9.1 Einleitung
In den bisherigen Kapiteln wurde das klassische Bild der Mikroökonomie vermittelt:
Unternehmen handeln als Gewinnmaximierer und Kostenminimierer.
Bei vollkommenem Wettbewerb gilt: Preis = Grenzkosten.
Monopole werden kritisch gesehen, da sie tendenziell überhöhte Preise verlangen.
-> Doch in der modernen, digitalen Wirtschaft wirken diese Annahmen teilweise unzureichend.
Unternehmen wie Amazon, Google, Meta (Facebook, Instagram, WhatsApp), eBay, Uber oder Streaming-Dienste verhalten sich in vielerlei Hinsicht anders als klassische Betriebe.
Fehlende Preise
Viele digitale Dienste (z. B. Facebook, Google-Suche) sind kostenlos nutzbar.
Laut traditioneller Mikroökonomie müsste es einen Preis geben, damit Produzenten einen Anreiz zur Bereitstellung haben.
In der digitalen Ökonomie entstehen Einnahmen indirekt, etwa durch Werbung, Datenverwertung oder Abonnements.
Rollenverschmelzung: Konsumenten und Produzenten zugleich
Auf Plattformen wie eBay oder Etsy können Nutzer gleichzeitig Käufer und Verkäufer sein.
Damit verschwimmt die klassische Trennung zwischen Unternehmen und Haushalten.
Langfristige Verlustphasen
Viele Internetunternehmen erwirtschaften jahrelang keinen Gewinn, investieren aber massiv in Wachstum und Nutzerbasis.
Dies widerspricht scheinbar der Annahme, Unternehmen seien kurzfristige Gewinnmaximierer.
Tatsächlich verfolgen sie häufig strategische Ziele (z. B. Marktdominanz oder Netzwerkeffekte), die sich erst später monetarisieren lassen.
Plattformunternehmen bieten eine digitale Infrastruktur, die Anbieter und Nachfrager miteinander verbindet. Beispiele:
Kommunikation: Meta (Facebook, WhatsApp, Instagram), X (Twitter), XING
Handel: Amazon, eBay, Etsy
Dienstleistungen: Airbnb, Uber
Informationssuche: Google
→ Diese Unternehmen agieren als Intermediäre auf zweiseitigen Märkten: Sie stellen eine Plattform bereit, auf der beide Marktseiten aktiv sind.
Charakteristisches Merkmal:
Der Markt wird umso attraktiver, je mehr Teilnehmer er hat.
Das nennt man Netzwerkeffekt:
Je mehr Nutzer auf einer Plattform sind, desto größer ist der Nutzen für alle Beteiligten.
Beispiel:
Bei Uber profitieren Fahrer von mehr Fahrgästen, und mehr Fahrer erhöhen wiederum den Nutzen für die Kunden durch kürzere Wartezeiten.
Viele Plattformunternehmen sind heute breiter aufgestellt:
Amazon betreibt nicht nur Handel, sondern auch Cloud-Dienste (AWS).
Google hat sich von einer Suchmaschine zu einem Technologiekonzern mit Tätigkeiten u. a. in der medizinischen Forschung entwickelt.
In diesem Kapitel werden exemplarisch die Geschäftsmodelle von Facebook (Meta), eBay und Uber betrachtet. Im Anschluss wird diskutiert, wie solche digitalen Strukturen traditionelle Märkte disruptiv verändern können.
Digitale Plattformunternehmen fordern die klassische Mikroökonomie heraus, weil sie:
keine direkten Preise verlangen,
Nutzerrollen mischen,
Gewinne zeitlich verzögert erzielen und
durch Netzwerkeffekte ganz neue Marktdynamiken schaffen.
Trotzdem bleiben viele mikroökonomische Grundprinzipien (z. B. Anreize, Kosten, Wettbewerb) weiterhin gültig – sie müssen jedoch an die Logik der digitalen Märkte angepasst werden.
9.2 Das Geschäftsmodell von Facebook
Facebook wurde 2004 gegründet und ist heute mit über drei Milliarden Nutzern weltweit das größte soziale Netzwerk(Stand 2024).
Auffällig ist, dass Facebook für seine Dienste kein Geld verlangt – und trotzdem zu den profitabelsten Unternehmen der Welt gehört.
Auf den ersten Blick scheint das Geschäftsmodell einfach: Facebook bietet eine Dienstleistung an – ein digitales soziales Netzwerk, in dem Nutzer kommunizieren, Inhalte teilen und sich vernetzen können.
Aber:
Ein Geschäftsmodell liegt erst dann vor, wenn das Unternehmen auch Einnahmen erzielt.
Facebook verlangt keine Nutzungsgebühr von den Anwendern – also muss das Geld von anderer Seite kommen.
→ Die tatsächlichen zahlenden Kunden sind Werbekunden.
Facebook erzielt Umsatz und Gewinn überwiegend durch Werbeeinnahmen.
Die Plattform bietet Werbetreibenden einzigartige Reichweite und gezielte Ansprachemöglichkeiten:
Mit über drei Milliarden aktiven Nutzern erreicht Facebook eine potenzielle Zielgruppe, die kein klassisches Medium (z. B. Fernsehen oder Zeitung) bieten kann.
Durch die gesammelten Nutzerdaten und Profile können Anzeigen zielgerichtet („targeted“) platziert werden, also genau den Personen angezeigt werden, die mit hoher Wahrscheinlichkeit Interesse am Produkt haben.
Diese präzise Zielgruppenwerbung erhöht den Wert der Werbeflächen erheblich.
Aus mikroökonomischer Sicht lässt sich das Geschäftsmodell folgendermaßen strukturieren:
Das Produkt: Nicht das soziale Netzwerk selbst, sondern die Aufmerksamkeit und Daten der Nutzer. Facebook bietet seinen Werbekunden Zugang zu einem riesigen, detailliert beschriebenen Nutzerpool.
Die Nutzer sind also nicht Kunden, sondern Teil des Produkts.
Die Kunden: Die Unternehmen, die auf Facebook Werbeanzeigen schalten und dafür zahlen.
Damit entspricht Facebooks Modell ökonomisch dem Prinzip einer Gratiszeitung, die kostenlos verteilt wird, aber durch Anzeigen finanziert ist. Auch dort besteht das „Produkt“ für Werbekunden in der Reichweite der Leser.
Das Geschäftsmodell von Facebook basiert auf einem zweiseitigen Markt:
Eine Seite (Nutzer) nutzt die Plattform kostenlos, erzeugt aber Daten und Reichweite.
Die andere Seite (Werbekunden) bezahlt für den Zugang zu diesen Nutzern.
Damit bleibt Facebook dem mikroökonomischen Grundprinzip treu: Es produziert ein Gut (Werbeflächen und Nutzeraufmerksamkeit), für das zahlungsbereite Kunden existieren – nur eben in einer neuen, digitalen Form.
9.2.1 Produktionsfaktoren und Kostenstruktur
Facebook (bzw. Meta) nutzt wie jedes Unternehmen verschiedene Produktionsfaktoren, um seine Dienstleistung bereitzustellen. Zu diesen zählen:
Arbeit: vor allem Programmierer, Marketingexperten und zahlreiche Juristen, die sich mit Datenschutz-, Urheber- und Wettbewerbsrecht beschäftigen.
Kapital: die weltweiten Serveranlagen, Rechenzentren und Bürogebäude.
Management und Know-how: also die organisatorische und technologische Steuerung des gesamten Netzwerks.
Ein Blick auf die Kostenstruktur zeigt, dass Facebooks Gesamtkosten stark durch Fixkosten geprägt sind (Meta Investor Relations, 2019).
