Akute Bronchitis : Abstract ?
Die akute Bronchitis ist eine (überwiegend virale) Infektion der unteren Atemwege und betrifft insb. mittlere und größere Bronchien.
Sie geht (fast) immer mit Erkältungssymptomen wie leichtem Fieber, Halsschmerzen, Schnupfen, Kopf- und Gliederschmerzen einher.
Auskultatorisch sind seitengleich grob- bis mittelblasige Rasselgeräusche zu vernehmen, bei Bronchialobstruktion außerdem exspiratorisches Pfeifen.
Die Diagnosestellung erfolgt meist klinisch.
Röntgen-Thorax und Laboruntersuchung sollten nur bei V.a. eine Pneumonie erfolgen.
Die Erkrankung verläuft i.d.R. selbstlimitierend.
Essenziell ist eine ausreichende Flüssigkeitszufuhr, symptomatisch können Antipyretika und abschwellende Nasensprays sinnvoll sein.
Bei bakterieller Sekundärinfektion kommen Antibiotika zum Einsatz.
N:
Der Übergang von Erkältung zu Bronchitis ist fließend. Eine akute Bronchitis ohne Erkältungssymptome ist selten, daher sollten hier mögliche Differenzialdiagnosen ausgeschlossen werden!
Die Indikation zum Ausschluss einer SARS-CoV-2-Infektion per Nasen-Rachen-Abstrich sollte auch bei atypischer Symptomatik großzügig gestellt werden!
Bei klinischer Diagnose einer unkomplizierten akuten Bronchitis kann auf weitere Laboruntersuchungen, Erregerdiagnostik und Bildgebung verzichtet werden!
Eine Antibiotikatherapie vermindert bei der unkomplizierten akuten Bronchitis Symptomatik und Krankheitsdauer nur minimal und kann Resistenzbildungen fördern!
Eine akute unkomplizierte Bronchitis bei Patienten ohne chronische Lungenerkrankung soll nicht mit einem Antibiotikum behandelt werden.
Akute Bronchitis : Definition/Epidemiologie?
Bronchitis: Infektion der unteren Atemwege (insb. mittlere und größere Bronchien)
Bronchiolitis: Infektion der unteren Atemwege (Bronchiolen und kleine Bronchien) im Säuglingsalter
Inzidenz: 5% aller Erwachsener pro Jahr
Saisonalität: Vorkommen insb. in den Herbst- und Wintermonaten (in Deutschland)
Wenn nicht anders angegeben, beziehen sich die epidemiologischen Daten auf Deutschland.
Akute Bronchitis : Ätiologie ?
Erreger
I.d.R. viral: Meist Rhinoviren (30–50%)
Isolierte akute bakterielle Bronchitis : Meist Mycoplasma pneumoniae, Chlamydia pneumoniae und Bordetella pertussis
Akute Bronchitis : Symptome/Klinik ?
Initial trockener, im Verlauf produktiver Husten
Ggf. hustenassoziierte retrosternale/thorakale Schmerzen
Meist spärlicher, zäher Auswurf
Erkältungssymptome wie Fieber, Halsschmerzen, Schnupfen, Kopf- und Gliederschmerzen
Ggf. Zeichen der Bronchialobstruktion mit exspiratorischem Giemen und Brummen sowie Atemanstrengung
Akute Bronchitis : Diagnostik ?
Die Diagnosestellung erfolgt hauptsächlich auf Basis von Anamnese und klinischer Untersuchung.
Basisdiagnostik
Auskultation
Verschärftes Atemgeräusch
Seitengleiche grob- bis mittelblasige Rasselgeräusche
Bei Bronchialobstruktion: Exspiratorisches Giemen/Pfeifen
Weiterführende Diagnostik: Bei hohem Fieber, Dyspnoe und/oder Zyanose sowie bei anhaltender Symptomatik
Messen der Sauerstoffsättigung mittels Pulsoxymetrie
Labor
Bei viraler Genese: CRP meist normal, Leukozyten normal/↓
Bei bakterieller Genese: CRP normal/↑, Leukozyten↑
Blutgasanalyse bei Dyspnoe
Nasen-Rachen-Abstrich mit Multiplex-PCR: Zur Ermittlung einer notwendigen (Kohorten‑)Isolation
Akute Bronchitis : Differenzialdiagnosen ?
Bronchopneumonie
Exazerbierte COPD
Exazerbiertes Asthma bronchiale
Pertussis
AMBOSS erhebt für die hier aufgeführten Differenzialdiagnosen keinen Anspruch auf Vollständigkeit.
Akute Bronchitis : Therapie ?
Symptomatische Therapie
Ausreichende Flüssigkeitszufuhr (wichtigste Maßnahme)
Ggf. Analgetika, bspw. Ibuprofen oder Paracetamol (bei Fieber, Kopf- und Gliederschmerzen)
Ggf. abschwellende Nasensprays (bei verlegter Nasenatmung)
In Ausnahmefällen
Salbutamol: Nur bei Bronchialobstruktion
Antitussiva: Nur zur Nacht bei nicht-produktivem, quälendem Reizhusten
Dextromethorphan
Codein
Antibiotika: Nur bei dringendem V.a. oder Nachweis einer bakteriellen Infektion
Nicht empfohlen: Expektoranzien
Sekretolytika (Ambroxol)
Mukolytika (N-Acetylcystein)
Akute Bronchitis : Komplikationen ?
Bakterielle Superinfektion
Verschlechterung von Vorerkrankungen, insb. pulmonaler Insuffizienz und Herzinsuffizienz
Es werden die wichtigsten Komplikationen genannt. Kein Anspruch auf Vollständigkeit.
Akute Bronchitis : Prognose ?
I.d.R. selbstlimitierender Verlauf
Bei älteren, geschwächten und/oder pulmonal vorerkrankten Personen: Häufiger Komplikationen
Pneumonie : Abstract ?
(Lungenentzündung)
Eine Pneumonie bezeichnet eine Entzündung des Alveolarraums und/oder des interstitiellen Lungengewebes, die vornehmlich durch Bakterien verursacht wird.
Sie stellt die häufigste zum Tode führende Infektionserkrankung in Industrienationen dar.
Das Erregerspektrum unterscheidet sich je nach Altersgruppe und Infektionsursache (ambulant oder im Krankenhaus erworben).
Die häufig durch Pneumokokken verursachte „klassische“ Pneumonie geht mit plötzlichem Krankheitsgefühl, Fieber und produktivem Husten einher.
Auskultatorisch imponieren feinblasige, klingende Rasselgeräusche und laborchemisch erhöhte Entzündungsparameter.
Die Krankheit kann aber besonders bei älteren Patienten oder bestimmten Erregern (bspw. Viren, Mykoplasmen) atypisch mit abgeschwächten Symptomen und ohne physikalische Zeichen einer Infiltration verlaufen, sodass das einzige obligate Kriterium für die Diagnose einer Pneumonie ein neu aufgetretenes Infiltrat im Röntgenbild der Lunge darstellt.
Bei Erkrankung sollte auf körperliche Schonung, eine rege Flüssigkeitsaufnahme und eine erregergerechte antibiotische Therapie geachtet werden.
