Merkmale psychischer Störungen
Wann spricht man von einer psychischen Störung?
Subjektives Leiden (z. B. Angst, Schlafstörungen)
Beeinträchtigung im Alltag, in Arbeit und Beziehungen
Verhalten verletzt soziale Normen oder wirkt irritierend
Psychische Funktionen (z. B. Gefühlsregulation) gestört
Entscheidend: Kombination und Ausmaß der Merkmale
Welche präventiven Aufgaben hat die Soziale Arbeit in der Psychiatrie?
Aufklärung über psychische Gesundheit und Frühwarnzeichen
Förderung psychischer Stabilität in belasteten Gruppen
Niedrigschwellige Beratungsangebote
Netzwerkarbeit mit Schulen, Betrieben, Jugendhilfe, Seniorenarbeit
Anti-Stigma-Projekte in der Gemeinde
Wie unterstützt die Soziale Arbeit nach einer stationären oder teilstationären Behandlung?
Organisation von Übergängen (Entlassungsmanagement)
Unterstützung bei der Wiedereingliederung in Arbeit, Ausbildung, Schule
Hilfe bei Wohnungssicherung oder Umzug
Begleitung bei Teilhabeleistungen (SGB IX, BTHG)
Förderung von Selbsthilfe und Peer-Support
Was ist der Fokus der Sozialarbeit in der beruflichen Rehabilitation?
Kontakt zu Integrationsfachdiensten und Reha-Trägern
Unterstützung bei Antragstellung und Kommunikation mit Kostenträgern
Anpassung von Arbeitsplätzen und Arbeitszeiten
Motivation und Stärkung von Selbstvertrauen
Wie erklärt man Klient:innen, dass psychische Störungen keine Schwäche sind?
medizinisch-psychologisch erfassbare Phänomene
keine Charakterschwäche oder Faulheit
Professionelle Hilfe ist sinnvoll und oft wirksam
Welche Bedeutung hat Objektivität in der Sozialen Arbeit?
Reflektion eigener Vorurteile (z. B. „verrückt“)
Fachliches Handeln braucht wissenschaftliche Kriterien
Objektivität ermöglicht wertschätzende Begleitung ohne Bewertung
Sie schützt Klient:innen und unterstützt professionelle Distanz mit Empathie
Berufsgruppen in der Psychiatrie
Welche Aufgaben haben Klinische Psycholog:innen? WElche Qualifikationen werden benötigt?
Aufgaben:
Diagnostik psychischer Störungen
Psychologische Beratung
Tätigkeit in Kliniken, Reha-Zentren, Forschung
Keine Approbation
Keine Medikation oder Kassenabrechnung möglich
Qualifikation:
Master oder Diplom in Psychologie
Schwerpunkt: Klinische Psychologie
Studienumfang: mind. 5 Jahre
Welche Aufgaben haben Psychologische Psychotherapeut:innen? Welche Qualifikationen werden benötigt?
Durchführung eigenständiger Psychotherapie
Behandlung seelischer Erkrankungen mit anerkannten Verfahren
Arbeiten z. B. in eigener Praxis oder Klinik
Keine Medikation
Abrechnung mit Krankenkassen möglich
Mind. 3-jährige Ausbildung in Psychotherapie (z. B. VT, TP, PA)
Staatliche Approbation erforderlich
Welche Aufgaben haben Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeut:innen? Welche Qualifikationen werden benötigt?
Psychotherapie für Kinder, Jugendliche und deren Familien
Arbeit in Praxen, Kliniken, Beratungsstellen
Qualifikationen:
Studium: Psychologie, Pädagogik oder Soziale Arbeit
Spezialisierte Ausbildung in Kinder- und Jugendpsychotherapie
Approbation erforderlich
Welche Aufgaben haben Fachärzt:innen für Psychiatrie und Psychotherapie ? Welche Qualifikationen werden benötigt?
Diagnose und medikamentöse Behandlung psychischer Störungen
Durchführung von Psychotherapie (mit Zusatzqualifikation)
Kombination von körperlicher und seelischer Behandlung
Versorgung schwerer Fälle (z. B. Psychosen, Suizidalität)
Studium der Humanmedizin
Approbation als Ärzt:in
Facharztweiterbildung (3–5 Jahre)
Zusatzqualifikation in Psychotherapie
Welche Aufgaben haben Sozialarbeiter:innen in der Psychiatrie?
Hilfe bei Wiedereingliederung und Alltagsbewältigung
Unterstützung bei rechtlichen und sozialen Fragen (z. B. Wohnen, Arbeit, Behörden)
Angehörigenarbeit
Tätigkeit in Kliniken, SPDi, Jugendhilfe u. a.
Welche Aufgaben haben Psychiatriepflegekräfte? Welche Qualifikationen werden benötigt?
Pflege, Alltagsbegleitung und Krisenintervention
Enge Zusammenarbeit mit Ärzt:innen und Therapeut:innen
Arbeit in Kliniken, Tageskliniken, Wohneinrichtungen
Qulifikationen:
Ausbildung zur Pflegefachkraft
Zusatzqualifikation oder Schwerpunkt Psychiatrie
Teilweise auch Studium Pflegewissenschaft
Geschichte der Psychiatrie
Wie wurden psychische Störungen in der Antike (nach Hippokrates) verstanden?
Trennung von Medizin und Religion/Magie
Psychische Störungen = natürliche Krankheiten
Gehirn als Sitz von Denken und Fühlen
Vier-Säfte-Lehre: Ungleichgewicht führt zu Krankheit
Behandlung: Ruhe, Diät, Enthaltsamkeit – keine Dämonenaustreibung
Wie wurde im Mittelalter mit psychisch Kranken umgegangen?
Rückfall in religiös-magisches Denken
Krankheiten galten als Besessenheit oder Strafe Gottes
Kirche übernahm Heilbehandlung
Typische „Behandlungen“: Gebet, Exorzismus, Buße
Islamische Welt hielt medizinisches Wissen aufrecht (z. B. al-Razi)
Welche Entwicklungen gab es im Umgang mit psychisch Kranken ab dem 13. Jahrhundert?
Entstehung erster Irrenanstalten (z. B. „Bedlam“ in London)
Fokus: Verwahrung statt Therapie
Zustände oft menschenunwürdig: Ketten, Isolation
Schaulustige durften Patienten besichtigen
Welche Neuerungen brachte die Reformbewegung (Ende 18. Jh.)?
Initiatoren: Philippe Pinel und Jean-Baptiste Pussin
Entkettung der Kranken
Einführung freundlicher, gewaltfreier Behandlung
Gespräche und strukturierter Alltag als Therapie
Anstoß für humaneren Umgang mit psychisch Erkrankten
Was kennzeichnet die moralische Behandlung im 19. Jahrhundert?
Kleine Einrichtungen mit persönlicher Betreuung
Ziel: Normalität und soziale Einbindung
Therapie durch Gespräche, Alltagstätigkeiten
Anfangs erfolgreich, später unter Druck durch Überlastung
Welche Rückschritte traten im 19. und 20. Jahrhundert auf?
Massive Überbelegung psychiatrischer Einrichtungen
Personalmangel → Rückkehr zu autoritären Methoden
Humanitäre Ansätze scheiterten oft an fehlenden Ressourcen
Entstehungsmodelle & Paradigmen
Was sind zentrale Annahmen biologischer Erklärungsansätze?
Psychische Störungen durch körperlich-neurologische Ursachen
Beispiele: Hirnveränderungen, Neurotransmitterstörungen, Infektionen
Fokus auf messbare biologische Mechanismen
Welche Behandlungsansätze folgen aus biologischen Modellen?
Medikamentöse Therapie (Antidepressiva, Neuroleptika)
Elektrokonvulsionstherapie (EKT)
Weitere biologische Verfahren
Wie werden biologische Ansätze bewertet?
Gut bei schweren Erkrankungen geeignet
Starke empirische Fundierung
Gefahr des Reduktionismus
Was sind Kernaussagen der kognitiven Therapie?
Gedanken und Überzeugungen beeinflussen Gefühle und Verhalten
Dysfunktionale Kognitionen erzeugen Symptome
Welche Methoden nutzt die kognitive Therapie?
Erkäre den psychodynamischen Ansatz anhand der folgenden Punkte:
zentrale Idee
Behandlungsansätze
Bewertung
zentrale Idee:
Unbewusste Konflikte als Ursache
Bedeutung frühkindlicher Erfahrungen
Symptome = Ausdruck von Abwehrmechanismen
Behandlungsansätze:
Tiefenpsychologisch fundierte oder psychoanalytische Therapie
Arbeit mit Übertragung, Deutung, Biografie
Bewertung:
Bieten tiefgreifende Erklärungen
Kritik: fehlende empirische Nachweise
Erkäre den behavioristischen Ansatz/Verhaltenstherapie anhand der folgenden Punkte:
Verhalten ist erlernt und kann wieder verlernt werden
Entstehung durch klassische, operante oder soziale Konditionierung
Verhaltenstherapie
Methoden: Desensibilisierung, Reizkonfrontation, Verstärkerpläne
Sehr effektiv bei Angst-, Zwangs- und Verhaltensstörungen
Kritik: Fokus nur auf beobachtbares Verhalten
Erkäre die kognitive Therapie anhand der folgenden Punkte:
Kognitive Umstrukturierung
Erkennen und Korrigieren negativer Gedanken
Gut empirisch belegt
Kritik: zu stark auf Denken zentriert, Emotionen vernachlässigt
Erkäre das genetische Paradigma anhand der folgenden Punkte:
Psychische Störungen haben (auch) genetische Ursachen
Gen-Umwelt-Interaktionen sind entscheidend
Genetische Beratung
Präventionsstrategien
Risikoabschätzung durch Forschung
Erklärt erbliche Risiken differenziert
Einflüsse oft schwer direkt messbar
Erkäre das neurobiologische Paradigma anhand der folgenden Punkte:
Psychische Störungen beruhen auf Funktionsstörungen im Gehirn
Einfluss von Neurotransmittern, Hormonen, Hirnarealen
Berhandlungsansätze:
Einsatz von Psychopharmaka
Ergänzend: Neurostimulation, Verhaltenstherapie
Hohe Anschlussfähigkeit an Forschung
komplex, oft keine eindeutige Kausalität
Erkäre das kognitiv-behaviorale Paradigma anhand der folgenden Punkte:
Verbindung von Lernen, Kognition und Verhalten
Interaktion zwischen Denken, Fühlen und Handeln
Kognitive Verhaltenstherapie
Methoden: Exposition, Verhaltensanalyse, Selbstinstruktion
Praxisnah, evidenzbasiert, sehr wirksam
begrenzt bei tiefsitzenden Konflikten
Erkäre paradigmenübergreifende Faktoren anhand der folgenden Punkte:
Emotionen, Beziehungen, Kultur, Umwelt als Einflussfaktoren
Ganzheitliche Sichtweise über einzelne Modelle hinaus
Kultur- und milieusensible Interventionen
Einbezug von Beziehungen, Emotionstraining
ganzheitlich, realitätsnah
schwierig systematisch zu erfassen
Erkäre das Diathese- Stress- Modell anhand der folgenden Punkte:
Störung entsteht durch Anfälligkeit (Diathese) + Stressor
Erklärt Unterschiede in Reaktionen bei gleicher Belastung
Integriert biologische, psychologische und soziale Aspekte
Multimodale Therapie: Psychotherapie, Medikation, soziale Unterstützung
Berücksichtigung individueller Ressourcen und Belastungen
Sehr anschlussfähig, erklärt individuelle Unterschiede
erfordert komplexe Diagnostik
Erkäre das systemische Paradigma anhand der folgenden Punkte:
zentrale idee:
Psychische Störungen entstehen im Kontext von Beziehungen, Familie und Gesellschaft
Symptome werden durch systemische Dynamiken erzeugt und aufrechterhalten
Wechselwirkungen zwischen Psyche, Körper und sozialem Umfeld sind zentral
Zirkuläres Fragen
Reframing (Neudeutung von Problemen)
Familien- oder Teamskulpturen
Reflecting Teams (Beobachter geben Feedback)
Positiv: Fokus auf Beziehung, Kontext und Selbstorganisation; wirksam bei Familiendynamiken
Negativ: Begrenzte empirische Daten, spezialisierte Methodik
Psychische Störungsbilder
Organische psychische Störung
Was sind häufige Ursachen organischer psychischer Störungen?
