Wozu dienen Kontrastmittel?
In welchen Modalitäten werden sie angewandt?
Mit Hilfe von Kontrastmittel in den bildgebenden Verfahren (Röntgendiagnostik, Magnetresonanztomographie und Sonographie) können Strukturen und Funktionen des Körpers verbessert dargestellt werden.
Kontrastmittel sind Arzneimittel und unterliegen in Deutschland dem Arzneimittelgesetz.
In welcher Form werden Kontrastmittel appliziert?
Je nach ihren physikalischen-chemischen Eigenschaften sind Kontrastmittel unter anderem für folgende Applikationen zugelassen:
- intravaskulär (intravenös und intraarteriell)
- enteral (oral oder rektal)
- intrathekal
Daneben gibt es weitere Verabreichungsformen für spezielle Untersuchungen wie z.B. direkte Applikation in ein Gelenk (z.B. MRT-Arthrographie), in ein Lymphgefäß (z.B. MRT-Lymphangiographie) oder Gallenwege (z.B. perkutane transhepatische Choleangiographie).
Nenne die verschiedenen Kontrastmittel-Phasen in CT-Untersuchungen und die Zeiten, zu denen sie aufgenommen werden.
- Native Phase
- Früh-arterielle Phase (angiographische Phase; 15-20 Sekunden nach Injektion)
- Spät-arterielle Phase (35-40 Sekunden nach Injektion)
- Portalvenöse Phase (70-80 Sekunden nach Injektion)
- Nephrogene Phase (100 Sekunden nach Injektion)
- Spätphase (urographische Phase; ca. 10-30 Minuten nach Injektion)
Native Phase: Darstellung von Kalzifikationen oder Fettanteil von Tumoren.
Früharterielle Phase: Lediglich die Arterien sind kontrastiert, die Organe/Gewebe sind (noch) nicht kontrastiert.
Spätarterielle Phase: Jedes Organ oder Gewebe, welches arterielle Blutzufuhr erhält, wird kontrastiert.
Portalvenöse Phase: Das Leberparenchym wird homogen kontrastiert durch die Blutzufuhr über die V. portae.
Nephrogene Phase: Das gesamte Nierenparenchym inklusive Nierenmark ist kontrastiert. Somit lassen sich selbst kleine Nierenzellkarzinome besser von der Umgebung abgrenzen.
Spätphase: Die Spätphase wird auch urographische oder „wash out“ Phase genannt. Fibrotische Läsionen oder bestimmte Tumore wie das cholangiozelluläre Karzinom lassen sich gut abgrenzen. Läsionen im Nierenbecken/Harnleiter lassen sich durch die homogene Kontrastierung des Harntrakts als entstehende Aussparungen deutlich besser detektieren.
Welches CT-Protokoll nutzt Du zur Differenzierung einer (unklaren) Leberläsion?
Das CT-Protokoll sollte eine spätarterielle Phase und eine portalvenöse Phase enthalten. Optional sind eine native Phase und eine Spätphase.
Die CT-Protokolle können zwischen radiologischen Instituten stark variieren.
Bei einer (unklaren) Leberläsion kommen differentialdiagnostisch unter anderem ein Hämangiom, Leberadenom, fokale noduläre Hyperplasie, hepatozelluläres Karzinom oder Metastase in Betracht, welche jeweils unterschiedliche Charakteristika in den einzelnen Phasen aufweisen. Eine Leberläsion mit einer spätarteriellen Kontrastmittelanreicherung und anschließendem Auswaschen in der portalvenösen Phase spricht beispielsweise für ein hepatozelluläres Karzinom. Die Diagnose eines hepatozellulären Karzinoms gilt bei derartigem typischen Kontrastmittel-Verhalten als gesichert.
Eine native Phase kann als „baseline“ vor Kontrastmittelgabe nützlich sein oder bei der Frage nach Einblutung weiterhelfen. Die Spätphase ist bei fibrotischen Läsionen und bei Verdacht auf ein cholangiozelluläres Karzinom zu empfehlen.
Welches CT-Protokoll nutzt Du zur Differenzierung einer (unklaren) Nierenläsion?
Das CT-Protokoll sollte eine native Phase, eine spätarterielle Phase, eine nephrogene Phase und eine Spätphase (urographische Phase) enthalten.
Bei einer (unklaren) Nierenläsion kommen differentialdiagnostisch unter anderem eine einfache Nierenzyste, komplizierte Nierenzyste, Nierenzellkarzinom oder Angiomyolipom in Betracht, welche jeweils ein charakteristisches Kontrastmittelverhalten aufweisen. Bei Nierenzysten wird zur Einordnung die Bosniak-Klassifikation genutzt, für dessen Stadieneinteilung eine messbare Kontrastmittelanreicherung in die Bewertung einfließt. Somit sind hierfür eine native, spätarterielle und nephrogene Phase notwendig, um die Dichtewerte innerhalb der Läsion zu messen und zu vergleichen. Ein Angiomyolipom kann auf Grund des typischen Fettanteils in der nativen Phase diagnostiziert werden. Die Spätphase wird genutzt, um im homogen kontrastierten Harntrakt auch Läsionen zu detektieren, die ausgespart werden und malignen Tumoren im Nierenbecken oder Harnleiter entsprechen könnten.
Welches CT-Protokoll nutzt Du zur Differenzierung einer (unklaren) Pankreasläsion?
Das CT-Protokoll sollte eine spätarterielle Phase und eine portalvenöse Phase enthalten. Gegebenenfalls erfolgt initial eine native Phase zur (besseren) Darstellung von Kalzifikationen.
Bei einer (unklaren) Pankreasläsion kommen differentialdiagnostisch unter anderem eine Pankreaszyste, Pseudozyste, intraduktale papilläre muzinöse Neoplasie oder Pankreaskarzinom in Betracht, welche unterschiedliche Kontrastmittelverhalten aufweisen. Eine messbare Kontrastmittelanreicherung spricht gegen eine einfache Zyste. Bei Verdacht auf ein Pankreaskarzinom sind die spät-arterielle und portalvenöse Phase unabdingbar, um die Lagebeziehung zu den arteriellen und venösen Gefäßen und die Begrenzungen des Tumors sicher zu beurteilen. Daraus leitet sich die Entscheidung für die operative Therapie ab.
