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Kapitel 1 - Einführung

HM
by Hanna M.

1.1 Einführung

Was bedeutet Volkswirtschaftslehre eigentlich im Alltag?


Auch wenn VWL auf den ersten Blick theoretisch wirkt, begegnen uns volkswirtschaftliche Themen jeden Tag im Alltag:


Beispiel 1: Niedrige Zinsen bei der Bank

Wenn du dich darüber ärgerst, dass deine Bank dir nur sehr geringe Zinsen auf dein Erspartes zahlt, dann steckt dahinter eine volkswirtschaftliche Entwicklung. Ursachen dafür sind:

  • niedrige Inflation (also eine nur geringe allgemeine Preissteigerung),

  • schwaches Wirtschaftswachstum über längere Zeit und

  • hohe Arbeitslosenquoten in großen Teilen der Eurozone.

Diese drei Faktoren hängen eng zusammen und erklären, warum die Zinsen so niedrig sind.


Beispiel 2: Schwankender Wechselkurs – Dollar und Euro

Wenn du in die USA reisen möchtest und dich wunderst, dass der US-Dollar gegenüber dem Euro stark schwankt, steckt auch das in der VWL. Dafür verantwortlich sind:

  • internationale Kapitalbewegungen (Geld fließt zwischen Ländern, je nach Renditeerwartungen),

  • die Wirtschaftspolitik der US-Regierung – zum Beispiel unter dem damaligen und später erneut gewählten Präsidenten Donald Trump,

  • sowie die Überschuldung einiger europäischer Länder wie Griechenland.

All diese Einflüsse bestimmen, wie stark oder schwach eine Währung ist.


Beispiel 3: Günstige Benzinpreise

  • Wenn der Preis für Benzin an der Tankstelle niedrig ist, dann liegt das unter anderem daran, dass auch der Ölpreis niedrig ist.

  • Das wiederum kann passieren, wenn es ein hohes Ölangebot gibt – wie etwa durch die starke Ölproduktion in den USA.

  • Das OPEC-Preiskartell (eine Organisation erdölexportierender Länder) spielt hier ebenfalls eine wichtige Rolle.

Die OPEC versucht, durch abgestimmte Fördermengen den Ölpreis zu beeinflussen. → Solche Zusammenhänge kann man mit den Instrumenten der Volkswirtschaftslehre untersuchen und verstehen.

1.2 Die koordinierende Funktion von Preisen

  • In einer marktwirtschaftlich orientierten Volkswirtschaft ist der Preis das zentrale Steuerungsinstrument.

  • Man kann sagen: Der Preis ist der Dreh- und Angelpunkt – ohne Preise könnte die Wirtschaft nicht funktionieren.


Preise überall – was alles einen Preis hat

In der Volkswirtschaftslehre haben alle Güter und Leistungen einen Preis. Das betrifft nicht nur Waren im Supermarkt, sondern viele andere Dinge:

  1. Güter und Dienstleistungen:

  • Für jedes Produkt (z. B. ein Auto, Brot, Kleidung) oder jede Dienstleistung (z. B. Friseur, Nachhilfe, Handwerkerleistung) gibt es einen Preis, den die Nachfragenden bezahlen müssen.

  1. Arbeit:

  • Auch Arbeit hat einen Preis: Das ist der Lohn oder das Einkommen, das Arbeitnehmer*innen für ihre Arbeitsleistung erhalten. → Der Lohn ist also der Preis für Arbeit auf dem Arbeitsmarkt.

  1. Kapital

  • Kapital – im Sinne von Geld, das als Kredit verliehen oder aufgenommen wird – hat ebenfalls einen Preis. →

  • Dieser Preis ist der Zins:

    • Wenn du Geld aufnimmst, bezahlst du Zinsen.

    • Wenn du Geld verleihst oder sparst, erhältst du Zinsen.

  1. Währungen:

  • Auch Geld selbst hat auf internationaler Ebene einen Preis.

