1. Vorlesung: Grundlagen wissenschaftlichen Arbeitens

A: Psychologinnen sind extrem vielseitig einsetzbar:

• Klinische Felder: Psychotherapie, Neuropsychologie, Gesundheitspsychologie

• Angewandte Felder: Personalwesen, Organisationsberatung, User Experience, Marktforschung

• Gesellschaft & Recht: Schul- und Pädagogische Psychologie, Rechtspsychologie, Verkehrspsychologie, Politikberatung

• Forschung & Lehre: Unis, Institute

A: Ja, unbedingt!

• Du wirst im Studium selbst Forschungsergebnisse produzieren (Projektberichte, Bachelorarbeit)

• In der Praxis musst du Forschung verstehen und anwenden können, um Patient*innen optimal zu behandeln

A: 2 zentrale Gründe:

1. Produzieren lernen: Projekte, Praktika, Bachelorarbeit → eigene Forschung erstellen

2. Vorbereitung: Ohne Methodenkenntnis keine wissenschaftlich saubere Abschlussarbeit

A: • Therapien entwickeln sich ständig weiter

• Du musst Artikel & Studien kritisch lesen können, um Patient*innen die aktuell beste Behandlung zu geben

• Psychotherapie = lebenslanges Lernen

A: Sie sind ein Werkzeugkasten gegen Unsinn:

• Unwissenschaftliche Behauptungen (z. B. „Impfungen verursachen Autismus“) lassen sich durch Methodenkenntnis widerlegen

• Methoden schärfen den Blick für Fakten vs. Meinungen

1. Forschung produzieren

2. Bachelorarbeit vorbereiten

3. Forschung verstehen & anwenden

4. Fakten von Unwahrheiten trennen

Psychische Erkrankungen sind Volkskrankheiten:

• z. B. Depressionen → 9,2 % der Deutschen betroffen (über 322 Mio. weltweit)

• Gesellschaftliche Folgen: Arbeitsunfähigkeit, Leid, Kosten

• 15 % aller Fehltage im Job gehen auf Depressionen zurück

• Depression = Hauptursache für Arbeitsunfähigkeit

50 % bleiben unbehandelt, weil…

• Scham & Verdrängung (Vermeidungsverhalten)

• Fehlende Angebote im Gesundheitssystem

• Falsche oder fehlende Diagnosen

• Prävention & Therapie wirken – aber sie müssen ständig optimiert und weiterentwickelt werden

• Nur durch psychologische Forschung können neue Methoden entstehen, die die „Epidemie“ psychischer Erkrankungen eindämmen

Nur Forschung trennt wirksame Methoden (z. B. Verhaltenstherapie, Medikamente, Sport) von unwirksamen Methoden (z. B. Edelsteine, Bachblüten).

Nein.

• Studien (Carlson, 1985) → Ergebnisse von Astrologen lagen auf Zufallsniveau

• → Kein wissenschaftlicher Zusammenhang zwischen Sternzeichen und Persönlichkeit

Nein.

• Ferguson & Wang (2019): Langzeitstudie mit 3034 Jugendlichen

• Ergebnis: Kein Zusammenhang zwischen Videospielen und aggressivem oder prosozialem Verhalten

Nein, das ist ein Mythos.

• Modell VARK weit verbreitet, aber keine empirische Grundlage

• Husmann & O’Loughlin (2018): Kein Zusammenhang zwischen Lernstil-Fragebogen und Lernerfolg

Nein.

• Taylor et al. (2014): Analyse von >1,2 Mio. Kindern → kein Zusammenhang

• Weder MMR-Impfung noch Inhaltsstoffe lösen Autismus aus

Ja.

• Besonders hohe Einsamkeit im jungen Erwachsenenalter (18–29) und im hohen Alter (ab 80)

• Dazwischen meist deutlich niedriger

Weniger als 50 %.

• Yeung et al. (2022): 52 % falsche Infos, 27 % persönliche Erfahrungen ohne Fachinhalt

• Nur 21 % enthalten korrekte, nützliche Diagnostik-Infos

Wissen generieren – in der Psychologie heißt das: Erkenntnisse über Erleben, Verhalten und Handeln des Menschen gewinnen.

