Buffl

Baurecht

RH
by Robin H.

Bauplanungsrecht - Prüfungsschema: Formelle Rechtmäßigkeit eines Bebauungsplans - Verfahren (Ermittlung und Bewertung abwägungsrelevanter Belange)

b) Ermittlung und Bewertung abwägungsrelevanter Belange, § 2 III BauGB

Gem. § 2 III BauGB sind bei der Aufstellung der Bauleitpläne die Belange, die für die Abwägung (nach § 1 VII BauGB) von Bedeutung sind (sog. Abwägungsmaterial), zu ermitteln und zu bewerten.

-> "Von Bedeutung sind “alle mehr als nur geringfügig betroffenen, schutzwürdigen Belange, deren Betroffenheit der Gemeinde bekannt waren oder zumindest hätte bekannt sein müssen" (BVerwG, NVwZ, 1994, 490); zweiter Satzteil kann aus § 214 I 1 Nr. 1 BauGB abgeschrieben werden.

  • Private Belange:

    • Von Art. 14 I GG erfasste Interessen wie Nutzung von Grundeigentum

    • Gewerbefreiheit, Art. 12 I GG

      • zB Interesse an Erweiterung der Produktionsstätte

    • Gesundheitliche Belange aus Art. 2 II 1 GG

  • Öffentliche Belange (letztlich alle Interessen, die für die städtebauliche Ordnung und Entwicklung von Bedeutung sind)

    • Anhaltspunkte geben § 1 Abs. 5 und 6 BauGB

    • § 1a BauGB (Umweltschutzbelange)

_______________

RF bei Verstoß:

  • Verstoß gem. § 214 I Nr. 1 BauGB grundsätzlich beachtlich, sofern:

    • § 214 III 2 BauGB -> Ermittlung bzw. Bewertung offensichtlich falsch war und auf das Abwägungsergebnis von Einfluss gewesen wären

      • offensichtlich ist ein Fehler, wenn er sich aus der aktenmäßigen Zusammenstellung und Aufbereitung des Abwägungsmaterials ergibt - sog. aktenkundiger Fehler

      • von Einfluss ist ein Fehler, wenn die konkrete Möglichkeit besteht, dass ohne den Mangel im Planungsvorgang die Planung anders ausgegangen wäre

    • § 215 I 1 Nr. 3 BauGB -> der Mangel innerhalb eines Jahres seit Bekanntgabendes Plans geltend gemacht wurde


Bauplanungsrecht - Materielle Rechtmäßigkeit - Abstimmung mit benachbarten Gemeinden, § 2 II 1 BauGB

  1. Abstimmung mit benachbarten Gemeinden, § 2 I 1 BauGB

    Nach § 2 II 1 BauGB muss die Gemeinde ihren Bauleitplan mit den Planungen benachbarter Gemeinden abstimmen (sog. interkommunales Abstimmungsgebot).

    Vor dem Hintergrund der in Art. 28 II GG gewährleisteten gemeindlichen Planungshoheit besteht eine materielle Abstimmungspflicht immer dann, wenn unmittelbare Auswirkungen gewichtender Art in Betracht kommen (BVerwGE 84, 209).

    Maßgeblich ist die städtebauliche Bedeutung. Eine solche kann zB beeinträchtigt sein, wenn aufgrund der Planung die verkehrsströme völlig umgelenkt werden müssen oder ein derartiger wirtschaftlciher Verfall zu erwarten ist, dass die Innenstadt verödet bzw. die Bevölkerung unterversorgt wird. Andere (wirtschaftliche) Belange (Arbeitsplätze, Steuereinkommen) sind nicht zu Berücksichtigen.

    • Benachbart fordert kein unmittelbares aneinander angrenzen. Gemeint ist der Bereich, welcher von den planungsrechtlichen Auswirkungen betroffen ist.

RF bei Verstoß ist umstr.:

  • Rspr.: Verstoß gegen Abstimmungsgebot stellt einen Unterfall des Abwägungsverbots aus § 1 Abs. 7 BauGB dar. -> Danach wäre der Bebauungsplan gem. §§ 214 III 2 BauGB nichtig bzw. der Mangel nach § 215 I 1 Nr. 3 BauGB heilbar.

  • a.A.: Abstimmungsgebot zählt nicht als Unterfall des Abwägungsgebots, sodass ein Verstoß stets zur Nichtigkeit des Bebauungsplans führen würde, soweit die Gemeinde es nicht durch ein ergänzendes Verfahren gem. § 214 IV BauGB nachholt.

Streit kann wohl regelmäßig offengelassen werden.


Andere Gemeinde kann die Verletzung des interkommunalen Abstimmungsgebots im Wege der sog. Gemeindenachbarklage als Normenkontrolle gem. §47 II 1 VwGO geltend machen.


Bauplanungsrecht - Materielle Rechtmäßigkeit - Fehlerfreie Abwägung, § 1 VII BauGB - Prüfung

Als letzter und zentraler Prüfungspunkt stellt sich die Frage nach der Fehlerhaftigkeit des Ergebnisses der Abwägung zwischen der privaten und öffentlichen Belange (vgl. § 1 VII BauGB). Eine Überpüfung der Ermittlung oder Bewertung des Abwägungsmaterials iSd § 2 II 1 BauGB ist im Rahmen der formellen Gültigkeit der Norm durchzuführen.

  1. Fehlerfreie Abwägung, § 1 VII BauGB

    Es fragt sich, ob das Abwägungsergebnis fehlerfrei ist.

    a) Abwägungsdisproportionalität

    Innerhalb der vorgenommenen Abwägung dürfte die Gewichtigkeit der einzelnen Belange nicht völlig verfehlt worden sein (BVerwGE 45, 309, 315).

    Außerdem soll das Abwägungsergebnis anhand folgender Planungsgrundsätze überprüft werden:

    b) Verstoß gegen das Gebot der planerischen Konfliktbe-

    wältigung

    Das Gebot der planerischen Konfliktlösung fordert, dass ein Bebauungsplan so weit wie möglich die von ihm vorgefundenen oder durch ihn ausgelösten Konflikte bewältigen muss.

    -> Konfliktbewältigung meint nicht Konfliktfreiheit. Vielmehr soll ein Gleichgewicht zwischen den verschiedenen Ansprüchen hergestellt werden. Es genügt bereits, wenn der Bebauungsplan Raum für eine Problemlösung im Zuge des Baugenehmigungsverfahrens offen lässt. Mit § 15 BauNVO hat die Baugenehmigungsbehörde (idR LRA) ein geeignetes Instrumentarium zur Konfliktlösung.

    c) Trennungsgebot

    Ferner hat der Bebauungsplan dem Trennungsgebot aus § 50 BImSchG Rechnung zu tragen. Unverträgliche Nutzungen sind danach ausreichend räumlich voneinander zu trennen (angemessener Abstand zwischen Wohn- und Industriegebiet, etc.)

    d) Verstoßt gegen das planungsrechtliche Gebot der Rücksichtnahme

    Als Ausfull des Verhältnismäßigkeitshrundsatzes ist auf die nachteilig betroffenen Belange Rücksicht zu nehmen. Unzumutbare Beeinträchtigungen sind zu vermeiden.

_________

RF bei Verstoß:

Mängel im Abwägungsergebnis sind stets von Bedeutung.

  • Behebung durch ergänzendes Verfahren gem. § 214 IV BauGB möglich, sofern die Fehler nicht gravierend sind.

    • Ein Fehler ist gravierend, wenn er die Grundsätze der Planung berührt (s. obige Planungsgrundsätze).


Anspruch auf Erteilung einer Baugenehmigung, § 58 I LBO - Anspruchsaufbau

II. Anspruchsgrundlage

Anspruchsgrundlage für eine Baugenehmigung ist allein § 58 I LBO.

