Abgrenzung und Kennzeichnung von KMU
Quantitative Abgrenzung:
Nach §267 HGB: kleine, mittelgroße, große Kapitalgesellschaften
EU-Definition:
Kleinstunternehmen: <10 MA, <2 Mio Umsatz, <2 Mio Bilanzsumme
Kleinunternehmen: <50 MA, <10 Mio Umsatz, <10 Mio Bilanzsumme
Mittelunternehmen: <250 MA, <50 Mio Umsatz, <43 Mio Bilanzsumme
Fremdanteile unter 25 %
Qualitative Merkmale:
Einfaches Rechnungswesen, keine internen Kontrollsysteme
Eigentümer = Geschäftsführer, häufig Familienunternehmen
Flache Hierarchien, volatile Märkte, geringes Finanzierungsvolumen
Finanzierung dominiert durch Hausbank, kein Zugang zu Kapitalmärkten
Besonderheiten der Unternehmensanalyse
Bei KMU ist die Analyse oft personen- und beziehungsorientierter als bei Großunternehmen.
Besonderheiten:
Eigentümer = Management: Abhängigkeit von der Person des Inhabers sehr hoch.
Kunden- & Lieferantenabhängigkeit oft konzentriert (wenige Großkunden).
Regionale Marktstellung entscheidend, überregionale Skalierung oft begrenzt.
Informelle Strukturen statt dokumentierter Prozesse → höhere Integrationsaufwände.
Private Vermischung in Finanzen (z. B. Firmenwagen, Immobilien) muss bereinigt werden.
💡 Beispiel Ein Handwerksbetrieb mit 20 Mitarbeitern erzielt 40 % des Umsatzes über einen einzigen Industriekunden und nutzt Betriebsimmobilien im Eigentum des Inhabers → beides muss vor einem Deal geklärt werden.
Zusammenhang
Käufer müssen die Abhängigkeiten und Übergabefähigkeit kritisch prüfen.
Analysen gehen tiefer in persönliche Netzwerke und informelle Prozesse als bei Großunternehmen.
Besonderheiten in der Unternehmensplanung
Planungen sind oft weniger formalisiert und stärker auf Erfahrungswerten als auf Datenmodellen aufgebaut.
Optimistische Planung bei Inhabern (Überschätzung von Wachstum und Marktpotenzial).
Fehlende oder unvollständige Langfristplanungen.
Finanz- und Absatzplanung oft nicht integriert.
Potenzial durch neue Eigentümer (professionalisierte Planung) wird selten vorab berücksichtigt.
Einmaleffekte (z. B. Sonderaufträge) können die Basis verzerren.
💡 Beispiel Ein Bauunternehmen plant +15 % Wachstum, basierend auf einer einzigen Großausschreibung, die noch nicht gewonnen wurde → Käufer stuft Planung als riskant ein.
Für Käufer ist Plausibilisierung hier besonders wichtig, da KMU-Planungen stärker von subjektiven Einschätzungen geprägt sind.
Bewertungsverfahren bei KMU
KMU-Bewertung berücksichtigt neben klassischen Verfahren auch Risikofaktoren wie Personenabhängigkeit und Marktliquidität.
Typische Verfahren:
Ertragswertverfahren – Fokus auf nachhaltigem Gewinnpotenzial.
DCF-Methode – bei verlässlicher Planung; oft schwieriger bei KMU.
Multiplikatorverfahren – Vergleich mit regionalen / branchengleichen Deals.
Substanzwertverfahren – wichtig, wenn Betrieb stark an materielle Werte gebunden ist.
Mischverfahren – Kombination aus Ertrags- und Substanzwert.
Zusätzliche Anpassungen:
Risikoabschläge für Eigentümerabhängigkeit.
Berücksichtigung von Übergangsphasen oder Earn-Out-Regelungen.
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