  • Der Euro zum Beispiel hat auf dem Devisenmarkt einen bestimmten Wert im Vergleich zu anderen Währungen, etwa zum US-Dollar (USD).

  • Dieser Preis nennt sich Wechselkurs.


Die koordinierende Funktion der Preise

Preise haben in jeder Volkswirtschaft eine koordinierende Funktion. Das bedeutet: Preise koordinieren das Verhalten von Anbietern und Nachfragern. Sie sorgen also dafür, dass Angebot und Nachfrage miteinander in Einklang gebracht werden.


Wenn der Preis steigt:

  • Für Anbieter ist das ein Anreiz, mehr zu produzieren oder anzubieten, weil sie dadurch höhere Gewinne erzielen können.

  • Für Nachfragende wird das Produkt oder die Dienstleistung dagegen weniger attraktiv, weil sie mehr bezahlen müssen.

Wenn der Preis sinkt:

  • Das Produkt wird für Nachfragende interessanter, weil es günstiger wird.

  • Gleichzeitig lohnt sich die Produktion für Anbieter weniger, also werden sie weniger anbieten.


Ursache und Wirkung – Preis, Angebot, Nachfrage

Die Zusammenhänge funktionieren in beide Richtungen:

  • Steigt die Nachfrage, dann steigt auch der Preis, weil die Güter knapper werden.

  • Steigt das Angebot, dann fällt der Preis, weil mehr Güter auf dem Markt sind, als nachgefragt werden.

Das nennt man die Signalfunktion des Preises:

  • Der Preis zeigt an, wie knapp ein Gut oder eine Dienstleistung ist.

Wenn ein Gut knapper wird, bedeutet das:

  • Entweder mehr Nachfrage bei gleichbleibendem Angebot, oder

  • weniger Angebot bei gleichbleibender Nachfrage.

In beiden Fällen signalisiert der steigende Preis: Das Gut ist knapp!


Beispiel: Der Preis auf dem Arbeitsmarkt

Die koordinierende Funktion des Preises lässt sich auch auf den Arbeitsmarkt übertragen.

  • Der Lohn ist hier der Preis für Arbeit.

  • Je höher der Lohn, desto mehr Menschen sind bereit zu arbeiten – Arbeit wird attraktiver.

  • Aus Sicht der Unternehmen ist ein höherer Lohn jedoch ein höherer Kostenfaktor. → Deshalb werden sie bei einem hohen Lohn weniger Arbeitskräfte beschäftigen.

Das bedeutet:

  • Steigt der Lohn, sinkt die Nachfrage der Unternehmen nach Arbeitskräften.

  • Sinkt der Lohn, steigt die Nachfrage nach Arbeitskräften.

So sorgt der Lohn (als Preis) dafür, dass sich Arbeitsangebot und Arbeitsnachfrage ausgleichen.


Beispiel: Zins und Kreditmarkt

Auch der Zins erfüllt eine koordinierende Funktion.

  • Der Zins bringt Kreditnachfrage und Kreditangebot ins Gleichgewicht.

    • Wenn der Zins steigt, wird es teurer, Geld zu leihen → die Nachfrage nach Krediten sinkt.

    • Gleichzeitig ist es attraktiver, Geld zu verleihen oder zu sparen, → das Kreditangebot steigt.

  • Wenn der Zins sinkt, passiert das Gegenteil: → Mehr Kreditnachfrage, weniger Sparanreiz.



Beispiel: Wechselkurs auf dem Devisenmarkt

Dasselbe Prinzip gilt für den Wechselkurs, zum Beispiel zwischen US-Dollar und Euro:

  • Der Wechselkurs bringt das Angebot an US-Dollar und die Nachfrage nach US-Dollar in Einklang.

  • Wenn viele Menschen US-Dollar nachfragen (z. B. um in den USA zu investieren oder Waren zu kaufen), steigt der Dollar-Kurs.