III. Voraussetzungen der Anspruchsgrundlage

  1. Formelle Voraussetzungen

    -> Zuständig für die Erteilung der Baugenehmigung ist das LRA als unterste Baurechtsbehörde, §§ 48 I, 46 I Nr. 3 LBO, 15 I Nr. 1 LVG.

  2. Materielle Voraussetzungen

    Die Baugenehmigung ist zu erteilen, wenn dem genehmigungsplfichtigen Vorhaben keine von der Baurechtsbehörde zu prüfenden ö-r Vorschriften entgegenstehen (sog. Genehmigungsfähigkeit).

    a) Genehmigungsplficht

    § 58 I LBO verlangt als erste Voraussetzung, dass eine bauliche Anlage vorliegt, die genehmigungspflichtig ist.

    aa) Bauliche Anlage iSv LBO

    X/Y müsste eine bauliche Anlage iSd LBO sein. Der Begriff der baulichen Anlagen ist in § 2 I LBO legaldefiniert. Danach sind bauliche Anlagen mit dem Erdboden verbundene, aus Bauprodukten hergestellte Anlagen.

    bb) Genehmigungspflicht, § 49 LBO

    Weitere Voraussetzung ist die Genehmigungspflicht. Nach § 49 LBO darf die Anlage also weder verfahrensfrei sein, noch darf ein Kenntnisgabeverfahren beantragt werden können bzw. ein Fall der §§ 69, 70 LBO vorliegen.

    Die §§ 69, 70 LBO scheiden von vorneherein aus.

    • § 50 LBO - genehmigungsfrei lt. Anlage?

    b) Genehmigungsfähigkeit

    Ferner müsste die Anlage genehmigungsfähig sein. Für die Anlage der Klägerin ist die Genehmigung zu erteilen, wenn ihr keine von der Baurechtsbehörde zu prüfenden ö-r Vorschriften entgegensteht, § 58 I LBO.

    Vorschriften idS sind, wie § 58 I 2 LBO klarstellt, solche Vorschriften, die keinem eigenen Genehmigungsverfahren unterworfen sind (BauGB, §§ 22 ff. BImSchG, Naturschutz- oder Denkmalrecht, nicht aber private Rechte - 58 III LBO)

    D.h. Vereinbarkeit mit:

    • Bauplanungsrecht - insb. §§ 29 ff. BauGB

    • Bauordnungsrecht

    • Sonstige ö-r Vorschriften (§§ 22 BImSchG, etc.)



Anspruch auf Erteilung einer Baugenehmigung, § 58 I LBO - E ist Eigentümerin auf einem 1.500 qm großem Grundstück. Auf dem Grundstück steht ein Wohnhaus mit 200 qm und weiter hinten ein 40 Jahre altes einstöckiges Wochenendehaus, welches seit 30 Jahren als Geräteschuppen genutzt wird. Zwar hat es Risse in den Fenstern und Ziegel fehlen. Das Mauerwerk ist aber noch beständig. Es ist nur 30 qm groß. E renoviert das Wochenendhaus und bau ein zweites Geschoss und vergrößert damit die Fläche auf 70 qm.


E ist der Auffassung, da es sich um Instandhanltungsarbeiten eines bereits gebauten Grundstücks handelt, bedarf sie keine Baugenehmigung.


Ist das Vorhaben genehmigungsfrei?

  1. Genehmigungsbedürftigkeit

    E bezeichnet die Arbeiten als Instandhaltungsarbeiten. Fraglich ist, ob die Bauten als Instandhaltungsarbetien zu qualifizieren und damit verfahrensfrei gem. § 50 IV LBO sind.

    Eine Instandhaltung kommt nicht in Betracht, wenn ein Gebäude völlig verfallen ist und damit komplett erneuert werden muss. Zwar wies das Wochenendhaus der E Mängel auf. Das Mauerwerk war jedoch brauchbar, sodass eine Instandhaltung nicht von vorneherein ausgeschlossen war.

    Nicht mehr als Erhaltung eines vorhandenen Gebäudebestandes gelten dagegen umfangreiche Aus- und Umbauarbeiten, die etwa eine neue statische Berechnung erfordern oder das Bauvolumen wesentlich erweitern. Hier hat E das Haus um ein Stockwerk erweitert und damit eine Änderung vorgenommen, die eine neue statistische Bewertung erforderte.

    Damit liegt keine nach § 50 IV LBO genehmigungsfreie Instandhaltung vor. Das Vorhaben war genehmigungsbedürftig.


Planungsrechtliche Zulässigkeit eines Bauvorhabens, §§ 29 ff. - Bauplanerische Zulässigkeit nach § 30 BauGB - Prüfungsaufbau

b) Genehmigungsfähigkeit

Das Bauvorhaben müsste Genehmigungsfähig sein. Dies ist der Fall, wenn dem Vorhaben keine von der Baurechtsbehörde zu prüfende öffentlich-rechtliche Vorschriften entgegenstehen. Hierunter sind insb. die bauplanungsrechtlichen Vorschriften zu fassen, §§ 29 ff. BauGB.

aa) Anwendbarkeit der §§ 29 ff. BauGB

  • Bauliche Anlage iSv § 29 BauGB (+) -> damit finden die §§ 29 ff. BauGB Anwendung.

bb) § 30 BauGB

Vorliegend ist von einem Bebauungsplan die Rede. Insoweit könnte sich die Zulässigkeit des Bauvorhabens nach § 30 I BauGB richten.

(1) Qualifizierter Bebauungsplan

  • Dies setzt einen wirksamen Bebauungsplan mit mindestens den Festsetzungen aus § 30 I BauGB voraus (sog. qualifizierter Bebauungsplan).

    • Wid im SV die Rechtmäßigkeit des Bebauungsplans gerügt, ist hier inzident der Bebauungsplan zu prüfen (quasi Begründetheitsprüfung Normkontrollverfahren)

    Der Bebauungsplan ist demnach qualifiziert, wenn er mindestens Festsetzungen über die Art und das Maß der baulichen Nutzung, die überbaubaren Grundstücksflächen und die örtlichen Verkehrsflächen enthählt, § 30 I BauGB.

    • Art der baulichen Nutzung -> Frage nach dem Nutzungszweck iSv § 1 BauNVO; ist ein solcher gegeben (Bsp. urbanes Gebiet gem. § 1 II Nr. 8 BauNVO) wird der Nutzungszweck gem. § 1 III 2 BauNVO Teil des Bebauungsplans. Damit würde der Bebauungsplan in einem solchen Fall die Art der baulichen Nutzung regeln.

    • Maß der baulichen Nutzung -> fragt danach, wie intensiv ein Grundstück bebaut werden darf. Unter den Begriff des Maßes der baulichen Nutzung fällt nach § 16 Abs. 2 BauNVO, etwa wie hoch eine Anlage sein darf oder wie viele Geschosse sie aufweisen darf.

    • überbaubare Grundstücksflächen -> Frage wo gebaut werden darf; Baugrenzen und -linien iSv § 23 BauGB schaffen hier Abhilfe.

    • örtliche Verkehrsflächen -> es müssen dahinngehende Festsetzungen hierüber bestehen.

(2) Kein Widerspruch gegen die Festsetzung

Das Bauvorhaben darf der festgesetzten Art der baulichen Nutzung (vgl. § 1 BauNVO) nicht widersprechen.

Setzt der Bebauungsplan ein reines Wohngebiet iSd § 3 BauNVO fest, handelt es sich um ein in § 1 II BauNVO genanntes Baugebiet. Infolge dieser Festsetzung werden nach § 1 III 2 BauNVO die Vorschriften §§ 2 - 14 BauNVO (und damit auch § 3 BauNVO) zum Bestandteil des Bebauungsplans. D.h. es können nur baulichen Anlagen in dem Bauplanungsgebiet errichtet werden, welche nicht dem § 3 BauNVO widersprechen (da dieser Bestandteil des Bebauungsplan und damit der Festsetzung ist).