Primär organisch: Hirnverletzungen, Infektionen, Tumoren, Medikamente, Drogen, Umweltgifte
Sekundär organisch: Folge anderer Erkrankungen (z. B. Fieberwahn, Hypoglykämie, systemische Erkrankungen)
Medikamentös bedingt: Nebenwirkungen auch bei Nicht-Psychopharmaka (z. B. Antibiotika)
Substanzintoxikation oder -entzug: Alkohol-, Medikamenten- oder Drogenentzug → Delirien, organische Psychosen
Risikofaktor Alter: Deutlich höhere Prävalenz im Alter
Risikofaktor soziale Isolation: Kann Auslöser oder Verstärker sein
Welche Symptome können organische psychische Störungen haben?
Sehr variabel, abhängig von der Ursache
Häufig: Verwirrtheit, Wahn, kognitive Einbußen, Bewusstseinsstörungen
Affektlabilität, Gereiztheit
Ähnlichkeit zu anderen psychischen Erkrankungen → genaue Diagnostik nötig
Welche Schritte gehören zur Diagnostik?
Medizinische Abklärung zwingend
Keine rein psychosoziale Diagnosestellung
Sozialarbeitende liefern Hinweise aus Alltag und Umfeld
Wie werden organische psychische Störungen behandelt?
Behandlung der Ursache (z. B. Infekt, Stoffwechselstörung)
Psychopharmaka nur mit Vorsicht und nach organischer Abklärung
Multidisziplinäre Zusammenarbeit (medizinisch, psychiatrisch, pflegerisch, sozialarbeiterisch)
Welche Aufgaben hat die Soziale Arbeit bei organischen Störungen?
Früherkennung durch Beobachtung im Alltag
Dokumentation und Weitergabe relevanter Veränderungen
Unterstützung bei Diagnostik durch Alltagsinformationen
Beratung und Begleitung im Umgang mit Einschränkungen
Netzwerkarbeit mit Ärzt:innen, Angehörigen, Pflegediensten
Aufklärung von Angehörigen und Umfeld
Störungen durch psychotrope Substanzen (ICD-10: F10–F19)
Was ist „schädlicher Gebrauch“ laut ICD-10?
Nachweisbare körperliche oder psychische Schädigung
Beispiele: Hepatitis, Depression
Welche Kriterien definieren ein Abhängigkeitssyndrom (≥ 3 Kriterien über 12 Monate)?
Kontrollverlust
Toleranzentwicklung
Craving (starkes Verlangen)
Entzugssymptome
Vernachlässigung anderer Interessen
Konsum trotz nachweislicher Schäden
Was sind mögliche akute Erscheinungsformen bei Substanzstörungen?
Intoxikation: Verwirrtheit, Halluzinationen, Krampfanfälle, Koma
Entzugssyndrom: Zittern, Unruhe, Angst, Krämpfe (lebensbedrohlich möglich)
Delirium tremens: Unruhe, Halluzinationen, vegetative Entgleisung
Psychotische Störungen: Wahn, Halluzinationen unabhängig von Intoxikation
Amnestisches Syndrom: Gedächtnisstörungen, Konfabulationen
Welche langfristigen körperlichen Folgen kann Substanzkonsum haben?
Leberzirrhose, Pankreatitis
Polyneuropathie, Myopathie
Krebs
Hormonelle Störungen
Hirnatrophie
Welche langfristigen psychischen Folgen kann Substanzkonsum haben?
Depressionen
Suizidalität (ca. 25 % aller Suizide alkoholbedingt)
Häufige Doppeldiagnosen mit Psychosen
Welche Behandlungsansätze gibt es bei Substanzstörungen?
Substitutionsgestützte Therapie (v. a. Opiate)
Psychosoziale Unterstützung (Alltag, Wohnen, Kontaktangebote)
Motivierende Gesprächsführung
Rückfallprophylaxe
Selbsthilfegruppen
CRAFT (Angehörigentraining)
Angebote für Komorbidität (z. B. Sucht + Psychose)
Was sind besondere Aufgaben der Sozialarbeit bei Substanzstörungen?
Frühwarnzeichen erkennen
Angehörigenarbeit (Belastung, Ko-Abhängigkeit vermeiden)
Unterstützung von Kindern aus suchtbelasteten Familien
Berücksichtigung von Genderaspekten (Männer häufiger Alkohol, Frauen häufiger Medikamente)
Prävention von Inhaftierung bei illegalem Konsum
Motivklärung und Entwicklung von Alternativen zum Substanzkonsum
Schizophrenien und andere wahnhafte Störungen
Was sind allgemeine Merkmale von Schizophrenie?
Keine einheitliche Erkrankung, sondern Sammelbegriff für verschiedene psychotische Störungen
Unterschiedliche Subtypen: paranoid, hebephren, kataton
Schnittmengen zu bipolaren Störungen, Demenzen, substanzinduzierten Psychosen
Begriff „Psychose“ = unspezifisch, bezeichnet Realitätsverlust allgemein
Prävalenz ca. 1 % der Bevölkerung
Typischer Erkrankungsbeginn: 15–25 Jahre
Wie verläuft Schizophrenie typischerweise?
20–30 % chronisch mit dauerhaften Einschränkungen
20 % vollständige oder weitgehende Remission
Rest: Teilremission mit teilautonomem Leben
Soziale Folgen: Stigmatisierung, Ausgrenzung, erschwerter Zugang zu Arbeit, Bildung, Partnerschaft
Was sind Positivsymptome („etwas kommt hinzu“)?
Ich-Störungen: Gedankenentzug, -eingebung, -ausbreitung
Wahnphänomene: Paranoider Wahn (Überwachung, Verfolgung), Kontroll- und Beeinflussungswahn
Halluzinationen: v. a. akustisch (kommentierende oder befehlende Stimmen), auch optisch, taktil, olfaktorisch
Formale Denkstörungen: Zerfahrenheit, Neologismen, Gedankenabreißen, sprachliche Inkohärenz
Was sind Negativsymptome („etwas fällt weg“)?
Sozialer Rückzug, Kontaktvermeidung
Antriebsmangel, Interessenverlust
Verflachung der Affekte
Sprachverarmung, eingeschränkte Mimik
Kognitive Defizite (z. B. Aufmerksamkeit, Gedächtnis) bei chronischem Verlauf
Welche biologischen Faktoren können zur Entstehung beitragen?
Neurotransmitterveränderungen (v. a. Dopaminhaushalt)
Strukturelle Hirnveränderungen (z. B. Volumenreduktion)
Genetische Disposition (z. B. 10 % Risiko bei erkranktem Elternteil)
Welche psychosozialen Faktoren können zur Entstehung beitragen?
Frühe Traumatisierungen
Kritische Lebensereignisse
Familiäre Überlastung, soziale Isolation
Armut, Arbeitslosigkeit, Migrationserfahrungen
Wie sieht die psychodynamische Sichtweise aus?
Psychose als Versuch, unbewältigte innere Konflikte zu lösen
Schutzmechanismus gegen Überforderung durch innere und äußere Reize
Welche medikamentösen Behandlungen werden eingesetzt?
Neuroleptika/Antipsychotika: Basistherapie in Akut- und Rückfallphase
Auswahl und Dosierung individuell
Langzeitmedikation (Depot) möglich
Diskussion über Über- vs. Untermedikation (z. B. Soteria-Modell: zurückhaltender Einsatz)
Welche psychosozialen Interventionen sind wichtig?
Integrierte Versorgung: enge Zusammenarbeit von Medizin, Psychotherapie, Sozialarbeit, Angehörigen
Soteria-Modell: reizarme, gewaltfreie Umgebung, milieutherapeutisch
Hometreatment: Behandlung im häuslichen Umfeld
Psychoedukation: Aufklärung über Krankheit, Rückfallprophylaxe, Angehörigeneinbezug
Frühintervention: Programme bei Risikogruppen oder ersten Symptomen
Welche Aufgaben hat die Soziale Arbeit bei Schizophrenie?