Bei Patienten mit Pneumonie soll in der Notaufnahme die Therapie entsprechend der Zuordnung zu einer der drei Formen erfolgen: a) Ambulant erworben {(community-acquired pneumonia, CAP) außerhalb des Krankenhauses} , Patient immunkompetent. b) Nosokomial erworben {(hospital-acquired pneumonia, HAP) im Krankenhaus (> 48 h nach Krankenhausaufnahme oder in den ersten 3 Monaten nach Krankenhausentlassung)} , Patient immunkompetent. c) Unter Immunsuppression erworben {(pneumonia in the immunosuppressed host) außerhalb oder im Krankenhaus,} Patient immunsupprimiert. (DGIM - Klug entscheiden in der Notaufnahme)
Eine Trennung von typischer und atypischer Pneumonie ist im klinischen Alltag aufgrund fließender Übergänge nicht immer möglich, zudem können beide Erscheinungsbilder theoretisch durch jeden Erreger ausgelöst werden. Folglich erlaubt diese Unterscheidung keine sichere therapeutische Konsequenz!
Eine Zuordnung des Röntgenbefundes zum auslösenden Erreger ist nicht sicher möglich. Typische Pneumonien zeigen eher eine Lobärpneumonie, atypische Pneumonien eher eine interstitielle Pneumonie!
Die Diagnose Pneumonie setzt als Hauptkriterium ein neu aufgetretenes Infiltrat im konventionellen Röntgen-Thorax in zwei Ebenen voraus!
Jeder ambulant behandelte Patient mit Pneumonie sollte nach 48–72 Stunden erneut untersucht werden, um die Wirksamkeit des verschriebenen Antibiotikums zu prüfen!
Prüfe immer die Diagnosekriterien einer Sepsis!
Bei Patienten mit schwerer ambulant erworbener Pneumonie soll unverzüglich eine Antibiotikatherapie eingeleitet werden! (DGIM - Klug entscheiden in der Notaufnahme)
Die antibiotische Medikation kann 2–3 Tage nach Entfieberung beendet werden. Bei einer ambulant erworbenen Pneumonie, die ambulant behandelt werden kann, ist eine antibiotische Medikation von 7 Tagen ausreichend!
Bei Therapieversagen sollten eine (erneute) Erregerdiagnostik sowie eine Wiederholung oder Ausweitung der Bildgebung erfolgen!
Bei Patienten mit Immunsuppression, fortgeschrittener Leberzirrhose oder Niereninsuffizienz soll eine sequenzielle Pneumokokkenimpfung erfolgen. (DGIM - Klug entscheiden in der Inneren Medizin)
Pneumonie : Ätiologie ?
Ambulant erworbene Pneumonie: Pneumokokken (häufigster Erreger bei jungen Erwachsenen) , Haemophilus influenzae (seit Einführung der Impfung in den Ländern des Globalen Nordens nur noch selten), Mycoplasma pneumoniae und Chlamydia pneumoniae (die beiden letztgenannten häufig bei Schulkindern und Jugendlichen) u.a.
Nosokomial erworbene Pneumonie: Vor allem gramnegative Erreger (wie Pseudomonas aeruginosa und Enterobacteriaceae) und Staphylokokken
Neugeborenenpneumonie: Escherichia coli, Streptokokken der Serogruppe B (Streptococcus agalactiae), Pneumokokken, Haemophilus influenzae u.a.
Tröpfcheninfektion, aerogen, Mikroaspiration
Physiologische Schutzfaktoren („mukoziliäre Clearance“) : Hustenreflex, Schleimproduktion und Ziliarfunktion des respiratorischen Flimmerepithels, Alveolarmakrophagen
„Echte“ Aspiration: Schwächung der lokalen Immunitätsbarrieren durch Magensaft (Mendelson-Syndrom), Aspiration nährstoffreicher Nahrung als bakterielles Nährmedium
Selten als hämatogene Streuung
Hohes Alter und Immobilität jeglicher Ursache
Schlechter Immunstatus : Insb. bei Pneumocystis-Pneumonie und Pilzpneumonien
Chronische Erkrankungen
Kardiopulmonale Vorerkrankungen: Bspw. Asthma bronchiale, COPD, Herzinsuffizienz
Erworbene oder angeborene Alterationen der Atemwege: Bspw. Bronchiektasien, raumfordernde Prozesse, Mukoviszidose
Maschinelle Beatmung: Risiko steigt mit der Beatmungsdauer, dann i.d.R. als nosokomiale Pneumonie
Pneumonie : Klassifikation ?
Community-acquired Pneumonia (CAP): Ambulant erworbene Pneumonie
Hospital-acquired Pneumonia (HAP): Nosokomial erworbene Pneumonie
Bei Patienten mit Pneumonie soll in der Notaufnahme die Therapie entsprechend der Zuordnung zu einer der drei Formen erfolgen: a) Ambulant erworben , Patient immunkompetent. b) Nosokomial erworben , Patient immunkompetent. c) Unter Immunsuppression erworben Patient immunsupprimiert. (DGIM - Klug entscheiden in der Notaufnahme)
Typische Pneumonie: Lungenentzündung mit klassischen Symptomen (Fieber, Schüttelfrost, Husten, eitrige Schleimbildung) und typischen Untersuchungsbefunden (auskultatorisch und perkutorisch)
Atypische Pneumonie: Lungenentzündung mit schwächeren klassischen Symptomen und unauffälligen klinischen Untersuchungsbefunden (auskultatorisch und perkutorisch)
Primäre Pneumonie: Ohne erkennbare Vorerkrankungen
Sekundäre Pneumonie: Aufgrund einer Prädisposition bei Komorbidität (bspw. Asthma bronchiale, COPD, Herzinsuffizienz), anatomischen Veränderungen (bspw. Tuberkulose-Kavernen, bronchiale Stenosierungen → Retentionspneumonie) oder Schluckstörungen mit Aspiration
Aspirationspneumonie
Pneumonie : Pathophysiologie ?
Lobärpneumonie (klassische Lappenpneumonie): Vor allem Pneumokokken
Klassischer Stadienverlauf
Anschoppung (1.Tag): Seröses Exsudat bei blutreicher Lunge
Rote Hepatisation (2./3.Tag): Fibrinreiches Exsudat bei leberartiger Konsistenz der Lunge
Graue Hepatisation (4.–6.Tag): Erythrozytenabbau
Gelbe Hepatisation (7./8.Tag): Massenhaft eitriges Exsudat durch Leukozyteninfiltration
Lyse und Restitutio ad integrum (ab. 9.Tag bis 4.Woche): Verflüssigung des Fibrins und Abhusten des eitrigen Exsudats
Lobuläre Pneumonie (Bronchopneumonie): Meist deszendierende Infektion mit Beteiligung der Bronchien insb. durch Pneumokokken und/oder andere Streptokokken
Interstitielle Pneumonie: Entzündung des Interstitiums insb. durch Viren und Mykoplasmen, bspw. desquamative interstitielle Pneumonie (DIP)
Miliarpneumonie: Durch hämatogene Aussaat (z.B. bei Tuberkulose) verursacht; mit vielen kleinen Infiltraten
Pneumonie : Symptome/Klinik ?
Typische Klinik der bakteriellen Lobärpneumonie durch Pneumokokken
Plötzlicher Krankheitsbeginn mit starkem Krankheitsgefühl
Hohes Fieber
Produktiver Husten mit eitrigem Auswurf (gelblich-grünlich)
Tachypnoe und Dyspnoe
Schmerzen beim Atmen durch Begleitpleuritis
Besonderheit: Oft begleitend Herpes labialis, fortgeleitete Schmerzen in Ober- bis Unterbauch (insb. bei Kindern)
Atypische Klinik vor allem bei Infektionen durch Mykoplasmen, Chlamydien, Legionellen, Viren und/oder bei alten Patienten
Schleichender Beginn mit
Kopf- und Gliederschmerzen
Leichtem Fieber
Dyspnoe
Trockenem Husten
Oftmals nur diskret veränderten Entzündungsparametern
Pneumonie : Diagnostik ?