-> Ausnahme: Gebietsverträglichkeit - s. KK


(3) Kein Widerspruch zu § 15 BauNVO

Ferner dürfte das Vorhaben nicht im Widerspruch zu § 15 BauNVO stehen. Die in den §§ 2 bis 14 BauGB aufgeführten Anlagen sind im Einzelfall unzulässig wenn:

  • sie nach Anzahl, Lage, Umfang oder Zweckbestimmung der Eigenart des Baugebiets widersprechen

  • von ihnen Belästigungen oder Störungen ausgehen können, die nach der Eigenart des Baugebiets im Baugebiet oder in dessen Umgebung unzumutbar sind

  • oder wenn sie selbst solchen Belästigungen ausgesetzt sind.

-> Abgrenzung zum Merkmal der Gebietsverträglichkeit:

Gebietsverträglichkeit ist ein generell-typisierend ansetzendes Kriterium; 15 I BauNVO bewertet das Bauvorhaben nach den konkreten Umständen des Einzelfalls. Eine generelle Abwägung anhand der Gebietsverträglichkeit erfolgt in einem rechtlich vorgelagerten Schritt.


(4) Erschließung gesichert

Ein Grundstück ist unter Anlehnung an § 123 I BauGB erschlossen, wenn es die notwendigen Anschlüsse an die Infrastruktur aufweist (vgl. § 127 II BauGB) und sichergestellt ist, dass diese spätestens bis zur Gebrauchsabnahme funktionsfähig angelegt sin.



Planungsrechtliche Zulässigkeit eines Bauvorhabens, §§ 29 ff. - Bauplanerische Zulässigkeit nach § 30 BauGB - welches unbeschriebene TBM muss stets im Rahmen der Prüfung, ob ein Vorhaben den Festsetzungen widerspricht, geprüft werden?

b) Genehmigungsfähigkeit

aa) Anwendbarkeit der §§ 29 ff. BauGB

  • Bauliche Anlage iSv § 29 BauGB (+) -> damit finden die §§ 29 ff. BauGB Anwendung.

bb) § 30 BauGB

Vorliegend ist von einem Bebauungsplan die Rede. Insoweit könnte sich die Zulässigkeit des Bauvorhabens nach § 30 I BauGB richten.

(1) Qualifizierter Bebauungsplan

(2) Kein Widerspruch gegen die Festsetzung

Die Festsetzung kann - vgl. § 30 I BauGB - sich auf Verschiedenes beziehen (Art und Maß der baulichen Nutzung, …). Anzusprechen sind hier nur die Festsetzungen, zu denen das Vorhaben im Widerpsruch stehen könnte.

Beispiel: Art der baulichen Nutzung

Das Bauvorhaben darf der festgesetzten Art der baulichen Nutzung (vgl. § 1 BauNVO) nicht widersprechen.

  • Schritt 1: Ermittlung der Art der baulichen Nutzung aus § 1 II BauGB

    Wurde ein urbanes Gebiet iSd § 6a BauGB festgesetzt ist diese Feststellung nach § 1 III 2 BauGB Bestandteil des Bebauungsplans geworden. Das Vorhaben müsste daher eine nach § 6a BauNVO zulässige Nutzung darstellen.

    -> handelt es sich um eine Wohnung, eine Tankstelle?

    -> Weist das Vorhaben eine mehrpolige Nutzung auf (zB Jugendzentrum in dem Sport gemacht werden soll, könnte als kulturelle oder sportliche Anlage iSd § 6a II Nr. 5 gelten) ist auf den Schwerpunkt der Nutzung abzustellen, da §§ 2 ff. BauNVO eine eindeutige Zuordnung erfordern.

  • Schritt 2: Sofern eine zulässige Nutzung nach §§ 2 - 14 BauNVO gegeben ist -> Veträgt sich das Vorhaben mit dem Zweck des Gebiets (sog. Gebietsverträglichkeit)?

    -> ungeschriebenes TBM

    Eine Gebietsunverträglichkeit ergibt sich durch einen Abgleich zwischen den Auswirkungen, die typischerweise Anlagen der betroffenen Art zugeschrieben werden, und dem abstrakt formulierten Zweck des jeweiligen Gebietes, wie er stets in dem ersten Absatz der §§ 2 ff. BauNVO formuliert wird.

    Rsrp.: Gebietsunverträglichkeit besteht, wenn ein Vorhaben bezogen auf den Gebietscharakter in seiner typischen Nutzungsweise störend wirkt (BVerwGE 116, 155, 157 f.)

    -> Der SV gibt idR Hinweise auf die (Un-)Verträglichekit zB könnte auf eine hohe Lärmbelästigung durch das Vorhaben hingewiesen werden, in urbanen Bereich, in dem das Wohnen aber auch die Errichtung von Gewerbebetrieben zulässig ist. Hier bedarf es einer eigenständigen Abwägung.

    ABER: Gibt sehr SV äußerst konkrete Hinweise auf die Höhe der Lärmbelästigung, etc. (zB Jugendzentrum überschreitet wegen der Band, welche hier gerne Auftritt, die db-Schwelle um 20%) ist es naheliegend, dass eine Unzulässigkeit nach § 15 BauNVO gegeben ist -> Einzelfallbetrachtung.

    -> Wichtig: Gleichwohl ist die Gebietsverträglichkeit keine Einzelfallprüfung im Sinne von § 15 Abs. 1 BauNVO, sondern basiert weiterhin nach der grundsätzlichen Ausrichtung der BauNVO auf einer typisierenden Betrachtungsweise.

    -> Das ungeschriebene Merkmal der Gebietsverträglichkeit dient der Eingrenzung der Zulässigleit, da die Grenzen der Ausnahmen der §§ 2 - 14 BauNVO nur schwer zu bestimmen sind.


Planungsrechtliche Zulässigkeit eines Bauvorhabens, §§ 29 ff. - Der einfache Bebauungsplan, § 30 III BauGB - wann ist er relevant und wann ist die Zulässigkeit eines Vorhabens innerhalb eines solchen Bebauungsplans gegeben?

§ 30 III BauGB definiert den einfachen Bebauungsplan als Bebauungsplan, der die Vorausetzungen des § 30 I BauGB nicht erfüllt.

-> Klausurrelevant wird § 30 III BauGB demnach, wenn weder ein qualifizierter noch ein vorhabenbezogener Bebauungsplan vorliegt. Die Zulässigkeit des Vorhabens bestimmt sich - soweit keine Festsetzungen iSv § 30 I BauGB getroffen wurden - nach den Vorgaben des § 34 oder § 35 BauGB, d.h. der übrige Teil wird wie ein Vorhaben ohne Bebaungsplan behandelt.

_____________________

b) Genehmigungsfähigkeit

  • § 29 BauGB (+)

  • § 30 I BauGB (-)

    ABER es liegt ein (nicht vorhabenbezogener, § 12 I BauGB) Bebauungsplan vor -> § 30 III BauGB

  • § 30 III BauGB

    Da es sich nicht um einen vorhabenbezogenen Bebauungsplan iSv § 12 BauGB handelt, richtet sich die Zulässigkeit des Bauvorhabens nach § 30 III BauGB.

    Danach ist Maßstab für die Zulässigkeitsprüfung der Bebauungsplan und im Übrigen die Zulässigkeitsvoraussetzungen des § 34 oder § 35 BauGB.

    • Kein Widerspruch zu den Festsetzungen

      Zu prüfen ist zunächst, ob und inwieweit das Bauvorhaben mit dem Bebauungsplan XY, soweit dieser Festsetzungen enthält, vereinbar ist.

      -> Wurde die zB die Art iSd § 1 II BauNVO festgelegt, darf kein Verstoß hiergegen vorliegen; etc.; es erfolgt dieselbige Prüfung wie bei § 30 I BauGB.

      -> Immer an das ungeschriebene Merkmal der Gebietsverträglichkeit denken.

