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5. Vorlesung Geschichte der Psychologie und Psychotherapie (Folie 3)

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by Frederik C.

Geschichte der Psychologie (3/10-35)

  • Der Weg zur Wissenschaft

1. Ursprung der Psychologie

  • Der Begriff Psychologie stammt von „psyche“ (Seele, Geist) und „logia“ (Lehre).

  • Erste Verwendung des Begriffs „psychologia“: 1574 durch Johann Thomas Freigius.

  • Schon lange vorher beschäftigten sich Menschen mit dem Verhalten und Erleben, etwa durch Konzepte wie die Seele (z. B. im alten Ägypten und Griechenland).

2. Antike – Erste psychologische Ideen

  • Griechenland (ca. 500–200 v. Chr.):

    • Platon: 3-Seelen-Modell (begehrend, zielstrebig, denkend).

    • Das Gehirn wurde als Zentrum mentaler Prozesse erkannt.

  • Pythagoreer: Erste Vorstellungen seelischer Gesundheit (z. B. durch Musik, Mathematik, Askese, Freundschaft).

3. Mittelalter (ca. 200 v. Chr. – 1600 n. Chr.)

  • Rückschritt zur religiösen Deutung (christliche Dogmen).

  • Kaum wissenschaftliche Psychologie, keine systematische Forschung.

4. Aufklärung (1600–1850)

  • Wissenschaft entwickelt sich weiter, aber Psychologie ist noch kein eigenes Fach.

  • Christian Wolff unterscheidet:

    • Theoretische Psychologie (Seele, Bewusstsein)

    • Empirische Psychologie (Sinnesempfindungen, messbare Reize)

5. Gründung der Psychologie als Wissenschaft (ab ca. 1850)

  • Psychophysik (Weber, Fechner): Erforschung des Zusammenhangs zwischen Reizen und Empfindungen (z. B. wie heißes Wasser als Schmerz empfunden wird).

  • Ziel: Messbare Gesetze der Wahrnehmung.

6. Wilhelm Wundt (1832–1920)

  • Gründet 1879 in Leipzig das erste psychologische Labor.

  • Gilt als Begründer der wissenschaftlichen Psychologie.

  • Ansatz: Strukturalismus – komplexe psychische Vorgänge in einfache Bestandteile zerlegen.

  • Trennung von:

    • Messbaren Prozessen (z. B. Sinnesreize)

    • Nicht messbaren Phänomenen (z. B. Gefühle – Geisteswissenschaft)

7. Hermann Ebbinghaus (1850–1909)

  • Begründer der Gedächtnisforschung.

  • Entwickelte Methoden zur Messung von Lernen und Vergessen (z. B. durch sinnlose Silbenreihen).

  • Zeigte: Vergessen folgt einer systematischen Kurve – je öfter wiederholt, desto länger erinnert.

    • Vergessenskurve

8. Wilhelm Dilthey (1833–1910)

  • Kritik an Wundt & Ebbinghaus: zu technisch, zu „oberflächlich“.

  • Vertreter der verstehenden Psychologie – Psychologie soll subjektive Erlebnisse und den historischen Kontext eines Menschen berücksichtigen. (Sprache, Geschichte, Gesellschaft)

  • Psychologie als Geisteswissenschaft, nicht Naturwissenschaft.

9. Bis heute: Zwei Richtungen

  • Psychologie als Naturwissenschaft: empirisch, messbar, gesetzesorientiert

  • Psychologie als Geisteswissenschaft: verstehend, individuell, kultur- und sinnbezogen → Beide Perspektiven bestehen bis heute nebeneinander.

Geschichte der Psychologie

  • Praktische Psychologie (3/52)

Was ist praktische (angewandte) Psychologie?

  • Sie vermittelt eine Brücke zwischen Theorie und Alltag: → Während die akademische Psychologie oft als weltfremd galt und die Populärpsychologie als unwissenschaftlich, entstand die praktische Psychologie als dritter Weg.

  • Ziel: Psychologisches Wissen in der Praxis anwenden, z. B. in Schule, Beruf, Therapie oder Beratung.

Beispiel: Ernst Meumann (1862–1915)

  • Nutzt Erkenntnisse der Experimentalpsychologie, um Schulunterricht zu verbessern. → Untersuchte z. B. Aufmerksamkeitsschwankungen bei Schüler*innen. → Führte Fortbildungen für Lehrkräfte durch – ein frühes Beispiel psychologischer Weiterbildung in der Praxis.