Beziehungsarbeit: Stabiler Kontakt, Akzeptanz psychotischer Inhalte ohne Wertung
Krisenintervention: Frühwarnzeichen erkennen, ärztliche Hilfe einleiten
Alltags- und Teilhabeförderung: Unterstützung bei Wohnen, Finanzen, Arbeit, Behörden
Begleitung bei Integration: Tagesstruktur, Sozialkontakte, Lebensperspektive entwickeln
Umgang mit Stimmen und Wahn: Nicht konfrontieren, biografische Bedeutung erarbeiten, Netzwerk Stimmenhören nutzen
Angehörigenarbeit: Entlastung, Aufklärung, Strategien zur Stabilisierung
Spezielle Zielgruppen: Junge Erwachsene (Übergang ins Erwachsenenleben), Menschen mit Migrationsgeschichte (kultursensibel), Komorbiditäten (z. B. Sucht, affektive Störungen)
Affektive Störungen
Was sind allgemeine Merkmale affektiver Störungen?
Krankhafte Veränderung von Stimmung und Antrieb
Vorkommen in Episoden oder dauerhaft
Zwei Hauptformen:
Depressive Störungen (ein- oder mehrfach auftretend)
Bipolare Störungen (Wechsel von manischen und depressiven Phasen)
Sonderformen: Dysthymie (anhaltende leichte Depression)
Lebenszeitprävalenz Depression: ca. 16 %
Frauen 2–3× häufiger betroffen als Männer
Häufig chronischer Verlauf mit hohem Rückfallrisiko
Was sind typische emotionale Symptome einer Depression?
Traurige, niedergeschlagene Stimmung
Freudlosigkeit, Interessenverlust
Pessimistische Zukunftssicht
Hoffnungslosigkeit, innere Leere
Welche Antriebs- und Verhaltenssymptome treten auf?
Verminderter Antrieb, Energielosigkeit
Gehemmte Psychomotorik
Gelegentlich agitierte Unruhe trotz innerer Leere
Welche kognitiven Symptome sind typisch?
Konzentrations- und Entscheidungsprobleme
Grübeln, Selbstabwertung, Schuldgefühle
Zwangsgedanken möglic
Welche körperlichen Symptome treten häufig auf?
Schlafstörungen
Appetitverlust
Libidoverlust
Was sind besondere Formen der Depression?
Agitierte Depression: Äußerlich getrieben trotz innerer Leere
Larvierte Depression: Körperliche Beschwerden im Vordergrund
Was sind typische emotionale Symptome einer Manie?
Euphorische, gereizte oder expansiv gehobene Stimmung
Übersteigertes Selbstwertgefühl
Welche kognitiven und Denk-Symptome treten auf?
Beschleunigtes Denken
Ideenflucht
Konzentrationsprobleme
Welche verhaltenstechnische, körperlichen und psychotischen Symptome können vorkommen?
Verhalten:
Gesteigerter Antrieb
Überaktivität, geschäftiges Verhalten
Enthemmung, hypersoziales Auftreten
Selbstüberschätzung
körperliche Symptome:
Schlaflosigkeit
Gesteigerte Libido
psychotische Symptome:
Größenwahn
Allmachtsfantasien
Welche Risiken bestehen bei einer Manie?
Selbst- und Fremdgefährdung
Einschränkung der Schuldfähigkeit
Was kennzeichnet eine bipolare Störung?
Wechsel zwischen depressiven und manischen Episoden
Rapid Cycling: > 4 Phasen pro Jahr
Psychotische Symptome in depressiven oder manischen Phasen möglich
Was besagt das Vulnerabilitäts-Stress-Modell bei affektiven Störungen?
Biologische Disposition (familiäre Häufung, v. a. bipolar)
Auslösende Lebensereignisse (z. B. Verlust, Trauma)
Körperliche Erkrankungen oder Medikamente als Auslöser möglich (z. B. Schilddrüsenstörung, Herzkrankheit, bestimmte Medikamente)
Welche medikamentösen Therapien werden eingesetzt?
Antidepressiva: Bei Depression
Phasenprophylaktika: Lithium, Valproat bei bipolarer Störung
Neuroleptika: Bei psychotischen Symptomen
Weitere Verfahren: Lichttherapie, Schlafentzug, EKT
Welche psychotherapeutischen Verfahren sind wirksam?
Interpersonelle Therapie
Achtsamkeitsbasierte Verfahren
Psychoedukation und Rückfallprophylaxe
Welche Rolle spielt Beziehungsarbeit?
Empathie über lange Zeit halten
Eigene Haltung und Gegenübertragung reflektieren (Supervision)
Wie unterstützt die Soziale Arbeit den Alltag?
Aufbau von Tagesstruktur
Förderung sozialer Aktivität
Freizeitgestaltung
Wohnsicherung
Finanzielle Beratung
Berufliche Rehabilitation
Welche Aufgaben gibt es in der Suizidprävention?
Regelmäßige Einschätzung des Suizidrisikos
Frühzeitige Krisenintervention
Ggf. Einleitung stationärer Maßnahmen
Welche Aufklärungs- und Präventionsaufgaben hat die Soziale Arbeit?
Vermittlung medizinischer Zusammenhänge
Unterstützung bei Zugang zu Therapie und Selbsthilfegruppen
Arbeit mit Angehörigen: Entlastung, Aufklärung, Umgang mit Rückfällen
Neurotische, Belastungs- und somatoforme Störungen
Was sind allgemeine Merkmale dieser Störungskategorie?
Sammelbegriff für viele psychische Störungen mittlerer Ausprägung
Meist kein Realitätsverlust
Beschwerden oft körperlich, affektiv oder verhaltensbezogen ohne organischen Befund
Übergänge zu Depression, Schizophrenie, Demenz möglich (Komorbidität)
Früher als „neurotische Störungen“ bezeichnet
Was sind typische Merkmale von Phobien und Angststörungen?
Übermäßige, oft irrationale Ängste
Auslöser: spezifische Objekte, Situationen oder soziale Interaktionen
Häufige körperliche Begleitsymptome: Herzklopfen, Schwitzen, Schwindel
Vermeidungsverhalten typisch
Welche Unterformen gibt es?
Agoraphobie (Angst vor öffentlichen Plätzen, Menschenmengen)
Soziale Phobie
Generalisierte Angststörung
Was sind Zwangsgedanken?
Aufdrängende, wiederkehrende Gedanken
Erzeugung von Angst oder Unbehagen
Betroffene erkennen Unsinnigkeit, können Gedanken aber nicht unterdrücken
Was sind Zwangshandlungen?
Wiederholte Handlungen (z. B. Wasch-, Kontrollrituale)
Ritualhaft, zur Angstreduzierung ausgeführt
Stehen oft in keinem realistischen Zusammenhang zum befürchteten Ereignis
Was ist eine Posttraumatische Belastungsstörung (PTBS)?
Folge extremer Erlebnisse (z. B. Krieg, Vergewaltigung, Unfall)
Symptome: Flashbacks, Albträume, emotionale Taubheit, Reizbarkeit
Oft Vermeidung traumabezogener Situationen
Was sind Anpassungsstörungen?
Reaktion auf belastende Lebensereignisse (z. B. Trennung, Jobverlust)
Depressive, ängstliche oder gemischte Symptomatik
Beginn innerhalb eines Monats nach Belastung
Was sind typische Symptome eines Burnouts?
Chronische Erschöpfung
Versagensängste
Depressive Verstimmung
Körperliche Beschwerden (z. B. Kopf-, Rückenschmerzen)
Häufig in helfenden und hochverantwortlichen Berufen
Fließender Übergang zu Depression
Was sind somatoforme Störungen?
Körperliche Beschwerden ohne medizinisch erklärbare Ursache
Häufig: Schmerzen, Magen-Darm-Beschwerden, Herzrasen
Diagnose: Ausschluss organischer Ursachen
Oft langwieriger Verlauf, hoher Leidensdruck
Welche Faktoren tragen zur Entstehung bei?
Genetische Prädisposition
Lernerfahrungen, Persönlichkeitsstruktur
Kritische Lebensereignisse (Trennung, Migration, Gewalt)
Psychosoziale Belastungen (Arbeitslosigkeit, Überforderung)
Biografische Faktoren (frühe Bindungsstörungen, Traumata)
Soziokulturelle Einflüsse (Leistungsdruck, Schönheitsideale)
Welche therapeutischen Maßnahmen werden eingesetzt?
Psychotherapie (v. a. Verhaltenstherapie, Tiefenpsychologie)
EMDR bei PTBS
Psychoedukation über Symptome und Verlauf
Medikamentöse Behandlung (Antidepressiva, Anxiolytika bei schweren Fällen)
Körperorientierte Verfahren (Entspannung, Achtsamkeit)
Netzwerkarbeit: medizinische, psychologische und soziale Hilfen koordinieren
Welche Haltung/Aufgaben ist in der Sozialarbeit bei diesen Störungen wichtig?
Symptome ernst nehmen – auch ohne organischen Befund
Wertschätzende, nicht bagatellisierende Haltung
Beratung und Stabilisierung
Unterstützung bei Krisenbewältigung
Hilfe beim Aufbau von Alltagsstruktur
Vermittlung in Therapie- und Hilfsangebote
Kultursensible Ansätze, biografisches Verständnis
Angehörigenarbeit: Aufklärung, Entlastung
Prävention: Resilienzförderung, Aufbau sozialer Netzwerke
Essstörungen
Welche Störungsbilder gehören zu den Essstörungen?
Anorexia nervosa (Magersucht)
Bulimia nervosa (Ess-Brech-Sucht)
Binge-Eating-Störung
Adipositas (nicht psychiatrisch klassifiziert, aber oft komorbid)
Was sind allgemeine Merkmale von Essstörungen?
Gestörtes Verhältnis zu Essen, Körper und Selbstbild
Hohe Prävalenz in westlichen Ländern
Einfluss durch kulturelle Schönheitsideale und Konsumverhalten
Beginn häufig in Pubertät
Oft verbunden mit Selbstwertkrisen
Was sind typische Symptome einer Anorexie?
Starkes Untergewicht (BMI meist < 17,5)
Intensive Angst vor Gewichtszunahme
Gestörte Körperwahrnehmung („ich bin zu dick“ trotz Untergewicht)
Kontrolliertes Essverhalten, Kalorienzählen
Exzessiver Sport
Häufig Amenorrhoe (Ausbleiben der Regelblutung)
Hohe Mortalitätsrate: 8–20 % (höchste aller psychischen Erkrankungen)
Welche Risiken bestehen bei Anorexie?
