Definition Risiko allgemein
Ursprung: „risicare“ (frühitalienisch) → „etwas wagen“ oder „aufs Spiel setzen“
Risiko ist entscheidungsbezogen, nicht schicksalhaft
Keine einheitliche Definition in der Literatur
Entscheidung = bewusste Wahl einer Handlung aus mehreren Optionen
Definition Gleißner
Risiko ist “die aus einer nicht sicher vorhersehbaren Zukunft resultierende, durch “zufällige” Störungen verursachte Möglichkeit, von geplanten Zielen abzuweichen”
Wie entstehen unternehmerische Risiken?
Risiken entstehen durch unternehmerische Entscheidungen
Zukunft kann nicht sicher vorhergesagt werden
Entscheidungstypen
Sicherheit: Zukunft scheinbar vorhersehbar
Unsicherheit: Zukunft nicht vorhersehbar
Ziel Risikomanagement
Ziel: Unsicherheiten über zukünftige Zustände durch strukturierte Systeme anhand von Wahrscheinlichkeiten einschätzen und steuern
Entscheidungen unter Sicherheit
Entscheidungen basieren auf Erfahrungswerten → oft trügerische Sicherheit
„Null-Risiko-Illusion“: Risiken werden ausgeblendet
Keine absolute Sicherheit durch Modelle, Tests oder Studien
Lösung: Frühwarnsysteme und kontinuierliche Beobachtung
Entscheidungen unter Unsicherheit
Unter Risiko: Eintrittswahrscheinlichkeiten bekannt
Unter Ungewissheit: Eintrittswahrscheinlichkeiten unbekannt
Risiken sind quantifizierbar, Ungewissheiten nicht
Heuristiken
Heuristik ist ein Verfahren, das auf bekannten Regeln beruht (“Faustformel”)
ermöglicht, in komplexen Situationen schnelle Entscheidungen zu treffen
z. B. Blickheuristik: Ballspieler stimmen ihre Laufgeschwindigkeit auf die Flugbahn des Balles ab
Ermittlung subjektiver Wahrscheinlichkeiten für das Eintreten künftiger Ereignisse
Empirische Daten und mathematische Modelle
Expertenschätzungen und Heuristiken
Unterscheidungen Risiko
Unterscheidung:
Risiko im engeren Sinne → nur negative Abweichungen
Risiko im weiteren Sinne → enthält auch Chancen
Symmetrische Risiken → Chancen und Risiken vorhanden
Asymmetrische Risiken → nur negative Auswirkungen
Aufgaben des Risikomanagements
Illusion der Gewissheit vermeiden (z. B. Frühwarnsysteme)
Unterscheidung zwischen Risiko und Ungewissheit ermöglichen
Ungewissheit in quantifizierbares Risiko umwandeln
Regelkreislauf des Risikomangements allgemein
Fokus: Schadensvermeidung & -minimierung
Risiken ständig überwachen (intern & extern)
Unternehmensführung muss Risikomanagement implementieren
Vier Schritte des Risikomanagementprozesses (Abbildung)
Risikoidentifikation → Risiken erkennen & systematisieren (Risikoinventur)
Risikobewertung → Analyse, Klassifizierung & Priorisierung der Risiken
Risikosteuerung → Auswahl von Maßnahmen & organisatorische Umsetzung
Risikokontrolle → Überwachung, Berichtswesen & neue Risikoanalyse
Kreislauf: Prozess wiederholt sich kontinuierlich
Bedeutung für Mitarbeitende
Risiken treten oft im operativen Geschäft auf → Mitarbeitende einbinden
Einführung des Systems = Change Management
Gefahr ohne Einbindung:
Risikomanagement wird als Zusatzaufgabe gesehen
Risiken werden unstrukturiert weitergegeben
Vorbereitungen zur Implementierung eines Risikomanagementprozesses
Mitarbeitende frühzeitig informieren & beteiligen
Bestandsanalyse der Informationssysteme durchführen
Risikoziele in Unternehmens- & Teamziele integrieren
