Wo wird Oxytocin gebildet, wie gelangt es in den Blutkreislauf und über welche Struktur erfolgt die Freisetzung?
Oxytocin (und ADH) wird im Hypothalamus gebildet (v. a. im Nucleus paraventricularis)
Axone der neurosekretorischen Neurone verlaufen durch den Hypophysenstiel (Infundibulum)
Freisetzung erfolgt im Hypophysenhinterlappen (Neurohypophyse)
Dort: Übergabe an Kapillaren, → Oxytocin gelangt direkt in den Blutkreislauf
Welche Funktionen übernimmt Oxytocin bei Frau und Mann und in welchen Organen wirkt es jeweils?
Oxytocin wird im Hypothalamus gebildet und über den Hypophysenhinterlappen ins Blut abgegeben
Bei der Frau:
Wehenauslösung während der Geburt
Milchejektion beim Stillen
Beim Mann:
Beteiligung an Erektion und Ejakulation
Oxytocin wird u. a. bei Penisberührung ausgeschüttet
Wirkt auf Hoden, Nebenhoden, Prostata (z. B. Muskelkontraktionen, Spermienbewegung)
Wie wird Oxytocin endogen durch Berührung freigesetzt und welche beruhigende Wirkung hat es auf den Körper?
• Endogene Oxytocin-Stimulation = körpereigene Ausschüttung von Oxytocin
• Ausgelöst durch sanfte Berührung (z. B. Streicheln der Haut)
• Tastrezeptoren aktivieren über Aktionspotenziale den Hypothalamus
• Oxytocin wird freigesetzt und über den Hypophysenhinterlappen ins Blut abgegeben
• Wirkung:
• Beruhigend auf Cortisol- und Adrenalin-Systeme
• Regulierung stressbezogener Gehirnareale
• Auch intime Berührung (durch Partner*in oder Baby) → verstärkte Oxytocinfreisetzung
Was versteht man unter exogener Oxytocin-Stimulation und auf welchem Weg gelangt das Hormon in den Körper?
Exogene Oxytocin-Stimulation = Zufuhr von außen, nicht vom Körper selbst gebildet
Verabreichungsformen:
Intravenös (Spritze)
Pulmonal: über Nasenspray, Inhalator/Nebulizer
Ziel: Oxytocin gelangt in den Blutkreislauf
Warum benötigt Oxytocin einen Rezeptor zur Wirkung und wie erfolgt die Signalweiterleitung in der Zielzelle?
Oxytocin ist ein hydrophiles Hormon → kann Zellmembran nicht direkt durchdringen
Wirkt über spezifische Rezeptoren auf Zelloberfläche
Endogene & exogene Oxytocin-Stimulation wirken auf dieselben Rezeptoren
Nach Bindung → Second-Messenger wird freigesetzt
→ Indirekte Wirkung: Aktivierung intrazellulärer Signalwege
Effekte je nach Zelltyp: z. B. Muskelkontraktion, Stressreduktion, emotionale Bindung
Warum wirkt Oxytocin bei verschiedenen Menschen unterschiedlich stark, obwohl sie dieselbe Dosis erhalten?
Oxytocin wirkt über Rezeptoren, die sich in ihrer Bindungsdauer unterscheiden können
Zwei Typen:
TTCGGG-Rezeptoren: halten Oxytocin länger → stärkere Wirkung
CCGAGA-Rezeptoren: lösen Oxytocin schneller → geringere Wirkung
Jeder Mensch hat nur einen Rezeptor-Typ, der genetisch festgelegt ist
Deshalb: Unterschiedliche Wirkung von Oxytocin bei gleicher Dosis zwischen Individuen
Welche Gehirnareale sind an der Oxytocin-vermittelten Verarbeitung sozialer und emotionaler Informationen beteiligt, und wie beeinflussen sie sich gegenseitig?
Oxytocin wird im Hypothalamus gebildet und über den Hypophysenhinterlappen freigesetzt.
