzählen und Nachfragen bedeutet.
Narratives Erzählen:
Person erzählt Lebensgeschichte o. Ereignisse in erzählerischer Form
Fokus auf persönliche Erzählung & Emotionen & Bedeutungen
nicht nur Fakten
in eigener Sprache reden
Narratives Nachfragen:
nur bereits erzähltes hinterfragen um meghr Details und Verständnis für Bedeutung der Ereignisse zu erhalten
Aufgabe 31:
Beim narrativen Erzählen werden s.g. Zugzwänge unterschieden, welche sind das, erläutern Sie diese (einen) davon näher.
Kondensierungszwang
Detaillierungszwang
Gestaltschließungszwang
Erläuterung - Detaillierungszwang:
Geschichte muss so erzählt werden muss, dass die Zuhörenden dieser auch folgen können
Details richten sich sehr nach den Zuhörenden
z.B. Wenn xy selbst Krieg erlebt hat, werden wahrscheinlich weniger Details über den Krieg erwähnt, als wenn die Zuhörenden erst in der Nachkriegszeit geboren sind
Kondensierungszwang: Wir können nicht alles, was wir erlebt haben, erzählen. Stattdessen wählen wir unbewusst diejenigen Ereignisse oder Themen aus, die in der aktuellen Erzählung als relevant erscheinen. Zum Beispiel erzählt eine Person von ihrer Kindheit und spricht dabei besonders von einem bestimmten Ereignis, wie einem Familienurlaub. Obwohl sie viele Erlebnisse aus dieser Zeit hat, entscheidet sie sich unbewusst dafür, diese eine Geschichte zu erzählen, da sie in diesem Moment besonders wichtig erscheint – vielleicht, weil sie mit den Zuhörenden ein Thema teilen möchte oder weil es emotional bedeutend ist.
Detaillierungszwang: Eine Erzählung muss so detailliert sein, dass die Zuhörenden ihr folgen können. Die Details werden dabei je nach Zuhörer angepasst. Gestaltschließungszwang: Eine Erzählung muss einen Abschluss finden, auch wenn sie manchmal „ins Stocken“ gerät oder vom ursprünglichen Thema abweicht.
Aufgabe 32:
Erläutern Sie kurz, was narrative Interviews sind. Zeigen Sie eine mögliche Gliederung (Phasen) hierfür auf. Erläutern Sie einen (…) Punkt näher
Narratives Interview =
Qualitative Interviewmethode in der Sozialforschung.
Fokus auf freie, zusammenhängende Erzählungen der befragten Person.
Ziel: Erfahrungen, Erlebnisse und Sichtweisen der Person in ihrer eigenen Struktur und Logik verstehen.
Startet oft mit einer offenen Einstiegsfrage (z. B. „Erzählen Sie bitte, wie es dazu kam...“).
Interviewer/in hält sich zunächst zurück, um den Erzählfluss nicht zu stören.
Später folgt ein Nachfrageteil, um Unklares zu vertiefen oder Details zu erfragen.
Nachfragen sollen neue Erzählanreize geben, nicht bloß Fakten abfragen
5 Phasen (Lamnek, 2005)
Erklärungsphase
Einleitungsphase
Erzählphase
Nachfragephase
Bilanzierungsphase
Nachfrageteil:
Nachdem die Interviewten ihre Geschichte erzählt haben, stellt der Interviewer gezielte Nachfragen, um weitere Details zu erhalten und vage oder unklare Stellen zu klären. Diese Phase zielt darauf ab, das Erzählte zu vertiefen und ggf. Plausibilitäten zu prüfen. Wenn die Interviewten Aussagen wie „Das war’s“, „Ja, so ist es gewesen“ oder „So erging es mir“ machen, signalisiert das, dass das Thema abgeschlossen ist, aber noch nicht alle relevanten Details geklärt sind. Nachfragen sollen den Interviewten anregen, mehr Details und Kontext zu den Ereignissen zu liefern. Ziel ist es, die Plausibilität von Aussagen zu überprüfen und die Erzählung zu vertiefen. Beispiel für Nachfragen: „Wie war das damals genau?“ „Erzähl doch mal noch ausführlicher davon!“ „Wie ging es dann genau weiter?“
4 Phasen (Trautmann, 2010)
Anwerbephase
Aufforderungsphase → Stegreiferzählung
Aufgabe 33:
Skizieren Sie den Begriff Sozialisation. Arbeiten Sie Unterschiede zwischen Sozialisation in der Kindheit und Erwachsenensozialisation heraus.
= Lernprozess zwischen Menschen und Gesellschaft (lebenslang)
Durch wechselseitige Interaktion entstehen soziale Rollen, Haltungen &v Meinungen – so findet das Individuum eine Rolle in der Gesellschaft
Internalisierung der von außen wahrgenommenen Einstellungen, Grundsätze etc.
