Was meint Einwilligung?
• Einwilligung meint:
„Den „Verzicht des Verletzten auf Rechtsschutz“, den „autonomen Umgang mit seinen Gütern“.
disponible Rechtsgüter
– Sind Individualrechtsgüter (Körperliche Unversehrtheit, Eigentum,...)
– Indisponibel sind Rechtsgüter der Allgemeinheit (§ 316 StGB schützt die allg. Sicherheit im Straßenverkehr).
Hat (strafrechtlich) rechtfertigenden Charakter
Achtung: Die zivilrechtlichen Regelungen zu (anderweitigen) Einwilligung sind nicht (!) gemeint (bspw. nicht gemeint iSd § 183 BGB oder iSd § 108 BGB – diese haben dogmatisch rechtsgeschäftlichen Bezug)
Was hat die “Einverständnis” im strafrechtlichen Kontext für einen Charakter?
• Einverständnis:
• hat im strafrechtlichen Kontext tatbestandsausschließenden Charakter (hM)
– (vgl. Hausfriedensbruch, Diebstahl, Freiheitsberaubung, Sexualdelikte, etc. pp.)
Tatbestand: Vergleiche objektiven und subjektiven Tatbestand.
a. Objektiver Tatbestand
insb. Handlung, Erfolg, Kausalität, objektive Zurechnung bei Erfolgsdelikten
b. subjektiver Tatbestand: Vorsatz + ggf. sonstige subjektive Merkmale, wie z.B. besondere Absichten
Was bedeutet “Rechtswidrigkeit”?
Rechtswidrigkeit
a. ggf. positive Feststellung, z.B. Verwerflichkeit
b. Nichtvorliegen von Rechtfertigungsgründen
Wie wird “Schuld” eingeteilt?
Schuld
a. Schuldfähigkeit
b. Spezielle Schuldmerkmale
c. Pers. Vorwerfbarkeit (insb. Keine Entschuldigungsgründe)
Nenne nun noch mal das Strafrechtliche Prüfungsschemata allg. Wie lautet auch der letzte Punkt?
1. Tatbestand
2. Rechtswidrigkeit a. ggf. positive Feststellung, z.B. Verwerflichkeit b. Nichtvorliegen von Rechtfertigungsgründen
3. Schuld a. Schuldfähigkeit b. Spezielle Schuldmerkmale c. Pers. Vorwerfbarkeit (insb. Keine Entschuldigungsgründe
4. Pers. Strafausschließungs- / -aufhebungsgründe
Schutzgut – körperliche Unversehrtheit: Was sagt Artikel 2, Absatz 2 des GG: Das Recht auf körperliche Unversehrtheit wurde-….?
• Art. 2 Abs.2 S. 1 GG
– „Das Recht auf körperliche Unversehrtheit wurde – wie das Recht auf Leben – als deutliches Zeichen gegen die Gräueltaten des Nationalsozialismus, gegen die totalitäre Geringschätzung der Unversehrtheit von „Menschenmaterial“ in das Grundgesetz aufgenommen
-erfasst:
– körperliche Unversehrtheit im biologisch-physischen Sinne (körperliche Integrität)
– auch der geistigseelische Bereich, das psychische Wohlbefinden ist in den Schutzbereich einzubeziehen soweit die Einwirkung zu körperlichen Schmerzen oder mit anderen körperlichen Beeinträchtigungen vergleichbaren Wirkungen führt.
– bloßes Wohlbefinden, insbesondere das soziale Wohlbefinden, ist hier nicht geschützt
Grenze körperliche Unversehrtheit von Gesundheit ab. Was ist der Unterschied?
• Körperliche Unversehrtheit
– Bilanzierbare Zustandsbetrachtung zwischen zwei Zeitpunkten:
Zustand VOR einem Ereignis
Zustand NACH einem Ereignis
• Gesundheit ist nicht individuell definierbar
– WHO: „der Zustand des vollständigen körperlichen, geistigen und sozialen Wohlbefindens und nicht nur das Freisein von Krankheit und Gebrechen“ geht hier (iSd GG) zu weit
– Ein Ansatz: Unterteilung (1) Freiheit (i. S. von Schutz) vor Unfruchtbarmachung, (2) Freiheit vor Verletzung der körperlichen Gesundheit, (3) Freiheit vor Schmerzen, (4) Freiheit vor Verunstaltung.
