Was versteht man unter einem elektrischen Durchschlag in Luft?
Ein elektrischer Durchschlag ist die Überführung einer ursprünglich isolierenden Luftstrecke in einen leitfähigen Zustand durch Ausbildung eines ionisierten Entladungskanals, der die Elektroden elektrisch verbindet.
Warum ist Luft unter Normalbedingungen ein guter Isolator?
Luft enthält praktisch keine freien Ladungsträger, besitzt eine extrem geringe Leitfähigkeit (~10⁻¹⁸ S/m) und kann ohne äußere Ionisation keinen Strom führen.
Welche drei Grundvoraussetzungen sind für einen Gasdurchschlag nötig?
(1) Bereitstellung von Anfangsladungsträgern, (2) Vermehrung der Ladungsträger im elektrischen Feld, (3) Ausbildung eines selbstständigen Entladungsmechanismus.
Woher stammen Anfangsladungsträger in Luftfunkenstrecken?
Aus kosmischer und terrestrischer Strahlung sowie aus Elektronenemission an Elektroden (Feld-, Thermo- oder Photoemission).
Warum sind Elektronen die entscheidenden Ladungsträger bei Gasentladungen?
Wegen ihrer sehr hohen Beweglichkeit können sie im Feld schnell Energie aufnehmen und Stoßionisation auslösen; Ionen sind dafür zu träge.
Was ist Stoßionisation?
Ein beschleunigtes Elektron ionisiert bei einem Stoß ein neutrales Gasmolekül, wenn seine kinetische Energie größer als die Ionisationsenergie ist.
Was beschreibt der erste Townsend-Koeffizient α?
Die Anzahl der Stoßionisationen pro Weglänge und Elektron; er beschreibt die Stärke der Ladungsträgervermehrung.
Welche Bedeutung hat der Anlagerungskoeffizient η?
Er beschreibt den Verlust freier Elektronen durch Anlagerung an Moleküle (z. B. O₂, H₂O) und reduziert die effektive Ionisation.
Wann kann eine Elektronenlawine entstehen?
Wenn die effektive Vermehrung positiv ist, also α − η > 0, und genügend freie Weglänge zur Energieaufnahme vorhanden ist.
Warum führt eine einzelne Lawine noch nicht zum Durchschlag?
Weil sie räumlich begrenzt ist und ohne Rückkopplung nach ihrem Durchlauf wieder erlischt.
Was ist der γ-Effekt?
Eine Rückwirkung der Entladung auf die Elektrode (Ionen- oder Photoneneinwirkung), die neue Start-Elektronen für weitere Lawinen erzeugt.
Wie entstehen Raumladungen in Luftfunkenstrecken?
Durch die unterschiedliche Beweglichkeit von Elektronen (schnell) und Ionen (langsam), wodurch Ladungstrennung und lokale Ladungsansammlungen entstehen.
Welche Wirkung haben Raumladungen auf das Feld?
Sie erzeugen ein Eigenfeld, das das äußere Feld lokal verstärkt oder schwächt und den Entladungsverlauf entscheidend beeinflusst.
Worin besteht der Unterschied zwischen Lawinen- und Streamerentladung?
Lawinen sind lokal begrenzt; Streamer besitzen ein starkes Eigenfeld und können sich selbstständig über große Strecken ausbreiten.
Wann geht eine Lawine in einen Streamer über?
Wenn im Lawinenkopf eine kritische Elektronenzahl von etwa 10⁸ erreicht wird und das Eigenfeld dominant wird.
Welche Rolle spielt Photoionisation bei Streamern?
Sie erzeugt freie Elektronen vor der Entladungsfront und ermöglicht dadurch die fortschreitende Ausbreitung des Streamers.
Was versteht man unter dem Spannungsbedarf eines Streamers?
Die mittlere Feldstärke, die erforderlich ist, damit sich ein Streamer räumlich fortpflanzen kann.
Wie groß ist der Spannungsbedarf positiver Streamer?
Etwa 5 kV/cm.
Wie groß ist der Spannungsbedarf negativer Streamer?
Etwa 10 – 15 kV/cm.
Was bezeichnet man als Polaritätseffekt bei Spitze–Platte?
Die Durchschlagspannung ist bei positiver Spitze geringer als bei negativer Spitze.
Warum wachsen positive Streamer leichter als negative?
Wegen geringeren Spannungsbedarfs und günstiger Raumladungsverteilung („vorgeschobene Spitze“).
Warum tritt kein Polaritätseffekt bei Kugel-Kugel-Anordnungen auf?
Weil das Feld nahezu homogen ist und keine stabilen Teilentladungen entstehen.
In welcher Halbschwingung erfolgt der Durchschlag bei 50-Hz-Wechselspannung?
In der Halbschwingung, in der die Spitze positiv geladen ist.
Warum erfolgt der Durchschlag nahe dem Spannungsmaximum?
Dort ist die Feldstärke maximal und sowohl Zünd- als auch Ausbreitungskriterium sind erfüllt.
Was beschreibt das Paschen-Gesetz?
Den Zusammenhang zwischen Durchschlagspannung und dem Produkt aus Druck und Elektrodenabstand im homogenen Feld.
Warum besitzt die Paschen-Kurve ein Minimum?
Wegen des Gegenspiels von Stoßhäufigkeit und freier Weglänge bei sehr kleinen oder großen p·d-Werten.
Warum ist das Paschen-Gesetz für Spitze–Platte nur eingeschränkt gültig?
Weil dort stark inhomogene Felder und Streamermechanismen dominieren.
Wie beeinflusst die Temperatur die Durchschlagspannung?
Höhere Temperatur senkt die Gasdichte, vergrößert die freie Weglänge und reduziert meist die Durchschlagspannung.
Wie wirkt Luftfeuchtigkeit auf Gasentladungen?
Sie erhöht die Elektronenanlagerung und erschwert den Entladungsaufbau, wodurch die Durchschlagspannung steigt.
Warum müssen Messwerte auf Normatmosphäre umgerechnet werden?
Um Messergebnisse unter unterschiedlichen Umgebungsbedingungen vergleichbar zu machen.
Was ist die Einsetzspannung Ui?
Die Spannung, bei der erstmals Teilentladungen auftreten.
Warum unterscheidet man zwischen Ui und Ud?
Teilentladungen können auftreten, ohne dass es zum vollständigen Durchschlag kommt.
Welche Wirkung hat eine Isolierstoffbarriere?
Sie verändert die Feldverteilung, sammelt Ladung und erhöht dadurch die Durchschlagspannung.
Warum existiert eine optimale Barrierenlage?
Zu nahe an Elektroden ist sie unwirksam, ungünstige Lagen fördern Gleitentladungen.
Warum treten Gleitentladungen bevorzugt bei Wechselspannung auf?
Wegen zeitlich veränderlicher Felder und kapazitiver Ströme entlang der Grenzfläche.
Worin unterscheidet sich ein Leader von einem Streamer?
Leader sind heiße, thermisch ionisierte Kanäle mit sehr geringem Spannungsbedarf; Streamer sind kalt und feldgetrieben.
Was ist die zentrale Aussage von Versuch HH1?
Das Entladungsverhalten in Luft wird maßgeblich durch Feldinhomogenität, Polarität, Raumladungen und Spannungsart bestimmt.
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