Welche Injektionsrate verwendet Du optimaler Weise für die meisten Fragestellungen?
ptimaler Weise wird eine Injektionsrate von 3-5 ml/Sekunde über eine 18G Braunüle (grün) verwendet.
Für die meisten Indikationen, insbesondere bei Frage nach Lungenarterienembolie oder Charakterisierung von Tumoren, sollte eine hohe Injektionsrate von 5 ml/Sekunden verwendet werden.
Falls dies nicht möglich ist, sollte alternativ eine Injektionsrate von 3-4 ml/Sekunde über eine 20G Braunüle (rosa) verwendet werden. Bei lediglich durchgeführter portalvenöser Phase ist die Injektionsrate von 3-4 ml/Sekunde absolut ausreichend.
Eine reduzierte Injektionsrate von 2,5 ml/Sekunde über eine 22G Braunüle (blau) oder einen zentralvenösen Katheter sollte - wenn möglich - vermieden werden.
Erkläre den Unterschied zwischen röntgenpositiven und röntgennegativen Kontrastmitteln.
Röntgenpositive Kontrastmittel führen zu einer vermehrten Absorption eintretender Röntgenstrahlen gegenüber dem umgebenden Gewebe, da sie eine höhere Ordnungszahl als das umgebende Gewebe besitzen.
Röntgennegative Kontrastmittel führen aufgrund der geringen oder fehlenden Absorptionsfähigkeit zu einer ungehinderten Durchlässigkeit der Röntgenstrahlung.
Röntgennegative Kontrastmittel bestehen meist aus Luft oder Gasen (z.B. CO2).
Wie lassen sich röntgenpositive Kontrastmittel weiter unterteilen?
Röntgenpositive Kontrastmittel werden weiter unterteilt in wasserlösliche und wasserunlösliche Substanzen (z.B. Bariumsulfat).
Die wasserlöslichen Substanzen sind in der Regel jodhaltig und unterscheiden sich weiter in ionische und nicht-ionische Substanzen.
Die wasserlöslichen Kontrastmittel besitzen eine gemeinsame Grundstruktur mit einem Trijodbenzolring. Das Jod ist hierbei die Röntgenkontrast gebende Substanz, da es aufgrund der hohen Ordnungszahl (Z=53) eine hohe Absorptionsfähigkeit besitzt.
Das wasserunlösliche röntgenpositive Kontrastmittel Bariumsulfat besitzt ebenfalls aufgrund der Ordnungszahl von Z=56 eine hohe Absorptionsfähigkeit.
Der Vollständigkeit halber gibt es auch die eher selten verwendeten, ölhaltigen röntgenpositiven Kontrastmittel. Diese Jodöle werden meist zur Darstellung von Lymphbahnen angewandt.
Wie unterscheiden sich nicht-ionische und ionische jodhaltige Röntgenkontrastmittel voneinander?
Nicht-ionische Kontrastmittel tragen keine elektrische Ladung. Sie sind hydrophiler als ionische Kontrastmittel und besitzen eine deutlich niedrigere Osmolarität.
Aufgrund dieser chemischen-physikalischen Eigenschaften sind sie besser verträglich als ionische Kontrastmittel.
Nicht-ionische jodhaltige Kontrastmittel sind besser verträglich als ionische jodhaltige Kontrastmittel und werden daher für intravasale Untersuchungen angewandt.
Aufgrund des höheren Nebenwirkungsprofils der ionischen Röntgenkontrastmittel (wie z.B. Gastrografin®) im Vergleich zu den nicht-ionischen Röntgenkontrastmittel sind diese in Deutschland nicht mehr für die intravasale Anwendung zugelassen.
Ionische Röntgenkontrastmittel sind im Allgemeinen preisgünstiger als nicht-ionische Röntgenkontrastmittel und der enteralen Anwendung vorbehalten.
Welche Jodkonzentration wird für intravenöse CT-Untersuchungen verwendet?
Für die meisten Untersuchungen ist eine Konzentration von 300 mg/ml Jod ausreichend.
Die CT-Angiographie wird häufig mit 350-375 mg/ml Jod durchgeführt.
Welche Menge an jodhaltigem Kontrastmittel wird einem durchschnittlichen Erwachsenen bei einer routinemäßigen CT des Abdomens verabreicht?
Das verabreichte Kontrastmittelvolumen kann bei einem durchschnittlichen Erwachsenen für eine CT des Abdomens zwischen 80 und 150 ml liegen.
Wie werden intravenöse nicht-ionische Röntgenkontrastmittel ausgeschieden?
Intravenöse nicht-ionische Röntgenkontrastmittel werden überwiegend (ca. 90%) über die Niere ausgeschieden. Die Plasmahalbwertzeit beträgt ca. 1-3 Stunden. Der Rest wird über das Leber-Galle-System und in sehr geringem Anteil über den Darm und Speicheldrüsen ausgeschieden.
Intravenös verabreichte Röntgenkontrastmittel sind bei normaler Nierenfunktion nach ca. 2 h zu 50%, nach 4 h zu 75% und nach 24 h nahezu vollständig ausgeschieden.
Intravenöse nicht-ionische Röntgenkontrastmittel und Gadolinium-haltige MRT-Kontrastmittel werden überwiegend über die Niere ausgeschieden. Das hat zur Folge, dass durch den Urin der Patient*innen Kontrastmittel ins Abwassersystem gelangt. Kläranlagen können die Kontrastmittel technisch oder chemisch nicht auffangen, sodass diese ins Trinkwasser gelangen und hier nachweisbar sind. In Berlin war beispielsweise 2018 ein Bericht über die zunehmende Belastung des Berliner Trinkwassers mit Gadolinium-haltigen Kontrastmittel zu finden.