    • Vereinbarkeit im Übrigen: §§ 34, 35 BauGB

      Fehlt dem Bebauungsplan eine oder mehrere Mindestfestsetzungen (s. § 30 I BauGB), sind (nur) diese über den gesetzlichen Maßstab der §§ 34, 35 BauGB zu klären.

      Schritt 1: Feststellung der fehlenden Mindestanforderung aus § 30 I BauGB

      Schritt 2: Feststellung, welcher Zulässigkeitsmaßstab anzuwenden ist - § 34 oder § 35; Abgrenzung anhand des Gebiets.

      Schritt 3: Prüfung der Zulässigkeit des Vorhabens anhand der Voraussetzungen der einschlägigen Norm.

    • ZE: Zulässigkeit +/-





Planungsrechtliche Zulässigkeit eines Bauvorhabens, §§ 29 ff. - wann ist ein Vorhaben von den Festsetzungen des Bebauungsplanes befreit?

§ 31 II BauGB ermöglicht die Befreiung von den Festsetzungen des Bebauungsplans, sofern:

  • die Grundzüge der Planung nicht berührt werden

  • einer der in § 31 II Nr. 1 - 3 BauGB genannten Gründe vorliegt

  • und die Abweichung auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist.

Grundzüge der Planung nicht berührt

Die Grundzüge der Planung sind dann nicht berührt, wenn sich das Vorhaben iSd § 34 I BauGB in die nähere Umgebung einfügt.

§ 31 II Nr. 1 - 3 BauGB

  • Nr. 1 - Gründe für das Allgemeinwohl sind alle öffentlichen Belange und Interessen. Es genügt, wenn die Befreiung vernünftigerweise geboten ist.

    • Bsp.: Errichtung eines ausländischen Konsulats in einem reinen Wohngebiet; Förderung des Gemeinwohls durch Errichtung von Krankenhäusern, Kindergärten, Pflegeheime und Sportanlagen; tlw. Mobilfunksendeanalge.

  • Nr. 2 - Städtebaulich vertretbar ist alles, was gem. § 1 V, VI, und VII BauGB Gegenstand städtebaulicher Planung sein kann. Also kann eine Befreiung für alles erfolgen, was alternativ auch hätte geplant werden können.

  • Nr. 3 - Härtefälle können sich aus grundstückbezogenen Besonderheiten ergeben (Bsp.: Bebauungsplan sieht geschlossene - Reihenhaus - Bauweise vor; direkter Anbau aus tatsächlichen Gegebenheiten aber nicht möglich).

Nachbarliche Interessen - vgl. Nachbarschaftsrecht.


Planungsrechtliche Zulässigkeit eines Bauvorhabens, §§ 29 ff. - wann ist ein Vorhaben nach § 34 BauGB zulässig?

b) Genehmigungsfähigkeit

aa) § 29 BauGB (+)

bb) § 30 BauGB (-)

cc) § 34 BauGB

Möglicherweise könnte sich die Zulässigkeit des Vorhabens nach § 34 BauGB bestimmten.

Anwendbarkeit 34 BauGB

§ 34 BauGB ist anwendbar, wenn sich das Vorhaben innerhalb eines „im Zusammenhang bebauten Ortsteils“ (Innenbereich) befindet.

  • “im Zusammenhang bebauten” -> Ein solcher Bebauungszusammenhang liegt vor, wenn die tatsächlich vorhandene Bebauung nach der Verkehrsauffassung den Eindruck der Geschlossenheit und Zusammengehörigkeit vermittelt.

    • Unter den Begriff der Bebauung fallen nur solche Anlagen, die ein Gebiet mit einem städtebaulichen Charakter prägen, also bewohnbar sind.

  • “Ortsteils” -> Ein Ortsteil setzt voraus, dass die Anzahl der vorhandenen Bebauung ein gewisses Gewicht hat und Ausdruck einer organischen Siedlungsstruktur ist.

Zulässigkeit nach § 34 BauGB

Ein Vorhaben ist nach § 34 I BauGB zulässig, wenn… -> § 34 I BauGB abschreiben.

  • Einfügen in die Eigenart der näheren Umgebung

    • Bestimmung der näheren Umgebung -> Die nähere Umgebung ist diejenige, bei der eine wechselseitige Prägung zwischen Vorhaben und vorhandener Bebauung besteht (Wohnhaus -> unmittelbare Nachbarschaft; Tierkadaververbrennung -> weiterer Umgebungsradius, wegen Immissionen).

    • § 34 II BauGB

      Soweit es um die Zulässigkeit des Vorhabens seiner Art nach geht, ist zunächst § 34 II BauGB zu prüfen. Entspricht die Eigenart der näheren Umgebung einem bestimmten Baugebiet der Baunutzungsverordnung, beurteilt sich die Zulässigkeit eines Vorhabens nach seiner Art allein danach, ob es nach der BauNVO zulässig wäre.

      -> Enspricht die Eigenart keinem Baugebiet nach der BauNVO, bestimmt sich die Zulässigkeit nach § 34 I BauGB.

    • § 34 I BauGB

      Die Zulässigkeit der Werbeanlage richtet sich nach § 34 I BauGB. Sie müsste sich also in die Eigenart der näheren Umgebung einfügen. Ein Einfügen setzt voraus, dass sich das Vorhaben im Rahmen des Maßstabs der vorhandenen Bebauung bewegt und nicht die gebotene Rücksichtnahme auf die in der Umgebung vorhandene Bebauung fehlen lässt.

  • Keine entgegenstehende öffentliche Belange, § 34 I 2, III BauGB

  • Erschließung gesichert


Planungsrechtliche Zulässigkeit eines Bauvorhabens, §§ 29 ff. - wie werden die in § 35 Abs. 1 und Abs. 2 BauGB stehenden Bauvorhaben genannt und was ist damit gemeint?

Bauvorhaben nach Abs. 1 werden privilegierte Vorhaben und nach Abs. 2 sonstige Vorhaben genannt.

Die Privilegierung bezieht sich nicht auf Vorhaben im Innenbereich. Die Bevorzugung der in Abs. 1 genannten Vorhaben bezieht sich auf sämtliche Bauvorhaben im Außenebereich. Das ist deshalb wichtig, da an die privilegierten Bauvorhaben ein anderer Maßstab zu setzen ist, als an die sonstigen Vorhaben im Außenbereich.

Vorhaben nach § 35 I BauGB sind zulässig, soweit ihnen nicht überwiegende öffentliche Belange entgegenstehen. Sie werden daher als privilegiert zulässig bezeichnet (sog. privilegierte Vorhaben).

Definition der Abwägung:

Bei Vorhaben nach § 35 I BauGB ist eine Abwägung zwischen dem Zweck des Vorhabens und dem öffentlichen Belang erforderlich. Wobei das Gewicht, dass der Gesetzgeber der Privilegierung von Vorhaben im Außenbereich beimisst, besonders zu berücksichtigen ist. Es bedarf daher jeweils einer Abwägung, also eines Vergleichs der sich im Einzelfall gegenüberstehenden Positionen, wobei zugunsten privilegierter Vorhaben stets das ihnen von § 35 I BauGB zuerkannte gesteigerte Durchsetzungsvermögen in Rechnung zu stellen ist. Stehen öfentliche Belange entgegegen und ist daher das Vorhaben nach § 35 I BauGB unzulässig, kann ein Genehmigungsanspruch nicht daraus hergeleitet werden, dass in der Umgebung bereits vergleichbare Anlagen vorhanden sind.

-> jetzt Subsumtion, d.h. Abwägung der sich gegenüberstehenden Positionen. Zwar ist man in der Abwägung frei. Auf Seiten des privilegierten Vorhabens (privater Belang) steht aber immer die gesetzgeberische Wertung, dass Vorhaben nach § 35 I BauGB eher im Außenbereich gewollt sind. Damit ist ein gewichtender öffentlicher Belang auf der Gegenseite erforderlich.

Sonstige Vorhaben sind nur zulässig, wenn ihre Ausführung oder Benutzung öffentliche Belange nicht beeinträchtigt (-> viel engere Voraussetzung als bei Vorhaben nach Abs. 1).