Schwere körperliche Komplikationen
Lebensgefahr durch Unterernährung
Langfristige Schädigung von Organen
Was sind typische Symptome einer Bulimie?
Wiederkehrende Essanfälle mit Kontrollverlust
Kompensatorisches Verhalten (Erbrechen, Fasten, Abführmittel)
Normales Gewicht häufig → Krankheit bleibt lange unbemerkt
Starke Schamgefühle
Heimliches Verhalten
Was sind typische Symptome der Binge-Eating-Störung?
Wiederkehrende Essanfälle ohne kompensatorisches Verhalten
Oft verbunden mit Übergewicht
Gefühl von Kontrollverlust während der Essanfälle
Schuld- und Ekelgefühle nach dem Essen
Wie ist Adipositas einzuordnen?
Medizinisch als Übergewicht klassifiziert
Nicht primär psychiatrische Diagnose
In Psychiatrie relevant als Nebenwirkung von Psychopharmaka
Psychische Belastung durch Stigmatisierung
Welche biologischen, psychosozialen und soziokulturellen Faktoren spielen eine Rolle?
biologisch:
Genetische Veranlagung
Stoffwechselveränderungen
psychosozial:
Familiäre Konflikte
Selbstwertprobleme
Leistungsdruck
soziokulturell:
Schönheitsideale
Medien
Diätkultur
Welche weiteren Risikofaktoren gibt es?
Frühkindliche Bindungsstörungen
Missbrauchserfahrungen
Komorbidität mit Depression, Zwangs- oder Angststörung
Was sind zentrale Therapieprinzipien bei Essstörungen?
Früher Behandlungsbeginn → bessere Prognose
Bei schweren Fällen: stationärer Start, dann ambulante Nachsorge
Multimodale Therapie: Psychotherapie (v. a. KVT, Tiefenpsychologie), Körpertherapie, Ernährungsberatung, ggf. Medikation
Einbezug der Familie (systemische Arbeit)
Langfristige Rückfallprophylaxe
Beachtung von Suizidalität und körperlichen Komplikationen
Welche Unterstützungsaufgaben hat die Soziale Arbeit bei Essstörungen?
Alltag strukturieren (Essen, Schlaf, soziale Kontakte)
Soziale Teilhabe fördern
Schulische/berufliche Reintegration unterstützen
Wie unterstützt die Soziale Arbeit die Behandlungsbereitschaft?
Vertrauensvolle, wertschätzende Beziehung aufbauen
Motivation trotz geringer Krankheitseinsicht fördern
Welche Aufgaben hat die Angehörigen. und Netzwerkarbeit?
Angehörigen
Eltern und Bezugspersonen einbinden (v. a. bei Jugendlichen)
Aufklärung über Erkrankung
Entlastung von Schuldgefühlen
Netzwerk:
Kooperation mit Ärzt:innen, Psychotherapeut:innen, Schulen, Jugendhilfe, Kliniken
Frühwarnzeichen erkennen: auffälliges Essverhalten, Rückzug, Körperverleugnung, exzessiver Sport
Persönlichkeits- und Verhaltensstörungen
Was sind allgemeine Merkmale von Persönlichkeits- und Verhaltensstörungen?
Betreffen den Kern der Persönlichkeit: Erleben, Verhalten, Denken, Beziehungsfähigkeit
Symptome zeigen sich dauerhaft und situationsübergreifend
Beginn meist in Jugend oder frühem Erwachsenenalter
Deutliches Leiden der Betroffenen oder des Umfelds
Abgrenzung zu stark ausgeprägten Persönlichkeitsstilen oft schwierig
Prävalenz: ca. 11 % Allgemeinbevölkerung, bis zu 50 % in psychiatrischen Kliniken
Welche Kriterien müssen für die Diagnose erfüllt sein?
Stabiler, unflexibler Verhaltensstil
Anhaltend unangemessen oder dysfunktional
Beginn in Kindheit, Jugend oder frühem Erwachsenenalter
Leidensdruck bei Betroffenen oder sozialem Umfeld
Klinische Einschätzung durch erfahrene Fachkräfte notwendig
Welche Persönlichkeitsstile können Störungen darstellen?
Ehrgeizig, selbstbewusst → narzisstisch
Emotional, selbstdarstellend → histrionisch
Risikofreudig, abenteuerlustig → dissozial
Sorgfältig, gewissenhaft → zwanghaft
Anhänglich, loyal → dependent (abhängig)
Einzelgängerisch, zurückhaltend → schizoid
Selbstkritisch, vorsichtig → selbstunsicher
Wachsam, misstrauisch → paranoid
Was sind Hauptmerkmale der Borderline-Persönlichkeitsstörung?
Instabile zwischenmenschliche Beziehungen
Starke Stimmungsschwankungen
Impulsivität
Selbstverletzendes Verhalten
Hohe Suizidgefahr
Komplexe Beziehungsdynamiken mit Helfer:innen
Welche Faktoren können Persönlichkeitsstörungen begünstigen?
Genetische Disposition (z. B. verminderte Empathiefähigkeit)
Frühe Bindungs- und Beziehungserfahrungen (Traumatisierung, Vernachlässigung)
Soziokulturelle Einflüsse (Werte, Rollenbilder, Leistungsdruck)
Häufig fragiles Selbstbild
Schwierigkeiten mit Bindung, Abgrenzung, Emotionsregulation
Welche Therapieformen kommen bei Persönlichkeitsstörungen zum Einsatz?
Langfristige Psychotherapie (z. B. DBT bei Borderline, Schematherapie)
Krisenintervention bei akuten Risiken (z. B. Suizidalität, Selbstverletzung)
Ambulante oder stationäre spezialisierte Settings
Integration psychosozialer Unterstützung (Alltag, Arbeit, Wohnen, soziale Kontakte)
Hohe Rückfall- und Therapieabbruchsquote
Langfristige Begleitung oft notwendig
Authentisch, klar, strukturiert bei gleichzeitiger Empathie
Nähe und Distanz professionell austarieren
Eigene Reaktionen reflektieren (Gegenübertragung)
Wie kann die Alltagsbegleitung gestaltet werden?
Strukturierung von Tagesablauf, Arbeit, Ausbildung
Aufbau stabiler sozialer Netzwerke
Unterstützung bei Behörden und Wohnsicherung
Was bedeutet Ressourcenorientierung in diesem Kontext?
Stärken erkennen und fördern
Negative Eigenschaften in konstruktive Fähigkeiten umdeuten (z. B. „kontrollierend“ → „verantwortungsbewusst“)
Enge Abstimmung mit Psychotherapeut:innen, medizinischem Dienst, Angehörigen
Geduld, realistische Zielsetzung, langfristige Perspektiv
Intelligenzminderungen und Entwicklungsstörungen
Was versteht man unter Intelligenzminderung?
Unterdurchschnittliche Ausprägung intellektueller Fähigkeiten
Messung meist über IQ-Tests
In ICD-10 in vier Schweregrade unterteilt: leicht, mittelgradig, schwer, schwerst
Mit oder ohne begleitende Verhaltensstörung
Begriff „Intelligenz“ und Messung zunehmend kritisch diskutiert
Wie grenzt sich Intelligenzminderung von anderen Beeinträchtigungen ab?
Nicht gleichzusetzen mit Lernbehinderung
Nicht gleichzusetzen mit Teilleistungsstörungen (z. B. Lese-Rechtschreib-Störung, Rechenschwäche)
Welche Komorbiditäten sind häufig?
Erhöhte Prävalenz weiterer psychischer Störungen (z. B. Depression, Angst, Persönlichkeitsstörung)
Diagnostik erschwert durch eingeschränkte Ausdrucksfähigkeit
Oft Bedarf an alternativen Kommunikationsformen
Was sind allgemeine Merkmale von Entwicklungsstörungen?
Beginnen in der frühen Kindheit
Beeinträchtigung spezifischer Funktionen (Sprache, Motorik, soziale Interaktion)
Können mit normaler Intelligenz oder Intelligenzminderung auftreten
Was sind häufige Formen der Autismus-Spektrum-Störungen?
Frühkindlicher Autismus:
Beginn im Kleinkindalter
Häufig Sprachentwicklungsstörungen
Oft mit Intelligenzminderung kombiniert
Asperger-Syndrom:
Normale Intelligenz
Intakte Sprachentwicklung
Auffällige Spezialinteressen und -fähigkeiten
Was sind gemeinsame Merkmale von Autismus-Spektrum-Störungen?
Schwierigkeiten in Kommunikation, Empathie, sozialer Interaktion
Eigenwilliges Verhalten
Sozialer Rückzug
Ungewöhnliche Reaktionen auf Kontaktaufnahme
Häufige Komorbidität: Phobien, Ängste, Schlafstörungen
Welche Bedeutung hat Früherkennung?
Entscheidend für Entwicklungs- und Fördermöglichkeiten
Je früher Intervention, desto bessere Prognose
Was umfasst multimodale Förderung?
Pädagogische Maßnahmen
Therapeutische Unterstützung (Logopädie, Ergotherapie, Verhaltenstherapie)
Medizinische Begleitung
Soziale Unterstützung
Welche kommunikativen Hilfsmittel können eingesetzt werden?
Unterstützte Kommunikation (Piktogramme, Gebärden, Tablets)
Einfache Sprache
Geduld im Gespräch
Sensibilität für nonverbale Signale
Welche autismus-spezifischen Ansätze gibt es?
Strukturierte Tagesabläufe
Reizarme Umgebung
Soziales Kompetenztraining
Welche rechtlichen, alltäglichen und inklusiven Unterstützungsaufgaben gibt es?
rechtlich:
Hilfe bei Anträgen (Eingliederungshilfe, Schwerbehindertenausweis)
Unterstützung bei Vertretungsrechten, Betreuung, Mitbestimmung („informed consent“)
Alltag:
Unterstützung bei Wohnen, Schule, Ausbildung, Arbeit
Förderung lebenspraktischer Fähigkeiten
Begleitung im Alltag
Inklusiv:
Teilhabe ermöglichen
Barrieren abbauen
Orientierung am sozialen Modell von Behinderung (Behinderung nicht nur als Defizit sehen)
Welche Rolle spielt Netzwerkarbeit?