– Erkenntnis:
Keine Einheitsformel
Sondern als unmittelbar bindendes Recht behutsam an Hand anderer Grundrechte (bspw. Art. 1 Abs.1 iVm Art. 2 Abs. 1 GG) unter Berücksichtigung der modernen Medizin (iwS) auszulegen
§223 StGB: Was ist hier geregelt? Beschreibe dazu auch § 228 StGB!
§ 223 StGB
– Körperverletzung
– Abs.1: „Wer eine andere Person körperlich mißhandelt oder an der Gesundheit schädigt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.“
Aber ausdrücklich: § 228 StGB
„Wer eine Körperverletzung mit Einwilligung der verletzten Person vornimmt, handelt nur dann rechtswidrig, wenn die Tat trotz der Einwilligung gegen die guten Sitten verstößt.“
• Achtung:
– Strafrecht ist auf Heileingriffe hin ausgelegt.
– Psychologische / Psychotherapeutische Maßnahmen und deren Auswirkung im strafrechtlichen Bezug sind noch wenig erfasst, aber:
• Erreichen psychische Beeinträchtigungen ein pathologisches Maß, ist der Tatbestand (des § 223 StGB) ebenfalls tangiert.
Was sind die 3 Voraussetzungen für Einwilligung?
• Einwilligungsfähigkeit
• Aufklärung
• Einwilligung
Was ist die “Einwilligungsfähigkeit”? Bzw Was ist sie nicht?
Einwilligung setzt beim Erklärenden soviel („natürliche“) Einsichts- und Urteilsfähigkeit voraus, dass der zu Verletzende die Tragweite des Integritätseingriffs (Begleit- und Folgerisiken wie Vorteile) abschätzen und sich, nach eigentümlicher Nutzen- und Risikoabwägung, zukunftsorientiert entscheiden kann.
Einwilligung ist ≠ Willenserklärung
und damit ≠ Geschäftsfähigkeit!
Die Aufklärungspflicht, § 630e BGB: Beschreibe die Aufklärungspflicht des Arztes gegenüber dem Patienten.
vor jeder Behandlung ist die Einwilligung des Patienten erforderlich, § 630d Abs. 1 BGB.
Dieses kann der Patient nur ausüben, wenn ihm eine fundierte Informationsgrundlage zur Verfügung steht.
Um dieser Voraussetzung zu genügen, muss der Arzt den Patienten über Risiken der Behandlung aufklären.
Die Aufklärung ist daher eine Nebenpflicht des Behandlungsvertrages
– In der Folge droht eine Haftung nicht nur aus deliktischer sondern auch aus vertraglicher Sicht.
Aufklärungsstrategie: Beschreibe kurz das Stufenmodell.
Wie muss die Aufklärung erfolgen und was muss zusätztlich dem Pat. ausgehändigt werden?
Schriftliche Grundinformation
mdl. Aufklärungsgespräch mit Mglk. zum Dialog
– Die Aufklärung muss im persönlichen
Gespräch erfolgen; die Aushändigung einer
schriftlichen Darstellung der Risiken genügt
nicht. Aber: Pflicht zur Aushändigung von Kopien von unterzeichneten Unterlagen
Abstimmung des Aufklärungsinhaltes auf die spezifischen Patientensituation
Wer ist “Aufklärungspflichtig”? Kann eine Aufklärung auch getrennt abgehandelt werden? Warum, wenn ja?
Die Aufklärung muss durch den behandelnden Arzt selbst oder eine andere Person erfolgen, welche über die zur Durchführung der Maßnahme notwendige Ausbildung verfügt (§ 630e Abs.2 S.1).
Eine Delegation an Hilfspersonal ist nicht zulässig.
Sind mehrere (Fach-) Ärzte an der Behandlung beteiligt, so darf die Aufklärung getrennt entsprechend des jeweiligen Behandlungsbereich erfolgen.