Erfassung der erweiterten Vitalzeichen
Blutdruck, Herzfrequenz, Atemfrequenz, Körpertemperatur, Pulsoxymetrie
Oxygenierung mit Werten des spO2 <92% in Raumluft deutet auf ein hohes Risiko hin
qSOFA-Score zur Evaluation einer Sepsis
Inspektion und Palpation
Vor allem bei Kindern durch große Anstrengung bei Inspiration → Zeichen der Dyspnoe
Thorakale Einziehungen (jugular, subkostal, interkostal)
Nasenflügeln
Verstärkter Stimmfremitus
Zeichen für ein Infiltrat
Feinblasige, klingende Rasselgeräusche
Verstärkte Bronchophonie
Bei atypischer Pneumonie oft kein pathologischer Auskultationsbefund
Perkussion: Bei lokalisierter Pneumonie eventuell gedämpfter Klopfschall
Blut
Entzündungszeichen
Leukozytose, im peripheren Blutausstrich ggf. Granulozyten mit toxischer Granulation
CRP↑
BSG↑
PCT↑: Höchste Spezifität für den Nachweis einer bakteriellen Pneumonie
Blutgasanalyse (BGA), um respiratorische Insuffizienz auszuschließen
Erregerdiagnostik bei stationärer Aufnahme
Blutkulturen: Mindestens jeweils zwei aerobe und anaerobe Kulturen
Urin: Pneumokokken-Antigentest, bei Verdacht auf Legionellen-Pneumonie auch Bestimmung des Legionellenantigens
Sputum-Diagnostik: Sputumkultur, zusätzlich mikroskopische Erfassung der Anzahl reaktiver Leukozyten pro Gesichtsfeld (polymorphkernige Leukozyten, toxische Granulation) und ggf. Legionellen-PCR alternativ zum Antigen-Test im Urin
Sputum ≠ Speichel!
Besteht aus Wasser, Zellen (Leukozyten, Epithelzellen), Fremdkörpern (Staubteilchen, Rauchpartikel), Proteinen (Glykoproteine, IgA, Albumin, Fibrinogen) und Mikroorganismen
Indikation
Schwerer Verlauf, antibiotisch vorbehandelte Patienten, Verdacht auf multiresistente Keime, nosokomial erworbene Pneumonie sowie häufige Exazerbationen bei COPD (≥3×/Jahr)
Interpretation
Die Farbe des Sputums kann bereits diagnostische Hinweise geben (siehe: Auswurf)
Der Nachweis von oropharyngealer Flora gilt als Zeichen einer Kontamination: α-hämolysierende Streptokokken (Oralstreptokokken), Neisserien u.a.
Pleurapunktion: Bei Vorliegen eines Pleuraergusses Probepunktion mit Bestimmung des pH, Beimpfung von Blutkulturflaschen mit dem Punktat und Bestimmung der Leukozytenzahl und des Eiweißgehaltes
Konventionelles Röntgen-Thorax
Befunde
Lobärpneumonie: Großflächige auf den Lungenlappen begrenzte Verschattung mit positivem Aerobronchogramm (Bronchopneumogramm)
Bronchopneumonie: Unscharf begrenzte, in der Lunge verteilte Infiltrate, Bronchopneumogramm nicht typisch
Interstitielle Pneumonie: Netzartige (retikuläre) Verschattung
Lokalisationsbestimmung: Silhouettenphänomen
Eine Grenzfläche wird im Röntgenbild sichtbar, wenn zwei Strukturen stark unterschiedlicher Dichte aneinander grenzen (bspw. der rechte Vorhof und der luftgefüllte rechte Mittellappen)
Grenzen hingegen zwei Strukturen mit ähnlicher Dichte aneinander, z.B. der rechte Vorhof an einen transparenzgeminderten Mittellappen bei Mittellappenpneumonie, so bilden diese beiden Strukturen eine gemeinsame Silhouette – die Grenze zwischen beiden ist nicht mehr sichtbar
CT-Thorax
Indikation: Bei unklaren Befunden im Röntgen-Thorax
Vorteil: Zuverlässigere Beurteilung von diskreten Verschattungen, einem Pleuraempyem oder bspw. Einschmelzungen
1 Haupt- und 2 Nebenkriterien
Hauptkriterium: Neu aufgetretenes Infiltrat im konventionellen Röntgen-Thorax in zwei Ebenen
Nebenkriterien
Fieber (≥38,5 °C) oder Hypothermie (≤36,5 °C)
Leukozytose (>10.000/μL) oder Leukopenie (<4.000/μL)
Eitriger Auswurf (gelblich-grün)
Für Infiltration sprechende physikalische Zeichen (Bronchophonie, Stimmfremitus u.a.): Nur geringe Sensitivität und Spezifität
Nachweis eines Erregers (Blutkultur, Sputum, Bronchialsekret oder Pleuraflüssigkeit)
Pneumonie : Therapie ?
CRB-65-Score
C = Confusion → Bewusstseinseintrübung
R = Respiratory Rate → Atemfrequenz ≥30/min
B = Blood pressure → Diastolischer Blutdruck ≤60 mmHg oder systolischer Blutdruck <90 mmHg
65 = Age ≥65 → Alter ≥65 Jahre
CURB-65-Score
U = Urea → Serum-Harnstoff >7 mmol/L (42 mg/dL)
B = Blood Pressure → Diastolischer Blutdruck ≤60 mmHg oder systolischer Blutdruck <90 mmHg
Körperliche Schonung, jedoch keine strenge Bettruhe
Physiotherapie: Frühmobilisierung und Atemtherapie
Hohe Flüssigkeitsaufnahme
Bei Hypoxie: Atemunterstützung bzw. Sauerstoffgabe
Nicht-invasiv: Sauerstoffgabe über Nasensonde oder Gesichtsmaske
Invasiv: Maschinelle Beatmung
Antipyretika, Analgetika (z.B. Paracetamol, Ibuprofen)
Antitussiva (z.B. Codein)
Expektoranzien und Mukolytika
Leichte Pneumonie → Ambulante Behandlung
Definition: CRB-65 = 0 und ausreichende Oxygenierung (SaO2 ≥92%)
Patienten ohne Risikofaktoren
Mittel der Wahl: Aminopenicillin (z.B. Amoxicillin)
Bei Penicillin-Allergie oder -Unverträglichkeit bzw. Verdacht auf Beteiligung atypischer Erreger
Makrolid (z.B. Clarithromycin)
Doxycyclin
nachgeordnet Fluorchinolone der Gruppe III oder IV (Levofloxacin oder Moxifloxacin)
Patienten mit dem Risikofaktor Komorbidität
Mittel der Wahl: Aminopenicillin + β-Lactamase-Inhibitor (z.B. Amoxicillin/Clavulansäure)
Bei Verdacht auf Beteiligung atypischer Erreger: Kombination mit einem Makrolid (z.B. Clarithromycin)
Bei Penicillin-Allergie oder -Unverträglichkeit: Fluorchinolone der Gruppe III oder IV (Levofloxacin oder Moxifloxacin)
Mittelschwere und schwere Pneumonie → Stationäre Behandlung
Mittelschwere Pneumonie
Definition: Zwischen leichter und schwerer Pneumonie, Vorliegen von max. 2 Minorkriterien der ATS-Klassifikation, Laktat > 2 mmol/L
Mittel der Wahl: Aminopenicillin + β-Lactamase-Inhibitor i.v. (z.B. Ampicillin/Sulbactam) oder Cephalosporine der 2. oder 3. Generation (z.B. Cefuroxim oder Ceftriaxon)
Kombination mit einem Makrolid: Abdeckung atypischer Erreger und Nutzung immunmodulatorischer Effekte (z.B. Clarithromycin)
Alternativ (z.B. bei Penicillin-Allergie): Fluorchinolone der Gruppe III oder IV mit guter Pneumokokken-Wirksamkeit (z.B. Levofloxacin oder Moxifloxacin)
Schwere Pneumonie
Definition: Akute respiratorische Insuffizienz und/oder Sepsis und/oder dekompensierte Komorbidität (z.B. kardiale Dekompensation, exazerbierte COPD, akute Nierenschädigung)
Mittel der Wahl: Piperacillin/Tazobactam oder Cephalosporine der 3. Generation (z.B. Ceftriaxon) und immer zusätzlich ein Makrolid (z.B. Clarithromycin)
Alternative für Patienten ohne septischen Schock: Fluorchinolone der Gruppe III oder IV mit guter Pneumokokken-Wirksamkeit (z.B. Levofloxacin oder Moxifloxacin)
Fluorchinolone bei Pneumonien
Aufgrund bekannter Risiken der Anwendung von Fluorochinolonen sollten diese stets nachrangig und unter individueller Risiko-Nutzen-Bewertung angewendet werden. Beachte hierzu auch Rote-Hand-Briefe zu Fluorchinolonen
Multiresistente Erreger und nosokomiale Pneumonie
Siehe: Nosokomiale Pneumonie
Siehe: Therapie der Aspirationspneumonie
Pneumonie : Komplikationen ?
