§ 1362 BGB: Gläubigerschutz durch Eigentumsvermutung
A. Sinn und Zweck des § 1362 BGB
> durch Zusammenleben erfolgt fast immer eine Vermögensvermischung der Ehepartner
durch Unklarheit bzgl. der Eigentumslage an einzelnen Gegenständen erfolgt eine Benachteiligung der Gläubiger, die nur ggü. einem der Ehegatten forderungsberechtigt sind
-> können nicht erkennen und beweise, in welche Gegenstände sie vollstrecken können
Gläubigerschutz: Eigentumsvermutungen des § 1362
-> aber widerlegbar!
B. Vermutung gem. § 1362 I BGB (bei Lebenspartnerschaft gilt § 8 I LPartG)
I. Voraussetzungen
Wirksame Ehe gem. §§ 1303 ff. BGB
-> keine Analogie bei nichtehelichen Lebensgemeinschaften
kein Getrenntleben, § 1362 I 2
Bewegliche Sache
-> bei unbeweglichen Sachen: § 891
Sache muss im Besitz eines oder beider Ehepartner sein
Sache darf nicht ausschließlich zum persönlichen Gebrauch eines Ehepartners bestimmt sein
-> andernfalls: § 1362 II
Keine Widerlegung der Vermutung
Beweis des Erwerb (nicht Fortbestand) des (Mit-)Eigentums
für einen vor der Ehe erworbenen Gegenstand Berufung auf § 1006 II möglich
II. Wirkungen
Vermutung abweichend von § 1006: die im Besitz eines oder beider Ehepartner befindlichen Sachen sind Eigentum des Schuldners
-> Grund: gem. § 1006 würde ansonsten der Mitbesitz an den Sachen der Ehewohnung für Miteigentum sprechen, somit hätte der bestreitende Ehepartner ein “die Veräußerung hinderndes Recht” i.S.d. § 771 ZPO
Geltung der Vermutung allein zugunsten des Gläubigers eines Ehepartners, dessen Recht der andere Ehepartner bestreitet
Vollstreckung abhängig von der formellen Gewahrsamlage (§§ 808, 809 ZPO), also könnte der bestreitende Ehegatte bei Mitgewahrsam Vollstreckung verhindern (§ 766 ZPO)
-> Überwindung durch § 739 ZPO: derjenige Ehegatte, dessen Eigentum nach § 1362 BGB vermutet wird, für die Zwecke der Zwangsvollstreckung unwiderlegbar zugleich als alleiniger Gewahrsamsinhaber
-> Erweiterung der Eigentumsvermutung auf Gewahrsamsvermutung
selbst dann, wenn die widerlegbare Vermutung des § 1362 BGB entkräftet wird
-> Eigentumsverhältnisse werden vom Gerichtsvollzieher nicht geprüft
C. Vermutung gem. § 1362 II BGB
(ehemals) wirksame Ehe gem. §§ 1303 ff. BGB
-> § 1362 gilt über die Auflösung der hinaus bis zur endgültigen Vermögensauseinandersetzung
-> danach gilt § 1006
Sache ist ausschließlich zum persönlichen Gebrauch eines Ehepartners bestimmt
-> nicht bei Schmuck, der als gemeinsame Kapitalanlage dient
keine Widerlegung der Vermutung
es wird vermutet, dass die ausschließlich zum persönlichen Gebrauch eines Ehepartners bestimmten Sachen auch in seinem Eigentum stehen
Vermutung gilz sowohl zugunsten des Gläubigers eines Ehepartners als auch im Verhältnis der Ehepartner oder ihrer Rechtsnachfolger untereinander
Güterstände der Ehe (bei Lebenspartnerschaft gilt entsprechendes gem. §§ 6 f. LPartG)
A. Gesetzlicher Güterstand: Zugewinngemeinschaft, §§ 1363 - 1390 BGB
> Voraussetzungen
wirksame Ehe
> Vermögensrechtliche Wirkungen
Vermögenstrennung
eingeschränkte Verfügungsbefugnis, §§ 1365 - 1369
> Verwaltung
jeder für sich
> Haftung des anderen Ehepartners bei ZV
grds. keine Haftung
Ausnahme: §§ 1362, 1357
> Auseinandersetzung bei Scheidung
Hausratverteilung
Zugewinnausgleich
Versorgungsausgleich
Unterhaltsgewährung
> Tod eines Ehepartners
§§ 1931 I, III, 1371
B. vertragliche Güterstände
I. Gütertrennung, § 1414 BGB
wirksamer Ehevertrag
> Haftungd es anderen Ehepartners bei ZV
Hausratverteilung+Versorgungsausgleich grds. (+), es sei denn § 1408 II
allg. Regeln des Erbrechts
-> beachte: § 1931 IV BGB
II. Gütergemeinschaft, §§ 1415 - 1518 BGB
gemeinschaftliches Vermögen § 1416, es sei denn:
Sondergut, § 1417
Vorbehaltsgut, § 1418
grds. gemeinschaftlich
Übertragung auf einen Ehepartner möglich
nur Haftung mit Gesamtgut
Teilung gem. § 1478
allg. Regeln des Erbrechts vgl. § 1482
Verpflichtungs- und Verfügungsgeschäfte über das Vermögen im Ganzen (§ 1365 BGB)
A. Voraussetzungen
I. Wirksame Ehe gem. §§ 1303 ff. BGB
II. Zugewinngemeinschaft
III. Verpflichtungs- und Verfügungsgeschäfte über das Vermögen im ganzen
Verpflichtung zur Verfügung und/oder eine Verfügung selbst
-> (-) bei Eingehen einer Geldschuld (bspw. Bürgschaft, Darlehen etc.)