D.h., ist eine bloße Beeinträchtigung der in § 35 III BauGB genannten Belange festzustellen, ist das Bauvorhaben unzulässig.

Planungsrechtliche Zulässigkeit eines Bauvorhabens, §§ 29 ff. - Die A GmbH möchte im Außenbereich aus Fertigbauteilen feste Silotürme zur Lagerung von Getreide errichten. Ist das Vorhaben planungsrechtlich zulässig?

  1. Materielle Voraussetzungen

    a) Genehmigungsbedürftigkeit

    b) Genehmigungspflicht

    -> Es düften keine von der Baurechtsbehörde zu prüfende ö-r Vorschriften entgegenstehen. Hierzu zählen insbesondere die Vorschriften des Bauplanungsrechts, §§ 29 ff. BauGB.

    aa) Bauliche Anlage iSd § 29 I BauGB (+)

    bb) Zulässigkeit nach § 35 BauGB

    Laut Sachverhalt sollen die Silotürme im Außebereich errichtet werden. Es fragt sich daher, ob sie gem. § 35 BauGB bodenrechtlich zulässig sind.

    (1) Kein Gebiet iSd §§ 30 I, 34 I BauGB

    Im Außenbereich liegt ein Vorhaben, das weder im Geltungsbereich eines Bebauungsplans (§ 30 I) verwirklicht werden soll, noch im unbeplanten Innenbereich (§ 34 BauGB)

    (2) Privilegiertes Vorhaben nach § 35 I BauGB

    Fraglich ist, ob die Siloanlage ein privilegiertes Vorhaben iSd § 35 I BauGB ist. Privilegierte Vorhaben sollen grundsätzlich im Außenbereich errichtet werden, wenn öffentliche Belange nicht entgegenstehen.

    Die Siloanlage könnte einem landwirtschaftlichen Betrieb dienen, § 35 I Nr. 1 BauGB. Zum Begriff der Landwirtschaft vgl. § 201 BauGB.

    Die Errichtung eines priviligierten Vorhabens im Außenbereich ist nach § 35 I BauGB nur zulässig, wenn - neben der ausreichenden Erschließung - dem Vorhaben keine öffentliche Belange entgegenstehen.

    XY könnte als öffentlicher Belang entgegenstehen. Ob die öffentlichen Belange dem Vorhaben entgegenstehen, ist im Wege der Abwägung zu ermitteln.

    -> Problem: Kann einem priviligierten Vorhaben der Widerspruch zu den Darstellungen des Flächennutzungsplans entgegengehalten werden? s. KK

    (3) Sofern kein Privilegiertes Vorhaben nach § 35 I BauGB - Sonstiges Vorhaben gem. § 35 II BauGB

    Nichtprivilegierte Bauvorhaben sind im Außenbereich grundsätzlich unzulässig. Jedoch ist entgegen dem Wortlaut des § 35 II (“können”) die Baugenehmigung zu erteilen, wenn keine öffentliche Belange durch das Vorhaben beeinträchtigt werden.

    -> Prüfung § 35 III BauGB

    (4) Erschließung gesichert

    (5) Ggfs. gemeindliches Einvernehmen gem. § 36 BauGB


Begründetheit - Baugenehmigung - welche materiellen Voraussetzungen fordert § 58 I LBO?

  1. Materielle Voraussetzungen

    Die Baugenehmigung ist zu erteilen, wenn dem (a) genehmigungspflichtigen Vorhaben (b) keine von der Baurechtsbehörde zu prüfenden öffentlich-rechtlichen Vorschriften entgegenstehen.

    a) Genehmigungspflicht

    § 58 I LBO verlangt als erste Voraussetzung, dass eine bauliche Anlage vorliegt, die genehmigungspflichtig ist.

    aa) Bauliche Anlage iSv LBO

    X/Y müsste eine bauliche Anlage iSd LBO sein. Der Begriff der baulichen Anlagen ist in § 2 I LBO legaldefiniert. Danach sind bauliche Anlagen mit dem Erdboden verbundene, aus Bauprodukten hergestellte Anlagen.

    bb) Genehmigungspflicht, § 49 LBO

    Weitere Voraussetzung ist die Genehmigungspflicht. Nach § 49 LBO darf die Anlage also weder verfahrensfrei sein, noch darf ein Kenntnisgabeverfahren beantragt werden können bzw. ein Fall der §§ 69 und 70 LBO vorliegen.

    Die §§ 68 und 70 LBO scheiden von vorneherein aus.

    • Anlage = verfahrensfrei?

    • Möglichkeit zur Beantragung eines Kenntnisgabeverfahrens?

    • Wurde ein vereinfachtes Genehmigungsverfahren beantragt?

    sofern alles (-) -> Vorhaben = genehmigungspflichtig

    cc) Ergebnis: Genehmigungspflicht (+), weiter mit Genehmigungsfähigkeit

    b) Genehmigungsfähigkeit

    Ferner müsste die Anlage genehmigungsfähig sein. Für die Anlage der Klägerin ist die Genehmigung zu erteilen, wenn ihr keine von der Baurechtsbehörde zu prüfenden ö-r Vorschriften entgegensteht, § 58 I LBO.

    Vorschriften idS sind, wie § 58 I 2 LBO klarstellt, solche Vorschriften, die keinem eigenen Genehmigungsverfahren unterworfen sind (BauGB, §§ 22 ff. BImSchG, Naturschutz- oder Denkmalrecht, nicht aber private Rechte - 58 III LBO)

    D.h. Vereinbarkeit mit:

    • Bauplanungsrecht

    • Bauordnungsrecht

    • Sonstige ö-r Vorschriften (§§ 22 BImSchG, etc.)


Nachbarschutzrecht - Nachbar N ist mit dem Bauvorhaben der Bauherrin B nicht einverstanden. Das Vorhaben und damit die erteilte Baugenehmigung seien aus mehreren Gründen rechtswidrig. Als N eines Morgens sieht, dass N mit dem Bauvorhaben auf seinem Nachbargrundstück beginnt eilt er zum Verwaltungsgericht und stellt einen Antrag auf die sofortige Einstellung des Bauvorhabens.


Welche Antragsart ist statthaft?

Der Antrag hat Aussicht auf Erfolg, wenn die Sachentscheidungsvoraussetzungen vorliegen und soweit er Begründet ist.

A. SV

I. Verwaltungsrechtsweg

II. Statthafte Antragsart

  • Ausgangspunkt: §§ 88, 120 VwGO -> richtet sich nach klägerischer Begehr. Hier: N möchte B an der Vollziehung der Baugenehmigung hindern. Da Bauvorgang bereits gestartet ist, kommt einstweiliger Rechtsschutz in Betracht.

    • Abgrenzung § 80 V VwGO zu § 123 I VwGO.

      • Gem. § 123 V VwGO ist § 80 V VwGO vorrangig gegenüber § 123 I VwGO. § 80 V 1 VwGO einschlägig, wenn Anfechtungssituation gegeben ist. Hier (+).

      • Baugenehmigung ist ein gem. § 80 Abs. 2 S. 1 Nr. 3 VwGO i.V.m. § 212a Abs. 1 BauGB kraft Gesetzes sofort vollziehbarer Verwaltungsakt. Damit wäre § 80 V VwGO einschlägig.

        • Allerdings handelt es sich um einen VA mit Doppelwirkung. In solchen Fällen bestimmt sich der einstweilige Rechtsschutz nach § 80a I Nr. 1, III 2 iVm § 80 V VwGO.

          Statthaft ist danach ein Antrag auf Anordnung der sofortigen Vollziehung.

          -> Tenorierung ist wichtig; Es besteht ein unwichtiger Streit darüber, ob Antrag auf Wiederherstellung oder auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung gestellt werden muss. Wichtig ist nur, bei einer Formulierung zu bleiben.