Zu diesen Fixkosten gehören:
der Betrieb und Unterhalt der Server-Infrastruktur,
Miet- und Instandhaltungskosten für Gebäude,
Personalkosten,
Marketingausgaben, die zwar variieren können, aber nicht direkt von der Nutzerzahl abhängen.
Fixkosten fallen also unabhängig von der Anzahl der Nutzer oder Anzeigen an.
Die Grenzkosten (Kosten für eine zusätzlich geschaltete Anzeige) sind bei Facebook nahezu null – zumindest, wenn man die Kosten pro einzelne Anzeige betrachtet.
Eine zusätzliche Werbeanzeige verursacht praktisch keinen messbaren Mehraufwand, da die technische Infrastruktur bereits besteht.
Allerdings:
Bei sehr großen Mengenzuwächsen (z. B. 50 Millionen zusätzlicher Anzeigen) können Serverkapazitäten erweitert werden müssen.
Dadurch entstehen zusätzliche Investitionskosten, die dann als Grenzkosten relevant werden.
Da der Großteil der Kosten fix ist und die variablen Kosten nur minimal sind, gilt:
Je größer die Nutzermenge und die Zahl der Anzeigen, desto geringer die Stückkosten pro Anzeige.
Dieses Phänomen bezeichnet man als Skaleneffekt oder Economics of Scale.
Kurzfristig spielen die in der traditionellen Mikroökonomie oft angenommenen steigenden Grenzkosten bei Facebook kaum eine Rolle – im Gegenteil:
Mit wachsender Produktionsmenge (mehr Anzeigen, mehr Nutzeraktivität) sinken die durchschnittlichen Kosten, was zu einem enormen Kostenvorteil führt.
Facebooks Kostenstruktur ist fixkostenlastig – hohe Anfangsinvestitionen, aber kaum variable Kosten.
Grenzkosten pro Anzeige ≈ 0, solange keine zusätzlichen Server oder Systeme nötig sind.
Skaleneffekte führen dazu, dass Stückkosten mit wachsender Nutzung sinken.
Damit unterscheidet sich Facebook deutlich von klassischen Produktionsunternehmen, bei denen die Grenzkosten in der Regel mit zunehmender Produktion steigen.
9.2.2 Nachfrage
Das Besondere an Plattformunternehmen wie Facebook ist die gegenseitige Abhängigkeit zwischen
der Menge an Werbung, die geschaltet wird, und
der Nachfrage nach Werbefläche durch Unternehmen.
Zu viel Werbung stört die Nutzer. Wenn Facebook zu viele Anzeigen auf den Nutzerseiten platziert,
verbringen Nutzer weniger Zeit auf der Plattform oder
kündigen ihre Mitgliedschaft ganz.
→ Die Plattform verliert dadurch Reichweite und Attraktivität für Werbekunden.
Weniger Nutzer bedeutet:
geringere Sichtbarkeit der Anzeigen,
sinkende Werbewirkung und
geringere Zahlungsbereitschaft der Werbekunden.
In der Folge muss Facebook entweder
die Preise für Anzeigen (P) senken oder
auf Kunden verzichten, die abspringen.
In der Ausgangssituation gilt ein Preis P₁ pro Anzeige.
Facebook könnte nun versucht sein, mehr Anzeigen zuzulassen – weil die Grenzkosten pro Anzeige nahezu null sind.
Doch das führt zu einem Problem:
Wenn die Plattform überladen mit Werbung ist, wird sie für Nutzer weniger attraktiv.
Die Nachfragekurve der Werbekunden verschiebt sich nach links, denn bei gleichem Preis P₁ werden weniger Anzeigen nachgefragt (z. B. von Q₁ auf Q₀).
Der Umsatz sinkt, obwohl theoretisch mehr Anzeigen geschaltet werden könnten.
In Abbildung 32 ist dies dargestellt:
Der ursprüngliche Nachfrageverlauf (linke Kurve) verschiebt sich nach links, wenn die Attraktivität sinkt.
Eine höhere Attraktivität (z. B. durch bessere Zielgruppenwerbung) verschiebt die Nachfragekurve dagegen nach rechts (z. B. von Q₁ auf Q₂).
Die Nachfrage nach Werbefläche hängt direkt von der Attraktivität der Plattform ab.
Facebook kann diese steigern, indem es die Effizienz und Zielgenauigkeit der Werbung verbessert, z. B. durch personalisierte Anzeigen:
Seniorenreisen werden nur Nutzern über 50 gezeigt,
Modewerbung eher jungen Erwachsenen usw.
→ Dadurch erhöht sich der Nutzen für Werbekunden, was eine Rechtsverschiebung der Nachfragekurve (steigende Nachfrage bei gleichem Preis) bewirkt.
Die Nachfrage nach Werbefläche auf Facebook ist nicht stabil, sondern hängt eng mit der Nutzererfahrung und Plattformqualität zusammen:
Zu viel Werbung → Nutzerverlust → Nachfrage sinkt (linke Verschiebung)
Gezielte, effiziente Werbung und neue Funktionen → Nachfrage steigt (rechte Verschiebung)
Damit zeigt sich: Selbst bei nahezu null Grenzkosten muss Facebook eine Balance finden zwischen Werbeintensität und Plattformattraktivität, um Umsatz und Nachfrage langfristig zu maximieren.
9.2.3 Marktstruktur und Wettbewerb
Eine zentrale Frage lautet:
In welcher Marktstruktur agiert Facebook? Handelt es sich um ein Monopol, ein Oligopol oder ein Polypol?
Die Antwort hängt davon ab, auf welcher Marktseite man Facebook betrachtet – auf der Nutzerseite oder auf der Werbekundenseite.
Auf den ersten Blick hat Facebook Konkurrenz:
Direkte Wettbewerber: Plattformen mit ähnlicher Funktion, z. B. das inzwischen eingestellte Google+.
Spezialisierte Netzwerke:
XING und LinkedIn → Fokus auf Berufstätige und Karriere.
Pinterest → Spezialisierung auf Fotos, Ideen und Videos.
-> Auch wenn viele Nutzer mehrere Plattformen parallel verwenden (Multi-Homing), konkurriert Facebook letztlich um eine knappe Ressource: die Aufmerksamkeit und Zeit der Nutzer.
Nach aktuellen Daten (Statcounter, o. D.) hält Meta, also Facebook + Instagram, einen weltweiten Marktanteil von rund 72 % gemessen an Seitenaufrufen sozialer Netzwerke.
Das deutet auf eine dominante Marktstellung hin, die monopolähnliche Züge trägt.
Man könnte annehmen, dass diese Marktstruktur für Nutzer keine große Rolle spielt, weil die Nutzung kostenlos ist.
Doch auch ohne Geldzahlung nutzt Facebook seine Marktmacht:
Facebook sammelt und verwertet Nutzerdaten in großem Umfang.
Diese Daten bilden die Grundlage für das eigentliche Geschäftsmodell – gezielte Werbung.
Nutzer „bezahlen mit ihren Daten“ statt mit Geld.
→ Damit entsteht ein indirektes Tauschverhältnis zwischen Nutzer und Plattform, das Facebook durch seine Größe strategisch ausnutzen kann.
Aus Sicht der Werbekunden ergibt sich ein anderes Bild:
Unternehmen verfügen über ein begrenztes Werbebudget, das sie auf verschiedene Medien verteilen können:
digitale Plattformen (Facebook, Google, Amazon, YouTube, etc.),
klassische Medien (Fernsehen, Zeitungen, Plakatwerbung).
Facebook steht somit nicht nur mit digitalen Konkurrenten, sondern auch mit traditionellen Werbeträgern im Wettbewerb.
