(S. 6) Was ist die zentrale Annahme der Bedürfnistheorien im Gegensatz zu Freuds Triebtheorie?
Verhalten entsteht durch Bedürfnisse (needs) und Motive, nicht nur durch Sexual- oder Aggressionstriebe.
Bedürfnisse können angeboren oder sozial erlernt sein.
Sie dienen als Antriebskräfte des Verhaltens.
Maslow & Rogers betonen zusätzlich das Streben nach Selbstverwirklichung.
(S. 7) Wie baute Murray Freuds Strukturmodell in seine Theorie ein?
Murray übernahm die Instanzen ES, ICH, ÜBER-ICH und ergänzte das ICH-IDEAL.
ES: Quelle aller Antriebe, auch sozial akzeptierte Bedürfnisse.
ICH: aktive, planende Instanz (weniger abhängig von ES/ÜBER-ICH).
ÜBER-ICH: Sitz von Werten und Normen, durch Kultur und wichtige Andere geprägt.
ICH-IDEAL: idealisiertes Selbstbild, Grundlage für persönliche Ziele.
(S. 8) Wie unterscheidet Murray viszerogene und psychogene Bedürfnisse?
Viszerogene Bedürfnisse:
angeboren, biologisch
sichern Selbsterhaltung (z. B. Hunger, Schlaf, Sexualtrieb)
Psychogene Bedürfnisse:
sozial gelernt
betreffen soziale und Leistungsziele → z. B. Achievement (Leistung), Affiliation (Anschluss), Dominance (Macht), Abasement (Erniedrigung)
(S. 8–9) Wie äußern sich Bedürfnisse im Verhalten und Erleben?
Bedürfnisse beeinflussen:
Wahrnehmung (selektive Aufmerksamkeit für relevante Reize)
Verhaltensstil (typische Art zu handeln)
Verhaltensresultat (Ziele & Erfolgserleben)
Emotionen (Freude bei Befriedigung, Enttäuschung bei Nichterfüllung)
Details merken:
Ein hohes Leistungsmotiv kann z. B. dazu führen, dass selbst gute Noten als unzureichend empfunden werden.
(S. 12) Was meint Murray mit dem Begriff press?
Press = situative Bedingungen, die Bedürfnisbefriedigung beeinflussen.
Alpha-Press: objektive Situationsmerkmale (z. B. Machtmotiv erfordert andere Personen).
Beta-Press: subjektive Interpretation der Situation (z. B. Wunsch, den Sohn stolz zu machen). → Verhalten ergibt sich aus der Interaktion von needs und press.
(S. 13) Wie erfassen Forschende Murrays needs und press?
Durch projektive Verfahren, v. a. den Thematischen Apperzeptionstest (TAT):
Proband:innen erzählen Geschichten zu mehrdeutigen Bildern.
Annahme: Geschichten spiegeln eigene Bedürfnisse und Drucksituationen wider.
Kritik: geringe Objektivität, Reliabilität & Validität.
Weiterentwicklung: z. B. Motive Superiority Measure (reaktionszeitbasierte Messung von Machtmotiven).
(S. 14) Was unterscheidet Maslow grundlegend von psychodynamischen Theorien?
Maslow lehnt eine psychodynamische Konzeption ab und sieht den Menschen als
aktiv, wachstumsorientiert und grundsätzlich gut.
Mitbegründer der Humanistischen Psychologie („dritte Kraft“)
Ziel: Autonomie, Sinnfindung, Selbstverwirklichung
Mensch besitzt Selbstheilungskräfte und Streben nach lebenslanger Entwicklung
(S. 15) Wie ist Maslows Bedürfnishierarchie aufgebaut?
Maslow ordnet Bedürfnisse hierarchisch – höhere Stufen werden erst relevant, wenn tiefere befriedigt sind.
Physiologische Bedürfnisse: Atmung, Hunger, Durst, Sexualität
Sicherheitsbedürfnisse: Ordnung, Stabilität, materielle Sicherheit
Soziale Bedürfnisse: Gemeinschaft, Liebe, Zugehörigkeit
Wertschätzung: Achtung, Anerkennung
Selbstverwirklichung: Ausschöpfen des Potenzials
Persönlichkeit: ergibt sich aus dem individuellen Profil innerhalb dieser Hierarchie.
(S. 16) Wie unterscheiden sich Mangel- und Wachstumsbedürfnisse?
