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Pharmakologie

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by viola S.

Pharmakologische Beeinflussung der synaptischen Übertragung: Präsynampse, Synaptischer Spalt und Postsynapse

Präsynapse: Neben den postsynaptischen Bindungsstellen für einen bestimmten Transmitter gibt es für die Registrierung der Konzentration des Botenstoffes im synaptischen Spalt sogenannte Autorezeptoren, welche an der präsynaptischen Membran sitzen. Diese sprechen ebenfalls auf den ausgeschütteten Transmitter an. Die Anzahl der augenblicklich besetzten Autorezeptoren gibt der Nervenzelle Rückmeldung über die im Spalt befindliche Menge des Botenstoffes. Ist diese beispielsweise groß, vermindert sich im Sinne eines Rückkopplungsprozesses die Ausschüttung des Transmitters.

Synaptischer Spalt: Die in den synaptischen Spalt entleerten Neurotransmitter müssen dort jedoch auch zügig wieder inaktiviert werden, was auf unterschiedlichem Weg geschehen kann. Abbauenzyme bauen die Transmitter im synaptischen Spalt direkt ab, Transportproteine (Carrier-Proteine) hingegen bringen die Transmitter zurück in die präsynaptischen Vesikel (Reuptake).

Postsynapse: Bekannt ist des Weiteren, dass sich die Transmitterkonzentration auf die postsynaptischen Rezeptoren auswirkt. Das Prinzip der Up- und Down-Regulation besagt, dass es bei einer zu hohen Konzentration des Botenstoffes zur Verringerung der Anzahl und Empfindlichkeit aktiver Rezeptoren (Down-Regulation) und bei einer zu niedrigen Konzentration zu einer Erhöhung der Anzahl und Empfindlichkeit aktiver Rezeptoren an der post-synaptischen Membran kommt (Up-Regulation).

Substanzen zur Phasenprophylaxe affektiver Störungen und Behandlung manischer Episoden:

Lithium: Unerwünschte Arzneimittelwirkungen

Viele Patienten nehmen über lange Zeiträume Lithium ein ohne relevante unerwünschte Wirkungen. Die meisten Nebenwirkungen erscheinen initial und verschwinden dann wieder spontan. Lithium wird nicht metabolisiert, die Ausscheidung erfolgt fast vollständig über die Nieren. Patienten müssen deshalb regelmäßig und viel trinken. Die UAWs sind:

  • feinschlägiger Tremor,

  • Gewichtszunahme,

  • Nieren: vermehrtes Wasserlassen (Polyurie) durch verminderte Konzentrationsfähigkeit der Niere, krankhaft gesteigertes Durstgefühl (Polydipsie), Nierenfunktionsstörungen,

  • Schilddrüse: Hypothyreose, Vergrößerung mit Kropfbildung (Struma), TSH-Anstieg

  • ZNS: Müdigkeit, kognitive Störungen (Gedächtnis- und Konzentrationsprobleme),

  • gastrointestinale Beschwerden: Diarrhöen, Übelkeit, Völlegefühl, Appetitverlust,

  • Muskelschwäche, Blutbildveränderungen, EKG-Veränderungen.

Bei Überdosierung (z. B. in suizidaler Absicht), bei Nierenfunktionsstörungen und Kalium-oder Kochsalzmangel beispielsweise infolge einer natriumarmen Diät, bei starkem Schwitzen oder bei Durchfällen kann es zu einer Lithiumintoxikation kommen. Die Schwelle für Intoxikationserscheinungen ist interindividuell sehr verschieden.

Die Symptome der Lithiumintoxikation sind:

  • grobschlägiger Tremor in den Händen,

  • Übelkeit, Erbrechen, Durchfall,

  • Abgeschlagenheit, Vigilanzminderung, psychomotorische Verlangsamung,

  • Schwindel, Ataxie, Zuckungen der Gesichtsmuskeln,

  • später: Rigor, Krampfanfälle, Bewusstseinsstörungen bis zum Koma, Herz-Kreislauf-Versagen.


Substanzen zur Phasenprophylaxe affektiver Störungen und Behandlung manischer Episoden:

Antikonvulsiva/Antiepileptika

Die Alternativpräparate Carbamazepin, Valproinsäure und Lamotrigin sind bewährte Antiepileptika. Sie werden jedoch auch zur Behandlung affektiver Störungen eingesetzt, wenn Lithium nicht vertragen wird, Kontraindikationen vorliegen oder eine Lithiumtherapie abgelehnt wird. Bei Rapid Cycling sind Carbamazepin und Valproinsäure besser wirksam als Lithium. Lamotrigin scheint v. a. bei der Bipolar-II-Störung gut wirksam.

Carbamazepin ist Mittel der zweiten Wahl zur Phasenprophylaxe. Es wirkt antikonvulsiv und antimanisch (für diese Indikation jedoch keine Zulassung in Deutschland). Es ist besser verträglich als Lithium und sollte ebenfalls einschleichend dosiert werden. Carbamazepin hat aber auch zahlreiche UAWs, welche meist initial auftreten bzw. dosisabhängig wieder verschwinden, wie Somnolenz und Sedierung, Schwindel, Ataxie, zudem allergische Hautreaktionen, Appetitlosigkeit, Blutbildveränderungen. Sehr selten kommt es zu Leberschäden und Herzrhythmusstörungen. Carbamazepin wird auch zur Behandlung neuropathischer Schmerzen und des Alkoholentzugsyndroms eingesetzt.

Valproinsäure hat ebenfalls eine antimanische und phasenprophylaktische Wirkung mit z. B. Schläfrigkeit, Tremor, Kopfschmerzen, Verwirrtheit, gostrointestinalen Symptomen, Blutbildungsstörungen und Leberfunktionsstörungen (im seltenen Einzelfall tödlich verlaufend) als unerwünschten Wirkungen.