In den USA dominiert Facebook zusammen mit Google den digitalen Werbemarkt:
Beide Unternehmen vereinen etwa 70 % der Online-Werbeausgaben auf sich (Pivotal Research Group, 2017).
Weitere 15 % entfallen auf Amazon, Twitter und Snapchat.
Nur 15 % bleiben für alle übrigen Online-Werbeträger.
Zwar fließt ein großer Teil der gesamten Werbeetats (rund 63 %) immer noch in klassische Medien wie Fernsehen und Print, aber innerhalb des digitalen Sektors ist Facebook (gemeinsam mit Google) klar marktbeherrschend.
→ Facebook verfügt somit über Preissetzungsmacht und agiert in einer monopolistischen Konkurrenz:
Es konkurriert mit anderen Anbietern,
besitzt aber aufgrund seiner Reichweite und Datenbasis einen gewissen Spielraum bei der Preisgestaltung.
In Deutschland ist die Lage weniger extrem:
Der Fernsehmarkt bleibt dominant.
Auch Printmedien (Zeitungen, Zeitschriften) haben weiterhin große Bedeutung.
Der Anteil digitaler Werbung beträgt rund 13 % der gesamten Werbeausgaben (Statista, 2024).
→ Facebook steht hier in stärkerem Wettbewerb mit klassischen Werbemedien und besitzt daher weniger Preissetzungsmacht als in den USA.
9.3 Das Geschäftsmodell von eBay
eBay ist – ähnlich wie Facebook – ein Plattformunternehmen. Es bringt zwei Marktseiten zusammen: Verkäufer und Käufer.
Gründung: 1995 in den USA.
Ursprünglich als Auktionsplattform konzipiert, auf der private Anbieter gebrauchte Waren versteigern konnten.
Heute: eBay hat sich zu einer globalen Handelsplattform entwickelt, die zunehmend von professionellen Verkäufern dominiert wird.
Neben Auktionen sind mittlerweile Festpreisangebote der Regelfall.
Das Geschäftsmodell von eBay basiert auf der Bereitstellung einer digitalen Infrastruktur, die es Verkäufern ermöglicht, ihre Waren und Dienstleistungen anzubieten.
eBay ist also Vermittler und Betreiber eines digitalen Marktplatzes.
Man unterscheidet dabei zwischen zwei Verkäufergruppen:
Private Verkäufer:
Seit dem 1. März 2023 können Privatpersonen kostenlos verkaufen.
Ziel: mehr Nutzer und Angebote, um die Plattform attraktiv zu halten.
Gewerbliche Verkäufer:
Zahlen eine Kombination aus
Abonnementgebühr (für den Shop bzw. professionelle Nutzung) und
Verkaufsprovision (pro Transaktion).
→ Damit sind gewerbliche Verkäufer die Hauptkunden von eBay.
Das „Produkt“ von eBay ist nicht eine Ware im klassischen Sinn, sondern die digitale Verkaufsinfrastruktur:
Sie umfasst die Plattformtechnologie, die Zahlungsabwicklung, Sicherheitsfunktionen, Bewertungssysteme und Reichweite.
Die Qualität dieses Produkts hängt stark von der Zahl und Aktivität der Nutzer ab:
Je mehr Käufer und Verkäufer aktiv sind, desto attraktiver ist die Plattform – ein klassischer Netzwerkeffekt.
Im mikroökonomischen Sinne sind nicht die Käufer, sondern die Verkäufer die eigentlichen Kunden von eBay.
Sie mieten gewissermaßen eine digitale Ladenfläche auf der Plattform, um ihre Produkte zu präsentieren.
Käufer nutzen die Plattform kostenlos, aber ihr Verhalten und ihre Anzahl bestimmen indirekt den Wert der Plattform für Verkäufer.
Neben den Verkaufsgebühren generiert eBay zusätzliche Einnahmen durch Werbung:
Interne Werbung: Verkäufer bewerben ihre eigenen Produkte direkt auf eBay, um eine höhere Sichtbarkeit zu erreichen.
Externe Werbung: Unternehmen, die nicht über eBay verkaufen, können ebenfalls Werbeanzeigen auf der Plattform schalten.
Dadurch erweitert eBay sein Geschäftsmodell um eine zweite Erlösquelle, ähnlich wie Facebooks Werbemodell.
9.3.1 Produktionsfaktoren und Kostenstruktur
Wie bei anderen großen Plattformunternehmen – etwa Facebook – sind auch bei eBay die zentralen Produktionsfaktoren überwiegend technologischer und personeller Natur.
Wichtige Produktionsfaktoren:
Programmierer und IT-Spezialisten: Sie entwickeln und pflegen die Plattform, sorgen für Sicherheit, Stabilität und Benutzerfreundlichkeit.
Hardware (Server-Infrastruktur): eBay betreibt weltweit Server, die große Datenmengen speichern und Transaktionen in Echtzeit ermöglichen.
Strategische Fachkräfte: Management, Datenanalysten und Produktentwickler, die über Innovationen und Marktpositionierung entscheiden.
Marketingexperten: Sie sind verantwortlich für Kundenakquise, Markenpflege und die Bindung gewerblicher Verkäufer.
Der Fokus liegt also auf Wissenskapital und digitaler Infrastruktur, nicht auf materiellen Produktionsmitteln.
Wie bei Facebook sind auch bei eBay die Fixkostenanteile sehr hoch, während die variablen Kosten pro zusätzlichem Nutzer oder Verkauf gering sind.
Das bedeutet:
Mit wachsender Nutzerzahl sinken die durchschnittlichen Kosten pro Transaktion – ein klassischer Skaleneffekt (Economies of Scale).
9.3.2 Nachfrage
Die Nachfrage nach eBays Dienstleistungen ergibt sich aus dem Interesse von Verkäufern, die Plattform zu nutzen, um ihre Produkte zu vertreiben.
Zwei Faktoren bestimmen diese Nachfrage:
Netzwerkeffekt:
Je mehr Nutzer (potenzielle Käufer) auf eBay aktiv sind, desto attraktiver wird die Plattform für Verkäufer.
Mit steigender Nutzerzahl verschiebt sich die Nachfragekurve nach rechts – analog zu Facebooks Werbemodell.
Mehr Käufer → höhere Verkaufschancen → stärkere Nachfrage von Verkäufern nach eBay-Plätzen.
Preisabhängigkeit:
Für gewerbliche Anbieter hängt die Nachfrage zusätzlich vom Preis des Abonnements ab.
Hohe Gebühren machen eBay weniger attraktiv.
Niedrigere Preise führen zu einer höheren Nachfrage.
-> Private Verkäufer sind hiervon nicht betroffen, da der Verkauf für sie seit März 2023 kostenlos ist – was die Attraktivität der Plattform insgesamt weiter erhöht.
9.3.3 Marktstruktur und Wettbewerb
eBay agiert in einem hochkompetitiven Online-Markt, in dem besonders Amazon als dominanter Konkurrent gilt.
Beide Plattformen zählen zu den größten globalen E-Commerce-Unternehmen und prägen den Wettbewerb im digitalen Handel entscheidend.
Laut SimilarWeb (2024):
amazon.com: ca. 2,7 Milliarden Aufrufe (Oktober 2024)
temu.com: ca. 678,5 Millionen Aufrufe
ebay.com: ca. 604,5 Millionen Aufrufe
→ Amazon ist damit die weltweit führende Online-Handelsplattform, während eBay auf dem dritten Platz liegt.
Obwohl sich die Geschäftsmodelle unterscheiden –
Amazon fungiert teils als Händler, teils als Marktplatzbetreiber,
eBay ist reiner Vermittler zwischen Käufern und Verkäufern –, stehen beide in direktem Wettbewerb, da:
viele Kunden Preise zwischen Amazon und eBay vergleichen,
Online-Händler häufig nur auf einer der Plattformen aktiv sind.
