(Seite 4) Was beschreibt das Mehrspeichermodell des Gedächtnisses nach Atkinson & Shiffrin?
Es geht von mehreren Speichern aus:
Sensorisches Register – nimmt Sinnesinformationen kurz auf.
Kurzzeitgedächtnis (KZG) – hält Informationen durch Aufmerksamkeit und Wiederholung.
Langzeitgedächtnis (LZG) – speichert dauerhaft durch Konsolidierung.
Details merken:
→ Das Modell betont getrennte Systeme, zwischen denen Information transferiert wird.
(Seite 5) Wie zeigen Rundus (1971) und die serielle Positionskurve, dass KZG und LZG getrennt sind?
Beim freien Abruf einer Wortliste entsteht eine serielle Positionskurve:
Primacy-Effekt: Erste Wörter werden häufiger wiederholt → gelangen ins LZG.
Recency-Effekt: Letzte Wörter stammen aus dem KZG (noch aktiv).
→ Beide Effekte belegen zwei verschiedene Gedächtniskomponenten.
(Seite 6) Wie testeten Postman & Phillips (1965) direkt die Trennung von KZG und LZG?
Sie kombinierten eine Wortlistenaufgabe mit Ablenkungsphasen (0 / 15 / 30 Sekunden Zahlenaufgabe):
Ohne Verzögerung → Recency-Effekt bleibt (KZG aktiv).
Mit Verzögerung → Recency verschwindet, Primacy bleibt (LZG bleibt stabil).
→ Einfache Dissoziation: KZG und LZG reagieren unterschiedlich auf Ablenkung.
(Seite 7) Welche Funktionen erfüllt das Kurzzeitgedächtnis im Mehrspeichermodell?
Aufnahme von Informationen aus dem sensorischen Register über Aufmerksamkeit.
Weiterleitung ans LZG durch Konsolidierung (v. a. durch inneres Nachsprechen = Rehearsal).
→ Es ist Drehscheibe zwischen Wahrnehmung und dauerhaftem Wissen.
(Seite 8) Welches Experiment zeigt die Bedeutung des Memorierens (Rehearsal) für das KZG?
Peterson & Peterson (1959):
3 Konsonanten merken (z. B. HLM) → Zahlenaufgabe verhindert Rehearsal.
Nach 18 Sekunden sinkt Erinnerung ≈ 0 %.
→ Ohne Wiederholung zerfällt Information im KZG nach < 18 Sekunden.
(Seite 9) Was meint Miller mit der „magischen Zahl 7 ± 2“ im Kurzzeitgedächtnis?
Sie beschreibt die Kapazität des KZG:
Menschen können etwa 7 ± 2 Informationseinheiten (Chunks) kurzzeitig behalten.
Entscheidend sind Chunks, nicht einzelne Zeichen.
→ Durch sinnvolle Gruppierung (Chunking) lassen sich mehr Elemente erinnern.
(Seite 10) Wie wurde Millers Annahme von neueren Forschungen (Cowan et al., 2001) korrigiert?
Neuere Studien zeigen:
Millers Zahl ist überschätzt – gilt nur für überlernte Inhalte (z. B. Zahlen, Buchstaben).
Tatsächliche Kapazität liegt bei 4 ± 1 Einheiten.
Verdienst Millers: Einführung des Begriffs Chunk als „Bedeutungseinheit“.
(Seite 11 – 13) Welche Methoden des Chunkings verbessern die Gedächtnisleistung?
Bilden bekannter Einheiten: z. B. „IBM SPD BMW KTM“.
Erkennen von Mustern/Regeln: z. B. Zahlenreihen (1-3-2-4-3-5 …).
Rhythmisieren: Elemente in rhythmische Gruppen fassen (z. B. 821 607 532 490).
Visuelle Konfigurationen: z. B. Schachspieler bilden typische Muster als Chunks.
(Seite 14) Wie funktioniert der Abruf aus dem KZG im Sternberg-Paradigma?
Ablauf:
Lernliste merken.
Auf Testreiz reagieren („war in Liste?“ / „nicht in Liste?“). → Reaktionszeit steigt linear mit Listenlänge, unabhängig von „Ja“ oder „Nein“.
Schlussfolgerung:
→ Das KZG wird systematisch durchsucht, nicht spontan abgerufen.
(Seite 17) Was zeigen die Befunde zum Suchprozess im Sternberg-Paradigma?
Die Suche erfolgt erschöpfend (exhaustive), nicht abbruchfähig.
Selbst bei einem Treffer läuft die Durchmusterung bis zum Ende.
Belegt: Abruf im KZG = serielle, vollständige Suche aller gespeicherten Elemente.
(Seite 18) Welche Kritik richtet sich gegen das klassische Konzept des Kurzzeitgedächtnisses?
