Welche anamnestischen Daten erheben sie zu Beginn eines Narkoseaufklärungsgespräches?
Anamnese
Allgemeine Informationen
Alter
Größe + Gewicht
Ernährungsstatus
Vormedikation
Operationen oder Narkosen in der Vergangenheit - gab es da Probleme? Übelkeit/ Erbrechen*/ Intubationsausweis?
Vorerkrankungen und Vorfälle in der Vergangenheit
Organspezifische Anamnese
Blutungsanamnese - Gerinnungsstörungen?
PONV-Anamnese*
Weiteres
Allergien
Körperliche Belastbarkeit (siehe dazu auch: Einschätzung des perioperativen Risikos)
Schwangerschaft
Zahnstatus
Konsumverhalten: Alkohol, Drogen, Nikotin
Welche Bereiche untersuchen Sie anästhesiologisch?
Der Fokus der körperlichen Untersuchung liegt auf dem Erkennen anästhesierelevanter Auffälligkeiten. Die folgende Auflistung gibt die wichtigsten Schritte an, um mögliche Narkoserisiken aufzudecken und entsprechende Vorkehrungen treffen zu können.
Körperlicher Gesamteindruck
Mangelernährung, bspw. anhand des Nutritional Risk Screening 2002 prüfen
Adipositas
Gebrechlichkeit /„frailty“ —> unabhängiger Risikofaktor für postoperative Komplikationen
Körperliche Belastbarkeit
Erfassung der Belastbarkeit mittels Selbsteinschätzung (Treppensteigen) oder metabolischer Äquivalente
Diagnostik: Kardiale Belastungstests bzw. erweiterte kardiovaskuläre Diagnostik
Indikation bei eingeschränkter oder nicht beurteilbarer Belastbarkeit
Siehe auch: Diagnostik vor elektiven, nicht herzthoraxchirurgischen Eingriffen
Beurteilung des Atemwegs (siehe auch: Präoperative Abschätzung der Intubationsbedingungen, Prädiktoren für eine erschwerte Maskenbeatmung)
Klinische Untersuchung der Lunge: Insb. auf Hinweise auf akute Erkrankung/Verschlechterung
Klinische Untersuchung des Herzens (siehe auch: Körperliche Untersuchung in der Kardiologie)
Symptome der Herzinsuffizienz
NYHA-Klassifikation
Pathologische Herzgeräusche
Herzrhythmusstörungen
Pulsdefizit
Erhebung des neurologischen Status (siehe auch: Neurologische Untersuchung, Psychopathologischer Befund)
Dokumentation von Motorik und Sensibilitätsstörungen (pDMS)
Dokumentation von Orientierungsstörungen
Sonstige Auffälligkeiten
Haut
Lokale Entzündungen oder Infektionen der Haut
Petechien (siehe auch: Blutungsanamnese)
Lymphödem
Bewegungsapparat
Kontrakturen
Skoliose
HWS-Beweglichkeit (siehe auch: Erschwerte Intubationsbedingungen)
Minimaldiagnostik
Blutdruckmessung
Pulsoxymetrie
Wie erkenne ich potentielle Intubationsschwierigkeiten?
TOP 3:
Mallampati —> Sichtbarkeit Uvula + Gaumen
Patil/ Thyreomentaler Abstand —> normaler Abstands zwischen Prominentia laryngea und Kinnspitze >6,5cm
Upper Lip Bite Test —> Vorschieben des Unterkiefers (Protrusion), vollständige Verdeckung der Oberlippe
Ziel: Vorhersage einer schwierigen Laryngoskopie bzw. Intubation
Limitation: Sichere Vorhersage nicht anhand eines einzelnen Tests bzw. Scores möglich
Es gibt keinen Test oder Score, der für sich allein genommen eine schwierige Laryngoskopie bzw. Intubation sicher vorhersagt!
Modifizierte Klassifikation nach Mallampati
Durchführung bei wachen, aufrecht sitzenden Personen (Kopf in Neutralposition)
Maximale Öffnung des Mundes bei ausgestreckter Zunge
Prüfung der Sichtbarkeit von Uvula und Gaumen
Beurteilung: Eingeschränkte Sichtbarkeit der Uvula (Mallampati Grad III oder IV) gilt als möglicher Prädiktor für eine schwierige Intubation
Grad
Befund
I
Uvula und weicher Gaumen komplett einsehbar
II
Uvulaspitze wird durch Zunge verdeckt; weicher Gaumen komplett einsehbar
III
Uvula wird von Zunge nahezu vollständig verdeckt; weicher Gaumen weitestgehend einsehbar
IV
Nur harter Gaumen einsehbar
Die Klassifikation nach Mallampati liefert eine hohe Zahl falsch-positiver Ergebnisse, ihr Vorhersagewert beträgt insgesamt nur ca. 50%!
Thyreomentaler Abstand (Test nach Patil)
Durchführung bei maximaler Streckung des Kopfes
Messung des Abstands zwischen Prominentia laryngea und Kinnspitze
Abstand beträgt normalerweise >6,5 cm
Beurteilung: Werte ≤6,5 cm gelten als möglicher Prädiktor für eine schwierige (bis unmögliche) direkte Laryngoskopie
Upper Lip Bite Test
Durchführung bei wachen, sitzenden Personen
Vorschieben der unteren Zahnreihe über die Oberlippe (Protrusion des Unterkiefers)
Prüfung der durch die unteren Schneidezähne verdeckten Anteile der Oberlippe
Beurteilung: Eingeschränkte Erreichbarkeit der Oberlippe mit den unteren Schneidezähnen (Klasse II und III) gilt als möglicher Prädiktor für eine schwierige Intubation
Klasse
Untere Schneidezähne bedecken vollständig die Oberlippe.