→ Damit teilen sich eBay und Amazon einen großen Teil des Online-Handelsmarkts.
Neben Amazon steht eBay auch im indirekten Wettbewerb mit dem stationären Einzelhandel.
Immer mehr Konsumenten kaufen online ein – dieser Trend führt zu einer Verlagerung von Marktanteilen.
Der Online-Handel wächst kontinuierlich, während klassische Geschäfte unter Druck geraten.
→ Dadurch stärkt eBay die Markttransparenz und erhöht den Wettbewerbsdruck auf traditionelle Händler.
Da der Markt zunehmend von wenigen großen Plattformen dominiert wird, besteht die Gefahr einer Oligopolbildung.
Amazon und eBay könnten – im theoretischen Extremfall – ein Kartell bilden, indem sie ihre Verkaufsgebühren koordinieren und so die Kosten für Händler erhöhen.
Kleinere Anbieter hätten kaum Ausweichmöglichkeiten, da der Zugang zu Kunden stark über diese Plattformen läuft.
→ Dies wäre ein Fall für die Wettbewerbsbehörden, die allerdings ein Dilemma haben:
Einerseits müssen sie steigende Marktmacht kontrollieren,
andererseits fördern Plattformen durch ihre Struktur den Wettbewerb auf anderen Märkten, weil sie Transaktionskosten und Eintrittsbarrieren senken.
Gerade für kleine und neue Anbieter bietet eBay niedrige Eintrittsbarrieren:
Verkäufer benötigen keine teuren Ladenflächen und können mit minimalen Fixkosten starten.
Produkte können im Wohnzimmer gelagert und online angeboten werden.
Das senkt die Investitionskosten und ermöglicht Marktzugang auch für Kleinstanbieter.
Zudem sorgt eBay für hohe Preistransparenz, was den Preiswettbewerb weiter intensiviert:
Bei standardisierten Produkten (z. B. ein bestimmtes TV-Modell) sind Preisvergleiche einfach → starker Wettbewerb.
Bei differenzierten Produkten (z. B. Unikate, Gebrauchtwaren) sinkt die Transparenz, bleibt aber immer noch höher als im stationären Handel, wo Preisvergleiche mit mehr Aufwand verbunden sind.
9.3.4 Asymmetrische Information
Im Online-Handel, insbesondere auf Plattformen wie eBay, entsteht ein zentrales Problem der asymmetrischen Information:
Der Verkäufer kennt das Produkt genau,
der Käufer dagegen nicht – er muss auf die Angaben des Verkäufers vertrauen.
Im Gegensatz zum stationären Einzelhandel, wo Käufer das Produkt direkt prüfen können, ist der Verkäufer im Internet anonym – oft in einer anderen Stadt oder sogar im Ausland.
Das erschwert den Vertrauensaufbau erheblich.
Folgen:
Käufer sind misstrauisch und nur bereit zu kaufen, wenn sie einen Preisabschlag für das Risiko erhalten (z. B. Kratzer, defekte Ware, unzuverlässiger Versand).
Verkäufer, die ehrliche Angebote machen, leiden unter Misstrauen und können ihre Ware nicht zum vollen Preisverkaufen.
Käufer, die schlechte Erfahrungen machen, verlieren Vertrauen und meiden Online-Käufe künftig.
→ Das kann dazu führen, dass ganze Märkte austrocknen, weil die Informationsasymmetrie zwischen Käufer und Verkäufer zu groß ist.
Um dieses strukturelle Problem zu verringern, hat eBay mehrere Mechanismen entwickelt:
a) Bewertungssystem (Signaling & Screening)
Nach jedem Kauf können Käufer und Verkäufer einander bewerten.
Bewertungen bestehen aus Sternen (z. B. 1–5 Sterne) und Kommentaren.
Eine hohe Zahl positiver Bewertungen signalisiert Zuverlässigkeit.
Käufer können sich so vor dem Kauf ein Bild über den Verkäufer machen.
→ Dieses System wirkt wie ein Reputationssignal (Signaling), das Vertrauen schafft und Informationslücken schließt.
b) eBay-Garantie (Risikoreduktion)
Käufer können Produkte kostenlos zurücksenden, wenn sie nicht der Beschreibung entsprechen oder unzufrieden sind.
Kaufpreis wird erstattet, was das Risiko eines Fehlkaufs deutlich senkt.
→ Das stärkt das Vertrauen in Online-Transaktionen und reduziert das Problem asymmetrischer Information erheblich.
9.4 Das Geschäftsmodell von Uber
Uber ist ein weltweit agierendes Plattformunternehmen, das Fahrer und Fahrgäste digital vermittelt.
Gegründet 2009 in Kalifornien, ist Uber heute in über 60 Ländern aktiv, in Deutschland allerdings bisher nur in größeren Städten vertreten.
Das von Uber produzierte Produkt ist nicht die Fahrt selbst, sondern die digitale Vermittlungsleistung zwischen Fahrer und Fahrgast über eine App-basierte Plattform.
Funktionsweise:
Der Fahrgast setzt in der App einen Treffpunkt-Pin.
Uber wählt automatisch den nächstgelegenen Fahrer, der die Fahrt effizient mit anderen Aufträgen kombinieren kann.
Die Zahlungsabwicklung erfolgt vollständig online – der Fahrgast hinterlegt seine Bankdaten im System.
Nach der Fahrt bewerten sich beide Seiten gegenseitig (Fahrer ↔ Fahrgast).
→ Dieses Bewertungssystem schafft gegenseitige Anreize für Zuverlässigkeit und Qualität:
Fahrer wollen gute Bewertungen, um weiter gebucht zu werden.
Fahrgäste wollen gute Bewertungen, um von Fahrern akzeptiert zu werden.
Ubers Einnahmen entstehen über eine Vermittlungsprovision, die pro Fahrt und abhängig von Strecke und Fahrpreis erhoben wird.
Rolle
Beschreibung
Uber (Plattformbetreiber)
Vermittelt Fahrten, wickelt Zahlungen ab, stellt App & Algorithmus bereit
Fahrer (Selbstständige)
Erbringen die eigentliche Dienstleistung mit eigenem Fahrzeug
Fahrgast
Bucht und bezahlt über die Uber-App
Wichtig:
Die Fahrtleistung ist der Output des Fahrers, nicht von Uber selbst.
Der mengenmäßige Output von Uber wird gemessen als:
Anzahl der vermittelten Fahrten × durchschnittliche Fahrdistanz.
→ Uber verdient also an jeder vermittelten Fahrt mit, ohne selbst Fahrzeuge zu besitzen oder Fahrer zu beschäftigen.
Die Frage nach dem „Kunden“ ist bei Uber nicht eindeutig, da zwei Marktseiten über die Plattform miteinander verbunden werden:
Marktseite
Rolle auf der Plattform
Beziehung zu Uber
Fahrer
Nutzen die Plattform, um Fahrgäste zu finden
Zahlen Vermittlungsgebühren an Uber
Fahrgäste
Nutzen die Plattform, um Fahrten zu buchen
Zahlen den Fahrpreis an Uber (Uber behält Provision ein)
→ Uber verdient an beiden Seiten:
Fahrgäste zahlen an Uber,
Fahrer erhalten ihren Anteil nach Abzug der Vermittlungsgebühr.
Damit agiert Uber als zweiseitiger Marktintermediär: Es bringt Angebot und Nachfrage zusammen und erzielt Erlöse aus beiden Marktseiten.
