Platon
Begründung nach Platon (Sokrates): Die Schrift verleitet dazu, sich auf äußere Zeichen zu verlassen, anstatt Wissen im eigenen Geist zu verankern. ➡️ „Nicht für die Erinnerung, sondern nur für das Erinnern hast du ein Mittel erfunden.“
Zusatzgedanke: Wer glaubt, durch Lesen viel zu wissen, wird stolz und unzugänglich, ohne wahre Einsicht zu haben.
Begründung nach Platon: Nur eine Rede, die „mit Einsicht geschrieben wird in des Lernenden Seele“, kann Frucht bringen und zur echten Weisheit führen. ➡️ Vergleich mit Ackerbau: nicht oberflächliche schnelle Pflanzen („Adonisgärtchen“), sondern langsame, nachhaltige Saat.
Zusatzgedanke: Dialogisches Fragen und Antworten (die sokratische Methode) ist der Weg zur Selbsterkenntnis.
Begründung nach Platon: Eine Schrift wirkt, als würde sie sprechen, aber sie schweigt, wenn man sie befragt. ➡️ „Wenn man sie aber etwas fragt, so schweigen sie gar ehrwürdig still.“
Zusatzgedanke: Sie braucht ihren „Vater“ (Autor), um verteidigt zu werden; sie ist nicht selbständig.
Begründung nach Platon: Schreiben ist eine Art „Spielgarten“ (Adonisgärtchen), das nicht für tiefe Bildung taugt. ➡️ „Die Schriftgärtchen wird er nur des Spieles wegen besäen.“
Zusatzgedanke: Der ernsthafte Philosoph wird nicht seine tiefste Erkenntnis in Schrift gießen, sondern sie mündlich weitergeben.
Begründung nach Platon: Die mündlich gepflanzte Rede kann sich selbst helfen und trägt „Samen“, der weiterwächst. ➡️ „Welche sich selbst und dem, der sie gepflanzt, zu helfen imstande und nicht unfruchtbar sind.“
Zusatzgedanke: So wird Wissen zu einer Art „lebendiger Tradition“ anstatt zu einem toten Archiv.
Begründung nach Platon: Der Redner kann je nach Hörer reagieren, erklären, anpassen, während die Schrift starr bleibt und missverstanden werden kann.
💡 Wenn du argumentierst, kannst du Sokrates direkt zitieren oder sinngemäß anführen:
„Sokrates beschreibt die Schrift als ein Mittel des Erinnerns, nicht der Erinnerung — also kein lebendiges Wissen.“
Oder:
„Platon verwendet das Bild des Adonisgärtchens, um zu zeigen, dass Schrift nur oberflächliches Spiel ist.“
Ong
Begründung nach Ong: Schrift trennt den Diskurs von der unmittelbaren sozialen Situation, in der Sprache ursprünglich eingebettet war. ➡️ Texte „entfernen“ sich vom Autor und vom Leser, sie sind nicht mehr dialogisch.
Zusatzgedanke: Diese „Abkopplung“ ermöglicht abstraktes, analytisches Denken, aber auch Isolation.
Begründung nach Ong: Ohne Schrift könnte das Bewusstsein nicht so denken, wie es in hochliteralen Kulturen der Fall ist; auch beim Sprechen wirkt bereits die „schriftlich geprägte“ Denkweise mit. ➡️ „Mehr als jede andere Erfindung hat das Schreiben das menschliche Bewusstsein verändert.“
Zusatzgedanke: Literalität prägt sogar die Wahrnehmung von Zeit, Raum und Identität.
Begründung nach Ong: Texte können nicht befragt oder spontan korrigiert werden; sie bleiben, auch wenn sie falsch oder provozierend sind. ➡️ „Nach totaler und vernichtender Kritik bleibt er doch stets der alte.“
Zusatzgedanke: Daher die Formulierung „es steht geschrieben“ = „es ist wahr“.