Untere Schneidezähne erreichen die Oberlippe, Lippenrot nicht vollständig verdeckt.
Untere Schneidezähne erreichen nicht die Oberlippe.
Der Upper Lip Bite Test hat eine gute Vorhersagbarkeit für eine schwierige Intubation, muss aber immer in Zusammenschau mit anderen klinischen Hinweisen bewertet werden!
Welcher Score gibt den perioperativen Risikostatus eines Patienten an?
Einschätzen des perioperativen Risikos
ASA-Klassifikation (American Society of Anesthesiologists Physical Status Classification System)
Definition
Gesund
Milde systemische Erkrankung
Keine relevante funktionelle Einschränkung
Gute medikamentöse Einstellung
Schwere systemische Erkrankung
Substanzielle funktionelle Einschränkung
Schlechte medikamentöse Einstellung
Konstante Lebensbedrohung
V
Akute Lebensbedrohung
Hohe Versterbewahr-scheinlichkeit ohne Operation
VI
Hirntod
E: Optionaler Zusatzfaktor bei Notfalloperationen („emergency operation“)
Einschätzung des kardialen Risikos?
Die subjektive Selbsteinschätzung (Treppensteigen) hat die Bestimmung metabolischer Äquivalente ersetzt!
Einschätzen des kardialen Risikos
Faktoren zur Einschätzung des perioperativen kardialen Risikos
Akut-symptomatische Herzerkrankungen
Erfassung der kardialen Risikofaktoren nach Lee*
Eingriffsbezogenes Risiko
Einschätzen der körperlichen Belastbarkeit
Ziele der Einschätzung
Schwere der vorliegenden Erkrankungen objektivieren
Unbekannte Erkrankungen aufdecken
Entsprechende präoperative Vorbereitungen treffen
Eine akut symptomatische Herzerkrankung muss vor einer elektiven Operation zunächst abgeklärt und der Eingriff ggf. entsprechend verschoben werden!
*Revised Cardiac Risk Index nach Lee (RCRI) [1]
Risikofaktoren
Herzinsuffizienz
KHK (Angina pectoris und/oder Z.n. Myokardinfarkt)
Zerebrovaskuläre Erkrankung in der Vorgeschichte
Insulinpflichtiger Diabetes mellitus
Chronische Nierenerkrankung mit Kreatinin >2 mg/dL
Hochrisikoeingriff (siehe auch: Eingriffsbezogenes Risiko)
Risikoeinschätzung für perioperative kardiale Komplikationen
[2][3]
Kein Risikofaktor: 3,9%
1 Risikofaktor: 6,0%
2 Risikofaktoren: 10,1%
≥3 Risikofaktoren: 15,0%
Welche Medikamente sollten bei einer anstehenden Narkose pausiert werden?
Orale Antidiabetika —> Überbrückung mit Insulinen
Metformin —> 48 h präoperativ bis 48 h postoperativ pausieren (Prophylaxe einer Lactatazidose)
Sulfonylharnstoffe
SGLT2-Inhibitoren
GLP-1R-Agonisten
Diuretika (am OP-Tag)
Orale Antikoagulanzien —> abhängig vom Eingriff: bei geringem Blutverlust weiter geben, bei erhöhtem Blutverlust Pausieren abwägen
Vitamin-K-Antagonisten: Präoperativ INR bestimmen
Bei Eingriffen mit niedrigem Blutungsrisiko nicht absetzen
Größere invasive Eingriffe: 4–7 d vorher absetzen
Ziel-INR ca. <1,5
Bridging mit niedermolekularen Heparinen erwägen, falls abgesetzt
Insb. bei Patienten mit hohem Thromboembolierisiko kann Bridging vorteilhaft sein
Antagonisieren, falls notwendig
Elektiv, z.B. mit 1–2 mg Vitamin K
Im Notfall: Prothrombinkonzentrat, alternativ Fresh Frozen Plasma
Direkte orale Antikoagulanzien (DOAK, NOAK)
Eingriffe mit niedrigem Blutungsrisiko: Gabe fortführen (Eingriff möglichst 12–24 h nach der letzten Einnahme)
Eingriffe mit niedrigem, moderatem oder hohem Blutungsrisiko: Pausieren erwägen
Bridging: Nur im Einzelfall erwägen
Im Notfall: Prothrombinkonzentrat, alternativ mit rekombinantem Faktor VIIa
Postoperativ: Gerinnungshemmende Therapie so früh wie möglich wieder beginnen
Welche Vormedikation sollte ich am OP-Tag auf jeden Fall weiter fortführen?
Parkinsonmedikation (L-Dopa)
Antiepileptika (gerade bei schwer einstellbaren Epilepsien!)
Antiarrhythmika (Betablocker —> bei Absetzen periOP Myokardinfarktrisiko erhöht)
Statine
Schmerzmittel
Antikonzeptiva
usw.
ggf Abwägen:
α2-Agonisten
Herzglykoside
ACE-Hemmer
MAO-Hemmer (CAVE! Häufig Arzneimittelinteraktionen!!!)
Theophyllin
Insuline (Cavw! Hypoglykämie!)
Lithium
72 h präoperativ pausieren (insb. bei größeren Eingriffen mit hohem Risiko für eine akute Nierenschädigung und/oder Elektrolytstörungen)
Bei kleineren Eingriffen Fortführung unter engmaschiger Spiegelkontrolle möglich
Wie sind die Nüchternzeiten präoperativ?