Entwicklungsprozess der Persönlichkeit mit Bezug zur Umwelt; innere und äußere Realitäten
Sozialisationsprozess (primäre, sekundäre, tertiäre und quartäre Sozialisation) mit Bezug zu Sozialisationsinstanzen
Beginnt unmittelbar nach der Geburt
Kind ist voll sozialisiert, wenn es ein angemessen funktionierender Rollenspieler geworden ist, eine sozialkulturelle Persönlichkeit mit einem stabilen sozialen Selbst, mit anderen Worten „ein idealtypischer Erwachsener“
Sozialisation Kindheit vs. Erwachsen
Kindheit = primär & sekundär
Erwachsene = tertiär
Rentenalter = quartiär
Kindheit:
Basisprägung
Vor allem Familie und enge Bezugspersonen
Erwachsene:
Besondere Bedeutung berufliche Sozialisation
Anpassung an neue Lebenssituationen, berufliche Rollen, gesellschaftliche Erwartungen
Erlernen von neuen Rollen - eingliedern in neue Gruppen
Bestehende Muster verändern & ergänzen
Aufgabe 34:
Welche Schnittstellen sehen Sie zwischen Sozialisation und Biografie?
Sozialisation wirkt sich auf Biographie aus
Erfahrungen prägen Sozialisation und wirken sich damit auf zukünftige Entscheidungen aus - Sozialisation beeinflusst Biographieentscheidungen
Wechselwirkung zwischen individuellen Entscheidungen & sozialen Erwartungen
Biografische Brüche, Krisen oder Wendepunkte (z. B. Berufswechsel, Migration, Krankheit) können Sozialisationsprozesse unterbrechen oder neu gestalten
Angeeignete Rollenbilder beeinflussen bspw. Partnerwahl
Aufgabe 35:
Welche Schlussfolgerungen können Erkenntnisse aus der Auseinandersetzung mit Biografie, Lebenslauf und Sozialisation ergeben?
Aufgabe 36:
Welche Bedeutung kann dies für sozialpädagogische Einrichtungen haben?
Biografie ist eine Zentralkategorie in der SozA: Menschen werden zu einmaligen Wesen durch Ihre Biografie.
In der Biografie-Arbeit geht es nie um Kategorien wie „richtig oder falsch“, „Lüge und Wahrheit“, sondern immer um subjektive Konstruktionen
Während Subjektivität in der Naturwissenschaft zumeist als Fehlerquelle angesehen und zu vermeiden versucht wird, hat Subjektivität in der SozA und den päd. Arbeitsfeldern einen besonderen Erkenntniswert
Sozialisation: Menschen werden aber durch eine sich auf Objektivität und Normativität berufende soziale und institutionelle Umwelt auch in eine gewisse Richtung gedrängt – sie erhalten bspw. normative Vorstellungen von
„richtiger Familie“; „richtiger“ Mann-sein/ „richtige“ Frau-sein; „normal-sein“ vs. verrückt sein oder „psychisch defekt“ sein oder behindert-sein- „gut-sein“ oder „schlecht-sein“ in einem Leistungsbereich
Dies führt möglicherweise zu Anerkennung oder Nicht-Anerkennung in Gruppen und Gemeinschaften
Zu Teilhabe-Möglichkeiten oder dem Verwehren von Teilhabe an einer Gemeinschaft
Es führt zumindest aber zu einem „So-oder-So-sein“ (Sabine Stahl)
Biografie ist damit eine „sozialisierte Subjektivität“ (Hanses, 2008, S. 13)
Individuelle Unterstützung: Sozialpädagogische Einrichtungen sollten die Biografie und Subjektivität der Klienten anerkennen, um passgenaue Unterstützung zu bieten.
Förderung der Teilhabe:
Sie können Menschen helfen, gesellschaftliche Barrieren abzubauen und ihre Teilhabe zu fördern.
Reflexion von Normen:
Einrichtungen können gesellschaftliche Normen kritisch hinterfragen und eine inklusive Kultur schaffen.
Sozialpädagogische Institutionen / Einrichtungen müssen ein Stückweit lernen, ihre personenbezogene Dienstleistung aus ihrer festgefügten Wissensordnung durch das biografische Wissen ihrer Adressatinnen anzureichern,
nicht mehr (nur) die Institutionen fungieren als „Stichwortgeber“ + „Wegweiser“, sondern auch die Biografieträger / Subjekte und Akteure
Aufgabe 37:
Welchen Nutzen kann biografisches Erzählen für die Bewältigung gegenwärtiger Herausforderungen für Sozialpädagog*innen und Adressat*innen haben?
Weniger Handlungsdruck in der aktuellen Situation
„Ganzheitliche“ Wahrnehmung des Gegenübers
Einblick in Deutungsmuster und Bewältigungsstrategiendes Gegenübers
Spätere Interventionkann gezielter abgestimmt werden
Unterstützung der „biografischen Alltagsarbeit“ der Adressaten/Klienten
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