Zusammenarbeit mit Heilpädagogik, Frühförderstellen, Schulen, Eltern, Ärzt:innen
Schnittstelle zu Eingliederungshilfe, Pflege, Jugendhilfe
Behandlungsplanung und Psychopharmaka
Welche Voraussetzungen gibt es für den Beginn einer Behandlung und was ist Ziel?
Voraussetzungen:
Fundierte Diagnose
Verständliche Aufklärung der Betroffenen
Einwilligung der Betroffenen („informed consent“) – außer in Notfällen
Ziel:
Symptomlinderung
Ermöglichung von Teilhabe
Rückfallprävention
Worauf basiert eine gute Behandlungsplanung?
Orientierung an multifaktoriellen Ursachen
Multimodaler Ansatz (verschiedene Methoden kombiniert)
Interdisziplinäre Zusammenarbeit
Welche therapeutischen Bausteine gehören zur multimodalen Behandlung?
Psychotherapie (z. B. Verhaltenstherapie, Tiefenpsychologie)
Medikamentöse Behandlung (Psychopharmaka)
Sozialarbeiterische Begleitung (Alltag, Wohnen, Beruf, Beziehungen)
Angehörigenarbeit (Einbeziehung, Entlastung)
Krisenintervention (ambulant oder stationär)
Wie wirken Psychopharmaka allgemein?
Eingriff in Neurotransmitterhaushalt (z. B. Dopamin, Serotonin, Noradrenalin)
Keine Heilung, sondern Symptomlinderung
Ziel: Reduktion von Wahn, Angst, Depression, Anspannun
Welche Hauptgruppen von Psychopharmaka gibt es und wie wirken sie?
Neuroleptika (Antipsychotika): antipsychotisch, sedierend, unspezifisch, Nebenwirkungen möglich
Antidepressiva: stimmungsaufhellend, oft antriebssteigernd, Einsatz bei Depression, Angst, Schmerz
Phasenprophylaktika: Stabilisierung der Stimmung (v. a. bipolar), erfordert genaue Dosierung
Tranquilizer / Hypnotika: beruhigend, schlafanstoßend, hohes Abhängigkeitspotenzial
Welche Herausforderungen bestehen bei Psychopharmaka?
Anfangs häufig Nebenwirkungen (Müdigkeit, Gewichtszunahme, Unruhe)
Langfristig: Risiko schwerer Nebenwirkungen (z. B. Spätdyskinesien, Stoffwechselprobleme)
Rückfallrisiko bei zu kurzer Behandlung oder abruptem Absetzen
Unterschiedliche Wirkprofile je nach Person
Wirkungseintritt oft erst nach Wochen
Welche Aufklärungs- und Beratungsaufgaben hat die Soziale Arbeit?
Information zu Behandlungsmöglichkeiten
Erläuterung von Vor- und Nachteilen von Medikamenten
Unterstützung bei der Therapietreue (Compliance)
Motivation zur Mitwirkung an der Behandlung
Wie arbeitet Soziale Arbeit im Behandlungsteam mit?
Teilnahme an interprofessionellen Teams, Fallbesprechungen, Casemanagement
Ressourcensicht einbringen
Alltagsorientierte Perspektive ergänzen
Wie unterstützt die Soziale Arbeit die Selbstbestimmung der Betroffenen?
Ermutigung zum kritischen Dialog über Medikamente
Unterstützung bei Erprobung von Dosisreduktionen oder Umstellungen
Förderung von Partizipation und Eigenverantwortung
Wie hat sich die Rolle der Sozialarbeit in der Psychiatrie entwickelt?
Früher stark fürsorgerisch geprägt
Fokus auf Nachsorge nach Klinikaufenthalt
Heute integraler Bestandteil multiprofessioneller Teams
Mitwirkung an Diagnostik, Behandlungsplanung, Therapie
Arbeit präventiv, begleitend und rehabilitativ
Welche neuen Aufgaben hat die Soziale Arbeit in der Psychiatrie?
Netzwerkarbeit und Fallmanagement
Förderung sozialer Teilhabe
Frühintervention bei Krisen
Gesundheitsförderung und Prävention
Anti-Stigmatisierungsarbeit
Was bedeutet Reliabilität in der Psychopathologie?
Zuverlässigkeit und Genauigkeit einer Messung
Gleiche Ergebnisse bei Wiederholung unter gleichen Bedingungen
Frei von zufälligen Messfehlern
Welche Hauptarten von Reliabilität gibt es?
Retest-Reliabilität: Stabilität der Ergebnisse bei wiederholter Messung
Interrater-Reliabilität: Übereinstimmung zwischen verschiedenen Beurteilenden
Paralleltest-Reliabilität: Vergleich zwischen verschiedenen, aber gleichwertigen Messinstrumenten
Interne Konsistenz: Zusammenhang zwischen einzelnen Items eines Tests
Welche Faktoren können die Reliabilität beeinträchtigen?
Uneindeutige Items oder Fragen
Unklare Anweisungen
Unterschiedliche Interpretation durch Untersuchende
Schwankungen im Zustand der Testperson
Was bedeutet Validität in der Psychopathologie?
Misst das Verfahren tatsächlich das, was es messen soll
Erlaubt korrekte Schlussfolgerungen aus den Ergebnissen
Setzt hohe Reliabilität voraus, aber ist nicht gleichbedeutend mit ihr
Welche Hauptarten von Validität gibt es?
Inhaltsvalidität: Vollständige Abdeckung des zu messenden Konstrukts
Kriteriumsvalidität: Ergebnisse stimmen mit externen Kriterien überein
Übereinstimmungsvalidität (concurrent validity)
Vorhersagevalidität (predictive validity)
Konstruktvalidität: Messung spiegelt theoretisches Konstrukt wider
Welche Risiken bestehen bei mangelnder Validität?
Fehlinterpretation der Testergebnisse
Falsche Diagnosen
Ungeeignete Behandlungsentscheidungen
Wie hängen Reliabilität und Validität zusammen?
Hohe Reliabilität ist Voraussetzung für Validität
Ein Test kann zuverlässig, aber nicht gültig sein (z. B. misst konsistent das Falsche)
Ziel: Hohe Werte bei beiden Kriterienja
Wozu dienen Klassifikationssysteme in der Psychiatrie/Psychopathologie?
Einheitliche Diagnosekriterien
Erleichtern Kommunikation zwischen Fachkräften
Grundlage für Forschung, Statistik und Abrechnung
Strukturieren Symptome in definierte Störungsbilder
Wer ist Herausgeber und wofür wird das System genutzt?
ICD-10:
Herausgeber: WHO
Weltweit gültig, rechtsverbindlich in vielen Ländern
Grundlage für Gesundheitsstatistik, Abrechnung, Dokumentation aller Krankheiten
DSM-5:
Herausgeber: American Psychiatric Association (APA)
Schwerpunkt psychische Störungen
Standard in Forschung und klinischer Praxis, v. a. in den USA, nicht rechtsverbindlich
Wie ist das System aufgebaut und gegliedert?
Umfasst alle Krankheiten (somatisch + psychisch)
Kapitel F = psychische und Verhaltensstörungen
Kategorialer Ansatz: Diagnose ja/nein nach definierten Schwellen
Umfasst nur psychische Störungen
Kapitelstruktur nach Störungsgruppen mit detaillierten Kriterien
Kategorialer Ansatz mit zusätzlichen dimensionalen Bewertungen
Wie werden Diagnosen kodiert?
Alphanumerische Codes (z. B. F32.0 für leichte depressive Episode)
Einheitlich für internationale Nutzung
Verweist auf ICD-Codes (z. B. ICD-10-CM in den USA)
Keine eigene Kodiersystematik
Gibt es ein multiaxiales System?
Vorgesehen für Kinder- und Jugendpsychiatrie, kaum genutzt
Früheres 5-Achs-Modell aus DSM-IV abgeschafft, nun integrierte Beschreibun
Wie werden kulturelle Aspekte berücksichtigt?
Wenige direkte Hinweise, keine standardisierten Tools
Cultural Formulation Interview
Beschreibung kulturspezifischer Syndrom
Was sind Stärken des Systems?
International anerkannt
Breite Anwendbarkeit (somatisch + psychisch)
Kompatibel mit Gesundheits-IT und Abrechnung
Mehr diagnostische Details
Kultursensible Zusatztools
Dimensionale Bewertungen möglich
Was sind Schwächen bzw. Kritikpunkte?
Wenig kultursensibel
Weniger detailliert bei psychischen Störungen
Komplex, umfangreich
Gefahr der Überdiagnostik
Starker US-Fokus
Aktueller Stand und Weiterentwicklung?
Ablösung durch ICD-11 seit 2022
Mehr Angleichung an DSM-5, digitale Nutzung
Textrevision DSM-5-TR (2022) mit z. B. stärkerer Betonung von Suizidalitä
Was sind zentrale Unterschiede zwischen ICD-10 und DSM-5?
Herausgeber: WHO vs. APA
Anwendungsbereich: ICD-10 weltweit, DSM-5 primär in den USA
Inhalt: ICD-10 umfasst alle Krankheiten, DSM-5 nur psychische Störungen
Details: DSM-5 oft spezifischer, ICD-10 eher allgemeiner
Diagnostik: DSM-5 mit dimensionale Ansätze, ICD-10 primär kategorial
Was sind wichtige Änderungen im DSM-5 gegenüber DSM-IV?
Abschaffung des 5-Achsen-Systems
Einführung dimensionaler Bewertungen (Schweregradskalen)
Erweiterung kultursensibler Diagnostik (Cultural Formulation Interview)
Neue Störungsgruppen (z. B. Zwangsstörung als eigene Kategorie)
Anpassungen bei Diagnosen (z. B. Trennungsangst auch bei Erwachsenen)
Präzisere Kriterien für einzelne Störungen (z. B. Autismus-Spektrum, Schizophrenie)
DSM-5-TR (2022): stärkere Betonung von Suizidalität, sprachliche Präzisierungen
Epidemiologie & Bedeutung für Soziale Arbeit
Was bedeutet Epidemiologie in der Psychopathologie?
Wissenschaft von der Verbreitung und Häufigkeit psychischer Störungen in der Bevölkerung
Untersuchung von Prävalenz (Häufigkeit zu einem Zeitpunkt) und Inzidenz (Neuerkrankungen in einem Zeitraum)
Analyse von Risikofaktoren und Schutzfaktoren
Grundlage für Gesundheitsplanung und Präventionsstrategien
Was ist der Unterschied zwischen Prävalenz und Inzidenz?