Fazit
Aspekt
Gründung / Sitz
2009, Kalifornien (USA)
Produkt
Digitale Vermittlungsleistung zwischen Fahrer und Fahrgast
Erlösquelle
Vermittlungsgebühr pro Fahrt
Kunden
Fahrer und Fahrgäste
Kernprinzip
Plattformmodell mit beidseitigen Netzwerkeffekten
Besonderheit
Bezahlung & Bewertung vollständig online – schafft Vertrauen und Effizienz
Uber ist ein klassisches Plattformunternehmen,das digitale Effizienz, Datenintegration und gegenseitige Bewertungssysteme nutzt,um einen zweiseitigen Markt für Mobilitätsdienstleistungen zu betreiben.
9.4.1 Produktionsfaktoren und Kostenstruktur
Uber unterscheidet sich grundlegend von klassischen Taxiunternehmen,weil das Unternehmen keinen eigenen Fahrzeugbestand besitzt.
Die Fahrzeuge werden von den selbstständigen Fahrern gestellt, während Uber selbst nur die digitale Plattform-Infrastruktur bereitstellt.
Produktionsfaktor
Software & IT-Infrastruktur
Zentrale Ressource: Entwicklung, Betrieb und Wartung der Uber-App, Matching-Algorithmus, Zahlungs- und Bewertungssystem
Humankapital
Hochqualifizierte Programmierer, Datenanalysten, IT-Sicherheitsexperten
Recht & Regulierung
Juristen und Compliance-Teams, die Zulassungen und rechtliche Anpassungen in verschiedenen Ländern sicherstellen
Netzwerk von Fahrern
Externer Faktor – Fahrer stellen ihre Fahrzeuge und Arbeitszeit bereit, sind aber keine Angestellten von Uber
→ Uber produziert keine Transportdienstleistung, sondern eine digitale Vermittlungsleistung zwischen Fahrer und Fahrgast.
Uber hat eine Fixkosten-dominierte Kostenstruktur:
a) Fixkosten (hoch)
IT-Entwicklung und Wartung der Plattform
Serverkapazitäten und Datensicherheit
Personalkosten für Softwareentwicklung, Marketing und rechtliche Betreuung → Diese Kosten entstehen unabhängig von der Zahl der vermittelten Fahrten.
b) Variable Kosten (gering)
Die Vermittlung zusätzlicher Fahrten erfolgt vollautomatisch über die Plattform.
Daher entstehen nahezu keine zusätzlichen Kosten pro Fahrt. → Grenzkosten (MC) ≈ 0
Da die Grenzkosten fast null sind, sinken mit zunehmender Nutzung die durchschnittlichen Stückkosten deutlich:
Mehr vermittelte Fahrten → gleiche Fixkosten verteilen sich auf größere Menge
→ hohe Skaleneffizienz (Economies of Scale)
→ je größer das Netzwerk, desto profitabler das Modell
Diese Eigenschaft erklärt, warum Uber – wie viele digitale Plattformen – besonders stark von Wachstum und Netzwerkeffekten profitiert.
Produktionsfaktoren
Software, IT, Personal, rechtliche Infrastruktur
Fixkosten
Hoch – durch Entwicklung und Betrieb der Plattform
Variable Kosten
Gering – Vermittlung zusätzlicher Fahrten automatisiert
Grenzkosten
Nähern sich Null
Skaleneffekt
Sinkende Stückkosten bei wachsender Nutzungszahl
9.4.2 Nachfrage und Angebot
Bei Uber hängen Nachfrage und Angebot auf der Plattform eng miteinander zusammen, weil das Unternehmen sowohl Fahrgäste (Nachfrageseite) als auch Fahrer (Angebotsseite) gleichzeitig beeinflusst.
Uber kann über zwei zentrale Stellgrößen direkt Einfluss nehmen:
Variable
Bedeutung
Wirkung
1. Fahrtarif (Preis pro Fahrt)
Preis, den Fahrgäste für eine Fahrt zahlen
Je höher der Tarif, desto geringer die Nachfrage; bei hohem Andrang kann der Tarif steigen
2. Vermittlungsgebühr (Provision)
Anteil, den Uber pro Fahrt von den Fahrern einbehält
Niedriger Vermittlungssatz → mehr Fahrer sind bereit, Fahrten anzunehmen → höheres Angebot
Im Gegensatz zu klassischen Taxiunternehmen mit festen Preisen setzt Uber variable, nachfrageabhängige Preise ein.
Bei Großveranstaltungen oder bei Regen steigt die Nachfrage nach Fahrten.
Uber erhöht automatisch die Tarife, um mehr Fahrer anzulocken und das Angebot an verfügbaren Fahrzeugen zu erhöhen.
So werden Angebot und Nachfrage kurzfristig ins Gleichgewicht gebracht.
Dieses Prinzip nennt man Surge Pricing oder dynamische Preisbildung.
→ Es verbessert die Markteffizienz, weil zusätzliche Fahrer durch höhere Preise motiviert werden, mehr Fahrten anzubieten – ein Vorteil gegenüber klassischen Taxiunternehmen, die keine zusätzlichen Fahrzeuge bereitstellen können.
Neben dem Preis spielen auch nicht-preisliche Faktoren eine große Rolle:
Benutzerfreundlichkeit und Zuverlässigkeit der App
Schnelligkeit der Vermittlung (wie schnell ein Fahrer vor Ort ist)
Verfügbarkeit zu jeder Tageszeit
Vertrauen und Sicherheit (Bewertungssystem)
-> Je komfortabler und verlässlicher die Nutzung, desto höher ist die Nachfrage nach dem Vermittlungsdienst.
Ein zentrales Erfolgsgeheimnis von Uber sind die Netzwerkeffekte: Je mehr Fahrer und Fahrgäste die Plattform nutzen, desto attraktiver wird sie für beide Seiten.
Mechanismus:
Mehr Fahrer → kürzere Wartezeiten für Fahrgäste → höhere Kundenzufriedenheit → mehr Fahrgäste.
Mehr Fahrgäste → höhere Einnahmen für Fahrer → mehr Fahrer melden sich an.
→ Ein positiver Rückkopplungseffekt, der zu exponentiellem Wachstum führt.
Diese sogenannten nachfrageseitigen Skaleneffekte erklären, warum Plattformen wie Uber, Airbnb oder eBay besonders stark von Größe und Reichweite profitieren.
Steuerungsvariablen
Fahrtarif und Vermittlungsgebühr
Preispolitik
Dynamisch – Anpassung an Nachfrage („Surge Pricing“)
Einfluss auf Angebot/Nachfrage
Beide Marktseiten werden durch Preisentscheidungen beeinflusst
Nicht-preisliche Faktoren
App-Zuverlässigkeit, Verfügbarkeit, Schnelligkeit
Netzwerkeffekte
Mehr Nutzer = höhere Attraktivität = noch mehr Nutzer
9.4.3 Marktstruktur und Wettbewerb
In Deutschland ist Uber aufgrund regulatorischer Beschränkungen nur begrenzt aktiv, weshalb zur Analyse der US-amerikanische Markt betrachtet wird.
1. Marktposition von Uber
Marktanteil in den USA: ca. 70 %
Wichtigster Konkurrent: Lyft (ähnliches Plattformkonzept)
Weitere Wettbewerber: klassische Taxiunternehmen, die durch strengere Regulierung und höhere Fixkosten oft im Nachteil sind.
-> Uber dominiert also den Markt der Fahrdienstvermittler, hat aber kein vollständiges Monopol.
2. Warum kein Monopol?
Trotz der Marktdominanz gibt es nahe Substitute für Uber-Dienstleistungen:
Eigener PKW
Öffentliche Verkehrsmittel (Bus, Bahn)
Fahrräder, Carsharing oder zu Fuß gehen
-> Diese Alternativen begrenzen die Preissetzungsmacht von Uber erheblich.