Präoperative Nüchternzeiten bei Erwachsenen
Ziel: Minimierung des perioperativen Aspirationsrisikos
Nüchternzeiten
Feste Nahrung: Bis 6 h vor OP
auch „Trübe“ Flüssigkeiten, bspw. Milch, Trinkjoghurt, Smoothies
Klare Flüssigkeit: Bis 2 h vor OP
Präoperative Nüchternzeiten im Kindesalter
6-4-3-1-Schema
Vollwertige Mahlzeit: 6 h
Nicht-klare Flüssigkeiten, kleine Mahlzeiten: 4 h
Muttermilch: 3 h
Klare Flüssigkeiten: 1 h
Warum präoperative Aufklärung? In welcher Form?
Vor jedem größeren Eingriff erfolgt eine Aufklärung über die Art des Eingriffs (chirurgische Aufklärung) und der Schmerzausschaltung (anästhesiologische Aufklärung).
Dies geschieht i.d.R. separat. Der Patient muss rechtzeitig in einer ihm verständlichen Weise im relevanten Rahmen über den Eingriff sowie die allgemeinen und spezifischen Risiken aufgeklärt werden, sodass er in der Lage ist, eine eigenständige Entscheidung ohne Handlungsdruck zu treffen.
Allgemeine rechtliche Informationen bspw. zur Dokumentation, Aufklärung betreuter Personen und Umfang der Aufklärung finden sich unter Aufklärungspflicht.
Ärztliche Tätigkeit
Nicht an nicht-ärztliches Personal delegierbar
Muss mündlich und in einer für den Patienten verständlichen Sprache durchgeführt werden
Einverständniserklärung bei Kindern
Prinzipiell Unterschrift/Aufklärung beider Erziehungsberechtigter (insb. bei größeren elektiven Eingriffen!)
Siehe auch: Einwilligung und Aufklärung bei Minderjährigen
Jeder chirurgische Eingriff erfüllt den Tatbestand der Körperverletzung! Erst die ausdrückliche Zustimmung des Patienten erlaubt die Durchführung des Eingriffs!
Wie wird der Patient außer der Nüchternheit auf Station präOP vorbereitet?
Sonstige Vorbereitungen
Markierung des OP-Gebiets: Bspw. Stoma anzeichnen bei geplanter Stomaanlage
Bei viszeralchirurgischen Eingriffen: Abführende Maßnahmen nach Maßgabe des Operateurs (siehe auch: Präoperative Darmvorbereitung)
Enthaarung des OP-Gebiets: Möglichst mit einer Haarschneidemaschine
Warum wird bei einigen Eingriffen eine perioperative Antibiotikaprophylaxe gegeben?
Ziel: Prävention einer lokalen postoperativen Wundinfektion
Zeitpunkt: 30(–60) min vor Hautschnitt, ggf. erneute Gabe bei hohem Blutverlust >1,5 L
Anwendung: Intravenöse Single-Shot-Gabe
Indikationen für perioperative Antibiotikaprophylaxe: Erhöhtes Infektionsrisiko
Aufgrund bakterieller Kontamination des OP-Gebiets
Ungeplante intraoperative Kontamination, bspw. durch Verletzung der Darmwand
Bei eingriffsabhängigen oder patientenabhängigen Risikofaktoren trotz aseptischem OP-Gebiet
Einbringen von Fremdmaterial z.B. Ostheosyntheseplatten, Endoprothesen
Wahl des Antibiotikums
Abhängig vom erwarteten lokalen Erreger- und Resistenzspektrum
Einbeziehung der Antibiotikaresistenzlage des Krankenhauses
Beachten von patientenabhängigen Kontraindikationen
Die perioperative Antibiotikaprophylaxe soll nicht verlängert (das heißt: nach der Operation) fortgeführt werden.
Mögliche Antibiotika (Kombinationen), häufig Cephalosporine:
klassisch Cephazolin
Ceftriaxon+Metronidazol bei viszeralchirurgischen Eingriffen (Enterokokkenlücke!)
Cefuroxim bei Duraverletzungen
Was gehört mit zum postoperativen Managemant auf Station?