Es wirkt auf wichtige Gehirnbereiche für soziale Emotionen.
In der Amygdala: Oxytocin senkt Angst und fördert Vertrauen.
Im ACC (anteriorer cingulärer Kortex): erkennt soziale Konflikte.
Der präfrontale Kortex hilft beim Bewerten & Regulieren von Emotionen.
Wirkung: Du fühlst dich sicherer, verbundener, entspannter.
Wie beeinflusst der Oxytocin-Rezeptor-Typ die Stressreaktion auf soziale Unterstützung laut Chen et al. (2011)?
Studie: Chen et al., 2011, PNAS
Teilnehmer: Männer (Ø 23 Jahre), mit unterschiedlichen Oxytocin-Rezeptoren
Durchführung des TSST (Trier Social Stress Test): erzeugt gezielt Stress (harte Fragen, Kamera etc.)
Untersuchung: Wirkung von sozialer Unterstützung (z. B. Berührung durch Partnerin)
Ergebnisse:
Nur bei guten Oxytocin-Rezeptoren senkt der Zuspruch der Partnerin das Cortisol-Level
Männer mit schlechten Rezeptoren zeigen keine Cortisol-Senkung – trotz Unterstützung
⇒ Wirkung von Oxytocin als Stresshemmer hängt von Rezeptor-Typ ab
Welche Aspekte der Empathie werden durch Oxytocin laut Hurlemann et al. (2010) beeinflusst, und welche nicht?
Studie: Hurlemann et al., 2010, The Journal of Neuroscience
Thema: Wirkung von exogenem Oxytocin (Nasenspray) auf Empathie
Zwei Formen der Empathie:
Kognitive Empathie (C) = Emotionen erkennen → Oxytocin zeigt keinen Effekt (ähnlich wie Placebo)
Emotionale Empathie (E) = Mitfühlen mit anderen
ED (Empathic Distress): Wie stark man mitleidet
EI (Empathic Involvement): Wie sehr man sich einfühlt → Oxytocin steigert beide deutlich
Fazit: Oxytocin wirkt nicht auf das Erkennen, aber verstärkt Mitgefühl und emotionale Beteiligung
Wie beeinflusst Oxytocin laut Hurlemann & Scheele (2016) das Annäherungsverhalten vergebener Männer gegenüber fremden Frauen?
Studie: Hurlemann & Scheele, 2016, Biological Psychiatry
Teilnehmer: Männer – entweder Single oder in fester Beziehung
Aufgabe: Sich einer attraktiven, fremden Frau so weit nähern, wie es für sie angenehm ist
Vergleich: Mit und ohne Oxytocin-Nasenspray
Ergebnis:
Single-Männer zeigen keine Veränderung unter Oxytocin
Vergebene Männer halten unter Oxytocin deutlich mehr Abstand
Interpretation: → Oxytocin verstärkt Bindungsgefühl zur eigenen Partnerin → Fördert soziale Treue & Gruppenzugehörigkeit
Wie beeinflusst Oxytocin laut Hurlemann & Scheele (2016) die Reaktionszeit vergebener Männer beim Annähern an eine fremde Frau – und warum gilt es als „Treuehormon“?
Teilnehmer: Männer – Single oder in einer Paarbeziehung
Testaufgabe: Sich einer attraktiven fremden Frau annähern
Reaktionszeit = Maß für Entscheidungsdauer → spiegelt Zögern wider
Ergebnisse unter Oxytocin:
Vergebene Männer brauchen länger für Annäherungsentscheidung
Deutlicher Abstandseffekt nur bei sozialen Reizen (nicht bei Blumen o. ä.)
Keine Wirkung bei positiven, aber nicht-sozialen Objekten
Interpretation: → Oxytocin verstärkt Bindung bei sozialen Situationen → Selektiver Effekt auf soziale Nähe, nicht auf generelle Attraktivität → Gilt als potenzielles “Treuehormon”
Welche Rolle spielt der Nucleus accumbens bei der durch Oxytocin beeinflussten sozialen Annäherung laut Hurlemann & Scheele (2016)?