über das Vermögen im Ganzen
-> Betrachtungsweise str.
IV. Kenntnis des Dritten vom Umfang des Rechtsgeschäfts
Erforderlichkeitstehorie (str.)
Zeitpunkt der Kenntnis (str.)
B. Rechtsfolgen
I. Verpflichtungsgeschäfte
Mit Zustimmung des Ehegatten
-> wirksames Verpflichtungsgeschäft
ohne Zustimmung des Ehegatten
schwebende Unwirksamkeit wegen § 1366 I, solange der Ehegatte noch nicht abgelehnt oder zugestimmt hat
engültige Unwirksamkeit soweit die Genehmigung durch den Ehegatten verweigert wird gem. § 1366 IV oder in den Fällen des § 1367
Zustimmungsersetzung durch Gerichtsbeschluss
-> wirksames Verpflichtungsgeschäft gem. §§ 1365 II, 1366 I
Problem: Scheidung währedn des Schwebezustands
Konvaleszens (= Wirksamwerden eines Rechtsgeschäftes) bei Tod (str.)
II. Verfügungsgeschäfte
mit Zustimmung des Ehegatten
-> Verfügungs als Berechtigter
soweit Zustimmung noch erteilt wird: Erwerb vom Berechtigten
soweit Zustimmung endgültig verweigert wird, ist verfügender Ehegatte Nichtberechtugter
-> beachte:
§ 1362 I 2 ist grds. ein absolutes Verfügungsverbot, d.h. ein gutgläubiger Erwerb ist nicht möglich
Verfügt der Veräußerer über inzelner Gegenstände, kommt es bei Anwendung der Einzeltheorie dennoch auf das Wissen oder Nichtwissen des Erwerbers and
Problem: Fallen nur Verpflichtungs- und Verfügungsgeschäfte, die sich ausdrücklich “auf das ganze Vermögen en bloc” beziehen, unter § 1365 oder unterliegen auch Rechtsgeschäfte über Einzelgegenstände der Genemigungspflicht
Enzeltehorie (h.M.)
Gesamttheorie
> unter § 1365 fallen ale Rechtsgeschäfte, die sich auf das Vermögen “en bloc” beziehen, sowie alle Rechtsgeschäfte über einzelne Vermögensgegenstände, wenn es sich bei diesen wirtschaftlich um das ganze oder nahezu ganze Vermögen handelt
-> bei kleinerem Vermögen ab ca. 15% Rest
-> § 1365 (+)
> Argument: Sinn und Zweck
Formvorschrift des § 311b III soll veräußerer, also Vermögensträger selbst, vor Übereilung schützen
-> § 1365 dient dem Schutz des nicht rechtsgeschäftlich handelnden Ehepartners
wirtschaftliche Grundlage der Ehe und der eventuelle Anspruch auf Zugewinn sollen durch § 1365 BGB geschützt werden
-> Gefährdung der Schutzgüter erfolgt nicht nur durch “en bloc” Geschäfte, auch bei Geschäften, die (nahezu) das gesamte Vermögen ausmachen
> unter § 1365 fallen nur die Rechtsgeschäfte, die sich nach dem Inhalt des Parteiwillens auf das Vermögen “en bloc” beziehen
-> § 1365 (-) bei Rechtsgeschäften über einzelne Gegenstände, die (nahezu) das gesamte Vermögen ausmachen
> Argumente:
Wortlaut: “Rechtsgeschäft über das Vermögen im ganzen”
Sinn und Zweck: im Vergleich zu § 311b III kann § 1365 ebenfalls nur das Vermögen “en bloc” bezeichnen
Problem: Stellt die Belastung eines Grundstücks mit einem Grundpfandrecht eine Verfügung i.S.d. § 1365 BGB dar?
h.M.