  • Wenn das Angebot an Dollar zunimmt (z. B. weil US-Investoren in Europa investieren und Dollar gegen Euro tauschen), sinkt der Dollar-Kurs.

So sorgt auch der Wechselkurs als „Preis der Währung“ für ein Gleichgewicht zwischen Angebot und Nachfrage auf dem Devisenmarkt.



Merke

  • Der Preis – egal ob für ein Gut, eine Dienstleistung, Arbeit (→ Lohn), Kapital (→ Zins) oder eine Währung (→ Wechselkurs) – hat in einer Marktwirtschaft eine koordinierende Funktion. Er spiegelt die Knappheit eines Gutes oder einer Dienstleistung wider.

  • Preise bringen also Angebot und Nachfrage in Einklang. Dadurch sorgen sie dafür, dass die Pläne aller Marktteilnehmer – also von Käufern, Verkäufern, Arbeitnehmern, Unternehmen, Banken, Investoren usw. – aufeinander abgestimmt werden.

-> Diesen Ausgleich nennt man auch die: markträumende Funktion des Preises. (Das bedeutet: Der Preis „räumt“ den Markt – Angebot = Nachfrage.)


Alles hängt zusammen

Ein besonders interessanter Aspekt der Volkswirtschaftslehre ist, dass alle Preise und Märkte miteinander verknüpft sind.

Beispiele:

  • Wenn sich der Zins ändert, beeinflusst das auch den Wechselkurs (weil Anleger ihr Geld in andere Währungen umschichten).

  • Wenn der Ölpreis steigt, kann das viele andere Preise (z. B. für Transport, Heizung, Lebensmittel) mit nach oben ziehen.

  • Wenn der Lohn in einer Branche steigt, wirkt sich das auf die Preise für Produkte und die Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen aus.

Diese Wechselwirkungen und Überlappungen machen deutlich, dass Preise nicht isoliert, sondern im Zusammenhang betrachtet werden müssen.


1.3 Relevanz der Volkswirtschaftslehre

  • Die Volkswirtschaftslehre (VWL) spielt eine zentrale Rolle für das Verständnis und die Steuerung der gesamten Wirtschaft.

  • Besonders wichtig ist sie in der makroökonomischen Perspektive, also bei der Betrachtung der Gesamtwirtschaft eines Landes – und damit für den Staat und seine wirtschaftspolitischen Entscheidungsträger.


Die Rolle der Volkswirtschaftslehre für den Staat

Ein klassisches Beispiel ist das Finanzministerium:

  • Ein Finanzminister muss einschätzen können, wie hoch die Steuereinnahmen in den kommenden Jahren sein werden.

  • Dazu gibt es in Deutschland den Arbeitskreis Steuerschätzung. → Dort arbeiten Volkswirte (also Wirtschaftswissenschaftler, die sich auf VWL spezialisiert haben) und Statistiker zusammen. → Sie erstellen regelmäßig Prognosen über die künftigen Einnahmen des Staates.

Diese Schätzungen sind entscheidend für die Haushaltsplanung des Staates – also dafür, wie viel Geld für Bildung, Infrastruktur, Sozialausgaben oder Verteidigung eingeplant werden kann.

Darüber hinaus will das Finanzministerium wissen:

  • Wie wirken sich Steuererhöhungen oder Steuersenkungen auf die Wirtschaft aus?

  • Wie verändern sie die Einnahmesituation (also wie viel Geld der Staat bekommt)?

  • Und wie beeinflussen sie die Wirtschaftsstruktur, also z. B. welche Branchen wachsen oder schrumpfen?

→ Um solche Fragen zu beantworten, braucht man die Instrumente der Volkswirtschaftslehre – z. B. makroökonomische Modelle, statistische Analysen oder Prognoseverfahren.