III. Vorherige Einlegung eines Rechtsbehelfs

IV. Klagebefugnis § 42 II VwGO analog -> Schutznormtheorie

V. Gerichtszuständigkeit

VI. Ordnungsgemäße Antragsstellung, §§ 81 f. VwGO analog

VII. Rechtsschutzbedürfnis

Dieses wird in der Regel durch das Vorliegen der anderen Zulässigkeitsvoraussetzungen indiziert, kann jedoch im Einzelfall entfallen.

  • Vorheriger Antrag bei der Behörde, § 80a III 2 iVm § 80 VI VwGO -> s. KK.

VIII. Notwendige Beiladung, § 65 II VwGO

  • s. KK.


Nachbarschutzrecht - Drittanfechtungsklage - Sachentscheidungsvoraussetzungen - inwiefern vermitteln bauplanungsrechtliche Vorschriften Drittschutz?

Das Bauplanungsrecht kann in zweierlei Hinsicht Drittschutz entfalten.

  1. Bodenrechtliche Schicksalgemeinschaft

    -> s. gesonderte KK

  2. § 15 I BauNVO

  3. Vorschrift iVm dem Gebot der Rücksichtnahme

  • Allgemeines:

    • Nachbarschutz aus Bauplanungsrecht kommt nur dem Eigentümer zugute, da Baurecht grundstücks- und nicht personenbezogen ist

    • Wichtig ist zu erkennen, dass das Gebot der Rücksichtnahme nichts Isoliertes darstellt, sondern in einer Norm verortet werden muss.

      -> “Einzelne Vorschriften sind daraufhin zu prüfen, ob sie auch die individuellen Interessen Dritter schützen wollen” (BVerwG).

  • Prüfung

    Klagebefugnis, § 42 II VwGO

    N müsste klagebefugt sein. Gem. § 42 II VwGO ist N nur dann klagebefugt, wenn er durch die Baugenehmigung eine mögliche Verletzung in eigenen Rechten geltend machen kann. Dazu müsste es nach der sog. Schutznormtheorie möglich sein, dass Normen, die zumindest auch dem Schutz des N dienen, verletzt worden sind. Insoweit ist nach den in Frage kommenden Normverletzungen zu unterscheiden.

    -> Nun sind alle in Betracht kommenden Normen daraufhin zu prüfen, ob sie drittschützend sind und der Nachbar N ggfs. von deren Schutzbereich umfasst ist. Oftmals nennt der Kläger die Normen in seinem Vortrag.

    • Wichtig: es können nur diejenigen Normen Drittschutz vermitteln, die auf das zu genehmigende Vorhaben anwendbar sind. Also ist die Einschlägigkeit von §§ 30, 34 oder 35 BauGB festzulegen.

    1. § 35 I, III BauGB

      Vorliegend handelt es sich bei dem geplanten Palmenzuchtbetrieb um ein priviligiertes Vorhaben iSd § 35 I BauGB. Drittschutz für N kann sich daher aus § 35 I BauGB iVm dem Gebot der Rücksichtnahme ergeben. Das Gebot der Rücksichtnahme ist in § 35 III BauGB als (ungeschriebener) öffentlicher Belang anegelegt.

      Dem Rücksichtnahmegebot kommt drittschützende Wirkung zu, soweit in qualifizierter und zugleich individualisierter Weise auf schutzwürdige Interessen eines von der Allgemeinheit zu unterscheidenden Kreises Dritter Rücksicht zu nehmen ist (d.h. der Nachbar müsste qualifiziert und individualisiert betroffen sein).

      Ein Bauvorhaben muss die Nachbargrundstücke beachten und für diese zumutbar sein. Als unmittelbar angrenzender Nachbar ist damit eine Verletzung dieser Vorschrift nicht auszuschließen.

    2. N ist klagebefugt gem. § 42 II VwGO.


Nachbarschutzrecht - Drittanfechtungsklage - Begründetheit - wie fällt die Begründetheitsprüfung aus, wenn ein Verstoß gegen den Gebietserhaltungsanspruch des Klägers denkbar ist?

B. Begründetheit

Die Klage ist begrüdnet, soweit die Baugenehmigung rechtswidrig ist und den Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt, § 113 I 1 VwGO.

Die Rechtswidrigkeit einer auf § 58 I 1 LBO gestützen Baugenehmigung könnte sich aus einem Verstoß gegen den Gebietserhaltungsanspruch des N (s.o.) ergeben. Dies ist anzunehmen, sofern das Vorhaben nach bauplanungsrechtlichen Vorschriften zulassungspflichtig ist (1.) und die Art der Bebauung weder nach § 30 Abs. 1 BauGB (2.) oder nach § 31 Abs. 1 BauGB als Ausnahmebebauung (3.) zulässig ist

  1. Genehmigungspflichtigkeit, § 49 I LBO

  2. Genehmigungsfähigkeit

    Für das Bauvorhaben ist die Genehmigung zu erteilen, wenn ihr keine von der Baurechtsbehörde zu pürfende ö-r Vorschriften entgegenstehen, § 58 I 1 LBO.

    Es könnten Vorschriften des Bauplanungsrechts entgegenstehen, §§ 29 ff. BauGB.

    - Anwendbarkeit dess Bauplanungsrechts

    a) Dies setzt die Anwendbarkeit des Bauplanungsrechts voraus. Dazu ist erforderlich, dass die Errichtung des XY (hier Bauvorhaben konkret benennen) unter den Begriff der baulichen Anlage i.S.d. § 29 I BauGB fällt.

    - Prüfung § 29 I BauGB

    b) § 30 BauGB

    Das (hier Bauvorhaben konkret benennen) soll im Bereich eines Bebauungsplans errichtet werden, sodass § 30 BauGB für die Zulässigkeit der Anlage maßgeblich ist.

    Fraglich ist, ob das Vorhaben den Festsetzungen des Bebauungsplans widerspricht und damit unzulässig ist.

    Mit der Festsetzung eines allgemeinen Wohngebiets ist gem. § 1 Abs. 3 S. 2 BauNVO die Regelung des § 4 Abs. 1, 2 BauNVO Bestandteil des Bebauungsplans geworden.

    - Prüfung, ob Vorhaben gem. der einschlägigen BauNVO-Norm zulässig ist.

    - wenn (-) prüfen, ob eine Ausnahme iSd § 31 BauGB gegeben ist (ungeschriebenes Merkmal der Gebietsverträglichkeit nicht vergessen!)



Nachbarschutzrecht - Drittanfechtungsklage - Begründetheit - wie fällt die Begründetheitsprüfung aus, wenn ein Verstoß einer Norm iVm dem Rücksichtnahmegebot in Frage kommt (also eine Baugenehmigung gegen § 35 I, III BauGB iVm Rücksichtnahmegebot verstoßen könnte).

B. Begründetheit

Die Drittanfechtungsklage ist begründet, soweit die Baugenehmigung rechtswidrig ist und N dadurch in seinen Rechten verletzt ist, § 113 I 1 VwGO.

I. Rechtsgrundlage -> § 58 I LBO

II. Formelle Rechtmäßigkeit (+/-)

III. Materielle Rechtmäßigkeit

Die Baugenehmigung ist materiell rechtmäßig, wenn dem genehmigungspfichtigen Vorhaben keine von der Baurechtsbehörde zu prüfenden ö-r Vorschriften entgegensteheh, 58 I LBO.

  1. Genehmigungspflichigkeit, § 49 LBO

  2. Genehmigungsfähigkeit

    Da es sich um ein priviligiertes Vorhaben im Außenbereich handelt, könnte das Gebot der Rücksichtnahme als ungeschriebener öffentlicher Belang iSv § 35 I, III BauGB dem Vorhaben entgegenstehen und damit den N in seinen Rechten verletzen.

