(Seite 5) Wie verläuft das körperliche Wachstum beim Menschen im Vergleich zu anderen Säugetieren?
Menschen zeigen ein lang andauerndes, ungleichförmiges Wachstum, geprägt von zwei schnellen Wachstumsphasen:
Frühkindlich (1.–2. Lebensjahr)
Jugendalter (Pubertät) Details merken:
Geburtsgröße: ca. 48–53 cm
Jahr: +18–25 cm
Jahr: +10–13 cm
Folgejahre: +5–6 cm
Abschluss: 14–18 Jahre (Mädchen früher)
(Seite 6) Was bedeutet das cephalocaudale Prinzip in der körperlichen Entwicklung?
Das cephalocaudale Prinzip beschreibt, dass sich Regionen nahe am Kopf früher entwickeln als entferntere Körperbereiche.
➡️ Beispiel: Säuglinge haben einen überproportional großen Kopf; der Körper holt erst später auf.
(Seite 8) Warum unterscheiden sich Kinder so stark in ihrem körperlichen Wachstum?
Wegen Variabilität durch:
Genetische Einflüsse (z. B. Veranlagung)
Umweltfaktoren (z. B. Ernährung, Bewegung) Details merken: Langzeittrend: Durchschnittliche Körpergröße & -gewicht steigen über Generationen. → Unter- oder Überernährung beeinträchtigt Wachstum.
(Seite 9) Welche Umweltfaktoren fördern kindliches Übergewicht in Deutschland?
Multifaktorielle Ursachen:
Elterlicher Einfluss: Geschmacksprägung schon pränatal
Lebensstil: Weniger Bewegung, mehr Bildschirmzeit
Ernährung: Ungesunde, fettreiche & günstige Lebensmittel
Alltag: Schulwege selten zu Fuß, weniger Sportunterricht ➡️ Folge: 10–20 % übergewichtig, 7–8 % adipös
(Seite 10–11) Wie entwickelt sich das Gehirn nach der Geburt?
Rasantes Wachstum durch:
Axonverlängerung (Verbindungsaufbau)
Dendritenverzweigung („Arborisierung“) ➡️ Steigerung der neuronalen Vernetzungsfähigkeit
Details merken:
Gehirngewicht: 25 % bei Geburt → 90 % mit 6 Jahren
Ursache: Synaptogenese (massive Neubildung von Synapsen)
(Seite 12–13) Was passiert bei der Synapsenreduktion („Pruning“)?
Nach der Überproduktion werden kaum genutzte Synapsen abgebaut („use it or lose it“).
Vorteil: Plastizität → Anpassungsfähigkeit & Erholung nach Schädigungen
Nachteil: Verletzlichkeit bei fehlenden Reizen (z. B. Sprache)
Beispiel:
Mit 6 Monaten unterscheiden Babys Gesichter von Menschen und Affen; mit 9 Monaten nur noch von Menschen (Pascalis et al., 2002).
(Seite 16) Nach welchem Prinzip entwickelt sich die Motorik beim Menschen?
Die motorische Entwicklung folgt dem cephalocaudalen Prinzip:
➡️ Kontrolle entsteht vom Kopf abwärts.
Beispiel: Erst Kopf heben, dann Handmotorik.
(Seite 17) Warum sind Reflexe wichtig für die motorische Entwicklung?
Reflexe sind die Basis der Motorik.
= Angeborene, feste Reaktionen auf spezifische Reize.
Sie bilden den Ausgangspunkt für spätere, willkürliche Bewegungen.
(Seite 18) Welche zentralen Reflexe zeigen Neugeborene?
Wichtige Frühreflexe:
Saugreflex – Mundkontakt löst Saugen aus
Rooting-Reflex – Wangenberührung → Zuwendung
Greifreflex – Handinnenfläche → Umgreifen
Schreitreflex – Füße berühren Fläche → Schreitbewegung
Schwimmreflex – im Wasser horizontale Bewegung
Moro-Reflex – Schreck → rhythmische Arm-/Beinbewegung ➡️ Die meisten Reflexe verschwinden nach wenigen Monaten.
(Seite 19) Wie verläuft die motorische Entwicklung strukturell?
Sie folgt fünf aufeinander aufbauenden Schritten:
Erlernen einzelner Bewegungen
Koordination mehrerer Bewegungen
Integration in längere Verhaltensketten
Automatisierung
Verfeinerung & Anpassung an Umwelt Beispiel: Greifen → vom Reflex zur gezielten Pinzettengriff-Kontrolle.
(Seite 20–21) Warum gelten motorische Meilensteine als so bedeutend?
Jeder Meilenstein erweitert die Erfahrungsmöglichkeiten des Kindes.
Beispiel: Laufenlernen (Adolph, NYU)
12–19 Monate alte Kinder: Ø 2368 Schritte & 17 Stürze pro Stunde.
Kinder lernen, was ihr Körper kann – durch ständiges Üben & Fehler.
(Seite 22) Was beschreibt ein Skalierungsfehler?
Ein Skalierungsfehler entsteht, wenn Kinder Größe ihres Körpers und der Umwelt noch nicht richtig aufeinander beziehen.
➡️ Beispiel: Versuch, in ein zu kleines Spielzeugauto zu steigen.