VWL auf anderen Ebenen (Kommunal/Global)

Volkswirtschaftslehre auf anderen Ebenen – kommunal und global

Die Volkswirtschaftslehre beschäftigt sich nicht nur mit nationalen Fragen, sondern liefert auch Antworten und Lösungsansätze auf kommunaler (lokaler) Ebene und auf globaler (weltweiter) Ebene.


Beispiel: Eine Kommune plant ein Museum

Wenn eine Stadt (Kommune) ein neues Museum bauen möchte, reicht eine rein betriebswirtschaftliche Betrachtung nicht aus.

In der Betriebswirtschaftslehre (BWL) würde man fragen:

  • Wie hoch sind die Baukosten?

  • Wie viele Eintrittsgelder und Einnahmen (z. B. aus Restaurant oder Museumsshop) sind zu erwarten?

In der Volkswirtschaftslehre (VWL) geht man weiter und macht eine Kosten-Nutzen-Analyse, die gesamtwirtschaftliche Effekte berücksichtigt.

Dabei werden auch indirekte Auswirkungen (Ausstrahleffekte) einbezogen:

  1. Mehr Tourismus: → Das Museum könnte zusätzliche Besucher anziehen, die extra wegen der Ausstellung in die Stadt reisen.

  2. Höherer Umsatz im Einzelhandel: → Touristen kaufen in Geschäften ein, gehen essen oder übernachten – das stärkt die lokale Wirtschaft.

  3. Höhere Steuereinnahmen: → Wenn der Umsatz steigt, fließen mehr Gewerbesteuern an die Kommune.

  4. Mehr Beschäftigung: → Der Bau und Betrieb des Museums schaffen Arbeitsplätze.

  5. Bessere Auslastung der Infrastruktur: → Straßen, Schulen, Klärwerke usw. werden stärker genutzt und rentabler betrieben.

  6. Neue Herausforderungen: → Gleichzeitig muss eventuell mehr in Sicherheit investiert werden – etwa durch mehr Polizisten, um den Touristenverkehr zu regulieren.

-> Die Kosten-Nutzen-Analyse betrachtet also nicht nur den Gewinn des Museums, sondern auch die gesamtwirtschaftlichen Wirkungen auf die Region. Genau solche umfassenden Betrachtungen stehen im Zentrum der Volkswirtschaftslehre.



Globale Relevanz – Beispiel: Klimawandel

Auch weltweite Herausforderungen lassen sich mit der VWL untersuchen und mit ökonomischen Konzepten beeinflussen. Ein besonders wichtiges Thema ist der Klimawandel.

  • Klimaforscher sind sich weitgehend einig: Der Ausstoß von Kohlenstoffdioxid (CO₂) treibt die globale Erwärmung an.

  • Daher muss der CO₂-Ausstoß drastisch reduziert werden, um den Temperaturanstieg in den kommenden Jahrzehnten zu begrenzen.


Lösungskonzept der Ökonomen: CO₂-Bepreisung

Ökonomen haben dazu ein Konzept entwickelt, das sich an den Prinzipien des Marktes orientiert:

  • Die Idee: Die Verursacher des CO₂-Ausstoßes (also vor allem Unternehmen) sollen für jede Tonne CO₂, die sie ausstoßen, einen Preis zahlen – z. B. in Form einer Steuer oder durch den Kauf von Emissionsrechten.

So funktioniert das Konzept:

  1. Der Staat legt fest, wie viel CO₂ insgesamt pro Jahr ausgestoßen werden darf.

  2. Diese Gesamtmenge wird in CO₂-Zertifikate (Emissionsrechte) aufgeteilt.

  3. Diese Rechte werden versteigert.

  4. Jedes Jahr wird die zulässige CO₂-Menge reduziert – das Angebot an Emissionsrechten wird also verknappt.

Ziel:

  • Unternehmen sollen dadurch Anreize haben, energieeffizientere Technologien einzusetzen, weil sie dann weniger CO₂ ausstoßen müssen → also weniger Zertifikate kaufen → und Geld sparen.