Mangelbedürfnisse (Deficiency Needs):
Ziel: Beseitigung eines Mangels → Homöostase
Aktivierung durch unangenehme Gefühle (z. B. Hunger, Isolation)
Befriedigung → Entspannung
Wachstumsbedürfnis (Being Need):
Selbstverwirklichung: Entfaltung eigener Fähigkeiten
folgt Prinzip der Heterostase → neue Sollzustände entstehen
kann nie vollständig befriedigt werden – wächst mit Erfüllung
(S. 17) Welche Merkmale kennzeichnen selbstverwirklichte Personen nach Maslow?
Typische Merkmale:
Realitätsorientierung & Selbstakzeptanz
Natürlichkeit, Spontanität, Einfachheit
Autonomie & Offenheit für Neues
Gemeinschaftssinn, tiefe Beziehungen
Humor, Kreativität, Toleranz
Widerstand gegen Konformitätsdruck
(S. 18) Welche Hauptkritikpunkte werden an Maslows Theorie geäußert?
Kritikpunkte:
Zu strenge Stufenabfolge (z. B. Märtyrer handeln trotz unbefriedigter Grundbedürfnisse)
Unklare Vorhersagekraft für Verhalten
Idealisiertes Menschenbild – zu positiv und einfach
Würdigung: bietet optimistische Gegensicht zu Freud und Behaviorismus
Weiterwirken: hohe Anschaulichkeit – Pyramide prägt populäre Literatur
(S. 19–20) Was fordert Martin Seligman in seiner Antrittsrede 1998 für die Psychologie?
Seligman fordert einen Perspektivwechsel:
Fokus auf das, was ein erfülltes und glückliches Leben ausmacht
Psychologie soll sich mit positiven Aspekten beschäftigen, nicht nur mit Krankheit
Themen: Glück, Optimismus, Tugenden, individuelle Stärken → Beginn der Positiven Psychologie
(S. 22) Wie definiert Barry Schwartz (2016) den Begriff „Happiness“?
Glück besteht laut Schwartz aus drei Komponenten:
Positive Emotionen bzw. positiver Affekt
Wenig negative Emotionen
Hohe Lebenszufriedenheit → Diese Kombination ergibt (unter sonst gleichen Bedingungen) einen glücklichen Menschen.
(S. 23) Welche Bedeutung haben soziale Beziehungen für das Glück?
Soziale Verbundenheit ist zentral:
Stabile Partnerschaften erhöhen die Lebenszufriedenheit (Smith et al., 2016).
Besonders glückliche Personen pflegen tiefere, vertrauensvolle Beziehungen (Diener et al., 2018).
Eltern berichten im Schnitt höhere Zufriedenheit als Kinderlose – abhängig von Kontextfaktoren (z. B. Einkommen, Beruf).
(S. 24–26) Was zeigen Studien zum Zusammenhang zwischen Einkommen und Glück?
Unterschiedliche Befunde:
Kahneman & Deaton (2010): Emotionales Wohlbefinden steigt mit Einkommen, erreicht aber bei ~ 75.000 $ ein Plateau.
Killingsworth (2021): Kein Plateau, wenn Glück wiederholt & kontinuierlich gemessen wird.
Konsens 2023: Sättigung nur bei eher unglücklichen Personen; bei glücklicheren Menschen kein Sättigungseffekt.
(S. 27–28) Wie beeinflusst die Verwendung von Geld das Wohlbefinden?
Glück hängt von der Geldnutzung, nicht nur von der Menge ab:
Konsumausgaben, die zur Persönlichkeit passen (z. B. Bücher für Introvertierte, Spenden bei Verträglichen) → mehr Zufriedenheit (Matz et al., 2016).
Zeit kaufen statt Dinge: Dienstleistungen, die Freizeit schaffen (Haushaltshilfe etc.), steigern das Wohlbefinden stärker als materielle Käufe.
(S. 29) Welche Kernaussagen betont Dan Gilbert in seinem TED-Talk zur Glücksforschung?
Drei zentrale Thesen:
Glück hängt weniger von äußeren Umständen ab als von unserem psychologischen Immunsystem.
Menschen täuschen sich oft darüber, was sie glücklich macht.
Selbst wenn Wünsche unerfüllt bleiben, können wir trotzdem glücklich sein.
(S. 30) Wie entsteht Verhalten laut den Bedürfnistheorien?
Verhalten entsteht, um Ziele zu erreichen, die auf Bedürfnissen oder Motiven beruhen.
Stärke des Motivs → Intensität und Häufigkeit des Verhaltens
Situation & Wahrnehmung (z. B. press nach Murray) modulieren das Verhalten
Auch Emotionen beeinflussen die Ausführung
Interindividuelle Unterschiede ergeben sich aus einer Kombination von
internen Faktoren (Bedürfnisstärke, Motive) und
externen Faktoren (Situation, Kultur).