Uber kann nicht beliebig hohe Preise verlangen, da Fahrgäste sonst auf andere Transportmittel ausweichen würden.
Marktanteil (USA)
Ca. 70 %
Wettbewerber
Lyft, Taxiunternehmen
Marktform
Oligopol mit starker Dominanz
Preissetzungsmacht
Eingeschränkt durch Substitute
Geringe Regulierungsvorgaben gegenüber Taxis verschaffen Wettbewerbsvorteil
➡ Uber hat eine marktbeherrschende Stellung,operiert aber nicht als klassischer Monopolist,weil es Ausweichmöglichkeiten für Konsumenten gibt.
9.4.4 Konsumentenrente und Produzentenrente
Uber hat den Fahrdienstmarkt durch variable Preisgestaltung (Surge Pricing) ökonomisch neu geprägt – und nutzt dies gezielt, um Konsumenten- und Produzentenrenten teilweise abzuschöpfen.
1. Konsumentenrente
Definition:
Die Konsumentenrente ist die Differenz zwischen dem Preis, den ein Konsument zu zahlen bereit wäre, und dem tatsächlich gezahlten Preis (siehe Kapitel 5.3 „Konsumentenrente“).
Beispiel: Ein Fahrgast wäre bereit, 25 € für eine Fahrt zu zahlen, zahlt aber nur 18 €. → Konsumentenrente = 7 €.
2. Abschöpfung durch „Surge Pricing“
Beim Surge Pricing passt Uber die Preise dynamisch an die Nachfrage an:
Bei hoher Nachfrage (z. B. Veranstaltungen, Stoßzeiten) → Tarife steigen, um mehr Fahrer zu motivieren.
Dadurch reduziert sich die Konsumentenrente: Fahrgäste zahlen näher an dem, was sie ohnehin bereit wären zu zahlen.
➡ Uber schöpft einen Teil der Konsumentenrente ab, indem es den Preis bei Nachfragespitzen erhöht.
3. Produzentenrente
Die Produzentenrente ist die Differenz zwischen dem erzielten Marktpreis und den variablen Kosten der Anbieter (siehe Kapitel 3.4 „Produzentenrente“).
Beispiel: Ein Uber-Fahrer erhält für eine Fahrt 20 €, hätte sie aber auch für 15 € angeboten. → Produzentenrente = 5 €.
4. Abschöpfung durch Uber
Uber erhebt eine Vermittlungsgebühr auf jede Fahrt. Damit beansprucht das Unternehmen einen Teil der Produzentenrente für sich.
Je höher die Gebühr, desto geringer der Anteil des Fahrers an der Produzentenrente.
Uber erzielt dadurch höhere Margen, ohne selbst die Dienstleistung zu erbringen.
Konsumentenrente
Differenz zwischen Zahlungsbereitschaft und tatsächlichem Preis
Abschöpfung durch Uber
Über variable Preise (Surge Pricing)
Produzentenrente
Differenz zwischen Marktpreis und variablen Kosten der Fahrer
Über Vermittlungsgebühren
Ergebnis
Uber internalisiert Teile beider Renten zur Gewinnsteigerung
➡ Uber nutzt Preisflexibilität und Plattformgebühren,um sowohl Konsumenten- als auch Produzentenrenten teilweise in Unternehmensgewinne umzuwandeln.
9.4.5 Gewinnmaximierung
Uber wurde 2009 gegründet – und hat erst 2023 erstmals Gewinn erzielt (Stand: Dezember 2024).
Auf den ersten Blick scheint das ein Widerspruch zur mikroökonomischen Annahme der Gewinnmaximierung zu sein, nach der Unternehmen ihren Gewinn maximieren wollen.
Tatsächlich besteht aber kein Widerspruch, wenn man die ökonomische Logik dahinter versteht.
In der Mikroökonomie bedeutet Gewinnmaximierung nicht, dass ein Unternehmen in jedem Jahr oder Quartal Gewinne erzielen muss.
Vielmehr geht es darum, den Gesamtgewinn über die gesamte Lebensdauer des Unternehmens zu maximieren.
Unternehmen können daher bewusst kurzfristige Verluste in Kauf nehmen, wenn diese zu höheren zukünftigen Gewinnen führen.
Für Plattformunternehmen wie Uber gilt:
Der Markteintritt erfordert hohe Investitionen in Technik, Marketing und Expansion.
Das Ziel in der Anfangsphase ist, schnell Marktanteile zu gewinnen und eine kritische Masse an Nutzern aufzubauen (Netzwerkeffekt).
Diese Strategie führt zunächst zu Verlusten, da hohe Fixkosten entstehen, während die Erlöse noch wachsen.
Sobald die Plattform etabliert ist und Skaleneffekte greifen, kann das Unternehmen profitabel arbeiten.
Die langfristige Gewinnorientierung lässt sich an einem Gedankenexperiment verdeutlichen:
Würden Sie lieber 30 Jahre lang jedes Jahr 1.000 € erhalten oder 10 Jahre lang gar nichts, dafür ab dem 11. Jahr 100.000 € jährlich?
Ein rationaler Investor würde sich für die zweite Option entscheiden, wenn der Barwert (also der abgezinste zukünftige Gewinn) höher ist.
Genau so agieren Unternehmen wie Uber: Sie investieren heute, um später überproportional hohe Gewinne zu erzielen.
Die tatsächliche Höhe der künftigen Gewinne hängt von vielen unsicheren Faktoren ab:
Nachfrageentwicklung
Kostenstruktur
Wettbewerb
Regulierung und Marktbedingungen
Daher zielt die Gewinnmaximierung auf den erwarteten Gewinn ab – also den wahrscheinlichen zukünftigen Gesamtertrag unter Berücksichtigung dieser Unsicherheiten.
Ziel der Gewinnmaximierung
Maximierung des erwarteten Gesamtgewinns über die Zeit, nicht kurzfristiger Erfolg
Strategie von Uber
Hohe Anfangsinvestitionen → Marktaufbau → spätere Gewinne
Begründung für Verluste
Aufbauphase zur Erreichung von Netzwerkeffekten und Skalenvorteilen
Zeithorizont
Langfristig, nicht periodisch
Relevanz
Annahme der Gewinnmaximierung bleibt gültig, nur der Zeitraum verschiebt sich
Auch wenn Uber viele Jahre Verluste machte, folgt es weiterhin dem mikroökonomischen Prinzip der Gewinnmaximierung –jedoch mit einem langfristigen Planungshorizont, wie es für Startup- und Plattformunternehmen typisch ist.
9.5 Die Folgen der neuen Geschäftsmodelle für die Wirtschaftsstruktur
Der technologische Fortschritt verändert die Wirtschaftsstruktur tiefgreifend. Neue, internetbasierte Geschäftsmodelle führen zu disruptiven Veränderungen – also zu Entwicklungen,die bestehende Branchen und Marktstrukturen grundlegend umwälzen oder sogar verdrängen.
Typische Schlagzeilen verdeutlichen die Umbrüche:
Amazon verändert den Einzelhandel und gefährdet Innenstädte.
Uber setzt das klassische Taxigewerbe unter Druck.
Google und Tesla fordern die Automobilindustrie heraus.
Diese Beispiele zeigen: Der technologische Fortschritt führt zu radikalen Strukturveränderungen in vielen Branchen.
Zentrale Treiber dieser Entwicklung:
Internetbasierte Kommunikation
Digitalisierung und Big Data
3D-Druck
Künstliche Intelligenz (KI)
Unternehmen müssen auf diese Veränderungen strategisch reagieren, um wettbewerbsfähig zu bleiben.
a) Analyse der Verwundbarkeit
Firmen sollten prüfen, wie anfällig ihr Geschäftsmodell gegenüber technologischen Innovationen ist.