Gegenmaßnahmen gibt es derzeit nicht - eine Möglichkeit wäre, den 24 h Sammelurin nach Kontrastmittel-Gabe aufzufangen und zu verarbeiten, sodass dieser nicht in das Abwassersystem gelangt.
Nenne das Nebenwirkungsprofil der jodhaltigen Röntgenkontrastmittel. Wie klärst Du Patient*innen auf?
Die Aufklärung erfolgt über:
1. Akute und späte unerwünschte Nebenwirkungen wie allergieartige und chemotoxische Reaktionen. Die häufigsten (ca. 90%) treten akut innerhalb von wenigen Minuten nach Kontrastmittelgabe auf. Insgesamt wird die Häufigkeit der Nebenwirkungen als selten, schwere Reaktionen als sehr selten eingestuft.
2. Risiko einer kontrastmittelassoziierten Nierenerkrankung, insbesondere bei Patient*innen mit eingeschränkter Nierenfunktion.
3. Risiko einer Hyperthyreose oder thyreotoxischen Krise, insbesondere bei Patient*innen mit einer Schilddrüsenfunktionsstörung.
Zu 1:
Chemotoxische Reaktionen umfassen z.B. Übelkeit, Erbrechen, Wärme-/Kältegefühl, vasovagale Reaktion, Arrythmien und zerebraler Krampfanfall.
Allergieartige Reaktionen umfassen z.B. leichte Urtikaria, Juckreiz und Erythem (mild, Grad 1), deutliche Urtikaria, Brochospasmus und Larynxödem (moderat, Grad 2) sowie hypotensiver Schock (Grad 3), Atemstillstand und Herzstillstand (schwer, Grad 4).
Diese Reaktionen ähneln den Symptomen einer Allergie und werden daher als allergieartig bezeichnet. Dennoch liegt hier pathophysiologisch keine klassische Allergie vor, welche durch eine immunologische Reaktion bzw. der Bildung von Antikörpern und einer spezifischen Aktivierung von Mastzellen gekennzeichnet ist. Bei der allergieartigen Reaktion (auch Pseudoallergie oder Überempfindlichkeitsreaktion) werden ohne Beteiligung von Antikörpern Mastzellen unspezifisch aktiviert, was eine Entzündungsreaktion mit Ausschüttung von Histamin zur Folge hat.
Die Inzidenz der Nebenwirkungen wird in Sammelstatistiken unterschiedlich dargelegt - meist angegeben sind Nebenwirkungsraten von ca. 1%; schwere Reaktionen auf jodhaltiges Kontrastmittel sind sehr selten (ca. 0,01-0,04%).
Zu 2:
Nach den aktuellen ESUR-Leitlinien für Kontrastmittel hat es durchgreifende Änderungen gegeben:
Der vormals verwendete Begriff der "kontrastmittelinduzierten Nephropathie (CIN)" wurde durch "kontrastmittelassoziierte akute Nierenschädigung (PC-AKI)" ersetzt. Grund waren neue Studienergebnisse der McDonald-Gruppe, bei denen ein vergleichbar hohes Risiko für ein akutes Nierenversagen nach nativer und nach kontrastmittelverstärkter CT aufgetreten war. Demnach besteht möglicherweise kein kausaler Zusammenhang zwischen einer Kontrastmittelgabe und der Nierenschädigung.
Von einer kontrastmittelassoziierten akuten Nierenschädigung spricht man, wenn das Serum-Kreatinin innerhalb von 48-72 Stunden nach intravaskulärer Kontrastmittelgabe um ≥ 0,3 mg/dl (oder ≥ 26,5 μmol/l) oder um ≥ 1,5-fache des Referenzwertes ansteigt.
Risikofaktoren für PC-AKI sind (laut ESUR-Leitlinie):
Seitens der Patient*innen:
eGFR unter 45 ml/min/1,73m² vor intraarterieller Röntgenkontrastmittelgabe mit renalem first-pass Effekt oder bei Patient*innen einer Intensivstation.
eGFR unter 30 ml/min/1,73m² vor Gabe eines intravenösen oder intraarteriellen Röntgenkontrastmittels mit renalem second-pass Effekt.
Bekanntes oder vermutetes akutes Nierenversagen.
Untersuchungsbedingt:
Intraarterielle Röntgenkontrastmittelgabe mit renalem first-pass Effekt.
Große Mengen eines intraarteriellen Kontrastmittels mit renalem first-pass Effekt.
Hoch-osmolare Röntgenkontrastmittel.
Mehrfache Röntgenkontrastmittelgabe innerhalb von 48-72 Stunden.
Den Link zur aktuellen ESUR-Leitlinie (Version 10.0, März 2018) findest Du hier.
Zu 3:
Ein erhöhtes Risiko für eine Thyreotoxikose bilden Patient*innen mit einem unbehandelten Morbus Basedow, Struma multinodosa oder einer Schilddrüsenautonomie. Sie tritt für gewöhnlich frühestens nach einer Woche nach Kontrastmittelgabe auf. Die Häufigkeit wird als sehr selten angegeben (100 thyreotoxische Krisen auf 5 Millionen Kontrastmitteluntersuchungen, wovon ca. 38% durch eine Jodexposition ausgelöst werden) [Lederbogen et al. 1992].
Jodhaltige Kontrastmittel sind bei Patient*innen mit papillärem oder follikulärem Schilddrüsenkarzinomen kontraindiziert. Falls die Tumorzellen mit Jod gesättigt werden, ist eine Radiojodtherapie nicht mehr möglich.
Welche Patient*innen sollten vor bzw. nach der Gabe von jodhaltigen Röntgenkontrastmitteln hydriert werden?
Die ESUR-Leitlinie empfiehlt eine Hydrierung bei Patient*innen mit einer eGFR von < 30 ml/min/1,73m².
Die Hydrierung sollte laut Leitlinie intravenös, z.B. mit 0,9%iger Kochsalzlösung über 3-4 Stunden vor und 4-6 Stunden nach der Untersuchung durchgeführt werden. In vielen radiologischen Abteilungen wird vereinfacht 100 ml 0.9%ige Kochsalzlösung/h für 4 h vor und 4 h nach intravenöser Kontrastmittelgabe verabreicht.
