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Beleihungswert

EZ
by Evelyn Z.

Welche Ausnahmen gibt es vom Zwei-Säulen-Prinzip?

Ausnahmen nur in bestimmten Fällen:

  • Wohnungs- und Teileigentum: zusätzlich Vergleichswert ermitteln und als Kontrollwert zu berücksichtigen („Drei-Säulen-Prinzip“)

    Bei Eigentumswohnungen und einzelnen, in sich geschlossenen gewerblich genutzten Einheiten kann in diesen Fällen auf den Sachwert verzichtet werden (§ 4 Abs. 2 BelWertV)

Bei anderen Objekten, bei denen ein Vergleichswert aus Kaufpreis- oder anderen Marktdatensammlungen nicht abgeleitet werden kann (bspw. komplexe Gewerbeimmobilien wie Shopping Center in Teileigentum oder Pflegeapartments) oder bei nach WEG aufgeteilten Mehrfamilienhäusern, die als Ganzes  finanziert werden, wird der Ertragswert auf die Flächen- oder sonstige Nutzungseinheit des Objekts umgerechnet und über entsprechende Vergleichsfälle plausibilisiert

  • EFH/ZFH/ETW: Ermittlung des Ertragswerts kann entfallen und der Beleihungswert aus dem Sachwert oder dem Vergleichswert abgeleitet werden („Ein-Säulen-Prinzip“), wenn Objekt

    • nach Objekt- und Standortqualität zweifelsfrei zur Eigennutzung geeignet ist

    • vorausgesetzt werden kann, dass es von potenziellen Erwerbern dauerhaft zur eigenen Nutzung nachgefragt wird.

    • Objekt noch vermietet, ist die hiermit verbundene Wertminderung nachvollziehbar zu ermitteln und vom Beleihungswert abzuziehen = VERMIETUNGSABSCHLAG, jedoch nicht notwendig, wenn in den Vergleichspreisen bereits berücksichtigt und nachvollziehbar dargelegt wird, dass die Vermietung keinen Preiseinfluss hat.

Bei Ableitung des Beleihungswerts aus Sachwert ist regelmäßig zu prüfen, ob aufgrund der Merkmale des Objekts und der regionalen Marktgegebenheiten unter besonderer Berücksichtigung der Nachhaltigkeit ein Abschlag vom Sachwert erforderlich ist = Nachhaltigkeitsabschlag = aus Sicherheitsgründen ist eine positive Anpassung grundsätzlich zu vermeiden! Trotzdem möglich: Begründung / Einzelfallentscheidung / Sorgfalt!

Welche Bewirtschaftungskosten sind im Ertragswert zu berücksichtigen?

  • Einzelkostenansätze dürfen die in Anlage 1 angegebenen Mindestansätze nicht unterschreiten

    (für INST, VWK und MAW mind. 15 % des JRoE - OHNE nicht umlegbare BK (CO2) und Mod.kosten) und tatsächliche oder kalkulierten Kosten dürfen nicht unterschreiten werden

Verwaltungskosten (§ 11 Abs. 3 BelWertV)

  1. zur Verwaltung des Grundstücks erforderlichen Arbeitskräfte und Einrichtungen sowie der Aufsicht,

  2. Buchhaltung, Rechnungsprüfung, Zahlungsverkehr und Jahresabschluss sowie

  3. Abschluss und Änderung von Mietverträgen und die Bearbeitung von Versicherungsfällen

 Instandhaltungskosten (§ 11 Abs. 4 BelWertV)

  • Kosten, die infolge von Abnutzung, Alterung und Witterung zur Erhaltung des bestimmungsgemäßen Gebrauchs der baulichen Anlage während ihrer Restnutzungsdauer aufgewendet werden müssen

    (regelmäßige Instandhaltung / Instandsetzung, nicht Modernisierung)

Mietausfallwagnis (§ 11 Abs. 5 BelWertV)

  • Wagnis einer Ertragsminderung durch uneinbringliche Mietrückstände oder Leerstehen von Raum, der zur Vermietung bestimmt ist

    dient auch Deckung von Kosten einer Rechtsverfolgung auf Zahlung oder Aufhebung eines Mietverhältnisses oder Räumung

