(Seite 4) Was versteht Hacker (1986) unter einer „Handlung“?
Eine Handlung ist die kleinste psychologische Einheit der willensmäßig gesteuerten Tätigkeit.
Sie ist durch ein bewusstes Ziel abgegrenzt, das eine Vorwegnahme des Ergebnisses darstellt.
Nur durch dieses Ziel wird sie zu einer selbstständigen Einheit der Tätigkeit.
(Seite 5 & 7) Welche Phasen umfasst ein vollständiger Handlungsprozess?
Ein vollständiger Handlungsprozess nach Frese & Zapf (1994) besteht aus:
Zielbildung
Orientierung
Planung
Entscheidung
Ausführung / Überwachung
Feedback
Redefinition (Anpassung des Ziels bei Abweichung)
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Diese Phasen bilden eine vollständige Handlungssequenz (TZ1 … TZn).
(Seite 6) Wie entsteht ein Ziel nach Hacker (1998) und Volpert (2003)?
Ein Ziel entsteht durch:
einen nicht befriedigten Bedarf (Ist-Zustand) und
die Vorstellung eines Soll-Zustands, der die Diskrepanz beseitigt.
Es ist eine Vorwegnahme des Ergebnisses, verbunden mit einer Intention zur Realisierung.
(Seite 8) Welche drei Regulationsebenen unterscheidet die Handlungsregulationstheorie?
Sensumotorische Ebene – Automatisierte Handlungen, nicht bewusstseinsfähig
Ebene der flexiblen Handlungsmuster – Schemata, bewusstseinsfähig
Intellektuelle Ebene – Bewusste Problemanalyse, bewusstseinspflichtig
Mit steigender Ebene nimmt der Bewusstseinsgrad und die Flexibilität zu.
(Seite 13) Was bedeutet sequentielle Vollständigkeit einer Handlung?
Eine Handlung ist sequentiell vollständig, wenn alle Phasen des Handlungsprozesses durchlaufen werden:
Redefinition
→ Es geht um die zeitliche Abfolge aller Schritte innerhalb der Handlung.
(Seite 13) Was meint hierarchische Vollständigkeit?
Hierarchische Vollständigkeit liegt vor, wenn eine Handlung auf allen Regulationsebenen stattfindet:
Sensumotorisch (automatisiert)
Flexibel-schematisch
Intellektuell (bewusst, planend)
→ Eine Handlung ist vollständig, wenn sie sequentiell und hierarchisch vollständig ist.
(Seite 15) Welche Folgen haben unvollständige Tätigkeiten laut Timpe (1988, zitiert nach Hacker 1991)?
Vergleich zweier Betriebe mit unterschiedlicher Aufgabenvielfalt zeigte:
Geringere Aufgabenvielfalt → höherer Krankenstand
Betrieb A (vollständigere Aufgaben): 7,8 %
Betrieb B (stärker arbeitsteilig): 12,1 %
Mehr Krankheitstage & häufigere Arbeitsunfähigkeit bei unvollständigen Tätigkeiten.
→ Vollständige Tätigkeiten fördern Gesundheit und Motivation.
(Seite 17) Was zeigte das Beispiel der Berliner Stadtreinigung nach Einführung von Gruppenarbeit?
Nach der Einführung fester Arbeitsgruppen mit eigener Planungsverantwortung:
167 Gruppen mit 1.200 Mitarbeitenden entstanden.
Deutliche Verbesserungen in
Kundenzufriedenheit
Mitarbeiterzufriedenheit
Leistung (nach 1 und 2 Jahren).
→ Gruppenarbeit macht Tätigkeiten vollständiger (Planung + Ausführung) und steigert so Leistung & Wohlbefinden.
(Seite 18) Warum werden Nebenjobs oft als unbefriedigend erlebt – laut HRT?
Weil sie meist unvollständige Tätigkeiten beinhalten:
Nur Ausführung, keine Planung oder Kontrolle
Meist nur untere Regulationsebenen aktiv
→ Gestaltungsspielraum erweitern (z. B. mehr Eigenverantwortung, Rückmeldung, Planungsanteile) kann Arbeit vollständiger machen.