Prävalenz: Anteil der Personen mit einer bestimmten Störung zu einem bestimmten Zeitpunkt oder Zeitraum
Inzidenz: Anzahl der neu auftretenden Fälle in einem bestimmten Zeitraum
Welche psychischen Störungen treten besonders häufig auf?
Angststörungen
Substanzabhängigkeiten
Somatoforme Störungen
Schizophrenie und andere Psychosen (geringere Prävalenz, aber hohe Krankheitslast
Welche Bedeutung hat Epidemiologie für die Soziale Arbeit?
Einschätzung von gesellschaftlichen und individuellen Hilfebedarfen
Planung von Unterstützungsangeboten
Beitrag zur Prävention durch Zielgruppenkenntnis
Ressourcenplanung im Sozial- und Gesundheitswesen
Priorisierung besonders betroffener Gruppen
Welche Personengruppen sind besonders vulnerabel?
Menschen mit chronischen Erkrankungen
Personen mit niedrigem sozioökonomischem Status
Arbeitslose
Alleinerziehende
Menschen mit Migrationsgeschichte
Ältere Menschen
Kinder und Jugendliche in belasteten Familien
Welche Aufgaben ergeben sich für die Soziale Arbeit aus epidemiologischen Daten?
Entwicklung spezifischer Präventionsangebote
Niedrigschwelliger Zugang zu Hilfen
Aufklärungskampagnen
Förderung von Teilhabe und Inklusion
Zusammenarbeit mit Gesundheitsdiensten, Schulen, Betrieben
Politische Interessenvertretung für betroffene Gruppen
Was sind formale Denkstörungen und welche Formen gibt es?
Verlangsamtes Denken:
Erschwerte Gedankenproduktion
Lange Pausen beim Sprechen
Verminderte Assoziationsgeschwindigkeit
Gedankensperre / Gedankenabreißen:
Plötzlicher Abbruch des Gedankengangs
Subjektives „Leergefühl“ im Kopf
Vorbeireden:
Antworten weichen vom Thema ab
Frage wird nicht direkt beantwortet
Perseveration:
Unwillkürliches Wiederholen derselben Worte oder Gedanken
Ideenflucht:
Sprunghaftes, sehr schnelles Denken
Kaum Möglichkeit, einem Gedanken zu folgen
Inkohärenz / Zerfahrenheit:
Gedanken ohne logische Verknüpfung
Satzbau und Wortwahl wirken unverständlich
Was sind inhaltliche Denkstörungen?
Wahnideen:
Falsche, unverrückbare Überzeugungen
Nicht durch logische Argumente korrigierbar
Inhaltlich oft bizarr oder kulturell unüblich
Arten von Wahn:
Verfolgungswahn (Überwachung, Bedrohung)
Größenwahn (Selbstüberschätzung, besondere Fähigkeiten)
Beeinträchtigungs- und Beeinflussungswahn (äußere Kontrolle über Gedanken/Handlungen)
Eifersuchtswahn
Hypochondrischer Wahn
Zwangsgedanken:
Aufdrängend, sich ständig wiederholend
Erzeugt starken inneren Widerstand
Als unsinnig oder übertrieben erkannt
Überwertige Ideen:
Dominieren das Denken
Starke emotionale Bedeutung
Nicht bizarr, aber übermäßig betont
Was sind Halluzinationen und welche Arten gibt es?
Definition: Sinneswahrnehmung ohne Reizquelle
Formen:
Akustisch: Stimmen hören, Geräusche (häufigste Form)
Visuell: Lichtblitze, Personen, Objekte
Olfaktorisch: Gerüche (oft unangenehm, z. B. Verwesung)
Gustatorisch: Geschmackswahrnehmungen ohne Ursache
Taktile: Berührungs- oder Krabbelgefühle auf der Haut
Besonderheit:
Bei Schizophrenie oft kommentierende/befehlende Stimmen
Was sind Illusionen?
Fehlinterpretation realer Reize
Reiz ist vorhanden, Deutung ist falsch
Beispiel: Schatten als Mensch gedeutet
Was sind Störungen der Affektivität?
Depressiver Affekt: traurig, niedergeschlagen, freudlos
Manischer Affekt: gehobene Stimmung, Gereiztheit, Selbstüberschätzung
Angst: unbestimmtes Bedrohungsgefühl, vegetative Symptome
Affektlabilität: schneller, extremer Stimmungswechsel
Affektverflachung: wenig emotionale Ausdrucksfähigkeit
Gefühlsinadäquanz: Stimmung passt nicht zur Situation
Was sind Störungen des Antriebs?
Antriebsarmut: wenig Energie, reduzierte Aktivität
Antriebshemmung: gefühlte Blockade bei Handlungen
Antriebssteigerung: übermäßige, oft ziellose Aktivität
Was sind psychomotorische Auffälligkeiten?
Gehemmte Psychomotorik: langsame Bewegungen, reduzierte Gestik
Psychomotorische Unruhe: motorische Getriebenheit, Nesteln, Umherlaufen
Katatonie:
Bewegungsstupor (Bewegungslosigkeit trotz Wachheit)
Wächserne Biegsamkeit (extreme Haltungsverharrung)
Stereotype Bewegungen
Echolalie (Wiederholen von Worten)
Echopraxie (Nachahmen von Bewegungen
Was sind Ich-Störungen?
Gedankenentzug: Gefühl, Gedanken würden von außen entnommen
Gedankeneingebung: Gefühl, Gedanken werden von außen eingegeben
Gedankenausbreitung: Überzeugung, andere könnten eigene Gedanken hören
Depersonalisation: Gefühl, fremd zu sein im eigenen Körper
Derealisation: Umgebung wirkt unwirklich oder verfremde
Welche Störungen der Aufmerksamkeit und Konzentration treten auf?
Verminderte Daueraufmerksamkeit
Erhöhte Ablenkbarkeit
Schwierigkeiten, bei einer Aufgabe zu bleiben
Welche Gedächtnisstörungen gibt es?
Amnesie: Gedächtnislücken (zeitlich oder inhaltlich)
Anterograde Amnesie: Unfähigkeit, neue Inhalte zu speichern
Retrograde Amnesie: Verlust gespeicherter Erinnerungen
Hyperthymnesie: Übermaß an Erinnerungen
Konfabulationen: erfundene Inhalte zum Schließen von Erinnerungslücken
Wie wird Suizidalität im psychopathologischen Befund erfasst?
Passive Todeswünsche: Wunsch, nicht mehr zu leben, ohne konkrete Absicht
Suizidgedanken: Überlegung, sich das Leben zu nehmen
Suizidabsicht: fester Entschluss, verbunden mit Planung
Suizidversuch: Handlung mit Tötungsabsicht, Überleben durch Zufall oder Rettung
Suizid: vollendete Selbsttötung
Besonderheit: Einschätzung erfordert direkte Ansprache, auch bei fehlender Eigenäußerung
Was sind Impulskontrollstörungen?
Wiederkehrende Unfähigkeit, einem Impuls oder Drang zu widerstehen
Handlung wird ausgeführt, obwohl sie negative Folgen hat
Erleben von Anspannung vor und Erleichterung nach der Handlung
Welche Beispiele für Impulskontrollstörungen gibt es?
Pathologisches Spielen (Glücksspielsucht)
Kleptomanie (Stehlzwang)
Pyromanie (Brandstiftungsdrang)
Trichotillomanie (zwanghaftes Haareausreißen)
Intermittierende explosible Störung (unkontrollierte Wutausbrüche)
Worin unterscheiden sich Halluzination und Wahn?
Halluzination = Wahrnehmungsstörung (Sinneseindruck ohne Reiz)
Wahn = Denkstörung (falsche Überzeugung, festgehalten trotz Gegenbeweisen)
Wie hängen Wahn und Schizophrenie zusammen?
Wahn kann ein Teil der Symptomatik bei Schizophrenie sein
Schizophrenie umfasst jedoch mehr als nur Wahn
Was umfasst der Begriff Suizidalität?
Passive Todeswünsche: Wunsch, nicht mehr zu leben, ohne aktive Handlungsabsicht
Suizidgedanken: Überlegungen zur Selbsttötung, noch ohne festen Plan
Suizidabsicht: Entschluss, mit klaren Plänen zur Durchführung
Suizidversuch: Handlung mit Selbsttötungsabsicht, Überleben durch Zufall oder Rettung
Suizid: Vollendete Selbsttötung
Wie häufig ist Suizid und wer ist besonders betroffen?
Weltweit ca. 800.000 Suizide pro Jahr
In Deutschland: ca. 9.000 Suizide pro Jahr (dunkle Ziffer hoch)
Männer 3–4× häufiger vollendeter Suizid, Frauen häufiger Versuche
Hohe Raten bei älteren Männern, aber auch bei Jugendlichen und jungen Erwachsenen relevant
Risikospitzen bei psychischen Erkrankungen, v. a. Depression, Schizophrenie, Suchterkrankungen
Welche psychischen Erkrankungen sind mit erhöhtem Suizidrisiko verbunden?
Depression (besonders kurz nach Beginn der Therapie)
Schizophrenie und andere Psychosen
Bipolare Störung (v. a. in depressiven oder gemischten Phasen)
Substanzabhängigkeit
Persönlichkeitsstörungen (Borderline, antisozial)
Frühere Suizidversuche
Akute Lebenskrisen (z. B. Trennung, Arbeitsplatzverlust)
Chronische körperliche Erkrankungen, Schmerzen
Familiäre Suizidgeschichte
Soziale Isolation, Einsamkeit
Zugang zu suizidalen Mitteln (z. B. Waffen, Medikamente)
Welche Verhaltensänderungen können auf Suizidgefahr hinweisen?
Rückzug von sozialen Kontakten
Abgabe persönlicher Gegenstände, „Ordnen der Angelegenheiten“
Vermehrtes Sprechen über Tod und Hoffnungslosigkeit
Plötzliche Ruhe oder Besserung nach schwerer Depression (als Hinweis auf gefassten Entschluss)
Riskantes Verhalten, Selbstverletzungen
Welche allgemeinen Präventionsmaßnahmen gibt es?