M.M.
> Eine Belastung des (das ganze Vermögen ausmachende) Grundstücks ist eine Verfügung i.S.d. § 1365, wenn die Belastung den Verkehrswert des Grundstücks ganz oder im wesentlichen ausschöpft
-> § 1365 (+) soweit Verkehrswert des Grundstücks ausgeschöpft wird, ist Zustimmung des Ehepartners erforderlich
> Argument: Sinn und Zweck:
ansonsten Umgehung der Vorschrift
-> wollte der eine Ehepartner nicht zustimmen, könnte der andere es bis zur äußersten Grenze belasten und sodann zur Versteigerung kommen lassen
> Belastung eines Grundstücks mit Grundpfandrechten ist keine Verfügung i.S.d. § 1365
-> § 1365 (-), jeder Ehepartner kann sein Grundstück ohne Zustimmung des anderen bis zur Verkehrswertausschöpfung belasten
Verfügung i.S.d. § 1365 bedeutet Verlust der Vermögenssubstanz
-> Belastung mit Grundpfandrecht ist funktionell nur Sicherungsrecht ohne Verlust der Vermögenssubtanz
Problem: Muss der Erwerber Kenntnis davon haben, dass es sich bei dem Rechtsgeschäft um das Vermögen im Ganzen des Veräußerers handelt
subj. Theorie (h.M.)
obj. Theorie
> bei “en bloc”-Geschäften kommt es nut auf die obj. Vermögenslage an, da jeder Erwerber damit rechnen muss, dass es sich um das Vermögen als ganzes handelt
> bei Veräußerungen von Einzelgegenständen, die (nahezu) das gesamte Vermögen ausmachen, ist auch ein subj. Merkmal erforderlich
-> Bei Veräußerungen von Einzelgegenständen greift § 1365 nur, wenn der Erwerber positive Kenntnis davon hat, dass der Gegenstand (nahezu) das gesamte Vermögen ausmacht oder er die Umstände kennt, aus denen sich das ergibt
-> wenn keine Kenntnis vorhabden: § 1365 (-)
bei absolutem Vorrang des Familienschutzes würde der Rechtsverkehr derart erschwert, dass sich die Beschränkungen des § 1365 letzlich zum Nachteil der im gesetzl. Güterstand lebenden Ehegatten auswirken kann
-> dadurch, dass bei Berücksichtigung der EInzeltehorie § 1365 eine Vielzahl von Fällen erfasst, kompensiert die EInfügung des subj. Merkmals den absoluten Vorrang des Familienschutzes im Interesse einer gerechten Abwägung mit dem Schutz des Rechtsverkehrs
> sowohl bei “en bloc”- Geschäften als auch bei Veräußerung von Einzelgegenständen, die (nahezu) das gesamte Vermögen ausmachen, kommt es nur auf die obj. Vermögenslage an
-> keine Kenntnis erforderlich
-> soweit keine Kenntnis vorhanden: § 1365 (+)
Wortlaut: ein subj. TB-Merkmal ist der Norm nicht zu entnehmen
Sinn und Zweck: § 1365 schützt die wirtschaftliche Grundlage der Ehe und evetuelle Ansprüche auf Zugewinnausgleich
-> stellt man auf Kenntnis des Erwerbers ab, so wird § 1365 in einer Vielzahl von Fällen keine Anwendung mehr finden
-> subj. theorie fürhrt im Ergebnis wieder zur Gesamttheorie, aber Familienschutz muss absoluten Vorrang vor dem Schutz des Rechtsverkehrs haben
Problem: Ab wann schadet dem Erwerber die Erlangung der Kenntnis, dass das Rechtsgeschäft das Vermögen des Veräußerers im Ganzen betrifft
wohl h.M.
a.A.
> Zeitpunkt der Vornahme des schuldrechtlichen Geschäfts
-> Kenntniserlangung nach dem maßgeblichen Zeitpunkt führt zu Unanwendbarkeit des § 1365
-> im Interesse der Rechtssicherheit muss beim Abschluss des obligatorischen Vertrages feststehen, ob er nur wirksam ist, wenn der andere Ehegatte zustimmt
> Zeitpunkt zu dem der Erwerber seine WE für das schuldrechtliche Geschäft abgibt
-> Kenntniserlangung nach dem maßgeblichen Zeitpunkt führt zur Unanwendbarkeit des § 1365
-> zu diesem Zeitpunkt kann der Dritte noch über die Vornahme des Rechtsgeschäftes frei entscheiden
e.A.
w.A.