Die Leitlinie empfiehlt keine alleinige orale Hydrierung - allerdings wird hier keine Begründung genannt.
Die Hydrierung sollte immer mit den behandelnden Ärzt*innen abgesprochen werden, da diese z.B. bei Patient*innen mit Lungenödem oder Herzinsuffizienz (NYHA 3-4) kontraindiziert sein könnte.
Musst Du bei dialysepflichtigen Patient*innen die Gabe von jodhaltigen Röntgenkontrastmitteln auf die Dialysesitzung abstimmen?
Nein.
Entsprechend der aktuellen ESUR-Leitlinie muss bei dialysepflichtigen Patient*innen keine Abstimmung von jodhaltigen Röntgenkontrastmitteln auf die Dialysesitzung erfolgen. Im Gegensatz empfiehlt die Leitlinie bei Verwendung von Gadolinium-haltigen Kontrastmitteln die Abstimmung auf die Dialysesitzung.
Was weißt Du über die medikamentöse Prophylaxe zum Schutz vor einer kontrastmittelassoziierten akuten Nierenschädigung?
Bisher gibt es keine medikamentöse Prophylaxe, die nachweislich vor einer kontrastmittelassoziieren Nierenschädigung schützt.
In der Vergangenheit gab es zahlreiche Studien, die die Schutzwirkung von bestimmten Medikamenten (u.a. Statinen, renale Vasodilatatoren, Rezeptor-Antagonisten endogener vasoaktiver Substanzen) nachzuweisen versuchten. Insbesondere das Medikament Acetylcystein (ACC) blieb lange im radiologischen Bewusstsein und wurde aufgrund seiner antioxidativen und gefäßerweiternden Eigenschaften für die Prophylaxe der Röntgenkontrastmittel induzierten Nephropathie empfohlen [Möckel et al. 2002]. Letztendlich hat jedoch 2011 eine Studie mit genügend hoher Fallzahl die Begeisterung für das Medikament durchbrochen, in dem die Effektivität von ACC nicht nachgewiesen werden konnte [ACT Investigators et al. 2011].
Wie gehst Du bei Patient*innen vor, die Metformin einnehmen und eine Untersuchung mit jodhaltigem Röntgenkontrastmittel erhalten sollen?
Antwort
Nach aktueller ESUR-Leitlinie kann bei Patient*innen mit einer eGFR > 30 ml/min/1,73m², welche jodhaltiges Kontrastmittel erhalten sollen, Metformin normal eingenommen werden.
Bei Patient*innen mit einer eingeschränkten eGFR < 30 ml/min/1,73m² oder bei akutem Nierenversagen, sollte Metformin ab dem Zeitpunkt der Röntgenkontrastmittelapplikation für 48 Stunden abgesetzt werden.
Metformin wird über die Niere ausgeschieden und kann bei einer Akkumulation zu einer Laktatazidose führen. Das Risiko einer Laktatazidose wurde jedoch bislang in den Studien nicht ausreichend bewiesen.
Es ist noch zu erwähnen, dass die Fachinformation von Metformin deutlich vorsichtiger formuliert ist. Laut Fachinformation wird ein Absetzen im Vorfeld oder zum Zeitpunkt des bildgebenden Verfahrens empfohlen. Metformin darf frühestens 48 Stunden danach wieder aufgenommen werden, wenn die Nierenfunktion erneut kontrolliert wurde und sich als stabil erwiesen hat.
Metformin ist bei Patient*innen mit einer eGFR < 30 ml/min/1,73m² kontraindiziert, sodass zumindest nach der aktuellen Leitlinie theoretisch keine Gegenanzeige auftreten dürfte.
Wie gehst Du bei Patient*innen mit einer latenten oder manifesten Hyperthyreose vor, die eine Untersuchung mit jodhaltigem Kontrastmittel erhalten sollen?
Bei einer latenten Hyperthyreose kann mit Hilfe von Natriumperchlorat (Irenat® Tropfen), welches vor der Untersuchung verabreicht wird, die Jodaufnahme in die Schilddrüse blockiert werden. Die Medikation wird nach der Untersuchung für mindestens 7 Tage fortgeführt. Die Schilddrüsenparameter sollten abschließend kontrolliert werden.
Die manifeste Hyperthyreose stellt eine absolute Kontraindikation für die Gabe von jodhaltigen Kontrastmitteln dar.
Natriumperchlorat (Irenat®) hemmt die Jodaufnahme in die Schilddrüse.
Die latente und manifeste Hyperthyreose können laborchemisch unterschieden werden: die latente Hyperthyreose weist ein vermindertes TSH-Level und gleichzeitig normwertige T3- und T4-Spiegel auf; die manifeste Hyperthyreose ist durch ein vermindertes TSH-Level und gleichzeitig erhöhten T3- und T4-Spiegel gekennzeichnet.
Es gibt Einzelfälle, bei denen trotz manifester Hyperthyreose jodhaltige Kontrastmittel verabreicht werden, da die alternative Diagnostik z.B. mittels MRT nicht verfügbar ist oder zu einem nicht tolerierbaren Zeitverzug führen würde. Diese Einzelfälle stellen häufig unmittelbar lebensbedrohliche Krankheitsbilder dar (z.B. Verdacht auf akute Aortendissektion, schweres Polytrauma, Schlaganfall), in denen der Nutzen einer suffizienten, schnellen Diagnostik überwiegt.
Bei Gabe von jodhaltigen Kontrastmitteln trotz manifester Hyperthyreose wird die Medikation mit Natriumperchlorat und weiteren Thyreostatika (Thiamazol oder Carbimazol) empfohlen. Thiamazol oder Carbimazol hemmen die Bildung der Schilddrüsenhormone durch Hemmung ihrer Jodierung.
Wie gehst Du bei Patient*innen mit einer anamnestisch früheren allergieartigen Reaktion nach Röntgenkontrastmittel-Gabe vor?
Nach aktueller Leitlinie wird ein alternatives diagnostisches Verfahren oder ein anderes Kontrastmittel empfohlen.
