Vergangenheits- und Lageanalyse
Unterschied zur Due Diligence: Diese prüft zusätzlich die Planungsrechnung
Untersuchung der historischen Entwicklung und der aktuellen Situation eines Unternehmens als Basis für M&A-Entscheidungen.
Ziel: Verstehen, wie und warum sich das Unternehmen in die heutige Lage entwickelt hat und Ertragskraft erkennen.
Fokus auf:
Historische Finanzdaten
Strategische Entscheidungen & deren Ergebnisse
Markt- und Wettbewerbsveränderungen
Interne Strukturen & Ressourcen
💡 Beispiel Ein Maschinenbauer prüft einen Zukauf:
Umsatz wuchs 5 Jahre stark durch Export, brach letztes Jahr wegen Lieferkettenproblemen ein
Investitionen in neue Technologie noch nicht amortisiert
Implikation: Käufer erkennt, dass kurzfristige Probleme vorliegen, aber mittelfristig Chancen bestehen.
Zusammenhang
Teil der Voranalyse, liefert wichtige Kontextinfos für Bewertung & Strategie.
Ergänzt Marktanalyse und Geschäftsfeldanalyse.
Due Diligence (Begriff und Ziele)
Ursprung: angloamerikanisch, „erforderliche Sorgfalt“
Ziel: Analyse der Ertragskraft
Durchführung durch WP-Gesellschaften, Kanzleien, Beratungen, Konzerne, Banken
Risiken/Chancen erkennen; "Deal Breaker" vermeiden
Reduktion von Informationsasymmetrie
Basis für Garantien, Bewertungen, IPO, Businesspläne, Sanierungen, Kredite
Ablauf und Grenzen der Due Diligence
Due Diligence (DD) = systematische Prüfung eines Unternehmens vor einer Transaktion.
Ziel: Risiken erkennen, Annahmen überprüfen, Kaufpreis validieren.
Ablauf:
NDA unterzeichnen
Informationsanforderungsliste (Checkliste) an Zielunternehmen
Zugang zum Datenraum (physisch oder virtuell)
Analyse durch Spezialisten (Finanzen, Recht, Steuern, Technik etc.)
Bericht mit Feststellungen & Empfehlungen
Grenzen:
Abhängig von der Qualität & Vollständigkeit der bereitgestellten Daten
Zeit- und Budgetbegrenzungen
Verborgene Risiken können unentdeckt bleiben (z. B. zukünftige Marktveränderungen)
💡 Beispiel Ein Käufer prüft ein Softwareunternehmen:
Zeitrahmen 4 Wochen
Zugang nur zu ausgewählten Verträgen
Später stellt sich heraus: Ein wichtiger Kunde kündigt bald – wurde in DD nicht erfasst.
Kritischer Schritt vor Vertragsunterzeichnung
Erkenntnisse fließen direkt in Kaufpreisverhandlungen ein.
Inhalte der Due Diligence im Überblick
DD deckt mehrere Prüfungsbereiche ab – je nach Branche & Transaktionsart:
Finanzielle DD: Bilanzen, GuV, Cashflows, Working Capital, Schulden
Rechtliche DD: Gesellschaftsverträge, Rechtsstreitigkeiten, Eigentumsrechte
Steuerliche DD: Steuererklärungen, offene Steuerforderungen, Risiken
Kommerzielle DD: Markt, Wettbewerb, Kundenstruktur, Wachstumschancen
Technische DD: Anlagenzustand, Produktionsprozesse, IT-Systeme
HR-DD: Mitarbeiterverträge, Schlüsselpersonal, Pensionsverpflichtungen
ESG-DD: Nachhaltigkeit, Umweltauflagen, Compliance
💡 Beispiel Bei einem Zukauf eines Bauunternehmens prüft der Käufer:
Finanz-DD: Liquiditätsengpässe in Saisonmonaten
Recht-DD: Auslaufende Baugenehmigungen
HR-DD: Abhängigkeit von zwei Projektleitern kurz vor Rente
Inhalte hängen stark von Branche & Ziel ab
Sorgt dafür, dass alle relevanten Risiken und Chancen sichtbar werden
Kommerzielle Due Diligence
Bewertung der Markt- und Wettbewerbsposition des Zielunternehmens.