Beispiel: Buchhandel – durch Online-Anbieter wie Amazon stark unter Druck geraten. Einige Buchhändler konnten aber überleben, indem sie ihre persönliche Beratung und Kundenbindung als Stärken nutzten.
b) Nutzung der Chancen
Unternehmen sollten die Möglichkeiten der Digitalisierung aktiv nutzen.
Beispiel: Buchhändler, die
zusätzlich Online-Shops betreiben,
Bestsellerlisten, Rezensionen und Empfehlungen auf ihren Webseiten anbieten
und dadurch Komfort und Service für Kunden erhöhen.
-> Erfolgreiche Unternehmen kombinieren traditionelle Stärken mit digitalen Innovationen.
Der Wandel betrifft sämtliche Industrien – keine Branche ist immun. Disruptive Entwicklungen verändern:
Produktionsprozesse
Beschäftigungsstrukturen
Wettbewerbsverhältnisse
Marktstrukturen insgesamt
Eine Studie von Forschern der Universitäten Oxford und Yale sowie des Future of Life Institute (GRACE et al., 2018) befragte 352 Experten, wann Computer und Roboter bestimmte Tätigkeiten besser ausführen werden als Menschen (→ siehe Tabelle 7).
Ergebnisse:
Schon in wenigen Jahren werden viele Aufgaben automatisiert.
Mittelfristig könnten auch komplexe Berufe (z. B. Chirurgie, kreative Tätigkeiten) betroffen sein.
Langfristig wird erwartet, dass nahezu alle menschlichen Tätigkeiten automatisierbar sein werden.
Aus mikroökonomischer Sicht ist dieser technologische Fortschritt bedeutsam, weil er die Wettbewerbsstrukturen grundlegend verändert.
➡ Neue Technologien schaffen:
neue Märkte und Anbieter (z. B. Plattformunternehmen)
neue Formen des Wettbewerbs
und verschieben die Marktgleichgewichte dauerhaft.
Treiber des Wandels
Digitalisierung, KI, Big Data, Internet, 3D-Druck
Herausforderung
Bestehende Geschäftsmodelle werden infrage gestellt
Unternehmensreaktionen
Stärken ausbauen, digitale Chancen nutzen
Zukunft
Zunehmende Automatisierung vieler Tätigkeiten
Mikroökonomische Folge
Neuordnung von Marktstrukturen und Wettbewerbsbedingungen
➡ Kernaussage: Der technologische Fortschritt führt zu disruptiven Veränderungen, die alle Branchen betreffen und die Wirtschaftsstruktur dauerhaft transformieren.
9.5.1 Beispiel Automobilsektor
Der Automobilsektor ist ein zentrales Beispiel für die Neuordnung der Wettbewerbsverhältnisse, die durch den technologischen Wandel ausgelöst wird.
Die deutsche Autoindustrie zählt zwar weiterhin zu den weltweit führenden Herstellern, steht jedoch zunehmend unter Druck durch neue Wettbewerber außerhalb der Branche.
Früher: Konkurrenz kam von klassischen Autoherstellern – etwa aus Japan oder Frankreich.
Heute: Technologieunternehmen wie Google (Waymo) treten in den Markt ein und testen selbstfahrende Autos.
Der Fokus verlagert sich von Motorleistung und Design hin zu Software, Daten und Autonomem Fahren.
Gefahr:
Traditionelle Hersteller könnten von neuen Anbietern zu Zulieferern degradiert werden, wenn Software und Fahrassistenzsysteme wichtiger werden als der klassische Fahrzeugbau.
Ein weiterer struktureller Wandel ergibt sich aus dem Verbraucherverhalten:
Immer mehr Menschen möchten ein Auto nur dann nutzen, wenn sie es brauchen → Sharing Economy (z. B. Uber, Carsharing, Mietplattformen).
Selbstfahrende Autos passen perfekt zu diesem Konzept.
Ergebnis:
Rückgang des klassischen Autobesitzes → geringere Produktionszahlen, sinkende Umsätze.
Wenn sich autonome Fahrzeuge, Elektroantriebe und Sharing-Modelle durchsetzen, drohen massive Strukturveränderungen – nicht nur in der Produktion, sondern in der gesamten Wertschöpfungskette.
a) Industrie und Zulieferer
Verlust an globaler Bedeutung für deutsche Automobilhersteller
Sinkende Gewinnmargen, da traditionelle Hersteller zu Zulieferern neuer Player werden könnten
Produktionsverlagerungen hin zu Unternehmen mit Know-how im Elektroantrieb (z. B. Tesla)
b) Dienstleistungs- und Werbesektor
Umsatzeinbrüche in der Werbebranche, die stark von Autoherstellern abhängig ist
Zahlreiche Stellenabbauankündigungen im Jahr 2024 bei deutschen Automobilfirmen und Zulieferern
c) Werkstätten und Reparaturdienste
Elektromotoren sind wartungsarm, was zu einem Bedeutungsverlust von Kfz-Werkstätten führt
d) Öffentlicher Verkehr und Immobilienmarkt
Selbstfahrende Autos oder Kleinbusse könnten als öffentliche Verkehrsmittel eingesetzt werden
Ländliche Regionen würden dadurch besser angebunden → mögliche Wertsteigerung von Immobilien auf dem Land und Veränderung der Bautätigkeit
e) Transport- und Logistikbranche
Selbstfahrende LKWs, derzeit in den USA getestet, können fast rund um die Uhr fahren, effizienter und kostensparender.
Folge: In Deutschland sind mehr als 500.000 Arbeitsplätze von Berufskraftfahrern langfristig gefährdet.
Bereich
Veränderung / Risiko
Produktion
Rückgang klassischer Automobilfertigung, Bedeutungsverlust deutscher Hersteller
Arbeitsmarkt
Gefährdung von Werkstätten, Fahrern und Zulieferbetrieben
Dienstleistungen
Umsatzeinbußen in Werbung und angrenzenden Branchen
Infrastruktur & Immobilien
Stärkere Vernetzung ländlicher Gebiete, veränderte Nachfrage nach Wohnraum
Technologischer Wettbewerb
Neue Marktführer aus der IT- und Elektrobranche (z. B. Tesla, Google/Waymo)
Der Automobilsektor steht exemplarisch für die disruptive Kraft des technologischen Wandels:
Selbstfahrende Fahrzeuge, Elektromobilität und Sharing-Konzepte verändern die gesamte Struktur der Branche.
Damit droht der Verlust einer Schlüsselindustrie in Deutschland – mit tiefgreifenden Folgen für Beschäftigung, Wertschöpfung und regionale Wirtschaftsstrukturen.
9.5.2 Beispiel Mediensektor
Der Mediensektor zeigt besonders deutlich, wie der digitale Wandel bestehende Strukturen aufbricht und neue Märkte schafft.
Traditionelle Medien wie Zeitungen, Fernsehen und Radio stehen im Wettbewerb mit digitalen Formaten, die häufig kostenlos oder flexibler verfügbar sind.
Online-Nachrichtenportale (z. B. Spiegel Online, FAZ.net) verdrängen klassische Printzeitungen.
Streaming-Dienste machen das lineare Fernsehen zunehmend überflüssig – besonders bei der jungen Generation.
YouTube (seit 2005) hat die Medienlandschaft stark verändert und erreicht heute rund 2,5 Milliarden Nutzer pro Monat (Kemp, 2024).
Kommunikations- und Unterhaltungsplattformen wie Facebook, Instagram, Twitter/X oder Online-Spiele-Portale konkurrieren ebenfalls um die Freizeit und Aufmerksamkeit der Konsumenten.
