Frage: Was ist unter der Schweigepflicht zu verstehen und wann darf sie durchbrochen werden?
Als Psychotherapeut:in unterliege ich der Schweigepflicht gemäß § 203 StGB.
Eine Offenbarung personenbezogener Informationen ist nur mit ausdrücklicher Schweigepflichtentbindung oder bei rechtfertigendem Notstand zulässig
z. B. bei akuter Eigen- oder Fremdgefährdung, wenn keine andere Maßnahme möglich ist.
In solchen Fällen prüfe ich auch die Notwendigkeit einer Unterbringung nach PsychKG.
Frage: Wer darf in eine psychotherapeutische Behandlung einwilligen?
Einwilligungsfähig ist jede Person, die Wesen, Bedeutung und Tragweite der Maßnahme erfassen und beurteilen kann.
In der Regel sind das Jugendliche ab ca. 14–16 Jahren, je nach Reifegrad.
Bei Einwilligungsunfähigkeit ist die Zustimmung der gesetzlichen Vertretung erforderlich.
In jedem Fall erfolgt eine umfassende Aufklärung über Diagnose, Verfahren, Risiken und Alternativen.
Frage: Was regelt die Psychotherapie-Richtlinie?
regelt Inhalt, Umfang und Durchführung der Psychotherapie als Leistung der GKV.
Sie definiert u. a. die probatorischen Sitzungen, Antragsverfahren (Kurzzeit-/Langzeittherapie),
die anerkannte Verfahren (VT, TP, PA)
Indikationsstellungen.
stellt sicher, dass psychotherapeutische Versorgung qualitätsgesichert und leitliniengerecht erfolgt.
Frage: Wie gehen Sie rechtlich und ethisch mit akuter Suizidalität um?
Einschätzung der Eigengefährdung.
Besteht konkrete Absicht oder ein akuter Plan, kann eine Einweisung auch ohne Einwilligung notwendig sein (Notfallmaßnahme, z. B. nach PsychKG)
Bei fehlender Kooperation oder Einwilligung informiere ich ggf. Angehörige oder Behörden unter Bruch der Schweigepflicht nur im rechtfertigenden Notstand
Dokumentation und Supervision sind essenziell.
Frage: Welche Bedeutung hat die UN-Behindertenrechtskonvention für die psychotherapeutische Versorgung?
verpflichtet zur gleichberechtigten Teilhabe von Menschen mit Behinderungen darunter fallen auch psychische Erkrankungen.
Daraus leitet sich das Recht auf barrierefreie, diskriminierungsfreie und bedarfsgerechte Versorgung ab.
Dies umfasst z. B. leichte Sprache, angepasste Settings, partizipative Entscheidungsfindung und den Schutz der Autonomie.
Frage: Was müssen Sie zur Dokumentation beachten?
gesetzlich zur sorgfältigen, nachvollziehbaren Dokumentation verpflichtet (§ 630f BGB).
Die Akten sind mind. 10 Jahre aufzubewahren.
Patient:innen haben grundsätzlich ein Recht auf Einsicht, außer es liegen schwerwiegende therapeutische Gründe dagegen vor.
Auch digitale Dokumentation unterliegt Datenschutzvorgaben (DSGVO).
Frage: Welche berufsrechtlichen Pflichten gelten für Psychotherapeut:innen?
Diese ergeben sich aus der Berufsordnung (je nach Kammer).
Wichtige Prinzipien sind:
Wahrung der Schweigepflicht,
Sorgfaltspflicht,
Pflicht zur Fortbildung,
Unterlassung sexueller Kontakte zu Patient:innen,
berufsethisches Verhalten.
Bei Verletzung kann ein berufsrechtliches Verfahren eingeleitet werden.
Schweigepflicht
§203 StgB
Offenbaren von Patientengeheimnissen (Diagnosen, Inhalte der Therapie, persönliche Angaben) ist strafbar.
Ausnahmen (wann darf/muss man brechen?):
Einwilligung: Patient entbindet explizit.
Rechtfertigender Notstand (§ 34 StGB): akute Gefahr für Leben oder Gesundheit (Eigen-/Fremdgefährdung → z. B. Suizidversuch, Morddrohung).
Gesetzliche Mitteilungspflichten: z. B. Infektionsschutzgesetz (bestimmte Krankheiten), Waffengesetz, Meldung bei Kindeswohlgefährdung (an Jugendamt).
Unterlassene Hilfeleistung
§ 323c StGB
Pflicht: In Notlagen muss jede:r Hilfe leisten, auch Therapeut:innen.
Wenn unglüvk und Gefahr für Leib und Leben
Wenn Hilfe erforderliche und zumutbar ist
Man nichts unternimmt und es möglich wäre
Bedeutung für Therapie:
Bei akuter Suizidalität/Fremdgefährdung → Nichtstun wäre strafbar.
Psychotherapeutinnen haben Garantenpflicht: beosndere Verantwortung
Patientenrechtegesetz
§ 630a: Behandlungsvertrag → Therapeut schuldet fachgerechte Behandlung nach anerkanntem Standard.