Beispiel: Psychotechnik (ab 1914)

  • Hugo Münsterberg prägte den Begriff Psychotechnik – also Anwendung psychologischen Wissens im Berufsalltag. → Relevante Bereiche:

    • Kommunikation

    • Psychotherapie

    • Wirtschaft

    • Recht

    • Erziehung

    • Kunst

    • Naturwissenschaften

Professionalisierung des Berufs

  • 1941: Erste offizielle Prüfungsordnung für Psycholog*innen in Deutschland. → Ziel: Wissenschaftlich fundierte praktische Ausbildung. → Erste Einsatzfelder: Diagnostik, Berufsberatung, Verkehr, Verwaltung, Therapie, Erziehung.

Zusammenhang der drei Strömungen

  • Die angewandte Psychologie steht zwischen Theorie (Uni) und Alltag (Populärpsychologie). → Sie nutzt wissenschaftliches Wissen, um praktische Probleme im Leben und Beruf zu lösen.

Fazit:

Die praktische Psychologie macht psychologisches Wissen nutzbar für den Alltag – sie ist die Schnittstelle zwischen Forschung und Anwendung, z. B. in Schule, Wirtschaft, Gesundheit oder Recht.

Geschichte der Psychologie

  • Tiefenpsychologie (3/87)

Tiefenpsychologie – Überblick

Wichtige Strömungen:

  • Tiefenpsychologie: Fokus auf unbewusste Prozesse

  • Behaviorismus: Fokus auf beobachtbares Verhalten, Unbewusstes wird ignoriert

  • Kognitionspsychologie: Fokus auf bewusste Gedanken (Kognitionen)

Die Idee des Unbewussten:

Carl Gustav Carus (1789–1869):

  • Seele besteht aus bewusster und unbewusster Schicht

  • Unbewusstes stammt aus früher Naturgeschichte

  • Die Schicht des Bewusstsein überlagerte in der späteren Geschichte des Menschen das Unbewusste

  • unbewusstes Wird sichtbar in Träumen (symbolhafte Bilder, keine Sprache)

    • symbolische Bilderwelt

Wichtige Vertreter der Tiefenpsychologie:

Carl Gustav Jung (1875–1961):

  • Suchte Symbole des Unbewussten in Träumen, Mythen, Religion

  • Einführung des Begriffs Archetypen (z. B. Löwe = Macht)

  • Komplexe: Zwanghafte Verknüpfungen von Archetypen mit Gefühlen/Verhalten

  • Struktur der Psyche:

    • Bewusstsein

    • Persönliches Unbewusstes

    • Kollektives Unbewusstes (mit universellen Archetypen)

  • Persona: „soziale Maske“, die nicht dem echten Selbst entsprechen muss

Ludwig Klages (1872–1956):

  • Natur = Quelle des Glücks, Kultur = Ursache psychischer Krankheit

  • Heilung durch Rückbesinnung auf das Natürliche

Sigmund Freud (1856–1939):

  • Begründer der Psychoanalyse

  • Gegensatz zu Klages: Natur als Quelle bedrohlicher und zerstörerischer Kräfte

  • Triebmodell:

    • ES (unbewusste Triebe)

    • ICH (Vermittler)

    • ÜBER-ICH (gesellschaftliche Normen)

  • Angstabwehr durch Abwehrmechanismen, falls ich nicht zwischen ES und ÜBER-ICH vermitteln kann

    • Verdrängung, Projektion, Regression, Vermeidung etc.

  • Triebansprüche lassen sich nicht einfach so ins Unbewusste verbannen

  • Neurosen entstehen durch ungelöste Konflikte

  • Psychoanalyse als Therapie

Tiefenpsychologie im Vergleich zur akademischen Psychologie:

  • In der Wissenschaft lange abgelehnt: keine Experimente, nur Einzelfälle

  • Kein Lehrstuhl für Freud, Jung oder Klages

  • In der Öffentlichkeit sehr beliebt: spannende Theorien, besonders zu Sexualität & Träumen

  • Psychoanalyse wird heute noch angewendet – ähnlich wirksam wie Verhaltenstherapie

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Frederik C.

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