Wo Doppelbestrafungsverbot? Relevanz bei unechter Wahlfeststellung?
Art. 103 III GG (ne bis in idem)
bei unechter Wahlfeststellung wird sozusagen wg aller möglicherweise zum Erfolg führender Handlungen verurteilt, sodass alle Handlungen “verbraucht” -> es kann nicht neben vollendeter Verurteilung noch wegen Versuchs verurteilt werden
Gesundheitsschädigung & körperliche Misshandlung
Hervorrufen oder Steigern eines wenn auch nur vorübergehenden pathologischen Zustands
jede üble, unangemessene Behandlung, die das körperliche Wohlbefinden oder die körperliche Unversehrtheit nicht nur unerheblich beeinträchtigen
KV bei HIV-Infizierung
körperliche Misshandlung jedenfalls, wenn Opfer von Infizierung weiß
bei Gesundheitsschädigung (P), dass HIV-Infektion sich idR erst Jahre später bemerkbar macht -> aber unerheblich, weil es bei nicht nur unerheblicher Infektionskrankheit auf Eintritt Symptome nicht ankommen kann (Ungewissheit des Ausbrechens der Krankheit ändert nicht Vorliegen pathologischen Zustands bei Dauerinfektion)
SV-Unsicherheit -> unechte Wahlfeststellung
es lässt sich nicht sicher feststellen, welche von mehreren Handlungen zu Erfolg geführt hat, aber es ist sicher, dass eine der Handlungen zum Erfolg geführt hat
würde man isoliert betrachten, müsste für jede Handlungen nach “in dubio pro reo” Kausalität verneint werden
aber: dies ist Fall unechter Wahlfeststellung (Tatsachenalternativität) -> eindeutige Verurteilung aufgrund wechselseitiger Tatsachengrundlage möglich (kein idpr-Verstoß, solange andere Möglichkeiten Erfolgsverursachung sicher ausgeschlossen)
obj. Zurechnung bei HIV-Infizierung
in Lit teils diskutiert, ob wg für Einzelfall geringen Risikos von 0,1 % - 1 % obj. Zurechnung aufgrund “erlaubten Risikos” entfällt
aber (-), da mit Infektion große Gefahr verbunden und Möglichkeit besteht, das Risiko durch einfache Maßnahmen so gut wie auszuschalten -> ungeschützter GV mit HIV kein sozialadäquates Verhalten
Gefährliche KV bei HIV-Infizierung
Nr. 1 (+):
Virus = Stoff, da Stoffe nicht nur tote Substanzen, sondern auch Lebewesen, wenn ähnlich schädigende Wirkung
von Gesetzeszweck daher auf Wirkung abzustellen, nicht biologische/chemische Beschaffenheit
Beibringen immer (+), wenn Stoff ins Körperinnere gelangt
Nr. 5 (+):
(P) nach WL muss Handlung die zu KV-Erfolg führt, das Leben gefährden, aber hier ist er KV-Erfolg lebensgefährdend
aber zwischen Gefährlichkeit Handlung/Erfolg kann vom Sinn der Norm jedenfalls bei lebensgefährdenden Virusübertragungen nicht bedeutend unterschieden werden
Abgrenzung bedingte KV-Vs. und bewusste Fahrlässigkeit
Vs. keine Legaldef., aber aus § 16 I zu entnehmen, dass jedenfalls Wissenselement
e.A.: kognitive Theorien (Arg.: Beweisschwierigkeiten Wollenselement) -> Wissen reicht (unterschiedliche Ansichten fordern unterschiedliches Maß Wissen)
hM. -> auch Wollenselement erforderlich:
Täter muss um Möglichkeit Erfolgseintritt wissen und erst nehmen und zusätzlich “billigend in Kauf nehmen”
dh nicht innerlich gutheißen, sondern sich wg anderer Ziele mit Eintritt abfinden (Eintritt kann an sich unerwünscht sein)
vorzuziehen, da dogmatisch besser, weil auch Willen maßgeblich (bei Versuch geht es auch um Einstellung Täter -> Handlungsunrecht) und rein kognitive Theorien schwer abgrenzbar (Art. 103 II GG)
Feststellen Wollenselement, wenn keine Angabe zum Willen Täter im SV
Schluss vom Wissen auf Wollen liegt nahe -> je augesprägter Wissen um Gefahr, desto mehr dies Indiz für Wollen
bedarf aber sorgfältiger Prüfung nach BGH (nicht nur formelhaft)
Verwirklicht HIV-Infizierung obj. TB von Totschlag?