Begleitpleuritis
Pleuritis, die im Rahmen einer Pneumonie auftritt
Schmerzen sollten symptomatisch analgetisch behandelt werden
Begleiterguss
Pleuraempyem
Lungenabszess
Ätiologie
Entsteht vornehmlich bei Aspiration
Sepsis
Respiratorische Insuffizienz, ARDS: Intensivmedizinische Behandlung mit Beatmungstherapie
Pneumonie : Verlaufs- und Sonderformen ?
Die nosokomiale Pneumonie, die Aspirationspneumonie und die durch spezielle Erreger ausgelösten Pneumonien haben in der klinischen Präsentation und Diagnostik ihre Besonderheiten und benötigen spezielle Therapieregime.
Definition: Pneumonie als Folge einer Aspiration (= Einatmen von Fremdmaterial in die Lunge), bspw.
Aktive oder passive Regurgitation von Mageninhalt
Oropharyngeales Sekret
Fremdkörper (siehe auch: Fremdkörperaspiration)
Voraussetzung für eine Aspiration: Unzureichende Schutzreflexe
Pathophysiologie
Direkte Verlegung der Alveolaroberfläche bzw. Verlegung ganzer Bronchialabschnitte
Voraussetzung: Größere Mengen Flüssigkeit
Folge: Kompromittierung des Gasaustausches → Oxygenierung↓
Chemische Reizung: Mendelson-Syndrom
Voraussetzung: Aspiration von saurem Mageninhalt
Nicht-infektiöse Lungenentzündung (chemische Pneumonitis)
Verlauf bis zum ARDS möglich
Komplikation: Sekundäre bakterielle Pneumonie
Mikroaspiration: Wiederholte Aspiration kleiner Mengen Flüssigkeit
Insb. bei Patienten mit Schluckstörungen
Potenziell pathogene Erreger aus der oropharyngealen Flora → Nosokomiale Pneumonie
Prädisposition für eine Aspiration
Schluckstörungen jeglicher Ursache (neurologische Erkrankungen)
Stenosen bzw. Veränderungen am oberen Gastrointestinaltrakt (insb. auch HNO-Operationen)
PPI-Therapie (fehlende Bakterizidie des Magensaftes)
Bettlägerige Patienten
Fehler bei der Ernährung mit Magensonde/PEG (zu flache Lagerung, zu schnelle Laufrate)
Ineffektiver Hustenstoß, Hypersalivation und gastroösophagealer Reflux
Für die Risikofaktoren im Rahmen einer Narkoseeinleitung siehe: Perioperatives Aspirationsrisiko
Lokalisation: Abhängig von der Lage des Patienten bei Aspiration
Liegender Patient: Posteriore Segmente der Oberlappen, apikale Segmente der Unterlappen
Sitzender Patient: Basale Segmente der Unterlappen (insb. rechts)
Klinische Hinweise: Sofortreaktionen nach Aspiration
Bronchospasmus
Rasselgeräusche
Zyanose bei Hypoxämie
Therapeutisches Vorgehen bei Aspiration
Bei Verdacht auf Aspiration im Rahmen einer Allgemeinanästhesie: Sofortige Kopftieflagerung
(Re‑)Intubation bei respiratorischer Insuffizienz oder im Rahmen einer Narkoseeinleitung (siehe auch: RSI)
Möglichst vollständiges Absaugen bzw. bronchoskopisches Bergen des aspirierten Materials; bei soliden Aspiraten Extraktion mit Magill-Zange bzw. Bronchoskopie
Nach Absaugen/Bronchoskopie: Bedarfsgerechte Beatmung bei respiratorischer Insuffizienz bzw. im Rahmen einer Narkoseeinleitung
Diagnostik nach einer Aspiration
Mikrobiologische Untersuchung des Bronchialsekrets
Engmaschige Verlaufskontrollen per Röntgen-Thorax auf Komplikationen der Aspiration bzw. des Mendelson-Syndroms
Therapie der Aspirationspneumonie
Beatmungstherapie (wenn erforderlich)
Bei komplikationslosem Verlauf keine routinemäßige Gabe von Glucocorticoiden und/oder Antibiotika
Erregerspektrum: Häufig polymikrobielle Mischinfektion
Anaerobier wie Peptostreptococcus spp.
Enterobakterien
Staphylococcus aureus (insb. bei schleichender Aspiration)
Kalkulierte Antibiotikatherapie: Intravenöse Therapie, Erstwahl analog zur Therapie der mittelschweren Pneumonie
Primär: Ampicillin/Sulbactam
Alternativen
Cephalosporin Gr. III (z.B. Ceftriaxon) oder Gr. II (z.B. Cefuroxim) und Clindamycin
Moxifloxacin
Komplikationen
Lungenabszess in Bereichen der pneumonischen Infiltrate
ARDS
Andere Erreger-assoziierte Erkrankungen, die sich klinisch als Pneumonie präsentieren können
Legionellen-Pneumonie
Ornithose
Primäre Influenza-Pneumonie
Tuberkulose
Diverse Viren (z.B. RSV-Infektion, Hantavirus-Infektion)
SARS
COVID-19
Bei immunsupprimierten Patienten
Pneumocystis-jirovecii-Pneumonie
CMV-Pneumonie
Aspergillose
Candidose
Lipidpneumonie
Epidemiologie: Sehr seltene Pneumonieform
Ätiologie: Endogene (z.B. Tumorzerfall, tumoröse Bronchialobstruktion) oder exogene Faktoren (Aspiration von Fetten, Ölen etc. ) führen zu einer Ablagerung von Lipiden in der Lunge → Entzündungsreaktion der Alveolen und des interstitiellen Lungengewebes
Diagnostik
Bildgebung der Wahl: CT-Thorax
Bronchoskopie mit Zytologie / Histologie (Nachweis von lipidbeladenen Makrophagen)
Therapie
Kausal (z.B. Sistieren der Fettexposition); symptomatisch
Komplikation: Lungenfibrose
Pneumonie : Prognose ?