Ziel: Sicherstellen, dass das Geschäftsmodell zukunftsfähig ist.
Prüft u. a.:
Marktgröße, Wachstum, Trends
Wettbewerbsumfeld
Kundenstruktur & Abhängigkeiten
Wachstumschancen & Markteintrittsbarrieren
💡 Beispiel DD zeigt: 60 % des Umsatzes kommt von einem Kunden → hohes Konzentrationsrisiko.
Ergänzt Finanz- und Strategieanalysen
Wesentlich für die Ermittlung des strategischen Werts einer Akquisition
Finanzielle Due Diligence
Vergangenheits- und Zukunftsanalyse (Plausibiliserung der Planungsrechnung)
Prüfung der finanziellen Situation und Leistungsfähigkeit des Zielunternehmens.
Ziel: Bestätigung der finanziellen Angaben, Ermittlung von Stärken, Schwächen und Risiken.
Bilanzen der letzten 3–5 Jahre
Gewinn- und Verlustrechnungen (GuV)
Cashflows (operative, Investitions- und Finanzierungstätigkeit)
Working Capital (Vorräte, Forderungen, Verbindlichkeiten)
Schulden und Kreditkonditionen
💡 Beispiel Prüfung zeigt: Starke Umsätze, aber hohes Working-Capital-Bedarf → Risiko für Liquidität nach Übernahme.
Wichtig: Verbindung mit Commercial DD
Steuerliche Due Diligence
Prüfung der steuerlichen Situation und Risiken des Zielunternehmens.
Ziel: Sicherstellen, dass keine versteckten Steuerschulden oder laufenden Risiken bestehen.
Steuererklärungen der letzten Jahre
Offene Steuerforderungen oder laufende Prüfungen
Steuerliche Verlustvorträge
Risiken durch falsche Einstufungen oder internationale Strukturen
💡 Beispiel Analyse findet nicht erklärte Auslandsumsätze → drohende Steuernachzahlung.
Eng verknüpft mit Financial DD
Kann Kaufpreisanpassungen oder Garantien im Vertrag auslösen
Rechtliche Due Diligence
Analyse aller rechtlichen Rahmenbedingungen und Verpflichtungen des Zielunternehmens.
Ziel: Aufdecken potenzieller rechtlicher Risiken und vertraglicher Fallstricke.
Gesellschaftsverträge & Gesellschafterstruktur
Rechtsstreitigkeiten laufend & potenziell
Eigentumsrechte an Grundstücken, Patenten, Marken
Wichtige Verträge (Lieferanten, Kunden, Mietverträge)
💡 Beispiel Es wird entdeckt, dass ein wichtiges Patent bald ausläuft → Einfluss auf den Kaufpreis.
Beeinflusst Vertragsgestaltung (Garantien, Freistellungen)
Oft gemeinsam mit steuerlicher und kommerzieller DD koordiniert
ESG Due Diligence
Bewertung von Nachhaltigkeit, sozialen Standards und Governance-Strukturen.
Ziel: Sicherstellen, dass Umwelt- und Sozialrisiken erkannt und gesteuert werden.
Umweltauflagen und Genehmigungen
Soziale Verantwortung (Arbeitsbedingungen, Lieferkette)
Governance (Compliance-Systeme, Ethikrichtlinien)
💡 Beispiel Werk hat unzureichende Abwasserbehandlung → drohende Umweltstrafen.
Immer wichtiger durch Regulierung & Investorenerwartungen
Kann Dealbreaker sein, besonders in regulierten Märkten
Human Resources Due Diligence
Analyse der Mitarbeiterstruktur und Personalrisiken.
Ziel: Sicherstellen, dass Schlüsselpersonal erhalten bleibt und Arbeitsrecht eingehalten wird.
Mitarbeiterverträge & Vergütungssysteme
Schlüsselpersonal & Nachfolgeregelungen
Pensionsverpflichtungen & Sozialleistungen
Arbeitsrechtsrisiken
💡 Beispiel Abhängigkeit von zwei Entwicklern ohne langfristige Verträge → Risiko für Know-how-Verlust.
Wichtig bei wissensintensiven Branchen
Qualität der Due Diligence
Die Aussagekraft der Due Diligence hängt stark von ihrer Qualität ab.