Trennung von KZG & LZG ist zu strikt.
KZG ist nicht passiv, sondern aktiv in der Informationsverarbeitung.
Craik & Lockhart: Tiefe der Verarbeitung (semantisch > oberflächlich) beeinflusst Erinnerung → widerspricht „passivem Speicher“.
(Seite 19) Warum wurde das Konzept des Kurzzeitgedächtnisses durch das des Arbeitsgedächtnisses ersetzt?
Weil das KZG nicht nur speichert, sondern aktiv verarbeitet.
Dient als „Werkbank“ für Denkprozesse.
Ermöglicht gleichzeitiges Arbeiten mit neuen & alten Informationen.
Beispiel: Kopfrechnen (Zwischenergebnisse speichern & kombinieren).
Zitat Oberauer (2005):
→ „Working memory is a capacity-limited system that provides access to a small set of representations in the service of current cognitive processes.“
(Seite 20) Welcher Befund spricht gegen ein einheitliches Arbeitsgedächtnis?
Baddeley & Hitch (1974):
Zwei Aufgaben gleichzeitig (akustische Wortliste + visuelle Ziffernfolge) → kaum Leistungsabfall.
Besonders Recency-Effekt bleibt stabil.
→ Das AG besteht aus mehreren, teils unabhängigen Subsystemen
(Fraktionierung des Arbeitsgedächtnisses).
(Seite 21 / 28 / 34 / 36) Welche Hauptkomponenten enthält das Arbeitsgedächtnismodell von Baddeley?
Zentrale Exekutive – steuert & koordiniert alle Prozesse.
Phonologische Schleife – verarbeitet sprachlich-akustische Informationen.
Visuell-räumlicher Notizblock – speichert visuell-räumliche Informationen.
Episodischer Puffer – integriert Inhalte beider Subsysteme & LZG.
(Seite 22) Woraus besteht die Phonologische Schleife und wie funktioniert sie?
Zwei Subkomponenten:
Phonologischer Speicher – speichert Lautinformationen kurzzeitig.
Artikulatorische (subvokale) Wiederholung – inneres Nachsprechen zur Auffrischung.
→ Stark mit gesprochener Sprache verknüpft.
(Seite 23–24) Welche empirischen Befunde belegen die sprachliche Natur der phonologischen Schleife?
Wortlängeneffekt (Baddeley et al., 1975): Kürzere Wörter → bessere Reproduktion (weil schneller wiederholbar).
Phonologische Ähnlichkeit (Conrad, 1964): Reimende Buchstabenfolgen („BDTGC“) werden schlechter behalten.
Artikulatorische Unterdrückung: Lautes Wiederholen irrelevanter Wörter („the“) stört Merkfähigkeit – räumliche Aufgaben bleiben unbeeinträchtigt.
(Seite 25 / 27) Wodurch ist die Kapazität der phonologischen Schleife begrenzt?
Kapazität ≈ 2 Sekunden Sprachmaterial.
Alles, was nicht innerhalb dieser Zeit wiederholt wird, verfällt.
Ellis & Hennelly (1980): Walisische Ziffern länger → geringere Merkspanne als englische.
→ Zeit, nicht Chunk-Anzahl, bestimmt Leistungsgrenze.
(Seite 29–31) Welche Funktion erfüllt der visuell-räumliche Notizblock?
Er speichert und manipuliert visuelle & räumliche Informationen.
Anwendungsbeispiele:
Behalten von Bildern
Mentale Rotation (Shepard & Metzler, 1971)
Räumliche Orientierung & Planung
Empirischer Nachweis:
→ Reaktionszeit steigt proportional zum Rotationswinkel → mentale Abbildung erfolgt wirklich visuell-räumlich.
(Seite 32–33) Was zeigt das Mental-Scanning-Experiment (Kosslyn et al., 1978)?
Versuchspersonen scannen mentale Karten (z. B. Insel).
Suchzeit hängt von der Distanz zwischen Objekten ab. → Mentale Bilder haben räumliche Struktur, nicht nur verbale Codes.
(Seite 35) Welche Aufgaben übernimmt die zentrale Exekutive im Arbeitsgedächtnis?
Steuerung der Aufmerksamkeit
Koordination der Subsysteme
Integration von LZG-Wissen in aktuelle Prozesse
Handlungsplanung & Strategiewechsel in neuen oder komplexen Situationen
Eng verbunden mit präfrontalem Kortex
(Seite 36) Wofür sorgt der episodische Puffer im Baddeley-Modell?
Er synchronisiert Informationen aus:
der Phonologischen Schleife,
dem Visuell-räumlichen Notizblock und
dem Langzeitgedächtnis.
→ Ermöglicht integrierte Repräsentationen komplexer Ereignisse.
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