Lamotrigin scheint Lithium bei der Rezidivprophylaxe depressiver Episoden bei bipolaren Störungen überlegen. Es führt nicht zu Gewichtszunahme, es resultieren keine kardialen Risiken, doch insbesondere bei Initialgaben und rascher Aufdosierung drohen z. T. lebensgefährliche Hautreaktionen.

Wie bereits angemerkt sind auch einige atypische Neuroleptika, wie z. B. Olanzapin (Zyprexa®) und Quetiapin (Seroquel®), zur Phasenprophylaxe zugelassen (s. Tabelle 14.3).

Neuroleptika: Anwendung

Die Therapie mit Antipsychotika sollte in einen Gesamtbehandlungsplan mit entsprechenden psychosozialen Maßnahmen eingebettet sein. Die Behandlung mit Antipsychotika erfolgt nicht störungsspezifisch, sondern es werden die zu beeinflussenden Zielsymptome (und UAW) beachtet. Wegen der häufigen unerwünschten Arzneimittelwirkungen und der geringen Krankheitseinsicht vieler Patienten muss mit einer schlechten Compliance gerechnet werden. Dem kann durch eine gute Aufklärung und Psychoedukation auch des sozialen Umfeldes begegnet werden. Zudem stehen Depotpräparate zur Verfügung (intramuskuläre Verabreichung im zwei- bis vierwöchigen Abstand), welche einen gleichmäßigen Serumspiegel trotz schlechter Absprachefähigkeit ermöglichen. Nachteile der Depotspritzen sind die mangelnde Feinabstimmung und die fehlende Reaktionsmöglichkeit auf schwere Nebenwirkungen. Zudem ist die Auswahl des Antipsychotikums eingeschränkt, da nicht alle Medikamente in dieser Form zur Verfügung stehen. Generelle Behandlungsempfehlungen sind wegen der Hetreogenität der Substanzen kaum möglich. Eine Therapie mit Antipsychotika erfordert regelmäßige Routinekontrollen, wie z. B. Blutbild- und Leberwertkontrollen, EEG- und EKG-Kontrollen. Ein Absetzen der Medikation sollte vorsichtig ausschleichend erfolgen.

Anwendungsdauer: Allgemeine Empfehlungen für die Dauer der Medikation lauten:

  • Initialphase: möglichst früher Medikationsbeginn mit dem Ziel der Reduktion der Positivsymptomatik,

  • Stabilisierungsphase: vorsichtige Reduktion,

  • Langzeittherapie zur Rezidivprophylaxe: möglichst Medikation mit dem gleichen Medikament wie in der Akutphase;

    • bei Ersterkrankung: einjährige Medikation,

    • nach einem Rückfall innerhalb eines Jahres: zwei- bis fünfjährige Medikation,

    • bei häufigen Rezidiven: unbegrenzt.



Hypnotika:

Substanzgruppen

  • Benzodiazepine sind die wichtigste Substanzgruppe unter den Hypnotika.

  • Non-Benzodiazepin-Hypnotika (Cyclopyrrolone) wie z. B. Zopiclon (Ximovan®), Zolpidem (Stilnox®) und Zaleplon (Sonata®) unterscheiden sich strukturchemisch von den Bezodiazepinen, haben aber ähnliche Angriffspunkte (GABA-Rezeptor) und eine ähnlich sedierende Wirkung. Sie zeichnen sich durch ein geringes Abhängigkeitspotenzial, einen selteneren Hangover-Effekt (Tagesmüdigkeit) und seltenere Rebound-Phänomene als die klassischen Benzodiazepine aus.

  • Sedierende Antidepressiva wie z. B. Amitriptylin (Saroten®), Doxepin (Aponal®), Trimipramin (Stangyl®) können insbesondere bei abhängigkeitsgefährdeten Patienten eingesetzt werden.

  • Niedrigpotente Antipsychotika wie z. B. Promethazin (Atosil®) können ebenfalls eingesetzt werden. Es sind jedoch trotz niedriger Dosen entsprechende UAW zu erwarten. Sie sind zweites Mittel der Wahl bei abhängigkeitsgefährdeten Patienten.

  • Antihistaminika haben ebenfalls einen leicht sedierenden Effekt und sind rezeptfrei erhältlich.

  • Pflanzliche Präparate wie Hopfen- und Baldrianpräparate haben weniger einen schlafanstoßenden als einen beruhigenden Effekt.

  • Barbiturate haben eine gute hypnotische Wirksamkeit, verfügen jedoch aufgrund ihrer hohen Toxizität nur über eine geringe therapeutische Breite. Wegen ihres hohen Abhängigkeitspotenzials und der potenziellen Möglichkeit der Selbsttötung mit diesen Medikamenten werden sie heute kaum noch verordnet, unterliegen den Betäubungsmittelvorschriften und spielen eher auf dem illegalen Markt eine Rolle.

  • Melatonin ist das von der Zirbeldrüse freigesetzte Hormon. Es soll bei der Überwindung des Jetlags unterstützend sein und hat wohl geringe hypnotische Eigenschaften.

  • Clomethiazol (Distraneurin®) wird selten und wenn dann nur im stationären Setting eingesetzt. Es hat sedierende, antikonvulsive und hypnotische Eigenschaften und wird auch beim Alkoholentzug verwendet. Es besitzt ein hohes Abhängigkeitspotenzial.

  • Chloralhydrat (Chloraldurat®) wird wegen der Gefahr einer Abhängigkeit (Chloralismus) nur noch selten eingesetzt.


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viola S.

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