➡ Der Medienkonsum ist heute fragmentierter, individueller und digitaler.
a) Zeitungen
Die verkaufte Auflage von Tageszeitungen in Deutschland ist stark gesunken:
1991: 27,3 Mio. Exemplare
2024: 10,2 Mio. Exemplare → Ein Rückgang um rund 63 % in drei Jahrzehnten. (vgl. Abbildung 33)
b) Fernsehen
Das klassische, lineare Fernsehen verliert an Reichweite, da Nutzer durch Streaming-Dienste jederzeit eigene Inhalte abrufen können.
c) Radio
Im Gegensatz dazu zeigt sich beim Radio eine erstaunliche Stabilität: Die durchschnittliche tägliche Hörzeit bewegt sich seit fast 30 Jahren zwischen 170 und 200 Minuten pro Tag. (vgl. Abbildung 34)
Aus Sicht der Mikroökonomie bedeutet diese Entwicklung:
Der Wettbewerb auf den Medienmärkten ist intensiver geworden.
Die Nachfrage wird dadurch preiselastischer – Konsumenten reagieren empfindlicher auf Preisänderungen.
Die Preissetzungsmacht klassischer Anbieter (z. B. Zeitungsverlage) nimmt ab.
➡ Fazit: Die Markteintrittsbarrieren im Medienbereich sinken, der Konkurrenzdruck steigt.
Der Wandel bedeutet nicht nur Arbeitsplatzverluste, sondern auch neue Chancen und Tätigkeitsfelder:
Neue Berufsbilder entstehen, z. B.:
Online-Redakteure
Content-Creator / YouTuber
IT- und Social-Media-Spezialisten
Video- und Podcast-Produzenten
Neue Geschäftsmodelle rund um Werbung, Abonnements und Plattformökonomie entwickeln sich.
Dennoch bleibt unsicher, ob diese neuen Branchen die Beschäftigungsverluste traditioneller Medien vollständig ausgleichen können.
Entwicklung / Bedeutung
Zeitungen
Starker Auflagenrückgang (−63 % seit 1991)
Fernsehen
Bedeutungsverlust durch Streaming und On-Demand-Angebote
Radio
Stabile Nutzung über Jahrzehnte
Neue Medien
Entstehung digitaler Plattformen, neuer Berufsbilder und Werbemärkte
Höhere Preiselastizität der Nachfrage, sinkende Preissetzungsmacht klassischer Anbieter
➡ Kernaussage:
Die Digitalisierung hat den Mediensektor tiefgreifend umgestaltet.
Während traditionelle Medien Marktanteile verlieren, entstehen gleichzeitig neue Märkte, Berufe und Chancen – ein Paradebeispiel für die dynamische Anpassungsfähigkeit von Märkten im digitalen Zeitalter.
9.6 Zusammenfassung
In der modernen Wirtschaft spielen Plattformunternehmen wie Facebook, Uber, Google oder eBay eine zunehmend zentrale Rolle.
Sie haben ganze Branchen verändert und neue Märkte geschaffen. Auf den ersten Blick scheinen sie jedoch nicht den klassischen mikroökonomischen Gesetzmäßigkeiten zu folgen.
Begriffe wie
Gewinnmaximierung,
steigende Grenzkosten oder
Preise als Ausdruck von Knappheit
scheinen zunächst wenig Bedeutung zu haben – doch bei genauerer Betrachtung zeigt sich, dass diese Prinzipien weiterhin gelten, wenn auch in neuer Form.
Auch wenn viele Plattformunternehmen zeitweise Verluste machen, streben sie langfristige Gewinnmaximierung an.
Junge Unternehmen investieren zunächst massiv in Wachstum, Nutzergewinnung und Technologie, um später von Skaleneffekten und Marktmacht zu profitieren.
Beispiel: Uber akzeptiert hohe Anfangsverluste, um einen globalen Kundenstamm aufzubauen, der künftig Gewinne ermöglichen soll.
-> Die Gewinnmaximierung erfolgt nicht kurzfristig, sondern mit einem strategischen Zeithorizont.
Dass viele digitale Plattformen ihre Dienste kostenlos anbieten, bedeutet nicht, dass der Preismechanismus außer Kraftgesetzt ist. -> Vielmehr ist das kostenlose Angebot Teil des Geschäftsmodells.
Beispiel: Facebook verlangt keine Nutzungsgebühr, weil der eigentliche Kunde der Werbetreibende ist. Je mehr Nutzer Facebook hat, desto höher der Wert der Plattform für Werbekunden.
Kostenlosigkeit dient also der Markterweiterung und indirekten Erlössteigerung.
➡ Das „Nullpreis-Modell“ ist somit ökonomisch rational und Ausdruck strategischer Preisbildung.
Im Gegensatz zu klassischen Industrieunternehmen wird die Kostenstruktur digitaler Unternehmen durch hohe Fixkostenund nahezu vernachlässigbare variable Kosten geprägt:
Fixkosten: Programmierung, Server, Dateninfrastruktur, Personal
Variable Kosten: minimal – z. B. pro zusätzlichem Nutzer oder pro Anzeige
Daraus folgt:
Steigende Grenzkosten spielen kaum eine Rolle.
Skaleneffekte führen zu sinkenden Stückkosten bei wachsender Nutzung.
➡ Mit zunehmender Reichweite steigt die Effizienz – ein zentraler Wettbewerbsvorteil digitaler Plattformen.
Die wirtschaftliche Dynamik der Gegenwart wird durch Digitalisierung, Big Data, künstliche Intelligenz und Automatisierung vorangetrieben.
Diese Entwicklungen verändern Strukturen tiefgreifend und werden als disruptiv bezeichnet – weil sie
traditionelle Branchen verdrängen,
neue Märkte und Geschäftsmodelle schaffen und
Wettbewerbsbedingungen grundlegend verändern.
Beispielhaft:
Facebook (gegründet 2004) und Uber (gegründet 2009) existieren erst seit wenigen Jahren, haben aber ganze Industrien (Medien, Transport, Werbung) transformiert.
Mikroökonomischer Aspekt
Bedeutung in der Plattformökonomie
Gewinnmaximierung
Findet langfristig statt, trotz anfänglicher Verluste
Preismechanismus
Wirkt weiterhin, oft über indirekte Preisbildung (z. B. Werbung)
Hohe Fixkosten, geringe variable Kosten → sinkende Stückkosten
Skaleneffekte
Zentrale Quelle für Effizienz und Marktmacht
Technologischer Wandel
Führt zu disruptiven Veränderungen in nahezu allen Sektoren
Auch im digitalen Zeitalter bleiben die Grundprinzipien der Mikroökonomie gültig – sie zeigen sich jedoch in neuen Formen.
Plattformunternehmen verdeutlichen, wie technologische Innovation, Skaleneffekte und strategische Preisgestaltung traditionelle Marktmechanismen nicht ersetzen, sondern weiterentwickeln.
Lernkontrollfragen
Aufgabe 9.1
Definieren Sie internetbasierte Plattformunternehmen.
Aufgabe 9.2
Wer sind die eigentlichen Kunden von Facebook und mit welchem Produkt
verdient Facebook Geld?
Aufgabe 9.3
Warum haben die meisten Plattformunternehmen sinkende Stückkosten,
selbst wenn die Grenzkosten steigen?
Aufgabe 9.4
Uber hat in den USA einen Marktanteil von knapp 90 %. Warum hat das
Unternehmen dennoch nur einen begrenzten Spielraum bei der Festlegung
seiner Tarife?
Aufgabe 9.5
Wie kann Uber die Konsumentenrente der Nutzer absch.pfen?
Aufgabe 9.6
Wie geht eBay mit dem Problem der asymmetrischen Information zwischen
K.ufer und Verk.ufer um?
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