Das Erleben, Verhalten und Handeln des Menschen – z. B. Wahrnehmung, Gedächtnis, Emotionen, Persönlichkeit, Entwicklung, Störungen.

• Alltagspsychologie: Jeder denkt über Gefühle/Verhalten nach, aber ohne systematische Standards

• Wissenschaftliche Psychologie: arbeitet mit klaren Methoden & Regeln, um zuverlässige Erkenntnisse zu erzeugen

• Sie entwirft Hypothesen & Theorien

• Diese werden mit Beobachtungen der Realität verglichen

→ Nur so trennt man Annahmen von Fakten.

1. Beschreiben: Merkmale benennen, klassifizieren, Häufigkeiten erfassen

2. Erklären: Ursachen finden (z. B. Alkohol → geringere Selbstkontrolle)

3. Vorhersagen: zukünftiges Verhalten prognostizieren (z. B. Wahlprognosen)

4. Verändern: gezielt Verhalten beeinflussen (z. B. Angsttherapie, Suchtbehandlung)

Weil sie dir ermöglichen:

• dein eigenes Wissen aufzubauen,

• der Gesellschaft zu helfen (z. B. bessere Therapien),

• und seriöse, überprüfbare Antworten zu liefern.

Depressionen

Das Erleben, Verhalten und Handeln des Menschen

1. Frage

2. Stand des Wissens

3. Theorie

4. Hypothese

5. Operationalisierung

6. Beobachtung

7. Auswertung

8. Interpretation

Eine Forschungsfrage:

• meist als W-Frage

• klar eingegrenzt (Thema + wenige Variablen)

• komplex genug für eine echte Untersuchung

• Thema = grober Bereich (z. B. Depression, Social Media, Stress)

• Forschungsfrage = präzise, testbare Fragestellung (z. B. „Wie verändert Verhaltenstherapie die Gehirnaktivität bei Borderline-Patientinnen?“)

• Kein echtes Frageformat (nur „Thema“ oder „Variablenset“)

• Nicht messbar (z. B. „Glücksspiel & Liebe?“)

• Ethisch nicht durchführbar (z. B. „Reaktion auf Elektroschocks?“)

1. Als Frage formuliert & endet mit „?“

2. Präzise und eindeutig

3. Widerspruchsfrei

4. Mit wissenschaftlichen Methoden überprüfbar

5. Unter den Bedingungen beantwortbar

• Recherche zum Stand des Wissens: Lehrbücher, Fachbücher, wissenschaftliche Artikel

• Besonders wichtig: Originalarbeiten in Datenbanken

Weil jede Forschung auf Vorarbeiten aufbaut:

• Fast nie bist du die Erste mit deiner Idee

• Überblick spart Zeit & verhindert Doppelarbeit

• Lehrbuchkapitel (Überblick)

• Fachbücher (vertiefend)

• Originalarbeiten (aktuell & spezifisch)

1. Empirische Artikel → neue Daten

2. Meta-Analysen → Zusammenfassung vieler Studien

3. Übersichtsartikel → inhaltliche Integration

4. Opinion/Comment → Meinungen

5. Protokolle/Methodenartikel → methodische Details

• Plattform für Artikel in PDF-Form

• Modelle:

– Abo (Uni zahlt, Leser frei)

– Open Access (Autor zahlt, Leser frei)

• Reichweite: von breit (Nature, Science) bis sehr spezialisiert (Cortex)

Häufig genutzte Datenbanken:

• PubMed

• APA PsycInfo®

• Web of Science

• ScienceDirect

Sie haben das Peer-Review-Verfahren:

• Artikel wird von Expert*innen kritisch begutachtet

• Ergebnisse: Annahme, Ablehnung oder Überarbeitung

• Varianten: Open, Blind, Double Blind

→ Qualitätssicherung & Fehlerkontrolle

1. Frage

2. Stand des Wissens

3. Theorie

4. Hypothese

5. Operationalisierung

6. Beobachtung

7. Auswertung

8. Interpretation

Eine Theorie ist ein System wissenschaftlich begründeter Aussagen, das…

• Phänomene beschreibt

• sie durch Gesetzmäßigkeiten erklärt

• und Vorhersagen ermöglicht

• Negative Schemata aus Erfahrungen → verzerrte Gedanken über Selbst, Umwelt & Zukunft