Frühzeitige Behandlung psychischer Erkrankungen
Einschränkung des Zugangs zu tödlichen Mitteln
Aufklärung und Entstigmatisierung psychischer Krisen
Aufbau sozialer Netzwerke und Unterstützungssysteme
Was sind spezielle Präventionsansätze für Risikogruppen?
Kriseninterventionsteams
Telefon- und Online-Seelsorge
Schulprogramme zur Früherkennung
Nachsorgeprogramme für Menschen nach Suizidversuch
Wie sollte Soziale Arbeit bei Suizidgefahr handeln?
Direkt ansprechen: Offene Frage nach Suizidgedanken
Risikoeinschätzung: Akut oder latent? Mittel verfügbar? Zeitpunkt geplant?
Sicherheitsmaßnahmen: Entfernung von Mitteln, Begleitung
Netzwerke aktivieren: Angehörige, Ärzt:innen, Krisendienste
Krisenintervention: Sofortige Unterstützung, ggf. Notaufnahme oder psychiatrische Aufnahme
Dokumentation: Lückenlose Festhaltung der Einschätzung und Schritte
Nachsorge: Kontinuität der Beziehung, Hilfe bei Alltagsstruktur
Welche Grundhaltungen sind in der Sozialarbeit wichtig?
Empathie und Wertschätzung
Keine Bagatellisierung, keine moralische Verurteilung
Ruhe und Klarheit in der Kommunikation
Orientierung an Ressourcen und Hoffnungsperspektiven
Was umfasst das psychiatrische Hilfesystem?
Gesamtheit aller medizinischen, psychologischen, sozialen und rehabilitativen Angebote für Menschen mit psychischen Erkrankungen
Prävention, Diagnostik, Behandlung, Nachsorge, soziale Reintegration
Kombination aus stationären, teilstationären, ambulanten und komplementären Hilfen
Träger: öffentliche Hand, Wohlfahrtsverbände, private Anbieter, Selbsthilfeorganisationen
Welche Gesetze regeln die psychiatrische Versorgung in Deutschland?
SGB V – Gesetzliche Krankenversicherung
Regelt medizinische Behandlung, Psychotherapie, Medikamente
SGB IX – Rehabilitation und Teilhabe von Menschen mit Behinderungen
Eingliederungshilfe, berufliche Teilhabe
SGB XII – Sozialhilfe
Hilfe zum Lebensunterhalt, Grundsicherung, Hilfen in besonderen Lebenslagen
SGB VIII – Kinder- und Jugendhilfe
Hilfen für psychisch belastete Kinder/Jugendliche und deren Familien
Psychisch-Kranken-Gesetze der Länder (PsychKG)
Regeln Unterbringung bei Selbst- oder Fremdgefährdung, Zwangsmaßnahmen, Patientenrechte
Betreuungsrecht (BGB)
Bestellung einer gesetzlichen Betreuung bei fehlender Entscheidungsfähigkeit
UN-Behindertenrechtskonvention (UN-BRK)
Recht auf Inklusion, Selbstbestimmung, diskriminierungsfreie Teilhabe
Bundesteilhabegesetz (BTHG)
Stärkt Selbstbestimmung, personenzentrierte Leistungen, Wunsch- und Wahlrecht
Welche stationären Einrichtungen gibt es?
Allgemeinpsychiatrische Kliniken (Akutversorgung, Diagnostik, Krisenintervention)
Psychosomatische Fachkliniken (Körper-Seele-Zusammenhang)
Spezialeinrichtungen: Sucht, Gerontopsychiatrie, Kinder- und Jugendpsychiatrie, Forensik
Psychiatrische Abteilungen in Allgemeinkrankenhäusern
Welche gesetzlichen Regelungen sind im stationären Bereich relevant?
SGB V für Krankenhausbehandlung
PsychKG für Zwangsunterbringung und Maßnahmen bei akuter Gefährdung
Patientenrechtegesetz für Aufklärung, Einwilligung, Dokumentation
Was sind teilstationäre Angebote?
Tageskliniken: Behandlung tagsüber, abends Zuhause
Nachtkliniken: Behandlung nachts, tagsüber Alltagsintegration
Vorteile: weniger Entfremdung vom sozialen Umfeld, direkte Umsetzung von Therapiestrategien im Alltag
Rechtliche Grundlage: SGB V (Krankenbehandlung), SGB IX (Teilhabeleistungen)
Welche ambulanten Angebote gibt es?
Niedergelassene Fachärzt:innen für Psychiatrie und Psychotherapie
Psychologische Psychotherapeut:innen
Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeut:innen
Hausärzt:innen als erste Anlaufstelle
Institutsambulanzen (an Kliniken angebunden, multiprofessionell)
Sozialpsychiatrische Dienste (öffentlich, niedrigschwellig, präventiv)
Ambulante psychiatrische Pflege
Welche Gesetze greifen hier?
SGB V: Abrechnung ärztlicher und psychotherapeutischer Leistungen
PsychThG: Regelung der Ausbildungen von Psychotherapeut:innen
Heilberufsgesetze der Länder
Was sind komplementäre Hilfen?
Ergänzende, nicht primär medizinische Unterstützungsleistungen
Beispiele: betreutes Wohnen, Kontakt- und Beratungsstellen, Tagesstätten, Arbeitsprojekte
Ziel: soziale Integration, Teilhabe, Alltagsbewältigung
Rechtliche Grundlage: SGB IX, SGB XII
Was ist Gemeindepsychiatrie?
Wohnortnahe, vernetzte Versorgung
Enge Kooperation zwischen medizinischen, psychologischen, sozialen Angeboten
Individuelle, flexible Hilfen, orientiert an Bedarf und Ressourcen
Umsetzung der UN-BRK und des BTHG
Welche Berufsgruppen arbeiten im psychiatrischen Hilfesystem und welche Aufgaben haben sie?
Fachärzt:innen für Psychiatrie & Psychotherapie: Diagnose, Medikation, Psychotherapie
Psychologische Psychotherapeut:innen: Diagnostik, Psychotherapie (Erwachsene)
Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeut:innen: Psychotherapie Minderjähriger
Pflegefachkräfte (Psychiatrie): Betreuung, Beobachtung, Unterstützung im Alltag, Medikamentengabe
Sozialarbeiter:innen / Sozialpädagog:innen: Beratung, Hilfeplanung, Sozialleistungen, Teilhabe, Netzwerkarbeit
Ergotherapeut:innen: Alltags- und Arbeitstrainings, kreative Therapien
Physiotherapeut:innen: Körperliche Aktivierung, Entspannung
Heilpädagog:innen: Unterstützung bei Entwicklungs- und Teilhabeeinschränkungen
Genesungsbegleiter:innen (Peer-Support): Unterstützung durch eigene Erfahrung mit psychischer Erkrankung
Welche Schnittstellen bestehen im psychiatrischen Hilfesystem?
Medizinische Versorgung ↔ Soziale Hilfen
Klinik ↔ ambulante Angebote
Jugendhilfe ↔ Erwachsenenpsychiatrie
Reha-Einrichtungen ↔ Arbeitsmarktintegration
Justiz ↔ Forensik
Warum ist interdisziplinäre Zusammenarbeit wichtig?
Vermeidung von Versorgungslücken
Ganzheitliche Betrachtung der Lebenssituation
Bessere Abstimmung bei Krisen
Synergie aus Fachperspektiven
Welche Hauptaufgaben hat die Soziale Arbeit?
Beratung zu Sozialleistungen, Wohnen, Arbeit, Ausbildung
Case Management und Koordination von Hilfen
Krisenintervention und Prävention
Anti-Stigma-Arbeit
Unterstützung der Selbstbestimmung und Empowerment
Welche Aufgaben hat die Soziale Arbeit in der Diagnostikphase?
Mitwirkung an Anamnese (soziale, familiäre, berufliche Situation)
Erfassung von Ressourcen und Belastungsfaktoren
Einbringen alltagsnaher Beobachtungen ins Behandlungsteam
Vermittlung zwischen Fachkräften und Klient:innen
Unterstützung bei Erklärung der Diagnose und Folgen für Alltag/Teilhabe
Welche Funktionen erfüllt die Soziale Arbeit in der Behandlungsphase?
Koordination zwischen medizinischen, psychotherapeutischen und sozialen Leistungen
Unterstützung bei Behandlungscompliance (Medikamenteneinnahme, Terminwahrnehmung)
Hilfen bei der Alltagsstrukturierung
Arbeit mit Angehörigen zur Einbindung ins Behandlungskonzept
Vermittlung zu komplementären Hilfen (z. B. betreutes Wohnen, Selbsthilfe)
Wie bezieht Soziale Arbeit Angehörige ein?
Aufklärung über Erkrankung und Behandlungsmöglichkeiten
Unterstützung bei der Bewältigung von Belastungen
Vermittlung von Entlastungsangeboten
Förderung der aktiven Mitwirkung am Genesungsprozess
Konfliktmoderation zwischen Klient:innen und Angehörigen
Welche Strategien nutzt die Soziale Arbeit zur Entstigmatisierung psychisch Erkrankter?
Öffentlichkeitsarbeit (Veranstaltungen, Kampagnen)
Förderung von Begegnungen zwischen Betroffenen und Allgemeinbevölkerung
Einbezug von Erfahrungsberichten und Peer-Arbeit
Medienarbeit gegen Vorurteile
Empowerment-Programme für Betroffene
Welche besonderen Zielgruppen erfordern angepasste Strategien der Sozialarbeit?
Kinder und Jugendliche mit psychischen Belastungen
Menschen mit Migrations- oder Fluchthintergrund (kultursensible Arbeit)
Ältere Menschen mit psychischen Erkrankungen
Menschen mit Doppeldiagnosen (z. B. psychische Erkrankung + Sucht)
Menschen mit Behinderungen und psychischen Erkrankungen (Doppeldiagnose)
Welche rechtlichen Kenntnisse muss Soziale Arbeit in der Psychiatrie haben?
Psychisch-Kranken-Gesetze (PsychKG) der Länder
Sozialgesetzbücher V, IX, XII
Patientenrechtegesetz
Was bedeutet Stigmatisierung im Kontext psychischer Erkrankungen?
Soziale Abwertung und Ausgrenzung aufgrund einer psychischen Diagnose oder auffälligen Verhaltens
Prozess der Etikettierung („anders sein“) → negative Stereotype → Diskriminierung
Führt zu sozialer Isolation, Benachteiligung und Selbststigmatisierung
Was sind typische Stereotype gegenüber psychisch Erkrankten?