Eine Prämedikation mit H1-, H2-Blockern oder Cortison wird in verschiedenen radiologischen Abteilungen im Alltag durchgeführt; eine Empfehlung in den aktuellen Leitlinien gibt es derzeit jedoch nicht.
Die häufig genannte anamnestische Jodallergie gibt es streng genommen nicht, da das Jod, welches körpereigen für die Produktion von Schilddrüsenhormonen genutzt wird, aus immunologischer Sicht zu klein ist, um allergen wirksam zu sein.
Die allergieartige Reaktion (nicht Antikörper vermittelt) oder Unverträglichkeit richtet sich in der Regel auch nicht gegen das Jod, sondern die zusätzlichen Inhaltsstoffe der Kontrastmittel. Diese variieren je nach Hersteller. Studien zeigen, dass das Risiko einer allergieartigen Reaktion nach Substanzwechsel deutlich reduziert werden kann. Nach Gabe des gleichen Kontrastmittels lag das Risiko unerwünschter Wirkungen bei 31%, nach Substanzwechsel bei 12%. Die zusätzliche Gabe eines H1-Blockers reduzierte in beiden Gruppen das Risiko auf 24% bzw. 8% [Park et al. 2018].
Die Gabe einer Prophylaxe mit H1-, H2-Blockern oder Cortison bzw. einer Kombination aus allen drei Medikamenten wird im radiologischen Alltag bei Patient*innen mit früherer allergieartiger Reaktion durchgeführt und wurde bis zur letzten bestehenden Version der ESUR-Leitlinie (Version 9.0) aufgeführt und empfohlen.
Welche alternativen Kontrastmittel neben nicht-ionischen jodhaltigen Röntgenkontrastmittel kannst Du zur Darstellung von Gefäßen nutzen?
Alternatives Schnittbildverfahren zur Gefäßdarstellung ist die MRT. Dabei können durch die Akquisition von nativen Sequenzen (z.B. arterielle oder venöse Time of Flight-Angiographie, venöse Phasenkontrast-Angiographie oder balanced steady-state free precession Sequenzen in der kardiovaskulären Bildgebung) oder Kontrastmittel-gestützten Sequenzen mit Gadolinium hochauflösende Gefäßuntersuchungen des Körpers durchgeführt werden.
In der Durchleuchtung/Angiographie von Körperregionen unterhalb des Zwerchfells kann alternativ CO2 als negatives Röntgenkontrastmittel verwendet werden.
Aufgrund der Gefahr einer kardialen oder zerebralen Gasembolie stellt die arterielle Verwendung von CO2 oberhalb des Zwerchfells eine absolute Kontraindikation dar.
Dürfen jodhaltige Röntgenkontrastmittel Schwangeren verabreicht werden?
Nur in Ausnahmefällen sollten Schwangeren jodhaltiges Röntgenkontrastmittel verabreicht werden. Erhält eine Schwangere jodhaltiges Kontrastmittel, sollte beim Neugeborenen innerhalb der ersten Woche nach Geburt die Schilddrüsenfunktion überprüft werden.
Indikationen für die Gabe von jodhaltigen Röntgenkontrastmitteln bei Schwangeren stellen lebensbedrohliche Zustände (schweres Polytrauma, Verdacht auf fulminante Lungenarterienembolie) dar und bedürfen einer dringlichen CT-Diagnostik.
Wie wird Bariumsulfat appliziert?
Nenne typische Anwendungsgebiete.
Bariumsulfat wird als milchige Suspension zum Trinken verabreicht. Es dient als Kontrastmittel zur Darstellung des Ösophagus, Magens, Dünn- und Dickdarms.
Bariumsulfat wird auch in Kombination mit Kohlenstoffdioxid oder Methylzellulose-Gelen verabreicht, um eine Aufblähung des Gastrointestinaltrakts zu erreichen. Diese heutzutage nur noch sehr selten eingesetzte Methode bezeichnet man als Doppelkontrastmethode (positiver und negativer Kontrast). Sie dient zur besseren Reliefdarstellung der Darmschleimhaut.
Nenne Kontraindikationen für eine orale Kontrastmittelverwendung von Bariumsulfat.
Bariumsulfat darf nicht bei penetrierenden Verletzungen der Schleimhaut (z.B. bei Verdacht auf Perforation oder Anastomoseninsuffizienz) eingesetzt werden. Dabei besteht die Gefahr einer Peritonitis oder Mediastinitis.
Eine weitere Kontraindikation besteht bei Patient*innen mit erhöhter Aspirationsgefahr. Hierbei kann es zu einem Lungenödem kommen, da Bariumsulfat eine Fremdkörperreaktion hervorrufen kann.
Bei Verdacht auf Ileus sollte Bariumsulfat ebenfalls nicht angewandt werden, da es hypoosmolar gegenüber Blut ist und somit zu einem Wasserentzug bzw. Eindickung des Darminhalts und somit zu einer Obstipation bzw. Verschlechterung des Ileus führen kann.
Bariumsulfat wird im Magen-Darm-Trakt nicht resorbiert und als „weißer Stuhl“ wieder ausgeschieden.
Nenne ein alternatives orales Röntgenkontrastmittel zur Darstellung des Magen-Darm-Trakts.
Wasserlösliche ionische Kontrastmittel wie Gastrografin® werden typischerweise zur oralen Kontrastierung verwendet.
Nenne den Nachteil von oral verwendeten positiven Kontrastmitteln. Bei welchen Fragestellungen sollten diese nicht verwendet werden?
Bei jeglichen Fragestellungen zur Charakterisierung der Darmwand (z.B. bei Infarzierung) oder bei Frage nach einer Darmblutung sollte auf eine orale Kontrastierung mit positiven Kontrastmitteln verzichtet werden. Andernfalls kann sonst die Pathologie durch das Kontrastmittel maskiert werden.
Bei welchen Fragestellungen sind positive orale oder rektale Kontrastmittel unabdingbar?
Zur Darstellung von Fisteln, entzündlichen Prozessen, Hohlorganperforation oder Anastomoseninsuffizienz sollte die Gabe von positiven oralen oder rektalen Kontrastmitteln erfolgen.