Die Sterblichkeit steigt mit dem Alter
Sterblichkeit durch CRB-65 abschätzbar
Score 0: <1%
Score 1–2: ca. 6%
Score 3–4: ca. 23%
Nosokomiale Pneumonien haben eine Sterblichkeit von >20%
Pneumonie : Prävention ?
Pneumokokken-Impfung
Grippe-Impfung
Aufgabe des Rauchens
Beseitigung bzw. optimierte Therapie und Prophylaxe einer Schluckstörung mit Aspirationsneigung
Die STIKO empfiehlt allen Kindern (bis 23 Monate) und allen Personen ab 60 Jahren die Pneumokokken-Impfung (als Standardimpfung)
Siehe auch: STIKO-Impfkalender
Ziel: Prävention von invasiven und lokalisierten Pneumokokken-Erkrankungen
Impfstoff: Zwei Totimpfstoffarten stehen zur Auswahl
Polyvalenter Polysaccharidimpfstoff: PPSV23 (23-valent)
Polyvalente Konjugatimpfstoffe: PCV10 (10-valent) und PCV13 (13-valent)
Grundimmunisierung: Ab dem Alter von 2 Monaten
Reifgeborene: 3 Impfdosen im Alter von 2, 4 und 11 Monaten mit Pneumokokken-Konjugatimpfstoff
Frühgeborene: Zusätzliche Impfdosis mit Pneumokokken-Konjugatimpfstoff im Alter von 3 Monaten (insgesamt also 4 Impfdosen)
Standardimpfung: Alle Personen ab 60 Jahren
Einmalige Impfung mit Pneumokokken-Polysaccharidimpfstoff
Sequenzielle Impfung: Initial Impfung mit PCV13, nach 6–12 Monaten Impfung mit PPSV23
Berufsbedingte Impfung
Tätigkeiten mit Exposition gegenüber Metallrauch, bspw. Schweißen und Trennen von Metallen
Impfung mit PPSV23
Wiederholungsimpfung mit PPSV23 im Abstand von mind. 6 Jahren, solange Exposition andauert
Indikationsimpfungen
Für Details siehe
Influenza-Impfung
Influenza-Impfstoffe
Legionellose : Abstract ?
Die Legionellose ist eine bakterielle Infektionskrankheit.
Der Erreger Legionella pneumophila ist ein Nasskeim, der sich vor allem in Warm- und Kondenswasser vermehrt (z.B. in Warmwasseranlagen, Klimaanlagen) und über kontaminierte Aerosole übertragen wird.
Klinisch unterscheidet man einen leichten Verlauf ohne Pneumonie (Pontiac-Fieber) von einem schweren Verlauf mit Pneumonie (Legionärskrankheit).
Bei entsprechendem Verdacht sollte zum Erregernachweis ein Antigennachweis im Urin erfolgen.
Therapie der Wahl ist die Gabe von Fluorchinolonen (Levofloxacin).
Der Erregernachweis ist namentlich meldepflichtig.
Der Name der Erkrankung geht auf eine Epidemie bei einem Treffen amerikanischer Kriegsveteranen („The American Legion“) zurück.
Bei jedem atypischen Pneumonieverdacht müssen Legionellen als Erreger antibiotisch mit abgedeckt werden!
Es ist keine Isolierung erforderlich, da eine Übertragung von Mensch zu Mensch für die Legionellose untypisch ist!
Legionellose : Epidemiologie ?
Häufigkeitsgipfel: In jedem Alter möglich, meist Erwachsene betroffen
Risikopatienten
Ältere Menschen
Patienten mit chronischen Erkrankungen
Immunsupprimierte
Raucher
Legionellose : Ätiologie ?
Legionella pneumophila („Legionellen“, gramnegative Stäbchen, obligat aerob, fakultativ intrazellulär, Nasskeim)
Optimaler Wassertemperaturbereich für Legionellen 20–50°C
Legionellen werden bei Wassertemperaturen zwischen 60 und 70°C abgetötet
Inhalation kontaminierter Aerosole
Kalt-und Warmwassersysteme: Z.B. Hotels, Kliniken, Altersheime
Schwimmbecken, Duschanlagen, Whirlpools
Raumlufttechnische Anlagen, bei denen es zu Kontamination von Kondenswasser kommen kann: Klimaanlagen, Kühlwerke
Legionellose : Symptome/Klinik ?
Nur ca. 1% der gegenüber Legionellen exponierten Personen entwickelt eine Infektion, die bei Gesunden meistens asymptomatisch verläuft. Vorwiegend bei Risikopatienten kann es zu einer symptomatischen Erkrankung kommen, die sich entweder als Pontiac-Fieber (90%) oder Legionärskrankheit (10%) manifestiert:
Inkubationszeit: 1–3 Tage
Leichter Verlauf einer Legionellose ohne Pneumonie
Symptome sind nur schwer von einem grippalen Infekt mit Fieber, Kopf- und Gliederschmerzen zu unterscheiden
Inkubationszeit: 2–10 Tage
Symptome einer atypischen Pneumonie, bspw.
Grippeähnliche Beschwerden
Trockener Husten
Mögliche Begleitsymptomatik: SIADH mit
Hyponatriämie
Diarrhö
Legionellose : Diagnostik ?
Siehe auch Diagnostik der Pneumonie
Eine spezifische mikrobiologische Untersuchung zum Erregernachweis und zur Sicherung der Diagnose sollte bei entsprechendem Verdacht unbedingt erfolgen
Legionellen-Antigentest im Urin
Legionellen-PCR aus Sputum
Erregernachweis aus Sputum- und Bakterienkultur: Ergebnis erst nach 4–7 Tagen
Serologie: Ein 4-facher Antikörper-Titeranstieg innerhalb von 2 Wochen spricht für eine Infektion
Typisierung: Vergleich der Legionellen-Isolate von Infizierten mit denen aus der Umwelt hilft bei der Identifikation der Infektionsquelle
Legionellose : Therapie ?
Jede Legionellen-Pneumonie sollte aufgrund der hohen Letalität frühzeitig antibiotisch behandelt werden.
Antibiotische Therapie: Bei Legionellen-Nachweis erfolgt eine wirksame antibiotische Therapie über 5–10 Tage, bei Immunsuppression über 21 Tage
1. Wahl: Levofloxacin
Alternative: Makrolide (z.B. Clarithromycin)
Veraltet: Zusätzliche Gabe von Rifampicin bei schwerem Verlauf – laut RKI nicht mehr empfohlen (Stand: 2013)
Siehe auch: Therapie der Pneumonie
Legionellose : Prävention ?
Meldepflicht an das Gesundheitsamt: Für die Legionellose gilt nach dem Infektionsschutzgesetz die namentliche Meldepflicht bei Erregernachweis
Die kontaminierte Wasserstelle darf nicht mehr genutzt werden
Auf Station darf zum Verbrauch (z.B. Körper- und Mundpflege, Trinken, Kochen, Reinigen der Station) nur noch Wasser ohne erhöhte Legionellenkonzentration (Nachweis erforderlich) verwendet werden
Chemische oder thermische Desinfektion
Einsatz endständiger Filter
Bei der thermischen Desinfektion wird das gesamte Wasserleitungsnetz inklusive der Entnahmearmaturen für mindestens drei Minuten auf mehr als 71°C erwärmt.
Pneumocystis-jirovecii-Pneumonie : Abstract ?