eA lehnt ab, weil Folgen, die uU est nach Jahren eintreten nicht ausreichen sollen -> solche Gefahren nicht tatbestandsmäßiges Risiko iSv Tötungsdelikte (WL Totschlag deute auf Erfordernis alsbald eintretenden Erfolgs hin)
aber hM:
obige Ansicht dem WL nicht zu entnehmen
geduldige Täter würde privilegiert
Erfordernis “zeitl. Nähe” unpraktikabel, weil keine klare Trennlinie möglich
Abgrenzung bedingte Tötungs-Vs. und bewusste Fahrlässigkeit bei HIV-Infizierung
besonders hoher Grad an Wissen nicht zwangsläufig auch Bejahung Wollens, sondern Indiz
gegen Billigung spricht, dass Tod idR unerwünscht -> anders als bei KV hier von bes., hoher Hemmschwelle auszugehen (dh je höher Strafmaß, desto restriktiver Annahme Vorsatz)
Rspr lässt zur Verneinung Vs. schon genügen, wenn Täter Hoffnung hat, es werde noch vor Ausbruch Krankheit Heilmittel geben
in dubio pro reo -> Norm
Art. 6 II EMRK, § 261 StPO
Post/Präpendenz
einseitige SV-Ungewissheit -> Bsp. Postpendenz (TB abhängig von Vorgeschehen):
t1: unklar, ob A Mittäter bei Diebstahl
t2: sicher, dass A Diebesgut angekauft (Hehlerei)
(P) nach idpr müsste Mittäterschaft bei Diebstahl verneint werden und bei Hehlerei bejaht werden (als Täter keine Hehlerei möglich), weil so günstiger für Täter
BGH bejaht aber Hehlerei, wenn Täter = pot. Mittäter, indem er WL § 259 so auslegt, dass Beteiligte = “andere” iSv § 259 (keine Strafbarkeit wenn pot. Alleintäter)
echte Wahlfeststellung
mehrseitige SV-Ungewissheit -> zB:
t1: unsicher, ob A Diebstahl begangen
t2: unsicher, ob A Hehler
sicher, dass A deliktisch gehandelt hat
BGH und BVerfG: hier ist wahlweise Verurteilung möglich, wenn rechtsethische und psychologische Vergelichbarkeit TB -> (P) Bestimmtheit, aber sei kein Problem, weil dies prozessuale Enscheidungsregel und nicht unzulässig geschaffener eigener TB
eigenverantwortliche Selbstgefährdung
wird dies bejaht, so entfällt nach hM obj. Zurechnung -> Autonomieprinzip: Schutzzweck Norm endet da, wo eigene Verantwortungsbereich Opfer beginnt (Geschehen dann keine Tat iSd §§ 25, 26, 27 StGB)
Strafrecht soll vor Eingriffen Dritter schützen, nicht Opfer vor sich selbst
(+), wenn jmd selbstgefährdende Handlungen vornimmt o. sich in schon bestehende Gefahr hineingibt
gilt auch bei Fahrlässigkeitsdelikten
Abgrenzung eigenverantwortliche Selbstgefährdung und einverständliche Fremdgefährdung
nach Kriterium Tatherrschaft -> hat Opfer zumindest auch Kontrolle über Verletzungsakt so Selbstgefährdung
es ist auf ZP abzustellen, in dem sich Gefahrenlage zuspitzt (bei illegalem Autorennen nicht Einsteigen, sondern erst, wenn Rennen tatsächliche gefährlich)
obj. Zurechnung (und Formulierung Obersatz bei Versuch)
Erfolg obj. zurechenbar, wenn Täter rechtl. missbilligte Gefahr geschaffen hat (rechtl. relevantes Risiko), welche sich im konkreten Erfolg realisiert hat (Risikozusammenhang) und der Schutzzweck der Verhaltensnorm berührt ist -> Korrektiv Kausalität
“Vs. bzgl Lebenssachverhalt, bei dessen Vorliegen der tatbestandliche Erfolg dem Täter obj. zuzurechnen”
Auswirkung Irrtum Opfer auf eigenverantwortliche Selbstgefährdung (Drogenfälle)
könnte zum Entfall Eigenverantwortlichkeit führen -> (P): Beurteilung Eigenverantwortlichkeit
e.A.: Exkulpationslösung -> könnte Zustimmende für Handlen selbst rechtl. belangt werden?
wenn (-), weil zB geistig erkrankt o.Ä. so Eigenverantwortlichkeit (-)
Kritik: zu eng, weil nur grds. Einwilligungsfähigkeit erfasst
h.M.: Einwilligungslösung -> orientiert sich an Einwilligung, dh Zustimmende muss insb. dispositionsbefugt sein und es dürfen keine Willensmängel vorliegen
Arg.: für TB-Ausschluss genauso hohe Anfoerderungen wie bei Einwilligung, wenn RG Leib und Leben
Prüfung eigenverantwortliche Selbstgefährdung
zunächst e. SG /e. FG von Einverständnis und Einwilligung abzugrenzen -> Einwilligung in Erfolg oder nur Gefährdung
dann e. SG und e. FG abgrenzen -> Tatherrschaft
schließlich Kriterium der Eigenverantwortlichkeit insb. (-), wenn Täter überlegenes Sachwissen hat (hier ferner Streit Exkulpationslösung/Einwillungslösung)
einverständliche Fremdgefährdung -> dogmatische Behandlung
nach hM rechtfertigende Wirkung -> Orientierung an Grundsätzen zur Einwilligung
Arg.: Erst-Recht-Schluss -> Wenn Entfallen RWK bei Einwillung, dann auch bei bloßer Fremdgefährdung (“Minus”)
(P) Opfer stirbt bei Fremdgefährdung -> anders als bei Eigengefährdung strafbar?
e.A.: (+); Arg.: Rechtsgedanke § 216 StGB (Leben nicht disponibel)
aber dies (-) weil keine Einwilligung in Tod, sondern in Gefährdung
h.M.: (+) bei Sittenwidrigkeit (Rechtsgedanke § 228 StGB)
Täter und Opfer leiden an gleichem Irrtum (beide glauben zB verkaufte Herion sei Koks) -> entfällt obj. Zurechnung, weil kein überlegenes Sachwissen Täter?
wenn für Täter unwesentlicher Irrtum, so entfällt obj. Zurechnung
aber: wenn Täter bei pflichtgemäßen Verhalten hätte Irrtum erkennen können, so wesentlicher Irrtum -> Zurechnung (+)
Zuletzt geändertvor 2 Jahren