Wann muss die Aufklärung genau erfolgen? Wann stationär, wann ambulant?
Zeitlich soll eine Nähe zum Eingriff bestehen, die jedoch noch Zeit für die Abwägung des Patienten belässt.
Bei stationären Eingriffen muss die Aufklärung bis spätestens einen Tag vor der Operation erfolgen.
Bei ambulanten Maßnahmen darf am selben Tag aufgeklärt werden, sofern die Aufklärung vom Eingriff selbst deutlich abgrenzbar ist.
Wobei handelt es sich um die therapeut. Sicherheitsaufklärung? Was hat der Arzt dabei für eine Pflicht?
Therapeutische Sicherheitsaufklärung, § 630c BGB
Bei der therapeutischen Sicherheitsaufklärung handelt es sich nicht um die sog. Selbstbestimmungsaufklärung, die dazu dient, dem Patienten eine selbstbestimmte Entscheidung über die Einwilligung in eine Therapie zu ermöglichen, sondern um eine therapiebegleitende Aufklärung zur Sicherstellung des Heilerfolgs.
Den Arzt trifft eine Nebenpflicht aus dem Behandlungsvertrag, vgl. § 630c BGB, den Patienten während der Therapie über therapiegerechtes und
erfolgversprechendes Verhalten aufzuklären.
Unterrichtung über vorzunehmende Kontrollen oder Untersuchungen,
Hinweis auf gesunde Lebensführung.
Bei Weigerung der Patienten, Maßnahme durchführen zu lassen, muss der Arzt über Dringlichkeit und mögliche Gefahren bei Unterlassen aufklären.
Zudem muss der Arzt den Patienten auf mögliche Spätfolgen oder Nachwirkungen der Therapie hinweisen.
Besondere Bedeutung: Aufklärung über Alternativen (§ 630e Abs.1 s.3)
Wovon ist der Inhalt der Aufklärungspflicht jeweils abhängig? Welche Aufklärungspflichten gibt es? Erläutere sie auch kurz!
• Der Inhalt der Aufklärungspflicht ist jeweils abhängig vom Behandlungsstadium.
Diagnoseaufklärung: Information über Befund und Prognose unter Berücksichtigung der persönlichen Situation des Patienten (psychische Stabilität, Bedeutung für den Patienten, Wahrscheinlichkeit).
Therapieaufklärung: Information über Risiken und Chancen eines Eingriffs (keine unbedeutenden Details erforderlich, nur bei Einzelheiten mit hinreichender Schwere – z.B. Schmerzen, Vernarbungen, Amputationen).
Verlaufsaufklärung: Schilderung der Begleiterscheinungen (Überschneidung mit Therapieaufklärung).
Risikoaufklärung: umfassende Aufklärung über Gefahren und Komplikationen einer Behandlung, sodass eigene Entscheidung über Durchführung möglich wird; auch Aufklärung bei Wahrscheinlichkeit im Promillebereich, sofern Risiko von großer Bedeutung (z.B. mögliche Erblindung).
Aufklärung über wirtschaftliche Aspekte, sofern Kosten bei gesetzlich Versicherten nicht von der Krankenkasse übernommen werden (hierzu auch § 630c Abs. 3 BGB).
Wer ist Adressat der Aufklärung? Was ist, wenn der Adressat bewusstlos oder berauscht ist?
Grundsätzlich ist der Patient selbst Adressat der Aufklärung.
Ist der Patient bewusstlos oder berauscht, kann eine wirksame Einwilligung jedoch nicht erfolgen.
Dann ist die Wiedererlangung des Bewusstseins abzuwarten, sofern medizinisch vertretbar.
Wenn nicht abgewartet werden kann, ist ein Eingriff aufgrund von § 630d Abs. 1 S.4, 683 BGB gemäß dem mutmaßlichen Willen des Patienten zulässig (objektive Gebotenheit).
Was ist mit minderjährigen Patienten? Wie ist das bei ihnen mit der Einwilligung?
Auch minderjährige Patienten willigen grundsätzlich selbst ein.