(PCP, Pneumocystis-Pneumonie)
Eine Pneumonie durch den ubiquitär vorkommenden Schlauchpilz Pneumocystis jirovecii (früher: carinii) tritt nur bei immungeschwächten Patienten auf.
Insb. eine chronisch progrediente Dyspnoe mit trockenem Husten, die sich trotz antibiotischer Therapie nicht bessert, sollte an diese Differenzialdiagnose denken lassen.
In etwa der Hälfte aller Fälle ist es die erste Manifestation von AIDS.
Diagnostische Hinweise sind eine LDH-Erhöhung sowie (initial oftmals nur diskrete) milchglasartige Verschattungen im Röntgen-Thorax.
Eine hochdosierte Therapie mit Cotrimoxazol ist neben einer weitergehenden Abklärung bzw. Behandlung der zugrunde liegenden immunsupprimierenden Erkrankung erforderlich.
Der unauffällige Auskultationsbefund und der zunächst harmlos wirkende Husten (bei Pneumocystis-jirovecii-Pneumonie) führen häufig zur Fehldiagnose einer atypischen Pneumonie oder Bronchitis!
Pneumocystis-jirovecii-Pneumonie : Definition ?
Interstitielle Pneumonie durch den Schlauchpilz Pneumocystis jirovecii: Pneumozysten wurden lange Jahre zu den Protozoen gezählt, werden inzwischen aber den Pilzen zugeordnet
Das Durcheinander bei der Namensgebung (P. jirovecii; früher P. carinii) ist darauf zurückzuführen, dass die Subspezies der Pneumozysten P. carinii von Antonio Carini bei Ratten entdeckt wurde und aufgrund der Ähnlichkeit zu den menschlichen Pneumozysten als Erreger fehlidentifiziert wurde. Die eigentlich humanpathogene Spezies wurde von Otto Jirovec entdeckt und bei Kindern und Säuglingen beschrieben, woraufhin P. carinii in P. jirovecii umbenannt wurde. Allerdings lautet die offizielle Abkürzung immer noch PCP (und nicht PJP), wobei PCP nicht für "Pneumocystis carinii Pneumonie" sondern für "PneumoCystis Pneumonie" steht – das Durcheinander der Namensgebung wird dadurch allerdings nicht geklärt und vermutlich noch ein wenig anhalten
Pneumocystis-jirovecii-Pneumonie : Ätiologie ?
Erreger: Pneumocystis jirovecii (früher Pneumocystis carinii), Schlauchpilz, ubiquitäres Vorkommen
Infektionsweg: Aerogen, stets opportunistische Infektion bei Immunsupprimierten
Risikofaktoren
HIV-Infektion
Oftmals Erstdiagnose einer HIV-Infektion
AIDS: Bei ca. 45% der Patienten Erstmanifestation
CD4-Zellzahl: Meistens <200/μL
Chemotherapie
Pneumocystis-jirovecii-Pneumonie : Symptome/Klinik ?
Prodromalphase über Wochen: Subfebrile Temperaturen und subjektives Krankheitsgefühl
Leitsymptome sind die schleichend einsetzende Dyspnoe und ein trockener (nicht produktiver!) Husten
Im Verlauf plötzliche Zunahme der Dyspnoe
Belastungsdyspnoe
Subfebrile Temperaturen
Pneumocystis-jirovecii-Pneumonie : Diagnostik ?
Oft unauffälliger Auskultationsbefund
Der unauffällige Auskultationsbefund und der zunächst harmlos wirkende Husten führen häufig zur Fehldiagnose einer atypischen Pneumonie oder Bronchitis!
Typische LDH-Erhöhung
Erregernachweis: PCR bzw. Mikroskopie aus BAL oder induziertem Sputum (Letzteres mit geringer Sensitivität)
Keine Serologie möglich, Erreger nicht kulturell anzüchtbar
Lungenfunktion
pO2↓↓
Vitalkapazität↓
Diffusionskapazität↓
Röntgen-Thorax: Interstitielle Zeichnungsvermehrung, später flächige Infiltrate (symmetrisch, milchglasartig, schmetterlingsartig)
CT: Hilär betonte milchglasartige Trübungen, verdickte Septen und noduläre Veränderungen, teilweise Granulome und Zysten , Pleuraergüsse sind eher untypisch
Pneumocystis-jirovecii-Pneumonie : Therapie ?
1. Wahl: Hochdosiert Cotrimoxazol für mind. 3 Wochen
Bei schwerer respiratorischer Insuffizienz zusätzlich Glucocorticoide
Alternativ oder bei Allergie: Trimethoprim + Dapson (Kombination) oder Pentamidin (Monotherapie)
Primärprophylaxe: CD4-Helferzellen unter 200/μL (AIDS, Knochenmarksuppression unter zytostatischer Therapie)
Sekundärprophylaxe: Schutz vor Rezidiv bei AIDS bzw. fortbestehender Immunschwäche
Durchführung
Niedrigdosiert Cotrimoxazol
Alternativ: Inhalation von Pentamidin (bspw. 1× monatlich)
Pneumocystis-jirovecii-Pneumonie : Komplikationen ?
Respiratorische Insuffizienz
Kavernenbildung mit Rupturgefahr → Sekundärer Pneumothorax
Rezidivneigung
Pneumocystis-jirovecii-Pneumonie : Prognose ?
Unbehandelt : Eine der Haupttodesursachen bei HIV-Patienten
Behandelt : Gute Kontrolle und Prävention eines Krankheitsausbruchs
Gesamtüberleben bei HIV-Infektion: 90%
Tuberkulose : Abstract ?
(Tbc)
Der (Haupt‑)Erreger der Tuberkulose (Mycobacterium tuberculosis) wurde 1882 von Robert Koch entdeckt.
Aufgrund der besonderen Eigenschaften der Tuberkelbakterien (säurefest, langsames Wachstum, überleben in Makrophagen) unterscheidet sich das klinische Bild der Erkrankung deutlich von anderen bakteriellen Infektionskrankheiten.
Die meist aerogene Erstinfektion verläuft häufig latent ohne röntgendiagnostisch nachweisbaren Organbefund – seltener kommt es zur manifesten Primärtuberkulose mit intrapulmonalen Läsionen.
Typisch ist ein subklinischer Verlauf, gelegentlich mit nur geringer Temperaturerhöhung sowie Gewichtsverlust und Nachtschweiß.
Klassisches pulmonales Symptom ist ein produktiver Husten, gelegentlich mit Hämoptysen, der auf die symptomatische Therapie nicht anspricht.
Ausgehend von dieser Infektion kann es auch nach langjährigem Verlauf insb. bei immungeschwächten Patienten zu einer endogenen (seltener exogenen) Reaktivierung mit hämatogener Streuung in theoretisch jedes Organ kommen.
Aus diesem Grund ist die Tuberkulose ein interdisziplinäres Krankheitsbild, das sich sehr unterschiedlich präsentieren kann (z.B. Knochentuberkulose → Spezifische Spondylitis; Hauttuberkulose → Lupus vulgaris).
Diagnostisch wegweisend sind Befunde im Röntgen-Thorax und in laborchemischen Verfahren (z.B. γ-Interferon-Test, Tuberkulin-Test).
Gesichert wird die Diagnose aber über den direkten Keimnachweis in der Mikroskopie, Kultur und/oder PCR.
Da die Bakterien nur langsam wachsen, sich in Makrophagen „verstecken“ und ihre Zellwand von Medikamenten kaum penetriert werden kann, ist die Tuberkulosetherapie langwierig und kompliziert.