Ursache: fehlende Integration visueller Informationen.
(Seite 23) Wovon hängt die frühe motorische Entwicklung ab?
Sie entsteht durch das Zusammenspiel von Reifung & Erfahrung.
Wichtige Faktoren:
Neuronale Entwicklung
Körperkraft & Haltungskontrolle
Balance & Wahrnehmungsfähigkeit (Sensorik)
Veränderung der Körperproportionen
Motivation & Erkundungsdrang
(Seite 26–27) Was umfasst die sensorische Entwicklung?
Sensorische Entwicklung = Entwicklung der Wahrnehmung über alle Sinne:
Sehen 👁️
Hören 👂
Riechen 👃
Schmecken 👅
Fühlen/Tasten 🤲
(Seite 28) Welche Sinneserfahrungen macht ein Fötus bereits im Mutterleib?
Fötale Wahrnehmung ab ca. 6. Schwangerschaftsmonat:
Fühlen: Kontakt zur Gebärmutterwand & eigenem Körper
Sehen: kaum Stimulation
Schmecken: Aromen im Fruchtwasser
Riechen: Duftstoffe im Fruchtwasser, über fetale „Atmung“
Hören: Innen- & Außengeräusche → Reaktionen ab 6.–9. Monat
Studie: DeCasper & Spence (1986) – Mütterliche Sprache beeinflusst spätere Sprachwahrnehmung des Neugeborenen.
(Seite 31) Wie entwickelt sich das Sehen im ersten Lebensjahr?
Das visuelle System ist bei Geburt unreif → rasche Entwicklung:
Geburt: geringe Sehschärfe & Kontrastempfindlichkeit, kaum Farbsehen
2–3 Monate: Farben erkennbar
7 Monate: Tiefenhinweise und Musterwahrnehmung
8 Monate: fast Erwachsenenniveau
6 Jahre: volle Sehfähigkeit erreicht
(Seite 32) Was zeigen Studien zur Gesichtswahrnehmung bei Säuglingen?
Säuglinge bevorzugen attraktive Gesichter – schon ab Geburt.
➡️ Hinweis auf angeborene Präferenz für bestimmte visuelle Merkmale.
Studien:
Slater et al. (1998); Samuels et al. (2013): Attraktivität wichtiger als Symmetrie.
(Seite 33) Wie entwickelt sich das Hören bei Neugeborenen?
Das auditive System ist bei Geburt gut entwickelt.
Säuglinge drehen Kopf zu Geräuschen (rudimentäre Lokalisation)
Bevorzugen hohe Töne → besser wahrnehmbar
Erkennen Muster in akustischen Reizen, Grundlage für frühe Musikalität
(Seite 34) Was prägt den Geruchs- und Geschmackssinn von Säuglingen?
Schon bei Geburt:
Geruchswahrnehmung aktiv
Präferenz für Süßes
Bevorzugung von Aromen, die Mutter in Schwangerschaft konsumierte ➡️ Frühe Bindung über Geruch: Säuglinge erkennen Muttergeruch (nach 2 Wochen nachweisbar).
(Seite 35) Welche Bedeutung hat der Tastsinn in der frühen Entwicklung?
Fühlen = zentrales Lern- & Bindungssystem:
Aktives Erkunden durch Mund & Hände
Jede motorische Fähigkeit eröffnet neue taktile Erfahrungen
Berührung überlebenswichtig → z. B. Massageprogramme für Frühgeborene
Studie: Field et al. (2010)
➡️ Massage → mehr Aktivität, Wachheit & schnellere Gewichtszunahme.
(Seite 36) Was bedeutet intermodale Wahrnehmung?
= Fähigkeit, Eindrücke aus verschiedenen Sinnesmodalitäten zu verknüpfen
→ ab Geburt in einfacher Form vorhanden, komplexere Verbindungen entstehen mit der Zeit.
Beispiel (Pickens, 1994):
5 Monate alte Säuglinge sehen zwei Zugvideos:
Lauter werdendes Geräusch → Blick auf Zug, der sich nähert
Leiser werdendes Geräusch → Blick auf Zug, der sich entfernt ➡️ Beleg für frühe audio-visuelle Integration.
(Seite 37) Wie hängen sensorische und motorische Entwicklung zusammen?
Beide Systeme beeinflussen sich gegenseitig.
➡️ Wahrnehmungserfahrungen entstehen durch Bewegung – und umgekehrt.
„Visuelle Klippe“ – ab etwa 6 Monaten krabbeln Kinder nicht über eine scheinbar tiefe Seite, obwohl sie sicher mit Glas bedeckt ist.
→ Tiefenwahrnehmung entsteht durch motorische Erfahrung (Krabbeln, Bewegung).
(Seite 38) Welche Schlussfolgerungen ergeben sich aus der sensorischen Entwicklung insgesamt?
Zentrale Erkenntnisse:
Neugeborene besitzen erstaunliche Wahrnehmungsfähigkeiten, teils unabhängig von Erfahrung.
Lernen & Erfahrung verfeinern diese Fähigkeiten.
Mit zunehmender Entwicklung kommt es zur Wahrnehmungsverengung – Anpassung an die jeweilige Umwelt (z. B. spezialisierte Gesichtserkennung).
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