Keine Berücksichtigung der Geschäftsfähigkeit, sondern Orientierung an individueller Reife und Einsichtsfähigkeit. (§ 630e Abs. 5 BGB)
Als Anhaltspunkt gilt die Vollendung des 14. Lebensjahres; aber individuelles Gespräch immer erforderlich.
Ist die erforderliche Reife bei Adressaten der Aufklärung nicht vorhanden, wie geht man damit dann um? (zb bei Kindern?)
Ist die erforderliche Reife nicht vorhanden, entscheiden die Sorgeberechtigten, also idR die Eltern (vgl. § 1626 BGB).
Bei risikoarmen Behandlungen genügt die ausdrückliche Zustimmung eines Elternteils; die mutmaßliche Zustimmung des anderen Elternteils darf unterstellt werden.
Bei schwerwiegenden Eingriffen sind die Zustimmungen beider Eltern einzuholen.
Die Eltern sind bei der Entscheidung an das Kindeswohl gebunden, vgl. § 1627 BGB.
Was passiert bei Missbrauch des Sorgerechts (Ablehnung eines Eingriffs ohne nachvollziehbaren Grund?) WIe geht der Arzt damit um?
Bei Missbrauch des Sorgerechts (Ablehnung eines Eingriffs ohne nachvollziehbaren Grund) ruft der Arzt das Vormundschaftsgericht an, das anstelle der Eltern entscheidet oder einen entscheidungsberechtigten Pfleger bestellt, vgl.
• § 1666 Abs. 3 BGB.
Fasse noch mal zusammen: Was ist der “Kern” des Aufklärungszeitpunktes? Nenne die Grundsätze.
Kern:
– Es muss eine fachlich fundierte eigenverantwortliche Entscheidung ermöglicht werden.
Zu kurzfristige Aufklärung bei geplanter Maßnahme genügt nicht – es fehlt ein Überlegungszeitraum
Weit zurückliegende Aufklärung muss ggf. aktualisiert werden.
Grundsätze:
– Mindestens 24h vor Eingriff
– Noch nicht durch Verlauf so beeinträchtigt, dass freie Entscheidungsfähigkeit durch Verlauf eingeschränkt ist (bspw. Kaiserschnitt mit Blick auf Geburtsvorgang)
Beschreibe die mutmaßliche Pat.-Einwilligung, wann tritt diese ein?
was ist die hypothetische Einwilligung? Warum ist der Anwendungsbereich eng?
• Rechtfertigung durch mutmaßlichen Patientenwillen
– Tatsächliche Willensäußerung nicht mehr einholbar
– Vital indizierte, unaufschiebare Indikation
• Evtl. auch intraoperativ auftretende Befundänderung oder Krise
– Spannungsfeld: Berufspflicht
• Notstand und Pflichtenkollision kann nach § 34 StGB auch zu rechtfertigendem Notstand führen und eine Maßnahme legitimieren.
• Hypothetische Einwilligung
– Wird angenommen, wenn Aufklärung „fehlerhaft“ oder „fehlend“ war
– Und der Eingriff „nach Sicht eines vernünftig handelnden Patienten dessen Interesse entspricht“.
• enger Anwendungsbereicht
Maßstab ist aber stets der mutmaßliche Wille des Patienten und keine objektiven oder dem Behandler vernünftig erscheinenden Maßstäbe
Grds. Ziel: Herstellung einer Situation, in der die Einwilligung erklärt werden kann
Eingriff und entgegenstehender Wille: Beschreibe genauer. (Wie kann man hier besser Fragen?)
• Glaubens- und Gewissensgründe – grds. Art. 2 Abs. 2 S. 1 GG beachtlich – muss bekannt sein und zweifelsfrei bestehen
• Patientenverfügung
– Grds. Bindung, aber
• Auslegungserfordernis?
• „Alter“ der Erklärung? - Abzustellen ist auf den aktuellen Willen im Zeitpunkt des Eingriffs (Maßstab!)
- Änderungen des Willens sind daher stets beachtlich
Zuletzt geändertvor 2 Jahren