Nach einer bestimmten Zeit (z. B. 20 Jahren) wäre das gewünschte Ergebnis:

  • Unternehmen stoßen fast kein CO₂ mehr aus und haben CO₂-neutrale Produktionsverfahren entwickelt.

Realität:

  • In der Praxis hat dieses Konzept bisher nur unvollständig funktioniert. Das liegt unter anderem daran, dass man in der Umsetzung vom Grundprinzip abgewichen ist

  • zum Beispiel wurden oft zu viele Emissionsrechte vergeben oder zu niedrige Preise festgesetzt.

  • Das zeigt: Die Volkswirtschaftslehre bewegt sich immer im politischen Raum. Theoretische Konzepte werden in der Praxis selten in ihrer Reinform umgesetzt, weil politische, gesellschaftliche und wirtschaftliche Interessen eine Rolle spielen.


Corona-Pandemie – ein Testfall für die VWL

Ein weiteres Beispiel für die Bedeutung der Volkswirtschaftslehre ist die Corona-Pandemie.

Hier waren sowohl die Angebotsseite als auch die Nachfrageseite der Märkte betroffen:


Angebotsseite:

  • Während des ersten Lockdowns im März 2020 wurde in Deutschland z. B. die Autoproduktion gestoppt.

  • Auch Autohäuser mussten schließen. → Es wurde also weniger produziert und angeboten.

Nachfrageseite:

  • Viele Menschen hatten plötzlich wirtschaftliche Unsicherheit:

    • Manche durften ihren Beruf nicht mehr ausüben.

    • Andere waren in Kurzarbeit und verdienten weniger.

  • Dadurch änderte sich das Konsumverhalten:

    • Große Anschaffungen (wie ein neues Auto) wurden verschoben.

    • Konsumenten gaben weniger Geld aus.

→ So kam es zu Nachfragerückgängen in vielen Branchen.


Gewinner der Krise:

Einige Unternehmen profitierten jedoch vom Lockdown:

  • Besonders Online-Versandhändler konnten Umsatzsteigerungen verzeichnen, weil viele Menschen online einkauften.


Die Rolle des Staates in der Pandemie

Die Corona-Krise machte auch deutlich, wie aktiv der Staat in eine Volkswirtschaft eingreifen kann:

  1. Der Staat entschied, welche Unternehmen öffnen oder schließen durften. → Beispiel: Die Bundesregierung legte fest, ob Friseure arbeiten durften oder nicht.

  2. Der Staat führte Unterstützungsmaßnahmen ein:

    • Kurzarbeitergeld

    • Hilfszahlungen an Unternehmen

    • Kredite oder Zuschüsse zur Sicherung der Liquidität

  3. Für die Berechnung der Kosten dieser Maßnahmen und die Bewertung ihrer Wirksamkeit griff der Staat auf die Expertise von Volkswirten zurück.

-> Die VWL half also dabei, wirtschaftliche Entscheidungen während der Krise zu analysieren, zu bewerten und zu planen.


Zusammenfassung (Merke)

Die Volkswirtschaftslehre hat eine große praktische Relevanz auf allen Ebenen:

  • Makroökonomisch (für den Staat und seine Finanzpolitik),

  • Kommunal (für regionale Projekte und Investitionsentscheidungen),

  • und global (für weltweite Herausforderungen wie den Klimawandel).

Sie hilft dabei, wirtschaftliche Zusammenhänge zu verstehen, Folgen von Entscheidungen abzuschätzenund Lösungen für wirtschaftliche Probleme zu entwickeln.

1.4 Unterschiedliche Fragestellungen (Makro- und Mikroökonomie)

  • Die bisherigen Beispiele (aus den vorherigen Abschnitten) haben bereits gezeigt, welche Themen in der Volkswirtschaftslehre (VWL) behandelt werden.