(Seite 20) Wann spricht man in der HRT überhaupt von einem Fehler?
Ein Fehler liegt vor, wenn
ein Ziel nicht erreicht wird,
das Verhalten zielgerichtet war,
und der Fehler prinzipiell vermeidbar ist. → Quelle: Frese & Zapf (1994)
Fehler entstehen innerhalb des willensgesteuerten Handelns – nicht zufällig oder extern.
(Seite 21) Wie grenzt sich ein Fehler von ähnlichen Begriffen ab?
Begriff
Abgrenzung
Misserfolg / Scheitern
Kann durch äußere Umstände entstehen, nicht zwingend Fehler.
Absichtliche Verletzung (Violation)
Handlung bewusst regelwidrig, Fehler dagegen nicht intendiert.
Suboptimales Verhalten
Erreicht Ziel, aber nicht optimaler Weg → kein echter Fehler.
(Seite 22) Welche Fehlerarten unterscheidet die HRT, und auf welcher Ebene treten sie auf?
Slips – Sensumotorische Ebene
Versehentliche Fehlhandlungen
Beispiel: falsche Bestellung aufschreiben
Regelfehler – Ebene flexibler Handlungsmuster
Richtige Regel in falschem Kontext
Beispiel: richtige Behandlung bei falscher Diagnose
Wissensfehler – Intellektuelle Ebene
Falsches mentales Modell oder falsche Schlussfolgerung
Beispiel: fehlerhafte Problemanalyse
→ Fehlerart hängt von der Regulationsebene ab, auf der die Handlung gesteuert wurde.
(Seite 23) In welchen Phasen des Handlungsprozesses können Fehler auftreten?
Fehler können auf jeder Stufe passieren:
Zielbildung – unklare oder falsche Ziele
Redefinition – Ziel falsch interpretiert
Orientierung – Signale übersehen
Planung – falsche Aktionen
Entscheidung – falsche Auswahl
Ausführung – Slips
Feedback – Fehlinterpretation der Rückmeldung
→ Fehler sind Teil des gesamten Handlungszyklus, nicht nur der Ausführung.
(Seite 24) Wie sieht laut HRT ein gutes Fehlermanagement aus?
Fehler sollten als Lernchance verstanden werden, wenn:
Sie gemeldet werden dürfen,
positive Konsequenzen möglich sind,
derselbe Fehler nicht wiederholt wird.
Ziel:
→ Aufbau einer fehlerfreundlichen Organisationskultur.
(Seite 27) Was ist das operative Abbildsystem (OAS) laut Greif (1983)?
Das OAS ist die Gesamtheit des konkreten Wissens einer Person über ihre Arbeitstätigkeit:
Voraussetzungen & Konsequenzen
Folgen von Störungen
Erwartungen an das Verhalten anderer
→ Das OAS steuert Informationsaufnahme, -verarbeitung und Kontrolle im Handlungsprozess.
(Seite 27) Welche Funktionen erfüllt das operative Abbildsystem?
Das OAS…
Leitet Orientierung und Kontrolle während der Handlung,
Ermöglicht Auswahl oder Aktualisierung von Handlungsplänen (Aktionsprogrammen),
Dient als Grundlage für das mentale Probehandeln (Entwurf neuer Pläne).
(Seite 28) Wie beeinflusst die Qualität des OAS die Handlungsausführung?
Ein präzises und differenziertes OAS führt zu effizienteren Handlungen.
Es entwickelt sich durch Handeln und wird durch Erfahrung verfeinert.
Berufspädagogische Methoden (z. B. Leittextmethode) fördern gezielt die Weiterentwicklung des OAS.
(Seite 29) Wie lässt sich das OAS kurz charakterisieren?
Das OAS ist eine mentale Repräsentation von
Zielen,
Aktionsprogrammen und
Handlungsbedingungen.