„Gefährlich“
„Unfähig zu arbeiten“
„Schwach“ oder „charakterlich defekt“
„Nicht belastbar“
Wie entsteht Stigmatisierung nach Link & Phelan?
Labeling: Kennzeichnung einer Person als „psychisch krank“
Stereotype: Verknüpfung des Labels mit negativen Eigenschaften
Trennung: „Wir“ (Gesunde) vs. „die“ (Kranken)
Statusverlust & Diskriminierung: Gesellschaftliche Benachteiligung
Machtungleichgewicht: Strukturen, die Stigma aufrechterhalten
Welche Bedingungen begünstigen Stigmatisierung?
Fehlendes Wissen in der Gesellschaft
Verzerrte Darstellung in Medien
Geringer persönlicher Kontakt zu Betroffenen
Welche Auswirkungen kann Stigmatisierung für Betroffene haben?
Soziale Isolation
Verlust von Arbeit oder Wohnung
Erschwerter Zugang zu Behandlung
Verringerte Selbstachtung
Vermeidung offener Kommunikation über die Erkrankung
Erhöhtes Risiko für Suizidalität
Welche Maßnahmen können Stigmatisierung abbauen?
Öffentlichkeitsarbeit: Informationskampagnen, Medienarbeit
Begegnungsprojekte: Direkter Kontakt zwischen Betroffenen und Allgemeinbevölkerung
Bildungsprogramme: Aufklärung in Schulen, Betrieben, Behörden
Peer-Arbeit: Einsatz von Genesungsbegleiter:innen
Empowerment: Förderung von Selbstvertrauen und Selbstvertretung
Was bedeutet Inklusion im Kontext psychischer Erkrankungen?
Gleichberechtigte Teilhabe am gesellschaftlichen Leben
Abbau von Barrieren (physisch, sozial, institutionell)
Orientierung an Fähigkeiten und Ressourcen statt Defiziten
Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention (UN-BRK)
Welche Prinzipien leiten inklusives Arbeiten in der Sozialen Arbeit?
Partizipation: Betroffene aktiv einbeziehen
Selbstbestimmung: Wahlfreiheit und Eigenverantwortung fördern
Empowerment: Stärkung persönlicher Kompetenzen
Barrierefreiheit: Zugänglichkeit von Angeboten und Orten
Wie trägt die Soziale Arbeit zur Entstigmatisierung bei?
Aufklärung in der Öffentlichkeit
Kultursensible Angebote
Zusammenarbeit mit Medien und Politik
Förderung von Projekten, die Begegnung ermöglichen
Welche Aufgaben hat die Soziale Arbeit zur Förderung von Inklusion?
Unterstützung bei Zugang zu Bildung, Arbeit, Freizeit
Abbau institutioneller Barrieren
Vernetzung mit Gemeinde, Vereinen, Betrieben
Politische Interessenvertretung für Betroffene
Was bedeutet Netzwerkarbeit in der Psychiatrie?
Gezielte Zusammenarbeit von Institutionen, Fachkräften und Betroffenen
Ziel: bedarfsgerechte, kontinuierliche, koordinierte Unterstützung
Verbindet medizinische, psychologische, soziale und rehabilitative Ressourcen
Unterstützt Prävention, Behandlung, Nachsorge und Teilhabe
Welche Hauptziele verfolgt Netzwerkarbeit?
Lückenlose Versorgung über verschiedene Hilfesysteme hinweg
Individuell zugeschnittene Hilfen
Ressourcenschonung durch Abstimmung
Frühzeitige Krisenerkennung und -intervention
Förderung von Empowerment und Selbstbestimmung
Erhöhung der Behandlungsqualität und -kontinuität
Welche Phasen gibt es beim Aufbau und der Entwicklung von Netzwerkarbeit?
1. Initiierungsphase:
Bedarfsermittlung
Kontaktaufnahme zu potenziellen Partnern
Festlegung gemeinsamer Ziele
Erste Absprachen zu Strukturen und Kommunikation
2. Aufbauphase:
Klärung von Rollen und Zuständigkeiten
Entwicklung gemeinsamer Standards
Einrichtung von Kommunikationswegen (z. B. regelmäßige Treffen, digitale Plattformen)
3. Konsolidierungsphase:
Verfestigung der Zusammenarbeit
Regelmäßige Evaluation der Zielerreichung
Anpassung der Strukturen an Veränderungen
4. Verstetigungsphase:
Netzwerk wird als feste Struktur etabliert
Langfristige Finanzierung und personelle Kontinuität gesichert
Erweiterung des Netzwerks um zusätzliche Partner bei Bedarf
Wer ist typischerweise Teil eines psychiatrischen Netzwerks?
Ärzt:innen (Hausärzt:innen, Fachärzt:innen für Psychiatrie)
Pflegefachkräfte (stationär und ambulant)
Sozialarbeiter:innen / Sozialpädagog:innen
Ergotherapeut:innen, Physiotherapeut:innen
Sozialpsychiatrische Dienste
Kliniken und Tageskliniken
Eingliederungshilfe- und Reha-Einrichtungen
Selbsthilfegruppen, Genesungsbegleiter:innen
Angehörige und gesetzliche Betreuer:innen
Schulen, Arbeitgeber, Integrationsfachdienste
Behörden (z. B. Sozialamt, Jugendamt, Jobcenter)
Polizei und Justiz bei Gefährdungslagen
Welche Kooperationsformen gibt es?
Fallkonferenzen und Hilfeplangespräche
Überleitungsmanagement zwischen Versorgungsstufen
Arbeitskreise und Fachgremien
Kooperationsvereinbarungen und Netzwerktreffen
Informationsaustausch unter Beachtung des Datenschutzes
Nutzung gemeinsamer Dokumentationssysteme
Welche Probleme können in der Netzwerkarbeit auftreten?
Unterschiedliche Fachsprachen, Methoden und Zielvorstellungen
Unklare Verantwortlichkeiten
Datenschutz- und Schweigepflichtprobleme
Konkurrenz um Mittel und Anerkennung
Zeitmangel für Abstimmung und Dokumentation
Fehlende Finanzierung oder instabile Strukturen
Welche Aufgaben übernimmt die Soziale Arbeit?
Case Management: Steuerung komplexer Hilfemaßnahmen
Koordination: Termin- und Ablaufplanung, Verbindlichkeit schaffen
Kommunikation: Vermittlung zwischen Institutionen, Übersetzung zwischen Fachsprachen
Ressourcenaktivierung: Nutzung von formellen und informellen Unterstützungsquellen
Krisenmanagement: Aktivierung des Netzwerks bei akuter Gefährdung
Evaluation: Überprüfung der Wirksamkeit der Zusammenarbeit
Welche Faktoren fördern erfolgreiche Netzwerkarbeit?
Klare Zieldefinition und transparente Rollen
Regelmäßiger, verbindlicher Austausch
Gegenseitiges Vertrauen und Wertschätzung
Gemeinsame Dokumentation und Standards
Flexibilität bei Veränderungen
Beteiligung der Betroffenen in allen Phasen
Was ist der „Normalbetrieb“ in einem funktionierenden Netzwerk?
Gefestigte, eingespielte Zusammenarbeit aller Partner:innen
Klare Rollen, Zuständigkeiten und Kommunikationswege
Regelmäßige Treffen und Fallbesprechungen
Standardisierte Abläufe und feste Ansprechpartner:innen
Vertrauen und gegenseitige Wertschätzung etabliert
Stabile Finanzierung und langfristige personelle Kontinuität
Flexible Anpassung an neue Bedarfe ohne Strukturverlust
Welche Schritte kennzeichnen eine effektive Netzwerkarbeit?
Bedarfsanalyse: Erkennen, welche Probleme und Zielgruppen im Fokus stehen
Kontaktaufnahme: Potenzielle Partner identifizieren und ansprechen
Zieldefinition: Gemeinsame Ziele, Prioritäten, Zielgruppen festlegen
Rollenklärung: Zuständigkeiten, Verantwortlichkeiten und Ressourcen abstecken
Kommunikationsstruktur: Feste Termine, Protokolle, digitale Plattformen
Kooperationsvereinbarungen: Schriftliche Absprachen, Datenschutzregeln
Evaluation: Regelmäßige Überprüfung der Zusammenarbeit und Zielerreichung
Anpassung: Strukturen bei Bedarf modifizieren
Welche Aufgaben hat die Soziale Arbeit als Netzwerkkoordinator:in und auf welchen Ebenen?
Einzelfallebene:
Koordination der Hilfen für einzelne Klient:innen
Einbindung medizinischer, therapeutischer und sozialer Ressourcen
Krisenmanagement
Institutionsebene:
Aufbau und Pflege von Kooperationen zwischen Einrichtungen
Organisation gemeinsamer Projekte
Austausch von Fachwissen
Systemebene:
Beteiligung an regionalen Arbeitskreisen, Fachgremien, Politikberatung
Mitwirkung an Konzept- und Strukturentwicklung in der Versorgung
Öffentlichkeitsarbeit und Anti-Stigma-Kampagnen
Wie gehst du als Sozialarbeiter:in vor, wenn eine Tochter im Streit mit ihrer Mutter Gegenstände wirft und mit Ritzen droht?
Sicherstellen der Akutsicherheit:
Eigene Sicherheit und die der Beteiligten gewährleisten
Potenzielle Gefährdungsgegenstände sichern oder entfernen
Deeskalation:
Ruhig und klar sprechen
Emotionale Anspannung reduzieren
Keine Vorwürfe oder Diskussionen über Schuld
Gefährdungseinschätzung:
Direktes Ansprechen der Suiziddrohung („Hast du vor, dich zu verletzen?“)
Einschätzung der Dringlichkeit und Schwere
Unterstützungsnetz aktivieren:
Bei akuter Gefahr: Notarzt, Polizei, Krisendienst
Angehörige oder andere Vertrauenspersonen hinzuziehen
Kurzfristige Schutzmaßnahmen:
Krisenintervention vor Ort
Sicherer Ort für die Betroffene (z. B. Notaufnahme, Krisenwohnung)
Nachsorge einleiten:
Verweis an therapeutische oder medizinische Versorgung
Vereinbarung über weitere Gespräche und Hilfen
Einbezug der Familie in weitere Planung
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