Betriebskosten (§ 11 Abs. 6 BelWertV)

  • Kosten, die durch das Eigentum am Grundstück oder durch den bestimmungsgemäßen Gebrauch des Grundstücks sowie seiner baulichen und sonstigen Anlagen laufend entstehen

Modernisierungsrisiko (§ 11 Abs. 7 BelWertV)

  • durch Kosten gebildet, die für notwendige Anpassungen, die zusätzlich zu den Instandhaltungskosten zur Aufrechterhaltung der Marktgängigkeit und der dauerhaften Sicherung des Mietausgangsniveaus notwendig sind.


Wie ergibt sich der anzusetzende Kapitalisierungszinssatz? Unter welchen Voraussetzungen ist eine Unterschreitung zulässig?

Der bei im Inland belegenen Objekten in Ansatz zu bringende Kapitalisierungszinssatz beträgt bei wohnwirtschaftlicher Nutzung mindestens 3 %, bei gewerblicher Nutzung mindestens 4 % über der nach DIN 1333 auf die erste Nachkommastelle gerundeten von der Deutschen Bundesbank veröffentlichten Rendite 30-jähriger Bundesanleihen zuzüglich etwaiger für einzelne Nutzungsarten nach Anlage 3 zu berücksichtigender Aufschläge.

Ist am 30. November eines Jahres die von der Deutschen Bundesbank veröffentlichte Rendite 30-jähriger Bundesanleihen mindestens 0,5 Prozentpunkte höher oder niedriger als zu Beginn des der letzten Veränderung der Mindestkapitalisierungszinssätze vorhergehenden Monats, so verändert er sich zum 1. Januar des Folgejahres um die entsprechenden nach DIN 1333 auf die erste Nachkommastelle gerundeten Prozentpunkte.

Vorbehaltlich des Absatzes 5 (Unterschreitungsmöglichkeiten) beträgt der Mindestkapitalisierungszinssatz bei wohnwirtschaftlicher Nutzung mindestens 3,5 % und höchstens 5,5 %, bei gewerblicher Nutzung mindestens 4,5 % und höchstens 6,5 %, jeweils zuzüglich etwaiger für einzelne Nutzungsarten nach Anlage 3 zu berücksichtigender Aufschläge. Die Bundesanstalt gibt die geänderten Mindestkapitalisierungszinssätze unverzüglich nach dem in Satz 2 genannten Zeitpunkt auf ihrer Internetseite bekannt.

Die Mindestkapitalisierungszinssätze dürfen für die Nutzungsarten Wohnen, Handel, Büro sowie Lager und Logistik um höchstens 0,5 % unterschritten werden, wenn es sich um erstklassige Immobilien handelt. Dies ist dann der Fall, wenn mindestens folgende Kriterien erfüllt sind:

1          eine sehr gute Lage im Verdichtungsraum,

2.         ein entsprechend der jeweiligen Objektart bevorzugter Standort,

3          eine gute Infrastruktur,

4          eine gute Konzeption,

5          eine hochwertige Ausstattung,

6          eine hochwertige Bauweise,

7          eine besonders hohe Marktgängigkeit und

8          ein sehr guter Objektzustand.

Ein Unterschreiten bedarf einer nachvollziehbaren, im Gutachten dokumentierten Begründung.

Was ist die Kleindarlehensgrenze? Welche Bedeutung hat sie?

Bei inländischen wohnwirtschaftlich genutzten Objekten (gewerblicher Anteil des Rohertrags bis ein Drittel) kann anstelle eines Gutachtens eine vereinfachte Wertermittlung erstellt werden, wenn der darauf abzusichernde Darlehensbetrag unter Einbeziehung aller Vorlasten 600.000 € nicht überschreitet.

Maßgebend ist der Nominalbetrag der Grundschuld (=eigentliche Summe, die ein Gläubiger bei einem Kreditinstitut beantragt) einschließlich Vorlasten.

Die Vereinfachungen beziehen sich auf die formellen Anforderungen an den Prozess der Wertermittlung und die Ausgestaltung des Gutachtens, nicht aber auf die Vorgaben zur eigentlichen Wertermittlung (= vereinfachte Wertermittlung muss der BelWertV entsprechen).

