Systematisierung der Zulässigkeitsvoraussetzungen
Echte Prozessvoraussetzungen
falls (-), Prozess wird nicht in Gang gesetzt, d.h. es erfolgt bereits keine Zustellung der Klage
Bsp: Klagen gegen sog. Exterritoriale (§§ 18 ff. GVG); keine wirksame Klageeinreichung
Sachurteilsvoraussetzungen
Prüfung von Amts wegen
Maßgeblicher Zeitpunkt: Schluss der letzten mündlichen Verhandlung
falls (-), Prozess in Gang gesetzt, aber keine Entscheidung in der Sache
Abweisung der Klage als unzulässig durch Prozessurteil
Prozesshindernisse
nur auf Rüge des Gegners berücksichtigt (prozesshindernde Einreden)
Abweisung der Klage als unzulässig
Bsp.: §§ 1032, 110, 269 VI)
Sachurteilsvoraussetzungen: Überblick
Gerichtsbezogene SUV
Zulässigkeit des Zivilrechtswegs
Zuständigkeit des Gerichts (sachl. + örtl.)
Parteibezogene SUV
Parteifähigkeit
Prozessfähigkeit
Prozessführungsbefugnis (besser -berechtigung!)
Postulationsfähigkeit
Streitgegenstandsbezogene SUV
Ordnungsgem. Klageerhebung
Ggf. erfolgloser Schlichtungsversuch
Keine anderweitige Rechtshängigkeit
Keine entgegenstehende Rechtskraft
Rechtsschutzbedürfnis
Zulässigkeit des Zivilrechtswegs (gerichtsbezogene SUV)
Generalklausel § 13 GVG
Aufdrängende Sonderzuweisungen
zB. Art. 14 III 4 GG, Art. 34 S. 3 GG, § 40 II VwGO
Entscheidung des angerufenen Gerichts über Zulässigkeit des Rechtswegs, § 17a I GVG -> Grundsatz der Kompetenzautonomie
Bei Unzulässigkeit: Verweisung an zuständiges Gericht von Amts wegen, § 17a II GVG
Bindungswirkung des Verweisungsbeschlusses hinsichtl. des Rechtswegs, § 17a II 3 GVG
Zuständigkeit des angerufenen Gerichts (gerichtsbezogene SUV)
Sachliche Zuständigkeit
Amtsgericht: vermögensrechtl. Ansprüche bei Streitwert ≤ 5.000€, sofern keine ausschl. Zuständigkeit des LG (§ 23 Nr. 1 GVG)
wichtige SZ: § 23 Nr. 2 lit. a GVG + § 23a GVG
Landgericht: … > 5.000€, sofern keine Sonderzuweisung zum AG
wichtige SZ: § 71 II Nr. 2 und 3 GVG
Streitwertbestimmung nach §§ 2-9 ZPO
Örtliche Zuständigkeit
Allgemeiner Gerichtsstand
Besondere Gerichtsstände
Ausschließliche Gerichtsstände
Zuständigkeit kraft Parteiverhaltens
-> Folgen der örtl. Unzuständigkeit: Abweisung der Klage als unzulässig (sog. Prozessabweisung)
Örtliche Zuständigkeit: Allgemeiner Gerichtsstand
Klagen grds. am allg. Gerichtsstand des Beklagten zu erheben, § 12
Bestimmung des allg. Gerichtsstands:
bei natürlichen Personen: Wohnsitz (§ 13)
nach §§ 7-11 BGB!
bei juristischen Personen: Sitz (§ 17)
Weitere allg. Gerichtsstände: §§ 15-16, 18-19a
Örtliche Zuständigkeit: Besondere Gerichtsstände
Dienen rglm. dazu, K Zugang zu dem SV näher stehenden Gericht zu ermöglichen (Sachnähe)
Tlw. geht es um prozessualen Verbraucherschutz
Beispiele:
GS des Erfüllungsorts, §§ 29
Haustürgeschäfte, § 29c
unerlaubte Handlungen, § 32
Widerklage, § 33
Bes. GS treten neben den allg. GS -> Wahlrecht des K unter mehreren zuständigen Gerichten (§ 35)
Örtliche Zuständigkeit: Ausschließliche Gerichtsstände
Klage kann nur bei dem danach zuständigen Gericht erhoben werden
andere einschlägige Gerichtsstände werden verdrängt
Unzulässigkeit von abweichenden Parteivereinbarungen, § 40 II Nr. 2
dinglicher GS, § 24
Miet- und Pachtsachen, § 29a
Klagen gegen Vebraucher bei Haustürgeschäften, § 29c I 2 (abw. Vereinbarung unter Vrs. von § 29c IV möglich)
Örtliche Zuständigkeit: Zuständigkeit kraft Parteiverhaltens
Zuständigkeitsvereinbarung (sog. Prorogation)
durch Prozessvertrag können Parteien sachl. und örtl. Zuständigkeit unter Vrs. der §§ 38, 40 bestimmen
grds. Prorogationsverbot für Nichtkaufleute
Ausnahmen: ausdrückliche, schriftliche Vereinbarung nach Entstehung der Streitigkeit (§ 38 III Nr. 1) oder Wohnsitzverlegung ins Ausland (§ 38 III Nr. 2)
Rügelose Einlassung zur Hauptsache
Begr. der Zuständigkeit eines unzuständigen Gerichts durch rügelose mündliche Verhandlung des B zur Hauptsache, § 39 S. 1
Ausnahmen: Fälle des § 40 II oder Fehlen eines amtgerichtlichen Hinweises nach §§ 39 S. 2, 504
Örtliche Zuständigkeit: Folgen der Unzuständigkeit
Wenn angerufenes Gericht unzuständig: Abweisung der Klage als unzulässig
Gericht kann sich auf Antrag des K durch Beschluss für unzuständig erklären und Rechtsstreit an zuständiges Gericht verweisen, § 281 I 1
Unanfechtbarkeit des Verweisungsbeschlusses, § 281 II 2
Bindungswirkung für das im Beschluss bezeichnete Gericht, § 281 II 3
Praxis: Gericht weist K idR. auf drohende Prozessabweisung hin und erkundigt sich, ob Verweisung erfolgen soll
Formeller Parteibegriff (parteibezogene SUV)
Unabhängigkeit der Parteistellung von materieller Rechtslage bzw. von der Sachlegitimation
Maßgeblichkeit der Parteibezeichnung in Klage
K = der Klage erhebt
B = gegen den sich Klage richtet
Beseitigung von Zweifeln über Person von K oder B durch Auslegung der Klageschrift
Parteifähigkeit (parteibezogene SUV)
Fähigkeit, Partei in einem Rechtsstreit zu sein.
