Welche Rechtsgebiete umfasst das Gesundheitsrecht?
Das Gesundheitsrecht ist eine Querschnittsmaterie und umfasst Zivilrecht, Strafrecht, Öffentliches Recht und Sozialrecht. Besonders prägend ist das Sozialrecht, insbesondere das Recht der gesetzlichen Krankenversicherung (SGB V). Die Verzahnung der Rechtsgebiete ist typisch und klausurrelevant.
Warum ist das Recht der gesetzlichen Krankenversicherung dem öffentlichen Recht zuzuordnen?
Die gesetzliche Krankenversicherung ist öffentlich-rechtlich organisiert. Die Rechtsbeziehungen zwischen Versicherten, Krankenkassen und Leistungserbringern beruhen auf öffentlich-rechtlichen Normen, insbesondere dem SGB V. Mitgliedschaft und Leistungsansprüche entstehen kraft Gesetzes.
Welche Bedeutung hat Art. 35 der EU-Grundrechtecharta für das Gesundheitsrecht?
Art. 35 GRC garantiert den Zugang zur Gesundheitsvorsorge und zur ärztlichen Versorgung nach Maßgabe des nationalen Rechts. Er begründet kein eigenständiges Leistungsrecht, verpflichtet die EU aber, bei allen Politiken ein hohes Gesundheitsschutzniveau sicherzustellen. Die konkrete Ausgestaltung bleibt Sache der Mitgliedstaaten.
Welche Regelungsinhalte hat Art. 168 AEUV?
Art. 168 AEUV verpflichtet die EU, ein hohes Gesundheitsschutzniveau zu gewährleisten. Die Union ergänzt die nationale Gesundheitspolitik, darf diese aber grundsätzlich nicht harmonisieren. Zulässig sind u. a. Qualitäts- und Sicherheitsstandards für Arzneimittel, Medizinprodukte, Blut und Organe.
Warum ist das Gesundheitsrecht trotz europarechtlicher Vorgaben überwiegend nationales Recht?
Nach Art. 168 Abs. 7 AEUV verbleiben Organisation, Finanzierung und Ausgestaltung der Gesundheitsversorgung bei den Mitgliedstaaten. Die EU hat nur begrenzte Ergänzungs- und Koordinierungskompetenzen. Deshalb ist insbesondere das GKV-Recht primär nationales Recht.
Welche Gesetzgebungskompetenz gilt grundsätzlich für das Gesundheitsrecht?
Das Gesundheitsrecht fällt nicht unter die ausschließliche Gesetzgebung des Bundes. Es unterliegt überwiegend der konkurrierenden Gesetzgebung nach Art. 74 GG. Der Bund darf nur tätig werden, soweit die Voraussetzungen des Art. 72 GG erfüllt sind.
Welche Regelungsbereiche des Gesundheitsrechts nennt Art. 74 Abs. 1 GG ausdrücklich?
Art. 74 Abs. 1 GG nennt u. a. die Sozialversicherung, die Zulassung zu ärztlichen Heilberufen, Maßnahmen gegen übertragbare Krankheiten, die wirtschaftliche Sicherung der Krankenhäuser sowie Regelungen zur Transplantation und medizinisch unterstützten Fortpflanzung.
Welche Bedeutung hat Art. 72 GG für die konkurrierende Gesetzgebung im Gesundheitsrecht?
Die Länder dürfen regeln, solange der Bund nicht von seiner Gesetzgebungskompetenz Gebrauch gemacht hat. In bestimmten Bereichen darf der Bund nur tätig werden, wenn gleichwertige Lebensverhältnisse oder die Wahrung der Rechts- oder Wirtschaftseinheit dies erfordern.
Welche Aussage trifft Art. 20 Abs. 1 GG für das Gesundheitswesen?
Art. 20 Abs. 1 GG verpflichtet den Staat, eine gerechte Sozialordnung zu gewährleisten. Daraus folgt der Auftrag, soziale Sicherungssysteme wie die GKV zu schaffen und zu stabilisieren. Das Sozialstaatsprinzip legitimiert Umverteilung und Leistungsbegrenzungen.
Welche Bedeutung hat das Sozialstaatsprinzip speziell für die GKV?
Aus dem Sozialstaatsprinzip folgt der Gemeinwohlbelang der Stabilität der gesetzlichen Krankenversicherung. Kostenbegrenzungen, Leistungsausschlüsse und Strukturvorgaben können gerechtfertigt sein, um die Funktionsfähigkeit des Systems zu sichern.
Gibt es nach dem Grundgesetz ein Grundrecht auf umfassende Gesundheitsversorgung?
Nein, ein umfassendes Grundrecht auf Gesundheitsversorgung besteht nicht. Das Grundgesetz gewährleistet lediglich eine Mindestversorgung. Die konkrete Ausgestaltung ist primär Aufgabe des Gesetzgebers.
Welche Grundrechte sind bei der Frage der Gesundheitsversorgung maßgeblich?
Maßgeblich sind die Menschenwürde (Art. 1 Abs. 1 GG), das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit (Art. 2 Abs. 2 GG) sowie das Sozialstaatsprinzip (Art. 20 Abs. 1 GG). Diese begründen staatliche Schutzpflichten.
Was besagt der sogenannte „Nikolausbeschluss“ des BVerfG?