Für Kleindarlehen gelten folgende Erleichterungen:

  1. vereinfachte Wertermittlung anstelle des Gutachtens

  2. Erstellung durch eine ausreichend geschulte und qualifizierte sowie unabhängige Person

  3. Funktionstrennung im Zuge der Kreditbearbeitung (= darf nicht identisch mit der Person sein, die die anschließende Kreditentscheidung fällt oder den Beleihungswert festsetzt)

  4. Erleichterungen für die Objektbesichtigung

  5. Erleichterung für die Innenbesichtigung

Entscheidend für die Einordnung in den Kleindarlehensbereich sind die Nutzung und Belegenheit des Objekts (wohnwirtschaftliche Nutzung, Inland) sowie der Beleihungsauslauf (Nominalbetrag der Grundschuld einschl. Vorlasten) als abzusichernder Darlehensbetrag einschließlich aller Vorlasten (NICHT Darlehensbetrag, Markt- oder Beleihungswert!).

In welchen Fällen kann eine Objektbesichtigung unterbleiben?

Im Rahmen von Bewertungen im Kleindarlehensbereich nach § 24 BelWertV, kann eine Besichtigung entfallen, wenn

  1. das Objekt bekannt ist, d. h. in den letzten beiden Jahren besichtigt wurde,

  2. bei einer ETW, in demselben Gebäude in den letzten beiden Jahren zumindest eine gleichartige Wohnung besichtigt wurde,

  3. bei einem EFH innerhalb einer Siedlung gleichartiger EHFs während der letzten zwei Jahre zumindest ein gleichartiges Objekt innerhalb der Siedlung besichtigt wurde,

  4. bei neu errichteten Fertighäusern der Bauplatz bekannt ist und das Fertighaus nach Art und Typus anhand des Katalogs des Herstellers eindeutig bestimmt werden kann oder

  5. stattdessen eine Ansicht des zu bewertenden Objekts, für das eine Restnutzungsdauer von mindestens 40 Jahren zu erwarten sein muss, per Videoübertragung vorgenommen wird, sofern

  • der Wertermittler dabei einen zumindest annähernd vollständigen Einblick der gesamten Immobilie, ihres Zustands und ihres Umfelds erhält,

  • die per Videoübertragung durchgeführte Ansicht der Immobilie hinsichtlich Umfang und Erkenntnissen sowie mittels einer Fotosammlung (Bildschirmfotos) dokumentiert wird und

  • auf das Ergebnis der Beleihungswertermittlung ein Abschlag in Höhe von mindestens 5 % vorgenommen wird.

Die Gründe für das Unterbleiben der Besichtigung sind in nachvollziehbarer Weise zu dokumentieren (d.h. es MUSS Gründe geben, sonst immer Besichtigung).

Bei Beleihungswertermittlungen für im Ausland belegene Objekte kann eine erneute Besichtigung entfallen, wenn ein in Bezug auf das Objekt erstelltes landesspezifisches Gutachten vorliegt, in dem die wesentlichen Erkenntnisse aus der Besichtigung ausreichend beschrieben sowie alle notwendigen Informationen zu Lage, Ausstattung und Zustand des Objekts enthalten sind.

Was ist bei Auslandsgutachten zu beachten?

  • Ermittlung des Beleihungswerts ist nach BelWertV nur insoweit durchzuführen, wie nichts Abweichendes bestimmt ist.

  • D.h.: Es wird klargestellt, dass abweichende Regelungen zu beachten sind, wie z.B. § 12 Abs. 4 BelWertV (dynamische Kapitalisierungszinssätze sind NICHT für Auslandsobjekte anzusetzen) oder auch die Anlage 2 (GND) zählen nur fürs Inland.

  • wesentliche Informationen, Daten und Einschätzungen können aus einem in Bezug auf das Objekt erstellten landesspezifischen Gutachten herangezogen werden, sofern dieses Gutachten auf transparenten und von Fachkreisen anerkannten Bewertungsmethoden beruht und die wesentlichen Informationen zur Ermittlung des Beleihungswerts enthält.