Die stationäre Patientenversorgung ist stark abhängig von der Art des Eingriffs und dem Zustand des Patienten. Nachfolgend werden allgemeine Prinzipien des ärztlichen Stationsmanagements abgebildet. Für Details und spezifische Handlungsanweisungen siehe auch: Postoperatives Management nach darmchirurgischen Eingriffen und Postoperative ärztliche Verlaufskontrollen in der Orthopädie und Unfallchirurgie
Aufnahme
Durchsicht intraoperativer Befunde
OP-Bericht
Anästhesie-Protokoll
Spezifische postoperative Anforderungen und notwendige Untersuchungen
Untersuchung: Erste ärztliche Visite postoperativ auf Station
Ärztliche Anordnungen
Neuverordnung postoperativer Medikation
Postoperative medikamentöse Thromboseprophylaxe
Bspw. mit niedermolekularen oder unfraktionierten Heparinen
Siehe auch: Thromboseprophylaxe - Operative Eingriffe, Risikofaktoren der tiefen Beinvenenthrombose, Thromboseprophylaxe in der Orthopädie und Unfallchirurgie
Postoperative Schmerztherapie auf Station
Regelmäßige Evaluation der Schmerzintensität (NRS) in Ruhe und unter Belastung
Primär nach der Schmerzintensität
Postoperative Flüssigkeitsgabe und oraler Kostaufbau
Flüssigkeitszufuhr
Patienten frühzeitig zum Trinken motivieren
Bei problemlosem Trinken parenterale Volumentherapie nur bei medizinischer Indikation erneut beginnen
Kostaufbau
Frühzeitige enterale Ernährung anstreben
Bei viszeralchirurgischen Eingriffen: Schonender Kostaufbau
(siehe auch: Postoperatives Management nach darmchirurgischen Eingriffen)
Parenterale Ernährung: Wenn keine orale Ernährung absehbar ist
Mobilisation unter physiotherapeutischer Anleitung: Frühzeitiger Beginn
Atemtherapie: Verbesserung der Ventilation und Prävention von Atemwegsinfektionen
Stuhlregulierende Maßnahmen zur Prävention postoperativer Darmmotilitätsstörungen: Bspw. bei Opioidgabe, längerer Bettlägerigkeit oder viszeralchirurgischen Maßnahmen
Tägliche Visite
Untersuchung
Des Abdomens und der Lunge
Des OP-Gebiets
Fadenzug bzw. Entfernung von Klammermaterial, ggf. Verbandswechsel
Inspektion von
Drainagen
Ggf. Blasenkatheter
Ggf. Stoma
Evaluation des Schmerzniveaus
Anpassung der aktuellen Schmerzmedikation
Evaluation der Analgosedierung bei intubierten Patienten: Auf der Intensivstation
Sedierung/Dämpfung von Reflexen: Benzodiazepine (bspw. Midazolam) oder Propofol
Analgesie mit Opioiden (bspw. Fentanyl, Sufentanil)
Anordnung von
Laborkontrollen
Welche allgemeinen Komplikationen können postOP auf Station auftreten?
Anämie (bspw. durch intraoperative Blutverluste oder postoperative Nachblutung), Therapie abhängig von Hb-Wert und klinischer Symptomatik
Parenterale oder orale Eisensubstitution und Verlaufskontrolle
Transfusion, siehe auch: Transfusionsindikation für Erythrozytenkonzentrate bei akuter Anämie
Postoperative Darmmotilitätsstörungen, siehe auch
Postoperativer Ileus
Opioid-induzierte Obstipation
Thrombose / Lungenembolie, siehe auch
Algorithmus bei möglicher Lungenembolie
Therapie der Lungenembolie
Therapie der Phlebothrombose
Postoperative Myokardischämie, siehe auch: Ersteinschätzung bei ACS
Dekubitus, zur Dekubitusprophylaxe beachte:
Förderung der Mobilität
Einsatz druckverteilender Hilfsmittel
Lagerung bei Immobilisierung
Untersuchung von Prädilektionsstellen
Nosokomiale Wundinfektion, siehe auch: Therapieprinzipien bei Vorliegen einer nosokomialen Infektion
Sepsis, siehe auch
Sepsis-Parameter – Übersicht
Kalkulierte Antibiotikatherapie bei Sepsis
Was machen Sie, wenn der Patient eine LAE hat? Wie sieht die Therapie aus?
Die erste Frage bei Verdacht auf eine Lungenembolie sollte sein: Ist der Patient hämodynamisch stabil?
Bedingung: Stabiler systolischer Blutdruck >90 mmHg
Vorgehen: Einschätzen der klinischen Wahrscheinlichkeit, dass eine LE vorliegt (bspw. Wells-Score)
Hohe Wahrscheinlichkeit → Angio-CT → Nachweis/Ausschluss
Niedrige/mittlere Wahrscheinlichkeit → Bestimmung der D-Dimere
Negative D-Dimere → Ausschluss
Zu den verschiedenen Grenzwerten siehe auch: D-Dimer-Erhöhung
Positive D-Dimere → Angio-CT → Nachweis/Ausschluss
Bedingung: Erfüllung eines der folgenden Kriterien
Reanimationspflichtigkeit oder
Obstruktiver Schock oder
Persistierende Hypotonie und Minderdurchblutung von Endorganen
Vorgehen: Ist der Patient stabil genug für ein Angio-CT?
Stabil genug → Angio-CT → Nachweis/Ausschluss
Nicht stabil genug für CT → Echokardiografie
Keine rechtsventrikuläre Dysfunktion → Ausschluss (andere Ursache der Instabilität suchen)
Rechtsventrikuläre Dysfunktion → CT falls doch möglich, sonst → Behandlung wie Nachweis (Lyse)
Allgemeines
Halbsitzende Lagerung
Sauerstoffgabe über die Nasensonde oder Maske (6 L/min) unter Monitoring mittels Pulsoxymetrie
Ggf. Intubation
Medikation
Analgesie bei Schmerzen, ggf. Anxiolyse bzw. Sedierung
Bspw. Morphin oder Diazepam
Initiale Antikoagulation: Gabe von niedermolekularem Heparin (NMH), Fondaparinux oder unfraktioniertem Heparin (UFH) als Bolus oder direkten oralen Antikoagulanzien (Rivaroxaban, Apixaban)
Verlegung auf Intensivstation: Bei hämodynamischer Instabilität
In Arzt- und Pflegebegleitung
Reanimationsbereitschaft und unter Fortführung der O2-Gabe
EKG-Monitoring sowie Kontrolle der Sauerstoffsättigung
Bei Lungenembolie ohne akute Lebensgefahr: Therapeutische Antikoagulation
Weiterführung der Antikoagulation für 3–6 Monate: Mit DOAK (1. Wahl) oder Vitamin-K-Antagonisten
Bei massiver Lungenembolie mit Lebensgefahr: Rekanalisierende Maßnahmen
Thrombolyse
Indikation
Bei hämodynamischer Instabilität oder Reanimationspflichtigkeit
Präklinische Lyse
Bei Reanimationspflichtigkeit (bspw. bei ventrikulären Tachykardien/Kammerflimmern) und hochgradigem V.a. eine hämodynamisch instabile Lungenembolie
Ziel: Verringerung der Rechtsherzbelastung durch Reduktion der Thrombuslast infolge der Lyse
Durchführung
Fibrinolyse, vorzugsweise mit rekombinantem Gewebeplasminogen-Aktivator (rt-PA, bspw. Alteplase)
Kombination durch vorherige und begleitende Gabe von intravenösem unfraktioniertem oder niedermolekularem Heparin notwendig
Komplikationen
Blutungsgefahr unter Lysetherapie beachten
Beachtung der Kontraindikationen für eine Lysetherapie
Alternative: Operation/Intervention
Bei Blutung unter Lysetherapie
Sofortiger Abbruch der Lysetherapie
Gabe von Aprotinin oder Tranexamsäure als Antidot (Antifibrinolytika)
Das begleitend verabreichte Heparin kann durch Gabe von Protamin (unter PTT-Kontrolle) antagonisiert werden
Gabe von Fresh frozen Plasma (FFP, gerinnungsaktives Frischplasma) kann versucht werden
Eine Überdosierung von Protamin kann zur Hemmung der Fibrinpolymerisation mit zusätzlicher Blutungsgefahr führen!