  • In der VWL unterscheidet man grundsätzlich zwei große Teilbereiche:

    • Makroökonomie

    • Mikroökonomie

-> Diese beiden Bereiche stellen unterschiedliche Fragestellungen und betrachten die Wirtschaft aus verschiedenen Perspektiven.



Makroökonomie – die „große“ Sichtweise

  • Die Makroökonomie beschäftigt sich mit der gesamten Volkswirtschaft eines Landes. Sie untersucht also gesamtwirtschaftliche Zusammenhänge und Entwicklungen.

  • Das bedeutet: → In der Makroökonomie steht das große Ganze im Mittelpunkt — nicht einzelne Personen oder Unternehmen, sondern das gesamte Wirtschaftssystem eines Landes.


Typische makroökonomische Fragestellungen sind zum Beispiel:

  1. Wie entwickelt sich das Bruttoinlandsprodukt (BIP), wenn sich der Ölpreis innerhalb eines Jahres verdoppelt?

    • Das BIP misst den Gesamtwert aller Güter und Dienstleistungen, die in einem Land innerhalb eines Jahres produziert werden.

    • Wenn Öl teurer wird, steigen die Produktionskosten vieler Unternehmen → dadurch kann das Wirtschaftswachstum sinken.

  2. Was passiert mit den Exporten Deutschlands, wenn die Europäische Zentralbank (EZB) den Leitzins innerhalb von zwei Jahren um 3 Prozentpunkte erhöht?

    • Der Leitzins ist der Zinssatz, zu dem sich Banken bei der EZB Geld leihen können.

    • Wenn der Leitzins steigt, werden Kredite teurer → das beeinflusst Investitionen, Konsum und auch den Wechselkurs.

    • Ein höherer Wechselkurs (teurerer Euro) kann z. B. dazu führen, dass deutsche Exporte sinken, weil sie im Ausland teurer werden.

→ In der Makroökonomie geht es also um Fragen, die die gesamte Volkswirtschaft betreffen:

  • das Wachstum,

  • die Beschäftigung,

  • die Inflation,

  • die Zinsen,

  • den Außenhandel,

  • oder die Staatsverschuldung.

-> Daher spricht man hier auch von der Gesamtwirtschaftlichen Perspektive.


Mikroökonomie – die „kleine“ Sichtweise

Die Mikroökonomie beschäftigt sich dagegen mit den einzelnen Entscheidungseinheiten einer Volkswirtschaft. Das sind zum Beispiel:

  • private Haushalte,

  • Unternehmen,

  • Institutionen (wie z. B. Gewerkschaften oder Verbände).

Ziel ist es, zu verstehen, wie diese einzelnen Akteure Entscheidungen treffen, wie sie auf Veränderungen reagieren, und wie sich ihre Entscheidungen auf einzelne Märkte auswirken.


Typische mikroökonomische Fragestellungen sind:

  • Wie reagieren private Haushalte, wenn der Preis eines Gutes steigt? Beispiel: Der Preis für Fleisch steigt um 20 %.

  • Was passiert mit der Nachfrage?

Hier könnten mehrere Reaktionen auftreten:

  1. Die Nachfrage sinkt: Viele Menschen kaufen weniger Fleisch, weil es teurer geworden ist.

  2. Ernährungsverhalten ändert sich: Einige werden vielleicht Vegetarier oder reduzieren ihren Fleischkonsum stark.

  3. Substitutionsgüter (Ersatzprodukte): Die Nachfrage nach Soja, Tofu oder anderen Fleischersatzprodukten steigt. → Das sind sogenannte Substitutionsgüter, also Güter, die man anstelle eines anderen konsumieren kann.

  4. Höherwertiger Konsum: Manche Menschen entscheiden sich nach dem Motto „weniger, aber besser“ dazu, Biofleisch zu kaufen – also qualitativ hochwertigeres Fleisch statt großer Mengen.