Begründung nach Ong: Analog zu Platons Kritik: Schrift ersetzt das Gedächtnis durch ein äußeres Speichermedium. ➡️ Beispiel: Die Sorge, dass Taschenrechner das Denken schwächen.
Zusatzgedanke: Literalität führt zur Externalisierung von Wissen.
Begründung nach Ong: Sobald das Wort technologisiert ist, kann Kritik nur noch innerhalb dieser Technologien stattfinden. ➡️ „Es gibt keinen effektiven Weg, dies zu kritisieren, es sei denn mit Hilfe fortgeschrittenster technischer Errungenschaften.“
Zusatzgedanke: Auch Platos Schriftkritik konnte nur schriftlich verbreitet werden — das zeigt die Paradoxie.
Begründung nach Ong: In oralen Kulturen ist Sprache immer sozial, gemeinschaftlich, situativ. Schrift macht Sprache „privat“ und entkoppelt sie von Gemeinschaft und Tradition.
Zusatzgedanke: Literalität ermöglicht individuelle Interpretation, aber schwächt kollektive Bindungen.
💡 Beispielhafter Argumentationsablauf:
1️⃣ These formulieren (z. B. „Schrift schafft eine neue Art von Autorität“). 2️⃣ Ong zitieren oder sinngemäß anführen („Nach totaler Kritik bleibt der Text derselbe, er ist nicht direkt angreifbar“). 3️⃣ Ein Beispiel oder Vergleich geben (z. B. „Wir sehen das heute bei Online-Posts oder Propaganda-Schriften“). 4️⃣ Reflexion oder eigene Einschätzung einbringen.
Goody und Watt
beschäftigen sich zunächst mit der Differenzierung verschiedener wissenschaftlicher Disziplinen
kommt zum Schluss, dass diese durch die Schrift differenziert werden und, dass diese Hernagehensweise vielleicht ein wenig veraltet ist, aber nicht sofort herausgeworfen werden soll
hierfür gucken sie sich die Weitergabe des kulturellen Erbes in mündlichen Traditionen an
dabei kommen sie zum schluss, dass nicht-literale Weitergabe von kulturellen Erbe nicht objektiv und chronologisch ist
es kann keine Vergangenheit entstehen, die nicht durch die Gegenwart gefärbt ist
selbst Möglichkeiten zur Erinnerung werden umgeändert, um die aktuelle Beschaffung der Gesellschaft stabilisieren zu können
damit kommen sie quasi zum Schluss, dass nicht-literale Gesellschaften eine andere Historizität haben und damit deren Vergangenheit auch anders betrachtet werden muss, weil die Erzählungen keine Objekitvität haben
diesen ganzen Prozess der Weitergabe in nicht-literalen Gesellschaften bezeichnen sie als homöostatische Vermittlung (?)
Goody und Watt beschäftigen sich in ihrem Text mit der Weitergabe des kulturellen Erbes in nicht-literalen Gesellschaften. Sie vertreten die Auffassung, dass eine Differenzierung wissenschaftlicher Diziplinen anhand des Grades der Literalität von Gesellschaften sinnvoll ist, weil der Prozess der Weiterhabe kulturellen Erbes in nicht-literalen Gesellschaften homoöstatisch ist. Damit geht eine nicht-objektivierbare Auffassung der Vergangenheit ein. Die Vergangenheit kann immer nur aus der Perspektive der Gegenwart betrachtet werden. Weswegen es einen Unterschied bei der Rekonstruktion macht, welche sich in der Arbeitsweise unterschiedlicher wissenschaftlicher Diziplinen widerspiegeln sollte.
= Die Berechtigung der Unterscheidung wissenschaftlicher Disziplinen anhand der Literalität einer Gesellschaft, begründen Goody und Watt anhand der homöostatischen Weitergabe kulturellen Erbes in nicht-literalen Gesellschaften.
Last changed10 days ago