    Dies ist der Fall, wenn (a) die tatsächlichen Umstände handgreiflich ergeben, auf wen Rücksicht zu nehmen ist, (b) eine besondere rechtliche Schutzbedürftigkeit des Betroffenen anzuerkenne ist und (c) eine unzumutbare tatsächliche Beeinträchtigung des Dritten festgestellt werden kann.

    a) Ergeben die tatsächlichen Umstände, dass sich die Betroffenheit des Dritten von der Allgemeinheit unterscheidet, ist auf diesen Rücksicht zu nehmen.

    b) Eine rechtliche Schutzbedürftigkeit ist stets anzunehmen, wenn der Grundstückseigentümer das Grundstück legal nutzt.

    c) Das Vorhaben müsste eine unzumutbare Beeinträchtigung für den Dritten darstellen. Dies ist durch einen Situationsvergleich zwischen der Lage vor und nach Errichtung des Vorhabens zu ermiteln.

    -> I.E. muss also festgestellt werden, ob die Grundstücksnutzung des N unzumutbar beeinträchtigt wurde oder nicht.


Die LRA entzieht dem Bauherrn B die Baugenehmigung für sein Vorhaben, in dem sie die Genehmigung widerruft. Inwiefern kann sich B gegen den formell rechtmäßigen Rücknahmebescheid wehren?

Der Rücknahmebescheid ist ein belastender VA. B möchte die Rücknahme beseitigen. Damit ist die Anfechtungsklage statthafte Klageart. Die Prüfung ist wie folgt:

A. Sachentscheidungsvoraussetzungen

B. Begründetheit

Die Klage ist begründet, soweit der Rücknahmebescheid rechtswidrig ist und B dadurch in seinen subjektiven Rechten verletzt, § 113 I 1 VwGO.

I. Rechtswidrigkeit des Rücknahmebescheids

-> Rücknahmebescheid = VA, damit erforderlich: EGL, formelle und materielle RM

  1. EGL (+) -> § 48 I LVwVfG

  2. Formelle Rechtmäßigkeit

  3. Materielle Rechtmäßigkeit

    -> TBM des § 48 LVwVfG prüfen; sofern gegeben ist die Rücknahme auf Ermessensfehler zu prüfen, da RF des Vorliegens der TBM des § 48 LVwVfG eine Ermessens- und keine gebundene Entscheidung ist (Wortlaut -> “kann”).

    a) Rechtswidriger VA

    -> es ist der VA, der zurückgenommen werden soll, auf seine Rechtswidrigkeit hin zu prüfen; hier Baugenehmigung; d.h. zu prüfen ist, ob die Baugenehmigung nach § 58 LBO hätte erteilt werden müssen => Genehmigungspflichtigkeit/-fähigkeit

    b) Sofern Rechtswidrig (+) -> Prüfung ob VA begünstigend oder belastend ist; bei belastendem VA wäre nun nur noch das Ermessen der Behörde zu prüfen. Rücknahme eines begünstigenden VA fordert überdies die nachstehenden Voraussetzungen:

    aa) Kein Rücknahmeverbot, § 48 II LVwVfG (nur bei Sach- oder Geldleistung)

    bb) Rücknahmefrist, § 48 IV LVwVfG

    • Str. Fristbeginn s. KK VA

  4. ZE: VA kann (nicht) gem. § 48 I 1 LVwVfG zurückgenommen werden; sofern Rücknahme möglich -> Ermessen prüfen

  5. Ermessen, § 48 I 1 iVm § 40 LVwVfG

    -> auf mögliche Ermessensfehler hin prüfen (Ermessensnichtgebrauch, -fehlgebrauch und -überschreitung).

II. Rücknahmebescheid rechtmäßig, sofern TBM des § 48 LVwVfG (+) und Ermessen fehlerfrei ausgeübt.


Abbruchsanordnung - wie ist die Rechtmäßigkeit einer Abbruchsanordnung zu prüfen?

Die Abbruchsverordnung ist ein Verwaltungsakt i.S.d. § 35 LVwVfG. Damit ist ihre Rechtmäßigkeit im Dreischritt (I.) EGL (II.) Formelle RM und (III.) Materielle RM zu prüfen.


I. EGL -> Ermächtigungsgrundlage ist § 65 I 1 LBO.

II. Formelle Rechtmäßigkeit

Die Abrissverfügung ist formell rechtmäßig, wenn sie von der zuständigen Behörde in einem ordnungsgemäßen Verfahren formgerecht erlassen wurde

  1. Zuständigkeit -> Für den Erlass der Abbruchsordnung ist nach §§ 48 I, 46 I Nr. 3 LBO i.V.m. §§ 15 I Nr. 2, 12 II LVG die Stadt Heidelberg zuständig.

  2. Verfahren -> insb. Anhörung, § 28 LVwVfG

  3. Form -> insb. Bestimmtheit gem. § 37 I LVwVfG und Begründung gem. § 39 LVwVfG

II. Materielle Rechtmäßigkeit

Die Abbruchsverfügung ist materiell rechtmäßig, wenn der Tatbestand des § 65 I 1 LBO erfüllt ist und kein Ermessensfehler vorliegt.

  1. Tatbestand § 65 I 1 LBO

    § 65 I 1 LBO setzt voraus, dass eine bauliche Anlage im Widerspruch zu öffentlichrechtlichen Vorschriften errichtet wurde und nicht auf andere Weise rechtmäßige Zustände hergestellt werden können.

    a) Bauliche Anlage iSd LBO (vgl. § 2 I LBO)

    b) Kein Widerspruch zu ö-r Vorschriften

    Die Anlage steht nicht im Widerpsruch zu ö-r Vorschriften, wenn sie formell und materiell legal ist.

    • Formelle Illegalität

      Formelle Illegalität besteht, wenn das Vorhaben genehmigungspflichtig ist und keine Baugenehmigung erteilt wurde.

      -> Prüfung Genehmigungsbedürftigkeit, §§ 49 ff. LBO

    • Materielle Illegalität

      Die bauliche Anlage ist materiell illegal, wenn sie nicht mit materiellem Baurecht vereinbar ist.

      -> Prüfung Genehmigungsfähigkeit, insb. Bauplanungsrecht, §§ 29 ff. BauGB

    c) Erforderlichkeit

    Es dürfte nicht auf eine andere Weise rechtmäßige Zustände hergestellt werden können. D.h. die Abbruchsanordnung müsste erforderlich sein.

    -> wenn kein gleich geeignetes aber milderes Mittel gegeben ist (wie Verhältnismäßigkeit; kann ggfs. bei Ermessensfehlerprüfung nach oben verwiesen werden)

    • Bsp. für mildere Maßnahmen:

      • Bewilligung einer Ausnahme, § 31 BauGB

      • Befreiung nach § 56 LBO

      • Teilweise Abbruch anstatt eines vollständigen

    d) Verantwortlichkeit

    Der Adressat der Maßnahme müsste verantwortlich sein. In der LBO findet sich keine Regelung bzgl. der Verantwortlichkeit. Daher kann auf das allgemeine PolG verwiesen werden.

    -> Ist Adressat = Grundstückseigentümer ist er Zustandsstörer iSd § 7 PolG und damit verantwortlich, also tauglicher Adressat.

  2. Rechtsfolge: Ermessen (“kann”)

    Nach § 65 I 1 LBO kann der Abbruch angeordnet werden, sodass die Entscheidung im Ermessen der Behörde liegt. Danach hat die Behörde ein Entschließungs- sowie ein Auswahlermessen. Die gerichtliche Kontrolle beschränkt sich nach § 114 S. 1 VwGO auf Ermessenfehler. Dabei ist zwischen einem Ermessensausfall, Ermessensfehlgebrauch und einer Ermessensüberschreitung zu differenzieren.

    • Entschließungsermessen (Behörde steht es zu Wahl, ob sie überhaupt tätig werden möchte)

    • Auswahlermessen (Behörde hat Wahl zwischen mehreren Verhaltensweisen)

      Beim Auswahlermessen könnte eine Ermessensüberschreitung vorliegen. Eine solche liegt vor, wenn die gesetzlichen Grenzen des Ermessens überschritten werden. Als gesetzliche Grenze kommt der aus den Grundrechten und dem Rechtsstaatsprinzip entwachsende Grundsatz der Verhältnismäßigkeit in Betracht.