> Zeitpunkt des Eingangs des Antrages beim Grundbuchamt
-> bei Veräußerung eines Grundstücks ist wegen der Wertung der §§ 878, 883 II, 892 II BGB i.v.m. § 17 GBO der Zeitpunkt der Antragstellung entscheidend
> Zeitpunkt der dinglichen Rechtserwerbsvollendung
Verfügungsbeschränkung des § 1365 kann als absolutes Verfügungsverbot weder im Grundbuch noch in das Güterrechtsregister eingetragen werden
der zustimmungsberechtigte Ehegatte kann bei einer Zugewinngemeinschaft sein Recht nicht durch Eintragung sicher
-> in besonderem Maße schutzwürdig, es kommt bei der Kenntnis auf den letztmöglichen Zeitpunkt an
Problem: Ist bei einem Rechtsgeschäft i.S.d § 1365 BGB eine Zustimmung des anderen Ehepartners noch erforderlich, wenn die Ehe während des Schwebezustandes geschieden wird
> Scheidung hat keine Auswirkungen auf das Rechtsgeschäft, der Schwebezustand bleibt bis zur Zustimmung oder Verweigerung bestehen
-> Rechtsgeschäft bleibt schwebend unwirksam
Würde das Rechtsgeschäft wirksam, käme es zu Vermögensabfluss, so dass ein etwa bestehender Zugewinnausgleichsanspruch des nichtverfügenden Ehegatten gefährdet wärde
§ 1365 schützt den ausgelichsberechtigten Ehegatten wegen seiner Anwartschaft auf den Zugewinn
> Mit der Rechtskraft des Scheidungsbeschlusses wird da Rechtsgeschäft entsprechend § 185 II BGB wirksam
-> str. ob Wirkung ex nunc oder ex tunc
-> Rechtsgeschäft wird wirksam
-> Argument: Sinn und Zweck
-> § 1365 dient der Erhaltung der gemeinsamen Lebensgrundlage, mit der rechtslräftigen Scheidung entfällt der Grund für die Unwirksamkeit, so dass ein Neuabschluss ohnehin möglich wäre
Problem: Wir ein gem. §§ 1365, 1366 BGB schwebend unwirksames Rechtsgeschäft bei Tod des zustimmungeberechtigten Ehepartner wirksam wird
> Durch den Tod des Zustimmungsberechtigten entfällt das Zustimmungserfordernis
-> mit dem Tod des Zustimmungsberechtigten wird das Rechtsgeschäft wirksam
§ 1365 dient der Erhaltung der Lebensgrundlage der Ehe und der Sicherung des Zugewinnausgleichs
-> mit dem Tod entfällt der Zweck zur Erhaltung der Lebensgrundlage der Ehe
-> auch entfällt der Zweck, den Zugewinn zu sichern
§ 1365 ist ein höchstpersönliches unvererbliches Recht
> durch den Tod des Zustimmungsberechtigten entfällt das Zustimmungserfordernis nur im Fall des Zugewinnausgleiches nach der sog. erbrechtlichen Lösung nach § 1371 I BGB
-> wenn Zugewinnausgleich nach der erbrechtlichen Lösung gem. § 1371 I (+), dann Wirksamkeit des Rechtsgeschäfts mit dem Tod des Zustimmungsberechtigten
-> wenn Zugewinnausgliech nach güterrechtlichen Lösung gem. § 1371 III bleibt das Rechtsgeschäft schwebend unwirksam und ist vom Genehmigung des Erben abhängig
Konvaleszenz beruht darauf, dass der Zugewinnausgleich nach dem Tod des zustimmungsberechtigten Ehegatten bei Wirksamkeit eines Rechtsgeschäftes i.S.d. § 1365 zu keinem anderen Ergebnis führt, als bei dessen Unwirksamkeit
-> keine Bedenken hinsichtloch der pauschalen Abrechnung gem. § 1371 I
-> Wählt der überlebene Ehepartner die güterrechtliche Lösing gem. § 1371 III, mindert er bei Wirksamkeit des Rechtsgeschäftes sein Endvermögen gem. § 1375 und der rechnerische Zugewinnausgleich wird zu einen Gunsten beeinflusst
Zuletzt geändertvor 2 Jahren