→ Diese Fragen betreffen das individuelle Verhalten und die Reaktion einzelner Marktteilnehmer auf Preisänderungen oder andere wirtschaftliche Bedingungen.


Ziel der Mikroökonomie

  • Die Mikroökonomie versucht, diese Entscheidungen zu formalisieren, also in Modelle und Theorien zu fassen, damit man sie nachvollziehen und vorhersagen kann.

  • Das bedeutet: Man will verstehen, wie Menschen und Unternehmen Entscheidungen treffen, warum sie sich auf eine bestimmte Weise verhalten und welche Auswirkungen das auf den Marktpreis, das Angebot und die Nachfrage hat.


Mikro und Makro – zwei Ebenen, ein Ziel

Beide Teilbereiche – Mikroökonomie und Makroökonomie – gehören zusammen:

  • Die Mikroökonomie betrachtet einzelne Märkte und Akteure.

  • Die Makroökonomie fasst diese individuellen Entscheidungen zu gesamtwirtschaftlichen Ergebnissen zusammen.

Beispiel:

  • Wenn viele Menschen (mikroökonomisch) weniger Fleisch kaufen, sinkt insgesamt der Fleischabsatz in der gesamten Volkswirtschaft (makroökonomisch).

  • Wenn viele Unternehmen gleichzeitig weniger investieren, sinkt das gesamte Wirtschaftswachstum (ebenfalls makroökonomisch).

→ Die Mikroökonomie liefert also die Grundlagen für die Makroökonomie.


Merke

Die Volkswirtschaftslehre wird in zwei Hauptbereiche unterteilt: Makroökonomie und Mikroökonomie.

  • Makroökonomie: befasst sich mit gesamtwirtschaftlichen Fragen (z. B. BIP, Zinsen, Inflation, Exporte, Arbeitslosigkeit).

  • Mikroökonomie: untersucht das Verhalten einzelner Haushalte, Unternehmen und Märkte, um deren Entscheidungen und Reaktionen zu verstehen und vorherzusagen.

Beide Bereiche ergänzen sich, um zu erklären, wie die Wirtschaft im Großen und Kleinen funktioniert.

1.5 Fachrichtungen

  • Innerhalb der Volkswirtschaftslehre (VWL) gibt es verschiedene Fachrichtungen. Man sollte dabei nicht versuchen, jede dieser Fachrichtungen eindeutig der Makroökonomie oder Mikroökonomiezuzuordnen, da viele Bereiche der Makroökonomie mikroökonomisch fundiert sind – also auf mikroökonomischen Grundlagen aufbauen.

Zu den wichtigsten Fachrichtungen zählen unter anderem:

  • Geldpolitik

  • Außenwirtschaft

  • Finanzwissenschaft

  • Verhaltensökonomie (einschließlich Spieltheorie)

  • Empirische Wirtschaftsforschung

  • Wirtschaftsgeschichte


Geldpolitik

  • Die Geldpolitik beschäftigt sich mit der Politik der Zentralbanken und den Wirkungsweisen geldpolitischer Maßnahmen, z. B. der Anhebung oder Senkung des Leitzinses.

  • Solche Maßnahmen beeinflussen Zinsen, Kredite und die allgemeine wirtschaftliche Entwicklung.


Außenwirtschaft

  • Die Außenwirtschaft untersucht die Ursachen und Folgen des internationalen Handels. Sie analysiert etwa, welche Auswirkungen Zölle auf die Wohlfahrt eines Landes haben.

  • Dieses Themenfeld hat durch die Handelspolitik von Donald Trump erneut an Bedeutung gewonnen.


Finanzwissenschaft

  • Die Finanzwissenschaft befasst sich mit dem Staat, seiner Steuerpolitik, den Staatsausgaben und der Staatsverschuldung. Dazu gehören auch aktuelle Themen wie staatliche Corona-Prämien oder Konjunkturprogramme.