Welche MRT-Kontrastmittel kennst Du?
Die am häufigsten verwendeten MRT-Kontrastmittel sind Gadolinium-haltige Kontrastmittel.
Daneben gibt es weitere Kontrastmittel mit paramagnetischen Eigenschaften wie Eisenoxide und Manganverbindungen, die für spezielle Fragestellungen verwendet werden.
Das superparamagnetische Eisenoxid (SPIO) wird zur Darstellung des retikulo-endothelialen Systems verwendet und ist ein negatives Kontrastmittel („Schwarzmacher“). Das gesunde Lebergewebe enthält Kupffer Zellen, die das Eisenoxid aufnehmen und somit in T2 ohne Signal (schwarz) erscheint. Die Pathologie enthält keine Kupffer Zellen und lässt sich somit als signalangehobene Veränderung darstellen.
Manganverbindungen werden ebenfalls zur Darstellung und Differenzierung von Leberläsionen eingesetzt. Sie werden in den gesunden Hepatozyten aufgenommen und lassen diese signalreich erscheinen („Weißmacher“).
Beide MRT-Kontrastmittel sind für spezielle Fragestellungen gedacht und kein klinischer Standard.
Können diese Kontrastmittel auch enteral/oral verwendet werden?
Ja. In der Routine wird jedoch häufig Wasser, versetzt mit weiteren Zusatzstoffen wie Mannitol zur oralen Kontrastierung in MRT-Untersuchungen verwendet.
Wieso wird Gadolinium als Kontrastmittel verwendet?
Welche besonderen Eigenschaften der Substanz kennst Du?
Gadolinium ist ein Metall und gehört zu den seltenen Erden. Es besitzt 7 ungepaarte Elektronen und ist dadurch stark paramagnetisch. Da es als Gadolinium-Ion toxisch ist, wird es an Chelate gebunden und kann dann als Kontrastmittel verwendet werden.
Aufgrund der hohen Ordnungszahl von Gadolinium (Z=64, Vergleich Jod Z=53) besitzt es auch eine hohe Absorptionsfähigkeit von Röntgenstrahlen. Gadolinium-haltige Kontrastmittel sind als Röntgenkontrastmittel zwar nicht zugelassen, dennoch sollten kontrastmittelgestützte Untersuchungen des Abdomens im CT zeitlich vor der einer kontrastmittelgestützten MRT-Untersuchung liegen, damit Veränderungen im Harntrakt nicht missinterpretiert werden.
In Dosierungen, die zu einer vergleichbaren Röntgenschwächung führen, sind Gadolinium-haltige Kontrastmittel nephrotoxischer als jodhaltige Röntgenkontrastmittel.
Wie verändern Gadolinium-haltige Kontrastmittel die T1- und T2-Relaxationszeiten?
Gadolinium-haltige Kontrastmittel verkürzen die T1- und T2-Relaxationszeiten.
Typischerweise wird vor allem die Verkürzung der T1-Relaxationszeit bei der kontrastmittelgestützten MRT-Bildung ausgenutzt. Dabei führt eine T1-Gewichtung zum Signalanstieg im „kontrastierten“ Gewebe.
Bei niedrigen Konzentrationen des MRT-Kontrastmittels dominiert der T1-Effekt mit Signalanstieg. Ab einer Schwellendosis kommt es auf Grund zunehmender T2-Effekte zu einem dosisabhängigen Signalabfall. Dies macht man sich dann in der Perfusionsuntersuchung zu nutze.
Wie kannst Du Gadolinium-haltige Kontrastmittel weiter unterteilen?
Gadolinium-haltige Kontrastmittel lassen sich nach ihrer Struktur in lineare (gebunden an einen linearen Chelator) und makrozyklische (gebunden an einen makrozyklischen Chelator) Kontrastmittel unterteilen.
Magnevist® wurde als erstes (lineares) Gadolinium-haltiges Kontrastmittel im Jahr 1988 zugelassen. Analog zu Röntgenkontrastmitteln können Gadolinium-haltige Kontrastmittel anhand ihrer Gesamtladung in ionische und nicht ionische Kontrastmittel unterteilt werden.
Nenne das Nebenwirkungsprofil der Gadolinium-haltigen Kontrastmittel. Wie klärst Du Patient*innen auf?
1. Unerwünschte Nebenwirkungen wie allergieartige und chemotoxische Reaktionen. Die meisten Reaktionen treten akut innerhalb der ersten Stunde nach intravenöser Kontrastmittelgabe auf. Insgesamt wird die Häufigkeit der Nebenwirkungen als sehr selten eingestuft.
2. Risiko einer nephrogenen systemischen Fibrose, insbesondere bei Patient*innen mit eingeschränkter Nierenfunktion.
3. Risiko einer Gadolinium-Retention im Gehirn.
Chemotoxische Reaktionen umfassen z.B. Übelkeit und Erbrechen.
Gadolinium-haltige Kontrastmittel werden insgesamt sehr gut vertragen. Die Inzidenz der Nebenwirkungen wird in Sammelstatistiken unterschiedlich dargelegt - meist angegeben sind Nebenwirkungsraten von ca. 0,001%; schwere Reaktionen auf Gadolinium-haltige Kontrastmittel sind noch seltener (ca. 0,0001%) [Behzadi et al. 2018].
Im Jahr 2016 wurde der Zusammenhang zwischen der nephrogenen systemischen Fibrose und der Gabe von Gadolinium-haltigen Kontrastmitteln festgestellt. Bei den heutzutage verwendeten Gadolinium-haltigen Kontrastmitteln mit geringem NSF-Risiko wurden nach Risikominimierung (Vorsicht bei einer GFR < 30 ml/min/1,73m²) keine neuen Fälle der nephrogenen systemischen Fibrose beschrieben.
Im Jahr 2014 wurden erstmals T1w Hyperintensitäten in Globus pallidus und Nucleus dentatus nach Mehrfachgabe von linearen Kontrastmitteln beschrieben [Kanda et al. 2014].