→ Es unterscheidet Novizen von Experten, da gedankliche Vorwegnahme die Leistung nachweislich verbessert.
(Seite 31) Wie definiert Semmer (1996) den Zusammenhang zwischen Stress und Zielverfolgung?
„Stress has to do with the thwarting of goals.“ – Semmer (1996)
Das bedeutet:
→ Stress entsteht, wenn die Verfolgung von Zielen behindert wird, also Regulationshindernisse auftreten.
(Seite 32) Welche Tätigkeitscharakteristika beeinflussen Stress laut HRT?
Wichtige Merkmale sind:
Regulationsanforderungen (z. B. Komplexität, Vollständigkeit, Variabilität)
Regulationsmöglichkeiten (z. B. Handlungs- und Zeitspielraum)
Regulationsprobleme (z. B. Hindernisse, Unsicherheit, Überforderung)
→ Stress entsteht besonders bei hohen Anforderungen und geringen Handlungsspielräumen.
(Seite 33) Welche Formen von Regulationsproblemen unterscheidet Frese & Zapf (1994)?
Regulationshindernisse
z. B. Unterbrechungen, Informations- oder Bewegungsstörungen
Ursache: Menschen, Maschinen, Organisation
Regulationsunsicherheit
Unklare Anforderungen, widersprüchliche Rollen
Regulationsüberforderung
Qualitative Überlastung, Zeitdruck, Konzentrationserfordernisse
→ Alle drei erschweren die Zielerreichung und erhöhen das Stresserleben.
(Seite 34) Welche psychischen und physischen Folgen zeigen Studien bei hohen Regulationsanforderungen oder -problemen?
Positive Effekte:
Mehr Selbstwirksamkeit, Arbeitsmotivation und Zufriedenheit, wenn Handlungsspielräume hoch sind.
Negative Effekte:
Mehr psychosomatische Beschwerden, Reizbarkeit, Deprimiertheit, chronische Krankheiten (z. B. Bluthochdruck, Rheuma), wenn Regulationsprobleme bestehen. → Quelle: Oesterreich (1998)
(Seite 35) Was zeigen aktuelle Meta-Analysen über Regulationsprobleme und Stressfolgen?
Regulationsprobleme (stressors) → positiv mit Burnout verbunden (Guthier et al., 2020)
Regulationsprobleme → erhöhen Beanspruchungserleben (Pindek et al., 2018)
Regulationshindernisse → korrelieren mit somatischen Symptomen & niedrigerem Wohlbefinden (Pindek & Spector, 2016)
Hindrance stressors → reduzieren Sicherheitsverhalten (Clarke, 2012)
→ Je stärker die Regulationsprobleme, desto höher Stress, Krankheit und Fehleranfälligkeit.
(Seite 37) Welche zentralen Kritikpunkte werden an der Handlungsregulationstheorie geäußert?
Rationales Modell:
HRT beschreibt Handeln als überwiegend vernunftgesteuert → emotionale und intuitive Prozesse kommen zu kurz.
Zielunklarheit:
Die Theorie geht von klar definierten Zielen aus, was in der Praxis nicht immer realistisch ist.
Rolle von Emotionen:
Emotionen beeinflussen Zielwahl, Motivation und Fehlerverarbeitung stärker, als das Modell abbildet.
Kooperative Regulation:
HRT fokussiert auf das individuelle Handeln, berücksichtigt aber Gruppenprozesse (z. B. in Teams) zu wenig.
(Seite 37) Was bedeutet die Kritik für die praktische Anwendung der HRT in der Arbeitspsychologie?
HRT bleibt wertvoll für die Analyse und Gestaltung von Arbeit, aber: Sie sollte um emotionale, soziale und dynamische Aspekte ergänzt werden.
Kooperative Regulation (z. B. in Arbeitsgruppen) ist entscheidend, um reale Arbeitsprozesse adäquat zu beschreiben.
→ Die Theorie bietet ein starkes strukturierendes Rahmenmodell, aber kein vollständiges Abbild der emotionalen und sozialen Realität von Arbeit.
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