• Mehr negative Gedanken = schwerere Depression

1. Beschreiben: Depressive Menschen haben mehr stereotype negative Gedanken

2. Erklären: Diese Gedanken entstehen durch frühere Erfahrungen

3. Vorhersagen: Wer viele negative Gedanken hat, entwickelt eher Depressionen

4. Verändern: Durchbrechen negativer Gedankenketten → Therapie

1. Explizit → klare Begriffe

2. Widerspruchsfrei → keine gegensätzlichen Vorhersagen

3. Überprüfbar → Variablen messbar

4. Falsifizierbar → kann widerlegt werden

5. Intersubjektiv → Ergebnisse nachvollziehbar für alle

6. Generalisierbar → nicht nur auf Mini-Gruppen beschränkt

7. Sparsam → so einfach wie möglich, nicht unnötig komplex

Nein.

• Sie können sich immer durch neue Daten ändern

• Sie sind keine Gesetze, sondern Modelle, die überprüft werden

• Deduktion: Vom Allgemeinen zur Einzelfall-Vorhersage (z. B. aus einer Theorie → Hypothese ableiten)

• Induktion: Von Einzelfällen zu allgemeinen Gesetzmäßigkeiten schließen (z. B. Muster aus vielen Beobachtungen erkennen)

Eine vorläufige, vermutete Antwort auf eine Forschungsfrage.

• Abgeleitet aus einer Theorie

• Muss klar, testbar und überprüfbar sein

Sie verbindet Theorie und Empirie:

• Theorie → Ableitung von Hypothesen

• Hypothese → Grundlage für Datenerhebung

• Test entscheidet, ob Theorie sich bewährt oder nicht

Grundidee nach Popper (kritischer Rationalismus):

• Theorien sind nie endgültig bewiesen

• Statt Verifikation → Versuch der Falsifikation

• Nur wenn sie standhält, kann eine Theorie vorläufig als gültig gelten

1. Präzise & widerspruchsfrei formuliert

2. Widerlegbar (falsifizierbar)

3. Operationalisierbar (messbar)

4. Begründet (auf Literatur gestützt, nicht aus der Luft gegriffen)

• H1 (Alternativhypothese) = die eigentliche Annahme

• H0 (Nullhypothese) = Gegenteil davon

→ Jedes Ergebnis führt zu Annahme oder Ablehnung einer der beiden

1. Widerspruchsfreiheit

2. Kritisierbarkeit (widerlegbar)

3. Operationalisierbarkeit

4. Vor der Datenerhebung aufgestellt

„So einfach wie möglich, so komplex wie nötig.“

→ Bei gleichem Erklärwert ist die einfachere Hypothese vorzuziehen.

• Wenn-dann-Hypothese (Wenn Likes sinken → steigt Negativität)

• Je-desto-Hypothese (Je weniger Likes → desto mehr Negativität)

• Zusammenhangshypothese (zwei Variablen hängen zusammen)

• Wirkungshypothese (eine Variable beeinflusst eine andere)

• Unterschiedshypothese (Gruppen unterscheiden sich)

• Veränderungshypothese (Werte ändern sich über Zeit)

• Effekthypothese (Variable wirkt auf eine andere, Ursache → Wirkung)

• Direktional vs. Nicht-direktional (Richtung vorhersagen oder nur Veränderung feststellen)

• Linear vs. Nicht-linear (gleichmäßige Entwicklung oder Kurve)

• Spezifisch vs. Unspezifisch (exakter Zahlenwert vs. nur Tendenz)

• Theorie → liefert Basisannahmen

• Hypothese → konkrete, testbare Vorhersage

• Deduktion → Ableitung der Hypothese aus der Theorie

• Induktion → Rückschluss von Daten auf allgemeine Gesetzmäßigkeiten