(S. 31) Welche Kerngedanken teilen Murray, Maslow und Rogers?
Gemeinsamkeiten:
Verhalten ist zielgerichtet und multideterminiert durch Bedürfnisse und Motive.
Es besteht eine Wechselwirkung zwischen Person und Umwelt (Person × Situation).
Bedürfnisse sind nicht ausschließlich angeboren, sondern entwickeln sich durch Sozialisation.
Maslow & Rogers betonen das Streben nach Selbstverwirklichung als zentrales Lebensziel.
(S. 31) Wie lassen sich die drei Theoretiker im Überblick unterscheiden?
Theoretiker
Kernidee
Fokus
Murray
Verhalten durch needs & press determiniert
Interaktion von Person & Situation
Maslow
Hierarchisch geordnete Bedürfnisse
Streben nach Selbstverwirklichung
Rogers
Selbstaktualisierung als Wachstumsmotiv
Humanistische Perspektive auf Entwicklung
(S. 32) Was sind die zentralen Elemente von Henry A. Murrays Bedürfnistheorie?
Verhalten entsteht aus dem Zusammenspiel von needs (personale Bedürfnisse) und press (situative Einflüsse).
ES, ICH, ÜBER-ICH, ICH-IDEAL bilden das Persönlichkeitsmodell.
Bedürfnisse können viszerogen (biologisch) oder psychogen (sozial gelernt) sein.
Interaktionismus: Verhalten = Person × Situation.
(S. 32) Welches Konzept übernahm Murray von Freud und wie veränderte er es?
Übernommen: Strukturmodell (ES, ICH, ÜBER-ICH).
Erweiterung:
ICH erhält aktivere Rolle (planend, weniger abhängig).
ÜBER-ICH weniger strafend, stärker sozial-kulturell geprägt.
ICH-IDEAL neu eingeführt → leitet persönliche Zielvorstellungen ab.
(S. 32) Wie funktionieren needs und press zusammen?
Need = innerer Antrieb oder Motiv.
Press = äußere Bedingung, die Bedürfnisbefriedigung beeinflusst.
Alpha-Press: objektive Situation.
Beta-Press: subjektive Interpretation. → Verhalten entsteht aus deren Interaktion.
(S. 32) Was misst der Thematische Apperzeptionstest (TAT) nach Murray?
Projektives Verfahren mit mehrdeutigen Bildtafeln.
Teilnehmende erzählen Geschichten → Rückschluss auf eigene Bedürfnisse und Press-Erlebnisse.
Misst implizite Motive, nicht bewusste Einstellungen.
Kritik: geringe Objektivität, Reliabilität und Validität.
(S. 32) Wie ist Maslows Bedürfnishierarchie aufgebaut und was sind zentrale Kritikpunkte?
Hierarchie:
Physiologische Bedürfnisse
Sicherheit
Soziale Bindung
Wertschätzung
Selbstverwirklichung
Kritik:
Zu starre Stufenabfolge
Unklare Vorhersagekraft
Idealisiertes Menschenbild
(S. 32) Was unterscheidet Mangel- von Wachstumsbedürfnissen nach Maslow?
Typ
Ziel
Dynamik
Beispiel
Mangelbedürfnisse
Beseitigung eines Defizits
Befriedigung → Ruhe
Hunger, Sicherheit, Zugehörigkeit
Wachstumsbedürfnis
Entfaltung des Potenzials
Befriedigung → neue Ziele
(S. 32) Wie unterscheiden sich psychodynamische, behavioristische und humanistische Ansätze im Menschenbild?
Ansatz
Menschenbild
Psychodynamisch (Freud)
Mensch durch unbewusste Triebe bestimmt
Konflikte & Triebspannung
Behavioristisch
Mensch als Produkt von Umweltreizen
Lernen & Verstärkung
Humanistisch (Maslow, Rogers)
Mensch ist aktiv, gut & wachstumsfähig
Selbstverwirklichung & Sinn
(S. 34) Welche Antwort ist nach Maslow korrekt?
a) Sicherheitsbedürfnis = Wachstumsbedürfnis
b) Körperliche Bedürfnisse = Mangelbedürfnis
c) Soziale Anerkennung = Wachstumsbedürfnis
d) Selbstverwirklichung = Mangelbedürfnis
✅ b) Körperliche Bedürfnisse sind Mangelbedürfnisse.
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