Bei Reanimationspflichtigkeit gibt es keine Kontraindikationen für eine systemische Lysetherapie!
Umstellung der initialen Antikoagulation auf Erhaltungstherapie für 3–6 Monate: Mit DOAK (1. Wahl) oder Vitamin-K-Antagonisten
Dauer
Mind. 3 Monate (siehe: Therapie der Phlebothrombose)
Ggf. länger, je nach individuellem Rezidivrisiko
Einsetzbare Substanzen (siehe auch: Therapeutische Antikoagulation - Klinische Anwendung)
1. Wahl: Direkte orale Antikoagulanzien (Rivaroxaban, Apixaban, Edoxaban und Dabigatran)
Vitamin-K–Antagonisten (bspw. Phenprocoumon)
INR-Zielbereich: 2,0–3,0
Niedermolekulare Heparine
Ursachensuche: Thrombophilie-Screening und/oder Malignom-Suche, analog zur weiterführenden Diagnostik bei Phlebothrombose
Nachsorge siehe: Nachsorgeempfehlungen bei Lungenembolie
Rechtsherzversagen
Hohe Rezidivgefahr (ohne Antikoagulation ca. 30%)
Chronisch-thromboembolische pulmonale Hypertonie als Folge von Rezidiven bzw. ungenügender Rekanalisation der Lungenarterien
Atelektase (ca. 20%)
Lungeninfarkt (ca. 10–50%)
Infarktpneumonie
Röntgen-Thorax: Peripheres Infiltrat (typischerweise dreieckig = Hampton's hump)
Was machen Sie, wenn der Patient eine TVT hat? Wie sieht die Therapie aus?
Betroffenes Bein
Typische Trias (nur in 10% der Fälle): Schwellung, dumpfer Schmerz, Zyanose
Überwärmung
Schweregefühl/Spannungsgefühl
Verstärkte Venenzeichnung
Allgemein: Plötzlich auftretende Luftnot, Schwindel- und Schwächegefühl bei einer Lungenembolie
Die klinische Symptomatik ist nicht zuverlässig! Bei klinischem V.a. eine Thrombose kann nur in der Hälfte der Fälle eine Thrombose nachgewiesen werden. Nicht selten tritt eine Thrombose durch Tachypnoe und/oder Thoraxschmerzen als Symptome einer Lungenembolie zutage!
Weitere klinische Untersuchungsbefunde
Meyer-Zeichen: Wadenkompressionsschmerz
Homans-Zeichen: Wadenschmerz bei Dorsalextension des Fußes
Payr-Zeichen: Fußsohlenschmerz bei Druck auf mediale Fußsohle
D-Dimere↑
Goldstandard: Duplexunterstützte vollständige Kompressionssonografie der Beinvenen
Von der proximalen V. femoralis bis zu den distalen Vv. tibiales und fibulares werden die tiefen Beinvenen in Abständen von wenigen Zentimetern durch Ausüben von Druck mit dem Schallkopf auf ihre Komprimierbarkeit geprüft
Strömungsprofil der V. femoralis communis mittels Farbduplex darstellen Bei klinischem Verdacht : Flussbeurteilung der proximal des Leistenbandes gelegenen Venen (Beckenvenen, V. cava inferior) mittels Farbduplex
Oberflächliche Venenthrombose (Thrombophlebitis)
Definition: Thrombose und Entzündung einer oberflächlichen Vene bzw. einer varikös veränderten Vene (Varikophlebitis)
Muskelfaserriss und posttraumatische Schwellungszustände/Hämatom
Kompartment-Syndrom
Erysipel
(Rupturierte) Baker-Zyste
Rezidivierende Thrombophlebitiden ohne Vorliegen einer Varikosis bzw. ohne andere erkennbare Ursachen können auf eine Systemerkrankung mit Vaskulitis oder als Paraneoplasie auf ein Malignom hinweisen!
Kompressionstherapie für mind. 3 Monate: Initial mittels elastischem Wickelverband , im Verlauf tagsüber mittels angepasstem Kompressionsstrumpf der Klasse II
Symptomadaptierte Vollmobilisation – keine Bettruhe!