Grundsatz § 50 I ZPO: Verknüpfung Parteifähigkeit mit Rechtsfähigkeit
Parteifähig sind:
natürliche Personen (§ 1 BGB)
juristische Personen
OHG und KG (§§ 105 II, 161 II HGB)
Partnerschaft und Außengesellschaft bürgerlichen Rechts (§§ 1 IV PartGG, 705 II Var. 1 BGB)
WEG (§ 9a I WEG)
nicht rechtsfähige Vereine (s. § 54 BGB)
Prozessfähigkeit (parteibezogene SUV)
Fähigkeit, einen Prozess in eigener Person zu führen oder durch einen selbst bestellten Vertreter führen zu lassen.
Grundsatz § 51 I ZPO: Verknüpfung Prozessfähigkeit mit Geschäftsfähigkeit
§§ 104 ff. BGB grds. maßgeblich
keine beschränkte Prozessfähigkeit (beschr. GF iSd. §§ 106-111 BGB führt zur vollständigen Prozessunfähigkeit)
partielle GF iSd. §§ 112, 113 BGB = volle Prozessfähigkeit, die gegenständlich auf best. Kreis von Angelegenheiten beschränkt
Vertretung von prozessunfähigen Parteien durch gesetzlichen Vertreter
Zurechnung von Vertreterverschulden, § 51 II ZPO
Prozessführungsbefugnis (parteibezogene SUV)
Recht, über den mit der Klage geltend gemachten Anspruch in eigenem Namen einen Rechtsstreit zu führen.
Grds. hat Inhaber des (behaupteten) Anspruchs PFB
Aber: Entzug der Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis führt zum Entfall der PFB (zB. im Fall des § 80 I InsO)
Ausnahme: Prozessstandschaft
Prozessstandschaft
Geltendmachung von fremden behaupteten Ansprüchen in eigenem Namen
Gesetzliche Prozessstandschaft
von “Parteien kaft Amtes” (zB. § 80 I InsO) oder im Fall des § 265 II 1 ZPO
Gewillkürte Prozessstandschaft
zulässig bei…
Vorliegen einer Ermächtigung des Berechtigten
Bestehen eines eigenen schutzwürdigen Interesses des Prozessstandschafters an Prozessführung [hM]
Postulationsfähigkeit (parteibezogene SUV)
Fähigkeit, vor Gericht aufzutreten und Prozesshandlungen wirksam vornehmen zu können (Prozesshandlungsvoraussetzung)
grds. PF der Parteien im Parteiprozess iSv. § 79
Keine PF im Anwaltsprozess iSv. § 78
Bestellung eines Rechtsanwalts als Prozessbevollmächtigten
Wenn PF (-) -> Unwirksamkeit der betreffenden Prozesshandlung
Klageeinreichung durch nicht postulationsfähige Person unwirksam (wg. Fehlens einer echten Prozess-Vrs. erfolgt schon keine Zustellung der Klage)
Ordnungsgemäße Klageerhebung
Wahrung der zwingenden Anforderungen des § 253 II
wirksame Zustellung der Klageschrift (sodass Rechtshängigkeit)
Ausschluss der Klagemöglichkeit bis zu erfolgloser Durchf. eines außergerichtl. Schlichtungsverfahren in Fällen des § 15a EGZPO iVm. § 1 NSchlG
Keine anderweitige Rechtshängigkeit (§ 261 III Nr. 1)
Keine entgegenstehende Rechtskraft (§ 322)
Rechtsschutzbedürfnis (…)
Rechtsschutzbedürfnis (Streitgegenstandsbezogene SUV)
Rechtsschutzbedürfnis fehlt, wenn K das mit Klage verfolgte Ziel auf einfachere Weise erreichen kann oder er mit dem Prozess erkennbar prozesswidrige Zwecke verfolgt.
Bei Leistungsklagen
RSB idR. (+)
Ausnahme: K hat bereits Vollstreckungstitel gegen B
Bei Feststellungsklagen
Feststellungsinteresse iSv. § 256 = besonderes RSB [hM]
positive Feststellung geboten
Bei Gestaltungsklagen
RSB stets (+)
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