Risikomanagement mit anderen Managementsystemen abstimmen
Organisatorische Fragen klären
Bestandsanalyse der Informationssysteme
Durchführung mittels Checklisten
Fragen zur Analyse:
Welche Daten regelmäßig/sporadisch erhoben werden
Ob die Daten vollständig, genau & zweckmäßig sind
Ob unnötige oder zu teure Daten erhoben werden
Methoden zur Ermittlung des Informationsbedarfs
Datenorientierung:
Nutzung vorhandener Daten (z. B. Produktionspläne)
Ergänzung durch Beobachtungen, Interviews & Fragebögen
Empirisch-statistische Methoden zur Analyse, z. B. Hoch- oder Rückrechnungen, Extrapolationen
Entscheidungsorientierung:
Entscheidungsträger ordnen benötigte Informationen zu
Externe & interne Informationsquellen werden bei Bedarf ergänzt
Rechtliche Rahmenbedingungen des Risikomangements
Umfang & Ausrichtung abhängig von Unternehmensmerkmalen
Gestaltungsspielräume für Unternehmen, aber zunehmende gesetzliche Vorgaben
Wichtige Gesetze:
KonTraG (Gesetz zur Kontrolle und Transparenz im Unternehmensbereich)
BilMoG (Bilanzrechtsmodernisierungsgesetz)
Standards & Normen bieten Orientierung, sind aber nicht rechtsverbindlich
Gesetz zur Kontrolle und Transparenz im Unternehmensbereich (KonTraG)
Inkrafttreten: 1. Mai 1998
Ziel: Stärkung der Corporate Governance & Schutz der Anteilseigner
Einführung gesetzlicher Anforderungen an Risikomanagement
Vorgaben für Vorstände börsennotierter Aktiengesellschaften
Verpflichtung zur Einrichtung von Kontrollmechanismen zur Früherkennung von Risiken
Auswirkungen auch auf andere Kapitalgesellschaften
KonTraG und Aktiengesetz (AktG)
§ 91 Abs. 2 AktG:
Vorstand muss geeignete Maßnahmen zur Risikofrüherkennung umsetzen
Keine klare gesetzliche Definition, was „geeignet“ ist
Verpflichtung auch für GmbHs (indirekt über § 43 Abs. 1 GmbHG & § 93 Abs. 1 AktG)
KonTraG und Handelsgesetzbuch (HGB)
§ 289 & § 315 HGB: Anpassung der Lageberichterstattung
jede Gesellschaft, die gemäß § 364 in Verbindung mit § 289 HGB einen Lagebericht aufzustellen hat, muss auch über die wesentlichen Chancen und Risiken ihrer Geschäftstätigkeit berichten
diese Chancen und Risiken sollen erläutert werden (§ 289 Abs. 1 S. 4 HGB)
§ 289 Abs. 2 Nr. 1 HGB: Gesellschaft muss auf ihre Risikomanagementziele und -methoden eingehen
§ 317 Abs. 4 HGB: Erweiterte Abschlussprüfung, ob Risikomanagementsystem existiert
Einführung von Prüfungsstandards (z. B. IDW PS 340 & 981)
Bilanzrechtsmodernisierungsgesetz (BilMoG, 2009)
§ 289 Abs. 5 HGB: Kapitalgesellschaften müssen
internes Kontroll- & Risikomanagementsystem im Rechnungslegungsprozess beschreiben
Gilt nur für kapitalmarktorientierte Unternehmen
weitere gesetzliche Regelungen zum Risikomanagement
Bankensektor:
Basel I–IV
MaRisk (Mindestanforderungen an das Risikomanagement, Kreditwesengesetz)
Versicherungsbranche:
Versicherungsaufsichtsgesetz (VAG)
Solvency II
Corporate Governance:
Deutscher Corporate Governance Kodex (DCGK)
Hintergrund der gesetzlichen Regelungen
Reaktion auf Unternehmenskrisen der 1990er (z. B. Metallgesellschaft AG, Südmilch)
Ziel: Verpflichtung der Geschäftsführung zu mehr Risikobewusstsein & verantwortungsvollem Handeln
Gesetzgeber hat umfangreiche Eingriffsmöglichkeiten geschaffen
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