Verhaltensökonomie und Spieltheorie

  • Der Wettbewerb auf globalen Märkten, Handelsverträge zwischen Ländern oder die internationale Geldpolitik werden häufig mit Methoden der Spieltheorie untersucht.

  • Hierbei steht das Verhalten der Entscheidungsträger im Mittelpunkt – also wie Menschen und Institutionen strategisch handeln. Die Spieltheorie ist Teil der Verhaltensökonomie.

Empirische Wirtschaftsforschung

  • Die empirische Wirtschaftsforschung prüft, ob ökonomische Theorien nicht nur in der Theorie überzeugend sind, sondern auch in der Realität beobachtet werden können.

  • Dazu nutzt sie Statistiken und statistische Verfahren, um Theorien mit Daten zu überprüfen.

Wirtschaftsgeschichte

  • Die Wirtschaftsgeschichte untersucht wirtschaftliche Entwicklungen der Vergangenheit.

  • Beispielsweise haben Reinhart und Rogoff (2010) erforscht, welche Rolle Staatsinsolvenzen in den letzten acht Jahrhunderten gespielt haben.

  • Ziel solcher Analysen ist es, Parallelen zu heutigen wirtschaftlichen Situationen zu erkennen und daraus zu lernen.


1.6 Zusammenfassung

  • Die Volkswirtschaftslehre (VWL) ist die Lehre von der Wirtschaft eines Volkes bzw. eines Landes.

    • Eine entscheidende Rolle spielt dabei der Preis – egal ob es sich um den Preis für Güter, Dienstleistungen, Arbeit (Lohn), Kapital (Zins) oder Währungen (Wechselkurs) handelt.

  • Der Preis hat in der Volkswirtschaft eine koordinierende Funktion: Er sorgt dafür, dass die Pläne der Marktteilnehmer – also von Käufern, Verkäufern, Unternehmen und Arbeitnehmern – aufeinander abgestimmt werden.

  • Alle Preise einer Volkswirtschaft stehen dabei in einem mehr oder weniger starken Zusammenhang miteinander. Verändert sich ein Preis, kann das Folgen für andere Märkte haben.

  • Während Preise diese Koordinationsfunktion erfüllen, geht es in der Volkswirtschaft im Kern um die effiziente Produktion von Gütern und Dienstleistungen, damit die Menschen bestmöglich versorgt werden.

  • Preise haben außerdem eine Signalfunktion: Sie zeigen die Knappheit von Gütern und Dienstleistungen an.

    • Steigen Preise, signalisiert das eine höhere Knappheit; sinken sie, ist das Gut weniger knapp.

    • Zwischen Preisbewegungen und Knappheiten auf verschiedenen Märkten bestehen umfassende Kausalzusammenhänge (Ursache-Wirkungs-Beziehungen).

  • Die Herausforderung der Volkswirtschaftslehre besteht darin, die relevantesten Zusammenhänge zu erkennen und zu verstehen.

  • Grundsätzlich lässt sich die Volkswirtschaftslehre in Makroökonomie und Mikroökonomie einteilen.

Darüber hinaus gibt es viele Fachrichtungen, die oft auf beide Bereiche zurückgreifen – etwa:

  • Geldpolitik

  • Finanzwissenschaft

  • Spieltheorie

  • Außenwirtschaft

  • Empirische Wirtschaftsforschung

  • Wirtschaftsgeschichte


  • Die Volkswirtschaftslehre wird benötigt, um Prognosen über Wirtschaftswachstum, Zinsen und Wechselkurse zu erstellen.

    • Diese Informationen nutzt der Staat z. B. zur Planung seiner Steuereinnahmen, und Unternehmen verwenden sie für ihre Absatz- und Investitionsplanung.

  • Außerdem liefert die VWL Erkenntnisse darüber, wie ein Land seinen Wohlstand vermehren oder zerstören kann.


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Hanna M.

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