Laut Standardschema werden zunächst Rifampicin, Isoniazid, Ethambutol und Pyrazinamid für zwei Monate kombiniert gegeben.
Im Anschluss werden Rifampicin und Isoniazid für mind. weitere vier Monate verabreicht.
Die Inzidenz der Tuberkulose mit multiresistenten Erregern nimmt jedoch stetig zu.
Tuberkulose und AIDS beschleunigen wechselseitig den Krankheitsverlauf!
Bei jungen Menschen mit Bluthusten sollte immer an eine Tuberkulose gedacht werden!
Die Tuberkulose kann bei Aussaat jedes Organ befallen!
Bei unklaren chronisch rezidivierenden Pleuraergüssen sollte auch immer an eine Pleuritis tuberculosa gedacht werden! {Pleuritis tuberculosa Pleurabeteiligung meist im Rahmen einer Primärtuberkulose. Es handelt sich um eine exsudative Rippenfellentzündung mit chronisch rezidivierenden Pleuraergüssen, die meist durch einen subpleural gelegenen Tuberkuloseherd hervorgerufen wird. Der Nachweis erfolgt über eine thorakoskopische Pleurabiopsie}
Direkter Erregernachweis : Bei Fehlen spezifischer Erforderlichkeiten sollten Untersuchungsmaterialien nativ in einem sterilen Behältnis aufgefangen und umgehend zur Untersuchung verschickt werden. Falls eine Lagerung notwendig ist, sollte bei 2–8°C gelagert werden!
Direkter Erregernachweis : Proben sollten stets VOR Therapiebeginn gesichert werden!
Abstriche (z.B. Wundabstriche auf Abstrichtupfern) sind zum direkten Erregernachweis schlecht geeignet. Zu diesem Zweck sollten stattdessen bspw. Gewebebiopsie, Aspiration oder Geschabsel vorgezogen werden!
Vor Probenentnahme enge Rücksprache mit dem zuständigen Labor halten! Die optimale Materialasservierung und der fachgemäße Versand tragen entscheidend zum Diagnoseerfolg im Labor bei!
Blutkulturen gehören nicht zur Standarddiagnostik bei Tuberkulose, da sich die Mykobakterien in Blutkulturen kaum anzüchten lassen!
„PERI“ als Akronym für die vier Standardmedikamente: Pyrazinamid, Ethambutol, Rifampicin, Isoniazid
Durch Enzyminduktion in der Leber kann es zu Wirkungsabschwächungen anderer Medikamente kommen, die über das gleiche Cytochrom metabolisiert werden (u.a. orale Antidiabetika, Calciumantagonisten, Statine, orale Kontrazeptiva)!
Während der tuberkulostatischen Therapie müssen regelmäßige Kontrollen von Blutbild, Harnsäure, Nierenretentionsparametern und Leberwerten erfolgen!
Vor Therapiebeginn ist wegen der Gefahr einer Optikusneuritis {Entzündung des Sehnerven (N. opticus)} bei Ethambutol-Gabe ein Ophthalmologie-Konsil indiziert!
Vor Therapiebeginn ist wegen der Ototoxizität von Streptomycin immer ein HNO-Konsil indiziert!
Ein falsch-positiver Tuberkulintest bei BCG-Geimpften ist möglich!
Tuberkulose : Definition ?
Primäraffekt (Ghon-Herd)
Intrapulmonaler spezifischer Tuberkuloseherd nach Erstinfektion
Meist im oberen Teil des Unterlappens bzw. im unteren (rechten) Mittellappen
Primärkomplex (Ghon-Komplex, Ranke-Komplex)
Primäraffekt + lokale Lymphknotenreaktion (z.B. der Hiluslymphknoten)
Verkalkt häufig
Minimal Lesions
Kleine Organherde durch erste hämatogene Aussaat
Meist in den Lungenspitzen lokalisiert
Simon-Spitzenherd: In den Lungenspitzen lokalisierte Minimal Lesions
Assmann-Frühinfiltrat: Im Rahmen einer postprimären Tuberkulose reaktivierter Simon-Spitzenherd
Tuberkulose : Epidemiologie ?
Verbreitung: Weltweit
Latente Infektion: Etwa ein Viertel der Weltbevölkerung
Von den Infizierten erkranken 5–10% im Laufe ihres Lebens an TB
Etwa 10% der gleichzeitig mit HIV Infizierten erkranken im Laufe eines Jahres(!) an TB
Neuerkrankungen
10 Mio. Fälle weltweit (2017)
Etwa 5.500 Fälle in Deutschland (2017)
Todesfälle
1,3 Mio. weltweit (2017), damit die zehnthäufigste Todesursache
Inzidenz: 6,7 Fälle/100.000 Einwohner pro Jahr (Deutschland)
Hohe Inzidenzen weltweit u.a. in Mosambik, Südafrika und auf den Philippinen
Hohe Inzidenzen europaweit in den postsowjetischen Staaten
Tuberkulose : Ätiologie ?
Allgemeine Merkmale
Unbewegliche, aerobe, grampositive, säurefeste Stäbchen mit lipidhaltiger Zellhülle
Widerstandsfähigkeit: Lebensfähig in der Luft auch über längere Distanzen
Säurefestigkeit
Lebensfähig im Magensaft
Schwer zu entfärben
Mycobacterium-tuberculosis-Komplex
Mycobacterium tuberculosis (95%): Haupterreger der Tuberkulose
Infektionsweg: Insb. durch Tröpfcheninfektion
Erregerreservoir: Vorwiegend Menschen
Mycobacterium bovis: Haupterreger der Darmtuberkulose
Infektionsweg: Insb. über den Verzehr von kontaminierter Kuhmilch
Erregerreservoir: Vorwiegend Rinder
Mycobacterium africanum (auf dem afrikanischen Kontinent verbreitet)
Multiresistente Erreger
Die Inzidenz an multiresistenten Tuberkulosekeimen nimmt weltweit jährlich zu.
Epidemiologie
Regionen mit erhöhter Inzidenz: Ehemalige Mitgliedsstaaten der Sowjetunion (z.B. Kasachstan, Estland, Moldawien), Indien, China und Südafrika
In Deutschland geringe Inzidenz
Varianten
Single-drug-resistant Tuberculosis (SDR-TB)
Multi-drug-resistant Tuberculosis (MDR-TB)
Extensively-drug-resistant Tuberculosis (XDR-TB)
Ursachen
Unzureichende Kombination, Regelmäßigkeit und Wirkstoffkonzentration, z.B. bei mangelnder Compliance oder nicht adäquater Behandlung
Armut, Immunschwäche: Weltweite Tuberkuloseinzidenz steigt an und geht mit vermehrten multiresistenten Keimen einher
Folgen (im Vergleich zu nicht-resistenten Erregern)
Prognose: Heilungschancen bis zu 50% geringer
Klinischer Verlauf: Häufiger Befall mehrerer Organe, häufiger Rezidive
Immunsuppression, HIV (weltweit betrachtet ist Tuberkulose die häufigste Todesursache bei AIDS-Patienten)
Drogenabhängigkeit und Alkoholkrankheit
Unterernährung
Vorgeschädigte Lunge (z.B. Silikose, COPD)
Tuberkulose : Klassifikation ?