Patient:innen mit einer Venenthrombose jedweder Lokalisation und Morphologie sollen nicht immobilisiert werden, es sei denn zur Linderung starker Schmerzen! (DGIM - Klug entscheiden in der Notaufnahme)
Initialtherapie bei Phlebothrombose
Zeitpunkt: Nach Diagnosesicherung sofortige Antikoagulation in therapeutischer Dosis für 5–21 Tage
Wirkstoffe
Direkte orale Antikoagulanzien: Apixaban oder Rivaroxaban
Heparine
Niedermolekulares Heparin oder Fondaparinux
Ggf. unfraktioniertes Heparin
Erhaltungstherapie bei Phlebothrombose
Zeitpunkt: Im Anschluss an die initiale Antikoagulation, Behandlungsdauer richtet sich nach Genese, Anzahl der vorherigen Thrombosen, Risikofaktoren und Komorbidität
Direkte orale Antikoagulanzien: 1. Wahl
Apixaban, Rivaroxaban, Dabigatran, Edoxaban
Vitamin-K-Antagonisten (Ziel-INR 2,0–3,0)
Dauer der Antikoagulation: Grundsätzlich mind. 3 Monate (eher 6 Monate bei hohem Risiko eines postthrombotischen Syndroms)
3 Monate i.d.R. ausreichend bei
Transientem Risikofaktor (vorangegangene OP, Immobilität)
Distalen Thrombosen idiopathischer Genese (Unterschenkel)
Armvenenthrombosen
Thrombosen der Vena jugularis interna
Eher 6 Monate (bzw. verlängerte Erhaltungstherapie) bei
Proximaler Thrombose des Beines bzw. Beckenvenenbeteiligung, insb. bei unklarer Ätiologie
Lungenembolie, insb. bei unklarer Ätiologie
Relevanter Thrombophilie, danach verlängerte Erhaltungstherapie nach individuellem Risiko
Malignomerkrankung
Rezidiv
Sekundärprävention bei Phlebothrombose
Zeitpunkt: Im Anschluss an die Erhaltungstherapie
Ziel: Verhinderung von Rezidiven bei erhöhtem Risiko
Die Zeitdauer einer langfristigen medikamentösen Sekundärprophylaxe nach venöser Thromboembolie (VTE) soll jährlich bzgl. der VTE-Rezidiv- und Blutungsrisiken neu abgewogen werden (DGIM - Klug entscheiden in der Angiologie).
Bei alleinigem Nachweis einer heterozygoten Faktor-V-Leiden-Mutation oder eines Prothrombin-Polymorphismus soll eine dauerhafte medikamentöse Sekundärprophylaxe nach venöser Thromboembolie (VTE) nicht erfolgen (DGIM - Klug entscheiden in der Angiologie).
Methoden
Chirurgische Thrombektomie
Lokale Lyse (Katheterthrombolyse)
Pharmakomechanische Thrombektomie
Beckenvenenthrombosen mit ausgeprägter Symptomatik, insb. bei jüngeren Patient:innen
Phlegmasia coerulea dolens: Zur Verhinderung einer Extremitätenamputation
Sonderformen der Phlebothrombose
Definition: Maximalvariante einer Phlebothrombose mit Verschluss aller Venen einer Extremität → Sekundäre Kompression des arteriellen Flusses
Symptome/Klinik
Starke Schwellung, Ödem
Starke Schmerzen
Kalte Extremität, Zyanose, Pulse nicht tastbar
Diagnostik: Doppler-Sonografie
Therapie
Notfall-OP
Venöse Thrombektomie
Fasziotomie
Fibrinolysetherapie, bei Versagen der operativen Therapie
Grenzzonenamputation als Ultima Ratio
Volumenmangelschock
Gangrän
Rhabdomyolyse mit akuter Nierenschädigung
Prognose: Hohe Letalität
Definition: Akute Thrombose der V. brachialis, V. axillaris oder V. subclavia
Ätiologie
Primäre Form im Rahmen eines Thoracic-Inlet-Syndroms
Sekundär
„Thrombose par effort“: Durch extreme Belastung des Arms (z.B. durch Sport)
Fremdkörper (ZVK, Schrittmachersonde)
Symptome/Klinik: Analog zu den allgemeinen Symptomen einer Beinvenenthrombose
Diagnostik: Duplexsonografie, wenn nötig ergänzt durch eine Phlebografie
Therapie: Antikoagulation für 3 Monate i.d.R. ausreichend
Bedeutung: Thrombembolien sind in der Schwangerschaft und im Wochenbett eine der häufigsten tödlich verlaufenden Erkrankungen. Das Risiko ist gegenüber nicht schwangeren Frauen etwa vierfach erhöht.
Diagnostik
Duplexsonografie der Beinvenen als Goldstandard in der Schwangerschaft
Therapeutische Antikoagulation, vorzugsweise mit niedermolekularem Heparin
Wie erkennen Sie im postoperativen Verlauf eine Sepsis? Wie eskalieren Sie die Therapie?
Schnelleinschätzung via qSOFA (2 positiv = V.a.Sepsis)
Veränderter mentaler Status bzw. Vigilanzminderung
Systolischer Blutdruck ≤100 mmHg
Atemfrequenz ≥22/min
Immer mind. 2 peripher, einzeln abgenommene BK’s vor Beginn antibiotische Therapie!