Zentrales Gehirnareal: Nucleus accumbens (NAcc) → zuständig für Belohnungsempfinden
Teilnehmer: Männer in fester Beziehung
Unter Oxytocin: Mehr Aktivierung im NAcc
Verhalten: Mehr Abstand zu attraktiver fremder Frau
Interpretation: Abstandhalten wird unter Oxytocin als belohnender empfunden als Annäherung (Placebo)
Fazit: → Oxytocin moduliert das Belohnungssystem zugunsten von Bindungstreue
Was zeigt die Studie von Paul Zak zur Oxytocin-Ausschüttung bei Hochzeitsgästen über die Bedeutung von Oxytocin für soziale Bindung?
Studie: Paul Zak – Oxytocin bei Hochzeitsgästen
Untersuchung: Blutproben vor & nach Hochzeitszeremonie
Höchste Oxytocin-Werte: Braut > Brautmutter > Bräutigam
Weitere Gäste: Oxytocin-Level steigt mit gefühlter emotionaler Nähe zum Brautpaar
Schlussfolgerung: → Oxytocin misst/zeigt soziale Verbundenheit und Gruppenzugehörigkeit
Wie beeinflusst Oxytocin die Amygdala-Aktivierung bei Männern und Frauen laut Domes et al. (2007), und was wird als Ursache für diesen Unterschied vermutet?
Studie: Domes et al., 2007, Biological Psychiatry
Untersuchung: Wirkung von Oxytocin auf Amygdala bei Betrachtung negativer Gesichtsausdrücke
Männer: Oxytocin ↓ Amygdala-Aktivierung (weniger Bedrohungsempfinden)
Frauen: Oxytocin ↑ Amygdala-Aktivierung (mehr Bedrohungsempfinden)
Interpretation: → Oxytocin wirkt bei Frauen möglicherweise anders wegen Interaktion mit Östrogen/Progesteron → Funktion: Schutzinstinkt verstärken (z. B. in Müttern)
Wie beeinflusst Oxytocin laut der Studie von De Dreu et al. (2011) die Wahrnehmung von Ingroup- und Outgroup-Mitgliedern?
Studie: De Dreu et al., 2011 (PNAS)
Methode: Implicit Association Test (IAT) mit niederländischen (Ingroup) und deutschen (Outgroup) Vornamen
Messung:
Regard-Score: schnellere Assoziation von Ingroup-Namen mit positiven Wörtern
Disregard-Score: schnellere Assoziation von Outgroup-Namen mit negativen Wörtern
Ergebnis ohne Oxytocin:
Ingroup wurde generell positiver, Outgroup negativer bewertet
Mit Oxytocin:
Verstärkte Ingroup-Positivität
Verstärkte Outgroup-Negativität
Interpretation: Oxytocin verstärkt soziale Gruppengrenzen → positive Effekte innerhalb der Gruppe, aber auch diskriminierende Tendenzen gegenüber Außenstehenden
Wie beeinflusst Oxytocin laut Lebowitz (2019) Jugendliche mit negativen Gruppenerfahrungen?
Studie: Lebowitz et al., 2019 (Affective Disorders)
Teilnehmende: 168 Jugendliche mit Angstsymptomen
Beobachtung:
Je mehr negative soziale Erfahrungen (z. B. Ausgrenzung, Mobbing), desto mehr Suizid-Idealisierung
Oxytocin-Gabe:
Führt bei negativer Gruppenbindung zur Verstärkung von:
negativem Gruppengefühl
Suizid-Gedanken
Fazit: → Oxytocin wirkt nur positiv, wenn positive soziale Einbindung vorhanden ist → In negativem sozialen Umfeld kann es schädlich wirken
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