Qualitätsfaktoren:
Vollständigkeit und Aktualität der Daten
Erfahrung und Unabhängigkeit der Prüfer
Ausreichend Zeit und Budget für Prüfung
Klare, verständliche Berichte mit Handlungsempfehlungen
💡 Beispiel Eine überhastete Due Diligence in 2 Wochen übersieht ein ablaufendes Großkundenprojekt → führt zu Fehleinschätzung des Unternehmenswerts.
Instrumente der Unternehmensanalyse
Diverse Instrumente zur Analyse, nicht nur für M&A
Auswahl hängt vom Einzelfall ab
Methoden auch in strategischer Planung & Controlling anwendbar
SWOT-Analyse: Stärken/Schwächen, Chancen/Risiken
Ressourcenanalyse: Vergleich mit stärkstem Wettbewerber
Portfolioanalyse: Marktanteile & Wachstum
Branchenstrukturanalyse (Porter): Attraktivität & Einflussfaktoren
Marktphasenmodell: In welcher Marktphase befindet sich die Branche?
Produktlebenszyklus: In welcher Lebensphase sind die Produkte?
Erfahrungskurvenkonzept: Wie stark sinken Stückkosten bei höheren Ausbringungsmengen?
Wertkettenanalyse: Welche Aktivitäten schaffen echten Wert? Was sollte ausgelagert werden?
Unternehmensplanung als Bewertungsgrundlage
Die Unternehmensbewertung stützt sich oft auf zukünftige Erträge, nicht nur auf historische Daten.
Unternehmensplanung liefert dafür Prognosen zu:
Umsatz- und Gewinnentwicklung
Investitions- und Kostenplanung
Cashflows und Finanzierungsbedarf
Qualität hängt von der Analyse der Planzahlen ab
Plausibilität der Unterlagen
💡 Beispiel Ein Käufer bewertet eine Firma auf Basis einer 5-Jahres-Planung mit 10 % Umsatzwachstum p. a. – wird diese Planung nicht kritisch geprüft, kann der Preis zu hoch sein.
Formen der Plausibilisierung
Materielle Plausibilisierung:
Prüfung von Annahmen durch externe Daten
Fokus auf Marktentwicklung, Wettbewerb, Ertragspositionen
Formelle Plausibilisierung:
Logik und Rechenmethodik der Planung prüfen
Tabellenkalkulationen oft fehleranfällig
Kritische Erfolgsfaktoren
Bedingungen, die erfüllt sein müssen, damit Unternehmensplanung und M&A-Erfolg realistisch sind.
Beispiele:
Marktwachstum tatsächlich vorhanden
Schlüsselpersonal bleibt im Unternehmen
Investitionen werden wie geplant umgesetzt
Integration verläuft reibungslos
💡 Beispiel Ein Deal basiert auf Kostensynergien durch Standortschließung – gelingt die Schließung nicht, bricht die gesamte Kalkulation zusammen.
Kritische Erfolgsfaktoren müssen im LOI und Kaufvertrag berücksichtigt werden
Plausibilisierung – Hilfsmittel
Plausibilisierung ist ein Werkzeug, um Unternehmensplanungen zu validieren und Kaufpreisrisiken zu reduzieren.
Dient als „Realitäts-Check“ zwischen Verkäuferoptimismus und Käuferrealismus.
💡 Beispiel Ein Käufer nutzt Plausibilisierung, um festzustellen, dass die geplanten Margensteigerungen nur erreichbar sind, wenn Rohstoffpreise sinken – was am Markt nicht zu erwarten ist.
Unterstützt Verhandlung und Preisfindung
Senkt Risiko von Fehlinvestitionen
Typische Planungsfehler
Häufige Fehler in Unternehmensplanungen, die zu falschen Bewertungen führen:
Zu optimistische Wachstumsprognosen
Unterschätzte Kosten oder Investitionen
Fehlende Berücksichtigung von Markt- oder Regulierungsrisiken
Einmaleffekte fälschlich als dauerhaft eingeplant
Nicht abgestimmte Planungsannahmen zwischen Abteilungen
fehlende Plausibilisierung
💡 Beispiel Plan geht von 15 % Umsatzwachstum aus, weil ein neuer Großkunde gewonnen wurde – Vertragslaufzeit beträgt aber nur 1 Jahr.
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