Bei V.a. ZVK-Infektion
—> zusätzlich BK’s aus Kathetern (KENNZEICHNUNG!! wg. gleichzeitiger Bebrütung —> ZVK-BK schnellerer Wachstum = Fokus )
—> ZVK ex. mit MiBi-Untersuchung der Katheterspitze
Lactat messen, wiederholt kontrollieren bis Lactat <2 mmol/L
Blutkulturdiagnostik vor der antibiotischen Therapie
Kalkulierte Antibiotikatherapie („Hit hard and early“)
Häufig: Piperacillin/Tazobactam, Ceftazidim bzw. Carbapeneme
Bei V.a. MRSA-Infektion: Linezolid oder Vancomycin (je nach Fokus)
Volumensubstitution beginnen (kristalloide Infusion, mind. 30 mL/kgKG in 3 h)
Vasopressoren bei Hypotension trotz Flüssigkeitsgabe (Ziel: Arterieller Mitteldruck 65 mmHg)
Labormarker:
PCT: aktuell sensitivster Sepsismarker, besonders bakteriell
CRP
kleines Blutbild: Thrombozytopenie, Leukozytose/-penie, Anämie
Laktat
Gerinnungsparameter (Fibrinogen, Antithrombin III, D-Dimere)
Sepsis ist eine Unterform des SIRS
Was ist SIRS?
Unspezifische Entzündungsreaktion des Körpers, die mit Veränderungen von Körpertemperatur, Herzfrequenz, Atemfrequenz und des Blutes einhergeht und durch infektiöse sowie nicht-infektiöse Ursachen ausgelöst werden kann (siehe auch: SIRS-Trigger)
z.B. neben Infektionen kann ein SIRS auch durch folgende Ursachen ausgelöst werden:
Traumata
Polytraumata
Schwere Operationen
Verbrennungen
Schwere Erkrankungen
Akute Pankreatitis
Ischämien und Hypoxien (bspw. auch Reanimationssituationen)
Addison-Krise
Lungenembolie
Pathomechanismus
Zerstörung von Gewebe → Freisetzung zellulärer Strukturen → Aktivierung proinflammatorischer und antiinflammatorischer Kaskaden → Systemische Entzündungsreaktion → Organschädigung
Sepsis: Abfolge aus Infektion, Immunreaktion (dysreguliert) und systemischer Entzündungsreaktion
Fokus: Prinzipiell kommt jeder Infektionsfokus infrage (z.B. Spondylodiszitis, Endokarditis, Osteomyelitis, Pneumonie, Abszess, Urozystitis)
Auslöser der Sepsis: I.d.R. Bakterien, selten auch Pilze, Viren oder Parasiten
Immunantwort: Erregerbestandteile (z.B. Lipopolysaccharide bzw. Endotoxine, Exotoxine, DNA) = „Pathogen Associated Molecular Patterns“ (PAMP) lösen eine Immunantwort aus → Systemische Wirkung dieser proinflammatorischen Aktivierung führt zu systemischen Schäden auch an „fokusfernen“ Organen
Effekte der Immunantwort: Es resultieren insb. Störungen der Endothelzellfunktion und der Blutgerinnung.
Endothelzellfunktion und Kapillarleck: Generalisierte Endothelaktivierung → Vasodilatation durch Freisetzung von NO → Generalisierte und sich weiter verstärkende Ödembildung
Blutgerinnung: Gerinnungsaktivierung durch vermehrte Bildung von Gewebefaktor („Tissue Factor“) auf Endothelzellen und Monozyten → Gefahr einer disseminierten intravasalen Gerinnung (DIC, Verbrauchskoagulopathie)
Eine adäquate Immunreaktion beruht auf einer Balance zwischen der proinflammatorischen (anti-infektiösen) und der antiinflammatorischen Antwort – bei der Sepsis ist diese Immunreaktion dysreguliert!
Eine Sepsis wird zwar durch eine Infektion ausgelöst, für den Krankheitsverlauf ist jedoch die dysregulierte Immunantwort entscheidend!
Für die Prognose einer Sepsis ist eine frühe Diagnosestellung entscheidend. Wichtig ist hierfür die klinische Beurteilung, die durch Sepsis-Scores unterstützt werden kann.
Vitalparameter (Blutdruck, Puls, Atemfrequenz, spO2) und Körpertemperatur messen
Auf Symptome einer Sepsis achten, insb. unspezifische Symptome wie Schüttelfrost, Hyperventilation, Vigilanzminderung, Tachykardie und Hypotension
Die Sepsis ist in erster Linie eine klinische Diagnose – eine genaue Beurteilung und ggf. Verlaufskontrolle der Patient:innen ist entscheidend!
Es sollten frühzeitig Wünsche und Vorstellungen bzgl. des weiteren Prozederes (insb. Frage nach Intensivverlegung, Patientenverfügung) erfragt und besprochen werden!
—> Erkennen einer Sepsis
—> Erste klinische Beurteilung (insb. Gesamteindruck, Vitalparameter)
—> Sepsis-Scores*: Zur Früherkennung von Personen mit Sepsis bzw. zur Diagnosestellung
—> Fokus- und Erregersuche
Anamnese und körperliche Untersuchung
—> Blutkulturdiagnostik
—> Weitere mikrobiologische Diagnostik (je nach Fokus)
Ggf. bildgebende Diagnostik (je nach Fokus)
Weitere Labordiagnostik: Beurteilung der Organfunktionen und Entzündungsparameter
Procalcitonin gilt als empfindlichster Marker bei Diagnose und Verlaufskontrolle der Sepsis!
Die mikrobiologische Diagnostik sollte möglichst vor Einleitung einer antibiotischen Therapie erfolgen!