Vergleiche die Häufigkeit des Auftretens von allergieartigen Reaktionen von Gadolinium-haltigen Kontrastmitteln und jodhaltigen Röntgenkontrastmitteln.
Die Häufigkeit des Auftretens von allergieartigen Reaktionen nach Gabe von Gadolinium-haltigen Kontrastmitteln ist deutlich geringer als nach Gabe von jodhaltigen Röntgenkontrastmitteln (um Faktor 100 bis 1000 weniger wahrscheinlich).
Wie schätzt Du das Risiko einer Nierenschädigung durch Gadolinium-haltige Kontrastmittel im Vergleich zu jodhaltigen Röntgenkontrastmitteln ein?
Das Risiko einer kontrastmittelassoziierten akuten Nierenschädigung durch ein Gadolinium-haltiges Kontrastmittel ist sehr gering, wenn die zugelassenen Dosen eingesetzt werden.
Während bei jodhaltigen Röntgenkontrastmitteln etwa 1 bis 2 ml pro Kilogramm Körpergewicht verabreicht werden (das entspricht bei einem Erwachsenen mit 80 kg etwa 80 bis 160 ml Kontrastmittel), ist die erforderliche Menge bei Gadolinium-haltigen Kontrastmitteln deutlich geringer, in der Regel etwa ein Zehntel dieser Menge. Gadovist®, ein gängiges Gadolinium-haltiges Kontrastmittel, wird bei Erwachsenen in einer Dosierung von 0,1 ml pro Kilogramm Körpergewicht als Einzeldosis verabreicht. Das bedeutet, dass bei einer Person mit einem Körpergewicht von 80 kg eine Dosis von 8 ml empfohlen wird. Falls erforderlich, kann innerhalb von 30 Minuten eine zusätzliche Injektion verabreicht werden, wobei die maximale Gesamtdosis bei 0,3 ml Gadovist® pro Kilogramm Körpergewicht liegt. Diese Höchstdosis kann für die Bildgebung des Zentralnervensystems und Kontrastmittel-gestützte MR-Angiographie verwendet werden.
Was weißt Du über die nephrogene systemische Fibrose? Wie schätzt Du insgesamt das Risiko der Erkrankung nach Gabe von Gadolinium-haltigen Kontrastmittel ein?
Die nephrogene systemische Fibrose (NSF) ist eine potenziell lebensbedrohliche Systemerkrankung und charakterisiert durch fibrotische Haut- und Organveränderungen. Sie kann als Spätfolge nach Gadolinium-haltiger Kontrastmittelgabe auftreten.
Die Gadolinium-haltigen Kontrastmittel werden je nach ihrem Risiko für die Erkrankung eingeteilt (niedriges, mittleres und hohes Risiko). Insgesamt ist das Risiko einer NSF als sehr gering einzustufen; nach 2008 gab es nur noch 7 berichtete Fälle weltweit.
Berichtet wird ein Zeitraum des Krankheitsauftretens von 2 Tagen bis 18 Monaten, manchmal auch Jahre nach der Exposition. In der Literatur gibt es eine zentrale Meta-Analyse aller bioptisch gesicherten NSF-Patient*innen nach Gadolinium-haltiger Kontrastmittelexposition. In der Studie wurden 693 Patient*innen eingeschlossen, welche im Mittel bei Symptombeginn 49 Jahre alt waren (Range 6-87 Jahre) [Attari et al. 2019]. Gadodiamid (Omniscan®) als lineares Kontrastmittel war für die meisten NSF Fälle verantwortlich. Die European Medicines Agency (EMA) hat im Verlauf den Gebrauch aller intravenöser Kontrastmittel mit hohem NSF-Risiko unterbunden.
Kontrastmittel mit mittlerem Risiko sind lediglich für hepatobiliäre Untersuchungen zugelassen (Multihance®, Primovist®).
Insgesamt dürfen Kontrastmittel mit niedrigem und mittlerem NSF-Risiko bei eingeschränkter Nierenfunktion verabreicht werden, auf eine wiederholte Gabe innerhalb 7 Tage sollte jedoch verzichtet werden.
Was ist bei Patient*innen mit einer deutlich erniedrigen eGFR (< 30 ml/min/1,73m²) bei Gabe von Gadolinium-haltigen Kontrastmittel zu beachten?
Bei Patient*innen mit eingeschränkter Nierenfunktion (< 30 ml/min/1,73m²) besteht bei Gabe von Gadolinium-haltigen Kontrastmittel ein erhöhtes Risiko einer nephrogenen systemischen Fibrose. Laut Leitlinie sollte der Einsatz des Kontrastmittels mit Vorsicht erfolgen. Dagegen muss immer der deutliche diagnostische Gewinn einer kontrastmittelgestützten MRT-Untersuchung abgewogen werden.
Dennoch sind Gadolinium-haltige Kontrastmittel deutlich besser verträglich als jodhaltige Röntgenkontrastmittel und werden dementsprechend auch vermehrt bei eingeschränkter Nierenfunktion eingesetzt.
Frage 38
Musst Du bei Patient*innen an der Dialyse die Gabe von Gadolium-haltigen Kontrastmitteln auf die Dialysesitzung abstimmen?
Ja, die Kontrastmittelgabe sollte mit dem Dialysezeitpunkt abgestimmt werden und so früh wie möglich durchgeführt werden.
Eine Abstimmung mit dem Dialysezeitpunkt wird bei Gabe von Gadolinium-haltigen Kontrastmitteln empfohlen – bei jodhaltigen Kontrastmitteln dagegen nicht.
Frage 39
Was sagst Du der Patientin, die sich über Ablagerungen von Gadolinium im Gehirn sorgt?
Ablagerungen von Gadolinium nach Kontrastmittelgabe wurden insbesondere bei einer bestimmten Kontrastmittelform (lineare Kontrastmittel) festgestellt. Bei den häufiger verwendeten makrozyklischen Kontrastmitteln kann es zu minimalen Retentionen im Gehirn kommen. Bis heute ist in den vielzähligen Studien kein eindeutiges klinisches Korrelat dieser Gadolinium Retention nachgewiesen worden, auch nicht nach multipler Kontrastmittelgabe.
