Armut
War lange mit lebensbedrohlicher Not gleichgesetzt: ,,Die Armen waren Personen, denen es an den zu Überleben notwendiger Gütern mangelte”
Seit Nachkriegsjahren geht es nicht mehr um das Überleben, sondern das soziokulturelle Existenzminimum
Armut Definition EU
,,Arm sind Einzelpersonen, Familien und Personengruppen, die über so geringe (materielle, kulturelle und soziale) Mittel verfügen, dass sie von der Lebensweise ausgeschlossen sind, die in dem Mitgliedsstaat, in dem sie leben, als Minimum hinnehmbar ist”
Armut: Relativ
Unterschreiten des soziokukturellen Existenzminimums
Bezug der Verteilung
Steigt das Medianeinkommen, ist auch mehr notwendig, um nicht als ,relativ arm’ zu gelten, da angenommen wird, dass der übliche Lebensstandart ansteigt
Als Prozentsatz des Medians
Prekärer Wohlstand <70%
Armutsgefährdung <60%
Relative Einkommensarmut <50%
Armut <40%
Armutsmessung: Bedarfsgewichtet
Annahme 1: Haushalte mit mehr Personen haben einen höheren Bedarf
Annahme 2: der Bedarf steigt nicht linear mit der Anzahl an Personen an
Grund: nicht alles wird doppelt oder dreifach so teuer im Vergleich zum Einpersonenhaushalt, wenn zwei oder drei Personen im Haushalt leben
Wird bei zwei Personen doppelt so teuer: Smartphone und Vertrag dazu, warmes Wasser für duschen, etc
Wird bei zwei Personen teurer, aber nicht doppelt so teuer: Miete, Auto (je nachdem ob eins oder zwei), manche Nahrungsmittel, Strom
Wird bei zwei Personen nicht teurer: Kosten für GEZ, Internet, einige Haushaltsgeräte
Annahme 3: Kinder(bis 14 j) kosten weniger als Erwachsene
Armutsmessung
Haushaltsnettoeinkommen
Bedarfsgewichtet/geteilt durch
Person 1=1
Alle anderen Personen ab 14 Jahren = 0,5
Kinder bis =0,3
Also: zwei Erwachsene und zwei Kinder: 1,0 +0,5 + 0,3 + 0,3 =2,1
Das Einkommen wird durch 2,1 geteilt
Armutsmessung: Probleme 1
Klumpung um den Schwellenwert
dicht besiedelte Grenzregionen
(Eigentlich) unbedeutende Änderungen können den Status einer größeren Anzahl an Personen ändern
Geringe Änderungen in Medianeinkommen verschieben die Grenze und verändern Status
Problem der Lebenswirklichkeit
Es macht einen Unterschied, ob das Einkommen vorübergehend gering ist oder dauerhaft
Vorübergehendes niedriges Einkommen kann durch Vermögen, Kreditaufnahme oder aufgeschobenen Konsum überbrückt werden
Armutsmessung: Probleme 2
Vorübergehendes niedriges Einkommen ist weniger belastend, da eine besser Lage absehbar ist
Problematisch ist (subjektiv) ausweglose Armut: im Alter, oder wenn kaum Hoffnungen auf eine bezahlte Beschäftigung besteht
Es werden nur die Einnahmen und die Haushaltszusammensetzungen berücksichtigt
Es macht aber zb einen Unterschied, ob jemand Mite bzw Zinsen/Tilgung bezahlen muss oder in einer schuldenfreien Immobilie lebt
Und es kann besonderen Bedarf geben
Weitere Probleme: Der Bedarf von Kindern wird unabhängig vom Alter mit 0,3 angenommen: Unrealistisch
Regionale Preisunterschiede werden nicht berücksichtigt
Messung von Einkommensgleichheit
Gini-Koeffizient
0 Einkommensgleichheit
1 Einkommenungleichheit
Grundsicherung Gründe
Art 1 GG bzw Art 20 GG verpflichtet den Gesetzgeber, ein Existenzminimum für alle Gemeinschaftsmitglieder zu sichern
Individuelle Not könnte den sozialen Frieden und die staatliche Ordnung gefährden
Grundsicherung Prinzipien
Subsidiaritätsprinzip. Sozialhilfe erhält
Wer sich nicht selbst helfen kann
Wer die notwendige Hilfe nicht von anderen bekommt
Grundsicherung Bedürftigkeitsprüfung
Umfasst alle Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft (zb ehe und Lebenspartner)
Vermögen muss eingesetzt werden, aber in der ,Karenzzeit’ (erstes Jahr): 40 000€ für erste Person + 15 000€ für jede weiter Person in Bedarfsgemeinschaft (Haushalt). Danach 15 000€ für jede Person
Staatliche geförderte Altersvorsorgeleistungen sowie angemessenes selbstgenutztes Wohneigentum muss nicht eingesetzt werden
Grundsicherung