Die Sepsis ist eine schwere Erkrankung – der Beginn einer (antibiotischen) Therapie sollte durch die Diagnostik nicht verzögert werden!
Zum Screening
SIRS-Kriterien
Parameter:
Körpertemperatur
≥38 °C oder ≤36 °C
Herzfrequenz
≥90/min
Atemfrequenz
(Leitsymptom des SIRS)
≥20/min oder
Hyperventilation bestätigt durch BGA-Analyse
Hypokapnie (pCO2 ≤33 mmHg)
Blutbild
Leukozyten >12.000/μL oder <4.000/μL oder
>10% unreife neutrophile Granulozyten im Differenzialblutbild
Bedeutung: Das Screening gilt als positiv, wenn ≥2 SIRS-Kriterien erfüllt sind
qSOFA-Score = abgkürzter/ kleiner SOFA-Score
Parameter
Beurteilung: Der Test gilt als positiv, wenn ≥2 der Parameter zutreffen
Die Sepsis hat kein pathognomonisches Leitsymptom; es zählt immer die Zusammenschau klinischer Parameter und ggf. vorliegender diagnostischer Marker. Erster Hinweis ist häufig ein deutlich reduzierter Allgemeinzustand.
Kardinalsymptome
Fieber, Schüttelfrost, seltener Hypothermie
Veränderter mentaler Status (z.B. Vigilanzminderung)
Hypotonie, Tachykardie
Erhöhte Atemfrequenz
Weitere klinische Hinweise
Zentralisation: Zu Beginn oft warme Akren, im Verlauf ggf. Zeichen der Kreislaufzentralisation mit kalten Akren und „marmorierter“, kühler Haut, ggf. Kaltschweißigkeit
Ödembildung bei zunehmendem Kapillarleck
Ggf. Petechien bei Thrombopenie (Waterhouse-Friderichsen-Syndrom)
Symptome nach Fokus
Urosepsis (Pyelonephritis): Dysurie, Pollakisurie, Algurie, Flankenschmerzen
Pneumonie: Dyspnoe und Husten
Meningitis: Kopfschmerzen, Meningismus
Katheter- und Fremdkörperinfektion: Entzündungszeichen an der Einstichstelle
Abdomineller Fokus: Akutes Abdomen
Die häufigsten Fokusse: Pneumonie ≥ Gastrointestinale Infektionen ≥ Harnwegsinfektionen ≥ Haut- und Weichteilinfektionen ≥ Fremdkörperassoziierte Infektionen ≥ ZNS-Infektionen!
Durchführung: Abnahme von mind. 2 Blutkulturpaaren vor der antibiotischen Therapie
Bei V.a. Infektion des Zentralvenösen Katheters
Indikation: Immer durchführen!
Zusätzlich zu peripheren Blutkulturen Blutkulturpaare aus allen zentralen Venenkathetern sichern!
Bestimmung der DTP (differential time to positivity): Gleichzeitige Bebrütung zentraler und peripherer Blutkulturpaare
Positive DTP: 2–3 Stunden früherer Nachweis des Erregers zentral spricht für ZVK als Fokus
Bei Personen mit Verdacht auf schwere Infektionen sollten vor der Gabe der Antibiotika mind. 2 Paar Blutkulturen an separaten Punktionsstellen abgenommen werden! Die Einhaltung eines zeitlichen Mindestabstands zwischen den BK ist dabei nicht erforderlich. (DGIM - Klug entscheiden in der Notaufnahme)
Bei klinischer Symptomatik und Nachweis eines Erregers in der Blutkultur (Blutstrominfektion) liefert dieser entscheidende Hinweise auf den Fokus!
Die weitere Fokussuche richtet sich nach den zuvor gewonnenen anamnestischen und klinischen Hinweisen und sollte insb. den Ausschluss der häufigsten Fokusse umfassen.
Kultur der Katheterspitze
Indikation: Bei V.a. Katheterassoziierte Infektion immer durchführen!
Bei V.a. Sepsis sollte aus allen Bereichen Material untersucht werden, die als Fokus in Betracht kommen (bspw. Drainagesekret, Urin, Trachealsekret)!
Für das Überleben ist die adäquate Therapie innerhalb der ersten Stunde entscheidend! In vielen Kliniken ist diese entscheidende Therapiephase in Form von Sepsis-Bundles standardisiert.
Kalkulierte Antibiotikatherapie: Breitspektrumantibiotikum innerhalb der ersten Stunde, möglichst unter Beachtung des (wahrscheinlichen) Fokus
Eingesetzte Substanzen
Umstellung der antimikrobiellen Therapie bei klinischer oder laborchemischer Notwendigkeit
Therapiedauer: Je nach klinischem Bild i.d.R. max. 7–10 Tage
Reevaluation der antibiotischen Therapie: Alle 48–72 h anhand klinischer und diagnostischer Parameter
Nachweis eines Erregers: Umstellung auf gezielte Antibiotikatherapie
Klinische Verbesserung nach 72 h: Bei Kombinationstherapie Umstellung auf eine Monotherapie auch ohne Nachweis eines Erregers möglich
Bei der Sepsis und beim septischen Schock soll rasch eine kalkulierte und hochdosierte Antibiotikatherapie begonnen werden!
Wie erkennen Sie bei einem Patienten postOP ein ACS? Wie gehen Sie vor?
Der Patient scheint postOP eine Anämie zu haben.
Wie sind die Grenzwerte?
Wann transfundieren Sie?
Der Patient entwickelt nach EK-Gabe Luftnot.
Was hat der Patient am ehesten?
Wie gehen Sie vor?
Last changed25 days ago