      Fraglich ist, ob die Maßnahme verhältnismäßig war. Dafür müsste mit sie geeignet und erforderlich sein, um einen legitim Zweck zu erreichen und verhältnismäßig sein.

      -> Prüfung.


Baugebot - E ist eine sehr vermögende Eigentümerin eines unbebauten Grundstücks im Innenhof eines Hausblocks in der Stadt S. In der Stadt S herrscht eine akute Wohnungsnot. Deshalb möchte S anordnen, dass die E ein Wohnhaus im Rahmen der baurechtlichen Vorschriften auf ihrem Grunstück zu errichten hat. S hat zur Besprechung einen Termin auf den 20.05.2025 gesetzt, zudem E nicht erschienen ist. Sodann hat S den Bescheid erlassen und die E darin verpflichtet, zeitnah eine Baugenehmigung einzuholen und anschließend binnen 15 Montaten ein Wohnhaus hier zu errichten.

Das Gebiet entspricht der Eigenart eines allgemeinen Wohngebiets.

E ist der Auffassung, dass die Anordnung sei unrechtmäßig und will - sofern sie das Grundstück dennoch bebauen muss - das Haus selbst bewohnen.


Ist die Anordnung rechtmäßig?


Fraglich ist, ob der Bescheid der S rechtmäßig ist. Das ist der Fall, wenn er auf einer Ermächtigungsgrundlage beruht und formell sowieo materiell rechtmäßig ist.

A. EGL -> § 176 II BauGB

B. Formelle Rechtmäßigkeit

Für die formelle Rechtmäßigkeit muss die zuständige Gemeinde gehandelt haben und einschlägige Verfahrens- und Formvorschriften müssen eingehalten worden sein.

  1. Zuständigkeit -> Stadt S als Gemeinde, § 176 I BauGB

  2. Verfahren -> Baubescheid iSd § 176 II BauGB = VA gem. § 35 S. 1 LVwVfG; demnach Anhörungserfordernis gem. § 28 LVwVfG; Dem Zweck der Anhörung dient hier die Vorgabe aus § 175 I BauGB; Eröterung geht über das Anhörungserforernis sogar hinaus.

  3. Form -> Bestimmtheit § 37 LVwVfG; zwar ist die konkrete Bauart nicht vorgeschrieben. Baugebote iSd § 176 BauGB zeichnen sich aber gerade dadurch aus, dass sie nur ein Umsetzung eines Vorhabens vorschreiben, die Ausgestaltung aber dem Adressaten überlassen.

    Außerdem greift ein Baugebot in die Eigentumsfreiheit aus Art. 14 GG ein und darf sich damit nur innerhalb der Grenzen gesetzl. EGL bewegen. Hier ermöglicht § 176 II BauGB die Nutzung im Rahmen der gesetzlichen Vorschriften. Mehr schreibt die Anorndung auch nicht vor.

  4. ZE: Formelle Rechtmäßigkeit (+)

C. Materielle Rechtmäßigkeit

  1. Zulässiger Bereich

    Baugebot gem. § 176 I 1 bzw. II BauGB nur im Bereich eines BPlans oder innerhalb eines im Zusammenhang bebauten Ortsteils (§ 34 BauGB) zulässig.

    -> Prüfung, ob eines der beiden vorliegt.

  2. Unbebautes oder geringfügig bebautes Grundstück

  3. Zulässigkeit nach den baurechtlichen Vorschriften

    -> hier § 34 BauGB; damit § 34 BauGB durchprüfen.

  4. Aus städtebaulichen Gründen erforderlich, § 175 II BauGB

    • Städtebauliche Gründe (insb. dringender Wohnbedarf gem. § 175 II BauGB)

    • Erforderlichkeit

      Das Baugebot ist erforderlich, sofern zur Schaffung von Wohnraum kein gleich geeignetes, weniger eingriffsintensives Mittel ersichtlich ist.

      Problematisch ist hier, dass das Gebiet der Eigenart eines allgemeine Wohngebiets entspricht. Danach sind nicht nur Wohngebäude, sondern auch Läden und andere kirchliche, kulturelle, etc. Anlagen baurechtlich zulässig.

      Ziel ist aber die Bekämpfung der Wohnungsknappheit. Da E nur zur Errichtung einer Anlage nach den baurechtlichen Vorschriften zulässigen Anlage verpflichtet werden kann, muss sie nicht zwingend ein Wohngebäude errichten. Sie könnte auch eine Bäckerei o.ä. bauen.

      Dies würde nur zu einer Verbesserung der Infrastruktur dienen.

      Eine reine Verdichtung innenstadtnaher Bezirke hat allein kein hinreichendes Gewicht, um das Tätigwerden der Eigentümerin im Wege eines Baugebots zu erzwingen. Das Baugebot ist daher insgesamt nicht erforderlich gem. § 175 II BauGB.

  5. ZE: Mangels Erforderlichkeit iSd § 175 II BauGB ist das Baugebot materiell rechtswidrig.

D. Der Bescheid ist rechtswidrig.


Einvernehmensersetzung - Prüfungsaufbau

A. Wirksamkeit der Einvernehmensersetzung

I. EGL -> § 36 II 3 BauGB

II. Formelle Rechtmäßigkeit

  1. Zuständigkeit

  2. Verfahren

    • Anhörung, § 28 VwVfG - nur, wenn Einvernehmensersetzung = VA iSd § 35 S. 1 VwVfG (+)

      • P - Regelung: Muss auf die Setzung einer Rechtsfolge gerichtet sein. Indem die Einvernehmensersetzung die Planungshoheit der Gemeinde aus Art. 28 II GG beschneidet wird eine Rechtsfolge im Rahmen eines Unter-Überordnungsverhältnisses gesetzt. Damit liegt eine Regelung vor.

      • P - Außenwirkung (Regelung muss nach dem obj. Willen der Behörde nach außen gerichtet sein): Durch Ersetzung ist Gemeinde in ihrem Recht aus Art. 28 II GG betroffen, sodass die Ersetzung den verwaltungsinternen Bereich verlässt.

  3. Form

III. Materielle Rechtmäßigkeit

Landkreis müsste Tatbestand des § 36 II 3 BauGB erfüllt sowie ermessensfehlerfrei gehandelt haben.

  1. Genehmigung nicht bereits durch Zeitablauf erfolgt, vgl. § 36 II 2 BauGB

  2. Rechtswidrigkeit des versagten Einvernehmens

    -> Prüfung der Maßnahme nach bauplanungsrechtlichen Vorschriften, §§ 31, 33, 34, 35 BauGB.

  3. Ermessen -> “Kann” ersetzen

    Nach § 36 II 3 BauGB kann die Behörde das versagte Einvernehmen der Behörde ersetzen.

    Fraglich ist, ob der Behörde ein Ermessensspielraum zukommt.

    e.A.: (-)

    • Arg.: Wortlaut steht für eine rechtlich gebundene Befugnis. Ist die Versagung rechtswidrig, so träfe die Behörde die Pflicht zur Ersetzung. Pflicht beruht auf dem aufsichtsrechtlichen Legalitätsprinzip.

    a.A.: (+)

    • Arg.: Zweck des § 36 II BauGB ist die Bschleunigung von Bauvorhaben. Ermessen diene nur der Vermeidung weiterer Verfahren.

    Erg.: Streit kann dahinstehen. Stellt sich die Versagung der Genehmigung als eindeutig rechtswidrig heraus, ist das Ermessen der Behörde sowieso auf Null reduziert.

  4. Damit ist die Einvernehmensersetzung materiell-rechtlich nicht zu beanstanden (sofern 1. + 2. = (+)).

IV. Ergebnis


Author

Robin H.

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