§ 630c: Informationspflicht über alle wesentlichen Umstände.
§630 d: Einwilligung des Patienten
§ 630e: Aufklärungspflicht → Diagnose, Art, Risiken, Alternativen.
§ 630f: Dokumentationspflicht → vollständig, zeitnah, nachvollziehbar.
§ 630g: Einsichtsrecht → Patient darf jederzeit eigene Akte einsehen.
BGB
PsychThG (Psychotherapeutengesetz)
Regelt Ausbildung, Approbation, Berufszulassung.
Wichtig: Psychotherapie darf nur mit Approbation ausgeübt werden.
. Psychotherapie-Richtlinie (PT-RL, G-BA)
Regelt, welche Verfahren abrechenbar sind.
Anerkannte Verfahren:
Verhaltenstherapie (VT)
Tiefenpsychologisch fundierte Psychotherapie (TP)
Analytische Psychotherapie (AP)
Systemische Therapie (seit 2020)
Gilt für Erwachsene, Kinder- und Jugendlichenpsychotherapie.
PsychKG (Psychisch-Kranken-Gesetz; Landesrecht)
Regelt Unterbringung psychisch Kranker bei akuter Eigen- oder Fremdgefährdung.
Ablauf Zwangseinweisung:
Patient akut gefährdet, verweigert Klinik.
Psychotherapeut informiert Polizei/Ordnungsamt.
Amtsarzt/Notarzt untersucht → Unterbringungsbescheinigung.
Einweisung in geschlossene psychiatrische Klinik.
Richterliche Entscheidung muss binnen 24 h erfolgen.
Jugend & Einwilligungsfähigkeit
Kein fixes Alter → abhängig von Einsichtsfähigkeit.
Richtwert: ab ca. 14 Jahren können Jugendliche in Psychotherapie einwilligen, wenn sie die Tragweite verstehen.
In der Praxis: meist Doppelzustimmung von Jugendlichem + Sorgeberechtigten.
Bei Konflikt: Familiengericht entscheidet.
Berufsordnung (BO-Psych)
Zentrale Pflichten:
Sorgfalt
Abstinenz (keine privaten/sexuellen Beziehungen zu Patient:innen),
Fortbildungspflicht.
Kindeswohlgefährdung
(§ 8a SGB VIII, § 4 KKG)
Pflicht von Psychotherapeut:innen:
Bei gewichtigen Anhaltspunkten für Kindeswohlgefährdung → Gefährdungseinschätzung einleiten.
Zuerst: Gespräch mit Kind/Eltern, Ressourcen prüfen.
Hinzuziehen einer insoweit erfahrenen Fachkraft möglich.
Wenn Gefahr nicht anders abwendbar: Meldung ans Jugendamt.
Bei akuter Gefahr: unmittelbar Polizei/112.
👉 Wichtig: Schweigepflicht darf bei Kindeswohlgefährdung durchbrochen werden, auch ohne Einwilligung.
Offenbarungspflicht vs. Offenbarungsbefugnis
Offenbarungspflicht = Du musst Schweigepflicht brechen
Bei gesetzlich geregelten Fällen (z. B. Meldepflicht Infektionsschutzgesetz, akute Kindeswohlgefährdung, akute Eigen-/Fremdgefährdung, rechtfertigender Notstand).
Offenbarungsbefugnis = Du darfst Schweigepflicht brechen
Bei Fällen, in denen es keine klare Pflicht gibt, aber Gefahr im Verzug ist und Abwägung nach § 34 StGB („rechtfertigender Notstand“) zulässig ist.
Beispiel: Patient sagt, er werde „jemanden zusammenschlagen“. → Du darfst Polizei informieren, auch ohne Pflicht.
Ablauf, wenn Patient Suizidalität äußert
Konkret nachfragen:
Haben Sie aktuell Suizidgedanken?
Gibt es einen konkreten Plan?
Haben Sie bereits Vorbereitungen getroffen?
Gibt es Schutzfaktoren (Familie, Kinder, Zukunftspläne)?
Suizidgedanken, keine Absicht / kein Plan → ambulante Weiterbehandlung, Krisenplan erstellen.
Suizidgedanken + Plan, aber keine unmittelbare Gefahr → Einweisung in psychiatrische Klinik (freiwillig oder über 116117/Krisendienst).
Akute Gefahr („Ich gehe jetzt nach Hause und bringe mich um“) → sofort 112.
Kooperativ: Freiwillige Einweisung in Klinik.
Nicht kooperativ + akute Gefahr: Zwangseinweisung nach PsychKG über Polizei/Ordnungsamt/Amtsarzt.
Alles detailliert festhalten: Aussagen, Einschätzung, ergriffene Maßnahmen.
Wichtig: Dokumentation schützt dich rechtlich.
Gerichtliche Maßnahmen bei Gefährdung des Kindeswohls
Wenn das körperliche, geistige oder seelische Wohl eines Kindes oder sein Vermögen gefährdet ist
und die Eltern nicht gewillt oder in der Lage sind, diese Gefahr abzuwenden,
muss das Familiengericht einschreiten.
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