Das BVerfG entschied, dass gesetzlich Versicherte bei lebensbedrohlichen Erkrankungen Anspruch auf nicht allgemein anerkannte Behandlungsmethoden haben können. Voraussetzung ist, dass keine Standardtherapie existiert und eine nicht ganz entfernte Aussicht auf Heilung besteht. Dies ist heute in § 2 Abs. 1a SGB V geregelt.
Welche Aussage trifft das BVerfG zum Existenzminimum im Gesundheitsbereich?
Das Grundrecht auf Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums umfasst auch die notwendige Wiederherstellung der Gesundheit. Erfasst sind jedoch nur Leistungen, die zur Sicherung eines menschenwürdigen Daseins unmittelbar erforderlich sind.
Wie ist „Ausübung der Heilkunde“ gesetzlich definiert?
Nach § 1 Abs. 2 HeilprG ist Heilkunde jede berufs- oder gewerbsmäßige Tätigkeit zur Feststellung, Heilung oder Linderung von Krankheiten oder Körperschäden bei Menschen. Unerheblich ist, ob sie selbstständig oder im Dienste anderer erfolgt.
Warum sind sogenannte Heilhilfsberufe grundsätzlich nicht erlaubnispflichtig?
Heilhilfsberufe gelten als „verlängerter Arm des Arztes“. Sie handeln regelmäßig auf ärztliche Anordnung und übernehmen keine eigenverantwortliche Heilkunde. Deshalb unterliegen sie grundsätzlich nicht der Erlaubnispflicht des HeilprG.
Welche Bedeutung hat die Approbation für die Ausübung des ärztlichen Berufs?
Die Approbation ist Voraussetzung für die rechtmäßige Ausübung des ärztlichen Berufs (§ 2 BÄO). Sie stellt einen rechtmäßigen begünstigenden Verwaltungsakt mit Dauerwirkung dar.
Welche Voraussetzungen nennt § 3 Abs. 1 BÄO für die Erteilung der Approbation?
Erforderlich sind insbesondere die ärztliche Ausbildung und Prüfung, gesundheitliche Eignung, ausreichende Deutschkenntnisse sowie das Fehlen von Unwürdigkeit oder Unzuverlässigkeit. Liegen die Voraussetzungen vor, besteht ein Anspruch auf Approbation.
Wie unterscheiden sich Unwürdigkeit und Unzuverlässigkeit im Approbationsrecht?
Unwürdigkeit liegt bei schwerwiegendem Fehlverhalten vor, das mit dem Arztberuf unvereinbar ist; eine Prognose ist nicht erforderlich. Unzuverlässigkeit erfordert eine Prognose, dass der Arzt künftig seinen Beruf nicht ordnungsgemäß ausüben wird.
Wann ist die Approbation zurückzunehmen und wann zu widerrufen?
Die Rücknahme erfolgt ex tunc, wenn Voraussetzungen bei Erteilung nicht vorlagen (§ 5 Abs. 1 BÄO). Der Widerruf erfolgt ex nunc bei später eintretender Unwürdigkeit oder Unzuverlässigkeit (§ 5 Abs. 2 BÄO).
Was bedeutet das Ruhen der Approbation?
Beim Ruhen der Approbation darf der Arzt seinen Beruf vorübergehend nicht ausüben (§ 6 BÄO). Es kommt insbesondere bei Verdacht schwerer Pflichtverletzungen oder Zweifeln an der gesundheitlichen Eignung in Betracht.
Welche Gesetzgebungskompetenz gilt für das ärztliche Standesrecht?
Das ärztliche Berufs- und Standesrecht ist grundsätzlich Ländersache. Es fällt nicht unter Art. 74 Abs. 1 Nr. 11 GG, mit Ausnahme des ärztlichen Preisrechts (z. B. GOÄ).
Auf welcher Rechtsgrundlage beruhen die Berufsordnungen der Ärzte?
Die Berufsordnungen beruhen auf den Heilberufs- bzw. Kammergesetzen der Länder. In NRW ist dies das Heilberufsgesetz, das den Ärztekammern Satzungsautonomie verleiht.
Welche Aufgaben haben die Ärztekammern?
Ärztekammern fördern Fort- und Weiterbildung, sichern die Qualität ärztlicher Tätigkeit, organisieren den Notfalldienst und unterstützen den öffentlichen Gesundheitsdienst. Zudem überwachen sie die Einhaltung berufsrechtlicher Pflichten.
Warum sind berufsrechtliche Regelungen am Maßstab des Art. 12 GG zu messen?
Berufsrechtliche Vorgaben greifen in die Berufsausübungsfreiheit ein. Sie sind nur zulässig, wenn sie auf einer gesetzlichen Grundlage beruhen und verhältnismäßig sind. Art. 12 GG ist daher zentraler Prüfungsmaßstab.
Was regelt § 31 der Musterberufsordnung („Kick-back-Verbot“)?
Ärzten ist es untersagt, für die Zuweisung von Patienten oder Untersuchungsmaterial Entgelte oder Vorteile zu fordern oder zu gewähren. Verstöße können berufs-, zivil- und strafrechtliche Folgen haben.
Welche zivilrechtliche Bedeutung können berufsrechtliche Vorschriften haben?
Berufsrechtliche Vorschriften können gesetzliche Verbote im Sinne von § 134 BGB darstellen. Rechtsgeschäfte, die dagegen verstoßen, sind nichtig, sofern das Gesetz nichts anderes bestimmt.
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