  • Wesentliche Informationen:

    • Einhaltung des Zwei-Säulen-Prinzips (§ 4 BelWertV),

    • Ansatz nachhaltiger Mieterträge (§ 10 BelWertV),

    • Berücksichtigung von Mindestbewirtschaftungskosten (§ 11 BelWertV),

    • Beachtung der Mindestkapitalisierungszinssätze (§ 12 Abs. 4 BelWertV),

    • Berücksichtigung des Sicherheitsabschlages von mindestens 10% im Sachwertverfahren (§16 BelWertV)

    • Einhaltung der Anforderungen an die Qualifikation und Unabhängigkeit des Gutachters (§§ 6 und 7 BelWertV) entsprechend.

  • Das landesspezifische Gutachten darf nicht älter als 2 Jahre sein und muss folgenden Vorgaben entsprechen:

    • Besichtigung des Objektes (§ 5 Abs. 1 BelWertV),

    • Erstellung und Beauftragung des Gutachtens (§ 5 Abs. 2 Satz 1 und 3 BelWertV),

    • Inhalt des Gutachtens (§ 5 Abs. 3 BelWertV),

    • Qualifikation des Gutachters (§ 6 BelWertV) sowie

    • Unabhängigkeit des Gutachters (§ 7 BelWertV

  • Wird das landesspezifische Gutachten vom Darlehensnehmer in Auftrag gegeben, darf dieses nur zugrunde gelegt werden, wenn die unabhängige Erstellung eines objektiven, vom Darlehensnehmer unbeeinflussten Gutachtens dadurch gewährleistet erscheint, dass der beauftragte Gutachter diesbezüglich einschlägigen berufsrechtlichen Regelungen unterworfen ist, deren Nichteinhaltung sanktionsbewehrt ist. Das Gutachten einschließlich der Einhaltung dieser berufsrechtlichen Regelungen muss zudem durch eine für diese Zwecke anerkannte unabhängige nationale Stelle auf Basis verbindlicher Standards hinreichend und nachvollziehbar dokumentiert überprüft werden.

  • Aus dem landesspezifischen Gutachten entnommene Daten und Parameter sind im Beleihungswertgutachten kenntlich zu machen.

  • Auf erneute Besichtigung kann verzichtet werden, wenn das landesspezifische Gutachten eine ausreichende Beschreibung der Erkenntnisse aus der Besichtigung sowie von Lage, Ausstattung und Zustand enthält.

  • In den Fällen, in denen keine Vergleichspreise zur Ermittlung von Bodenwerten im Ausland vorliegen, kann ersatzweise auf geeignete sonstige Verfahren zur Ermittlung des Bodenwerts zurückgegriffen werden; hierbei ist darauf zu achten, dass die Herleitung des Bodenwerts unabhängig von der Ermittlung des Ertragswerts erfolgt. (Wie? z.B. durch Residualwertverfahren)

  • Bei Ableitung des Kapitalisierungszinssatzes sind die auf dem jeweiligen Markt nicht nur kurzfristig erreichten Spitzenwerte angemessen zu gewichten

    • Möglichkeit der Unterschreitung der Mindestkapitalisierungszinssätze (in § 12 (4) BelWertV - „im Inland“ – vorher Hinweis auf Deutschland nur in Anlage 3)

    • Methodenstreit: Cap-Rates vs. analoge Anwendung wie in Deutschland (30-jährige Bundesanleihe entsprechend im Ausland als Basis wählen)

    • Bisher noch keine Eindeutigen Aussagen bzw. Ergebnisse aus Deckungsstockprüfungen vorhanden

  • RND kann mit 100 Jahren (=ewige RND) angesetzt werden, wenn Berücksichtigung der RND im Belegenheitsland unüblich ist und eine tatsächlich kürzere RND durch zusätzliche Gebäudeabschreibung bei den BWK kompensiert wird

  • Mindestansatz BWK (15 %) kann unterschritten werden, wenn Berücksichtigung der BWK im Belegenheitsland unüblich ist und Kompensation durch entsprechend höheren Kapitalisierungszinssatz erfolgt, der zum gleichen Ergebnis führt


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Evelyn Z.

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