Lineare Kontrastmittel führen zu einer stärkeren Gadolinium-Ablagerung im Gehirn als makrozyklische Kontrastmittel. Jedoch konnte bislang kein klinisches Korrelat nachgewiesen werden.
Die vermehrte Gadolinium Ablagerung von linearen Kontrastmitteln im Vergleich zu makrozyklischen Kontrastmitteln liegt in der chemischen Verbindung begründet. Weitere Ablagerungen wurden auch im Knochen und der Haut festgestellt mit höheren Konzentrationen als im Gehirn.
Frage 40
Nenne die Vorteile der leberspezifischen Gadolinium-haltigen Kontrastmittel. Welche Präparate kennst Du?
Zu den leberspezifischen Gadolinium-haltigen Kontrastmitteln gehören Primovist® (Gadoxetat) und Multihance® (Gadobenat). Sie werden zur Detektion, Charakterisierung und Differenzierung von Leberläsionen eingesetzt.
Leberspezifische Kontrastmittel besitzen die kombinierte Eigenschaft des extrazellulären, unspezifischen Kontrastmittels und des leberspezifischen Kontrastmittels. Dabei wird ein Teil des Kontrastmittels über die Hepatozyten aufgenommen und über die Galle ausgeschieden, der extrazellulär verbliebene Anteil wird über die Nieren ausgeschieden.
Somit wird im MRT Protokoll in der Regel zunächst eine dynamische Phase zur Beurteilung der Vaskularisation und anschließend eine hepatozelluläre Phase als Spätphase durchgeführt.
Die häufigsten Fragestellungen, bei denen leberspezifische Kontrastmittel verwendet werden, sind:
1. die Differenzierung zwischen einer fokalen nodulären Hyperplasie und Leberadenom;
2. die Detektion von kleinen gut differenzierten hepatozellulären Karzinomen (< 1 cm);
3. die Detektion von kleinen Lebermetastasen (< 1 cm).
Die zwei in Deutschland zugelassenen leberspezifischen Kontrastmittel Primovist® und Multihance® unterscheiden sich in dem Anteil, der in die Hepatozyten aufgenommen wird und bilär eliminiert wird - bei Primovist® liegt der Anteil bei ca. 50%, bei Multihance® ca. 3-5%. Die Akquisition der hepatozellulären Spätphase erfolgt bei Primovist® nach ca. 20 Minuten, bei Multihance® nach ca. 40 Minuten.
Frage 41
Dürfen Gadolinium-haltige Kontrastmittel Schwangeren verabreicht werden?
Die Gabe von Gadolinium-haltigen Kontrastmitteln sollte bei Schwangeren vermieden werden.
Gemäß der aktuellen ESUR-Leitlinie kann Schwangeren, wenn eine zwingende Indikation für eine kontrastmittelverstärkte MRT besteht, die kleinstmögliche Dosis eines makrozyklischen Gadolinium-haltigen Kontrastmittels verabreicht werden.
Gadolinium-haltige Kontrastmittel dürfen nicht an Schwangere mit Nierenfunktionsstörung verabreicht werden!
Das Risiko möglicher fetaler Auswirkungen ist unklar, da Gadolinium wasserlöslich ist und über die Plazenta in den fetalen Kreislauf und das Fruchtwasser gelangen kann.
Gemäß der europäischen Leitlinie sollten Gadolinium-haltigen Kontrastmittel nicht an Schwangere oder stillende Frauen mit eingeschränkter Nierenfunktion verabreicht werden.
Gemäß der Leitlinie des American College of Obstetricians and Gynecologists (2017) sollte die Verwendung von Gadolinium-haltigen Kontrastmitteln in der MRT begrenzt sein; es darf nur dann als Kontrastmittel bei einer Schwangeren verwendet werden, wenn es die diagnostische Aussagekraft signifikant verbessert und eine Verbesserung des fetalen oder mütterlichen Outcomes zu erwarten ist.
Frage 42
Bei MRT- und CT-Untersuchungen des Abdomens oder Beckens wird gelegentlich Buscopan® intravenös verabreicht. Wozu?
Buscopan® ist ein Spasmolytikum (gehört zur Gruppe der Parasympatholytika) und unterdrückt die Darmbewegung. Das Präparat wird insbesondere zur Abklärung von Pathologien des Gastrointestinaltrakts verwendet und sorgt bei MRT-Abdomen Untersuchungen zu einer deutlichen Artefaktreduktion.
Frage 43
Über welche Nebenwirkungen musst Du Patient*innen vor Gabe von Buscopan® aufklären? Welche Kontraindikationen bestehen demnach?
Die Aufklärung erfolgt insbesondere über eine potenziell auftretende Akkommodations-Störung des Auges, welche das Scharfsehen beeinträchtigt. Somit sollte vorübergehend die aktive Teilnahme am Straßenverkehr und die Bedienung von Maschinen vermieden werden.
Weitere Nebenwirkungen beinhalten gelegentlich Überempfindlichkeitsreaktionen, Blutdruckabfall und Schwindel. Bei Patient*innen mit bekannter mechanischer Verengung der Harnwege (z.B. bei Prostatahyperplasie) oder des Darmtrakts (Ileus), sowie bei bekanntem Glaukom darf Buscopan® nicht verabreicht werden, da es sonst zu einer Symptomverschlechterung kommen kann.
Die Häufigkeit der Sehbeeinträchtigung ist laut Herstellerangaben nicht abschätzbar.
Weitere Kontraindikationen beinhalten Erkrankungen, in der die Hemmung des Parasympathikus zu einer möglichen Verschlechterung der Klinik führen kann, z.B. Patient*innen mit Herzrhythmusstörungen oder Myasthenia gravis.
Bei Kontraindikationen für die Gabe von Buscopan® kann alternativ Glucagon eingesetzt werden. Glucagon wiederum ist deutlich kostenintensiver und weist ebenfalls spezielle Kontraindikationen auf.
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