Soll soziokulturelles Existenzminimum abdecken (Bedarfsdeckungsprinzip), dh ,,Mindestmaß an Teilhabe am gesellschaftlichen, kulturellen und politische Leben” gewährleisten
Sozialhilfe
Für Personen, die als nicht erwerbsfähig gelten (oberhalb des gesetzlichen Renteneintrittsalters, Erwerbsfähigkeit, etc)
Auch hier werden Ehegatten/Lebenspartner herangezogen
Eltern oder Kinder sind nur zahlungspflichtig, wenn das eigene Grundeinkommen 100 000€/jahr übersteigt
Absolute Armut
„vereinfacht ausgedrückt…Zustand, in dem es ums Überleben geht, z.B. weil eine Person sich nicht genug zu essen leisten kann und regelrecht am Verhungern ist…Konzept in Industrienationen kaum sinnvoll…da es jegliche Teilaspekte ignoriert“
Keine Befriedigung der Grundbedürfnisse wie Nahrung, Kleidung, Wohnen
Operationalisierung: Einkommen unterhalb des Existenzminimums
Schwellenwert: 2,15 Us$ pro Tag/pro Person in Kaufkraftparität
Da fundierte Aussagen über ,absolute Armut’ derzeit nicht möglich sind:
Alternative: Materielle Deprivation
Absolute Armut zahlen
12,7 % der Weltbevölkerung lebte in 2012 mit einem Einkommen unterhalb dieses Schwellenwertes
2019: 8,5%
Annahme: ,,Absolute Armut” in entwickelten Ländern nahezu überwunden
Schätzung zur Zahl der Wohnungslosen in Deutschland: 263 000 Menschen
Teile davon Obdachlos (fast 40000), diese wiederum ggf in absoluter Armut
Materielle Deprivation
Wenn 3 von 9 Kriterien erfüllt sind: Finanzielles Problem…
Die Miete oder Rechnungen für Versorgungsleistungen rechtzeitig zu bezahlen
Die Wohnung angemessen heißen zu können
Unerwartete Ausgaben in einer bestimmten Höhe aus finanziellen Mitteln bestreiten zu können
Jeden zweiten Tag Fleisch, Fisch oder gleichwertige vegetarische Mahlzeit einnehmen zu können
Jährlich eine Woche Urlaub woanders als zu Hause zu verbringen
Fehlen eines PKW im Haushalt aus finanziellen Gründen
Fehlen einer Waschmaschine, Fernseher, Telefons aus finanziellen Gründen
Bekämpfte Armut
Weitgehend unsinnig, da sie ansteigt, wenn der Zugang zu Leistungen einfacher wird
Vernachlässigt Nichtinanspruchnahme trotz Anspruch (Gründe zb Informationsmangel, stolz)
Armutskonzept Relative Armut
+ Gut aufgrund der Datenkage zu messen, Vergleich Gruppen, Regionen, Zeiten
- Messprobleme in Bedarfsgewichtungen unterschiedliche Preisen in Regionen, haushaltsspezifischen Ausgaben, vernachlässigt, dass es ggf kurzfristige Zustände sind
Armutskonzepte Absolute Armut
+ Misst ,,richtigen” Mangel
- Kommt in Mitteleuropa wenig vor, und die Betroffenen sind der Sozialforschung unzugänglich (keine Adresse etc)
Armutskonzept materielle Deprivation
+ Fragt danach, was wirklich fehlt
- Zusammensetzung der Güter streitbar
- Was bedeutet es, ,,etwas aus Geldmangel nicht zu haben”? Kann auch daran lieben, dass man lieber für andere Dinge Geld ausgibt?
Vermögen
Setzt sich zusammen aus:
Geldvermögen: Sparguthaben, Geldanlagen, Aktien, Bargeld
Sachvermögen: Immobilien, langlebige Haushaltsgüter, Autos etc
Nettovermögen von Haushalten: Alle Bestände minus Schulden
(Besser verdienende legen auch oft besser an)
Vermögensforderungen
Staat profitiert von Vermögen, da dies in manchen Fällen die Abhängigkeit vom Staat reduziert
Grundsicherung muss erst bezahlt werden, wenn das Vermögen weitgehend aufgebraucht ist
Grundsicherung für Immobilieneigentümer: keine Kaltmiete notwendig
Staatliche Förderung des Sparens: zb Wihnungsbauprämien, Arbeitnehmersparzulage, ,Rieser-Rente’(das kann als gescheitert betrachtet werden)
Vermögensbesteuerung
Gibt's noch aber ist ausgesetzt -> vermögensübertragungssteuer gibt's noch
Besteuerung von Vermögensübertragungen: Erbschaftssteuer, Schenkungssteuer
ziel: Ungleichheiten zu reduzieren
Progressiv angelegt (Erbschaftssteuer: Zusätzlich Verwandtschaftsgrad)
Besteuerung von Vermögen: keine direkte Besteuerung von Vermögen, jedoch von Erträgen, zb
Zinsen und Dividenden durch Abgeltungssteuer
Miteinnahmen durch Einkommenssteuer
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