Phänomene nach Erstinfektion
Primärkomplex: Intrapulmonaler spezifischer Tuberkuloseherd (auch „Ghon-Herd“ oder „Primäraffekt“ genannt) + lokale Lymphknotenreaktion (z.B. der Hiluslymphknoten)
Positiver indirekter Erregernachweis: Z.B. durch Tuberkulinhauttest
Anschließender Krankheitsverlauf
Latente Tuberkuloseinfektion (LTBI): In >95% der Fälle
Positiver indirekter Erregernachweis, jedoch ohne klinischen Nachweis einer aktiven Tuberkulose
Erreger werden durch Immunsystem kontrolliert und verkapselt, Reaktivierung jedoch möglich
Manifeste Primärtuberkulose: In <5% der Fälle
Radiologisch nachweisbarer und sich ausbreitender Primärkomplex
Gefahr der lymphogenen, bronchogenen und/oder hämatogenen Streuung
Definition: Organinfektion nach einer zurückliegenden Erstinfektion
In 80% der Fälle ist die Lunge betroffen
Zwischen Erstinfektion und postprimärer Tuberkulose können Monate bis Jahre liegen
Einteilung
Exogene Reinfektion (selten)
Endogene Reaktivierung (häufig)
Assmann-Frühinfiltrat
Tuberkulose : Pathophysiologie ?
Die Besonderheit der Tuberkelbakterien ist die Beschaffenheit der Zellwand (Zusammensetzung aus Wachs und Lipiden).
Nährstoffe gelangen nur schwer ins Innere der Bakterien → Die Bakterien wachsen und vermehren sich langsam, sodass sie bei Erstinfektion keine klassische Entzündung auslösen
Unempfindlichkeit gegenüber Noxen
Nichtaktivierte Makrophagen phagozytieren die Tuberkelbakterien, können sie aber nicht eliminieren und gehen selbst infolge der Vermehrung der Bakterien innerhalb des eigenen Zellleibs zugrunde
Cord-Faktor
Aufgrund ihres Aufenthaltes in den Phagozyten entgehen die Bakterien weitestgehend der humoralen Immunantwort durch Antikörper → Antikörperbestimmung in der Diagnostik spielt keine Rolle
Nur durch T-Lymphozyten aktivierte Makrophagen können ein phagozytiertes Tuberkelbakterium töten
Antibiotika haben nur einen Effekt, wenn sie kombiniert über einen langen Zeitraum gegeben werden
Tuberkulose : Symptome/Klinik ?
Die Primärtuberkulose ist fast ausschließlich eine Lungentuberkulose. Weitaus seltener zeigen sich andere Verlaufsformen der Primärtuberkulose.
Entstehung: Mit einer Latenz von 4–8 Wochen nach Erstinfektion kommt es zu einer Immunantwort und damit zur Primärtuberkulose
Klinischer Verlauf: Meist symptomlos; fakultativ kann es zu folgenden Symptomen kommen:
Unspezifische Allgemeinsymptome: Subfebrile Temperaturen, Gewichtsverlust, Nachtschweiß (→ B-Symptomatik), Abgeschlagenheit
Pulmonale Symptome: Produktiver Husten (evtl. mit Blutbeimengung, sog. Hämoptysen), Belastungsdyspnoe
Eine postprimäre Tuberkulose entsteht zumeist durch endogene Reaktivierung (z.B. bei Immunschwäche) und kann durch hämatogene Streuung zu einzelnen Organmanifestationen führen. Häufig ist ein einzelnes Organsystem betroffen.
80% Lungentuberkulose (Klinik → Primärtuberkulose)
20% extrapulmonale Tuberkulose
Extrapulmonale Tuberkulose
Urogenitale Tuberkulose (Genitaltuberkulose)
Die Tuberkulose kann sich in allen Strukturen des Urogenitaltraktes manifestieren (z.B. Tuberkulose der Nieren, der Ureteren, der Harnblase, der Urethra, der Prostata, der Samenblase, des Nebenhodens, der Adnexen)
Mögliche Symptomatik
Ableitende Harnwege: Dysurie, Flankenschmerzen, Hämaturie
♂: Bspw. Prostatabefall: Symptome einer Prostatitis
♀: Bspw. Adnexbefall: Sekundäre Amenorrhö, Tubenverwachsungen mit Infertilität/Sterilität
Bei Pyosalpinx: Eitriger Fluor, Metrorrhagien und Hypermenorrhö, subfebrile Temperaturen
Ableitende Harnwege
Klinische Chemie mit Leitbefund: Sterile Leukozyturie in der Primärurinkultur
Radiologische Bildgebung: Kalzifikationen, Strikturen und Kavernen
♀: Adnexbefall
Labor: Direkter Nachweis der Mykobakterien im Menstrualblut
Bildgebung: Pyosalpinx
Therapie: Medikamentöse Tuberkulosetherapie, ggf. operative Lösung von Verwachsungen (♀) und Harnröhrenstrikturen
Hauttuberkulose
Die Tuberkulose der Haut kann sich auf unterschiedliche Weise manifestieren und exogener oder endogener (per continuitatem, lymphogen oder hämatogen) Genese sein. Häufigste Manifestationsformen sind der Lupus vulgaris und das Skrofuloderm.
Exogene Genese (Inokulationstuberkulose)
Tuberculosis verrucosa cutis: Betrifft insb. Hände und Füße; Auftreten v.a. bei beruflicher Exposition
Endogene Genese (sekundäre Tuberkulose)
Lupus vulgaris: Häufigste und klassische Erscheinungsform der Hauttuberkulose, Auftreten insb. in Ländern mit schlechten hygienischen Verhältnissen
Synonym: Tuberculosis cutis luposa
Lokalisation: Bevorzugt im Gesicht
Effloreszenzen: Rötlich-braune Verhornungen, später sind Ulzerationen, Narbenbildung und Verstümmelungen möglich
Keine Schmerzen
Diagnostik: Positives Sondeneinbruchsphänomen
Einbrechen der Sonde in die betroffene Haut, bereits bei geringem Druck
Skrofuloderm
Synonym: Tuberculosis cutis colliquativa (Sonderform: tuberkulöse Gumma)
Tuberkulose der Subkutis
Meist bei mittelguter bis schlechter Abwehrlage
Epidemiologie: Gehäuftes Vorkommen in Ländern des Globalen Südens
Tuberkulide
Z.B. Tuberculosis cutis indurativa (Erythema induratum Bazin): Knotige Gefäßentzündung der Waden; betrifft v.a. Frauen
Andere Lokalisationen
Rachen und Hals
Kehlkopftuberkulose
Klinik: Heiserkeit
Endoskopische Diagnostik: Entzündung einer Stimmlippe (Monochorditis) mit Ulzerationen und Granulationen
Angina tonsillaris bei Tuberkulose: Verkäsend ulzerierende Gaumentonsille
Knochen („Knochentuberkulose“)
Lokalisation: Am häufigsten Wirbelsäule (>50%) → Spezifische Spondylitis
Bildgebung: Osteolysen
Herz
Manifestationsform: Am häufigsten feuchte Perimyokarditis mit Perikarderguss
Verlauf: Häufig Entwicklung einer chronisch-konstriktiven Perikarditis, oft auch mit Kalkeinlagerungen (sog. „Panzerherz“)
Auge: Meist in Form einer Uveitis posterior (z.B. retinale Vaskulitis)
Darm („Darmtuberkulose“)
Klinik: Chronische (blutige) Durchfälle, Fieber, Gewichtsverlust
Früher häufig durch Trinken unpasteurisierter Milch, die mit Mycobacterium bovis kontaminiert war
Heute insg. selten, wenn überhaupt meist als schwere Komplikation der Lungentuberkulose (Verschlucken von erregerhaltigem Sputum, auch hämatogene Übertragung möglich) v.a. bei Immundefizienz (AIDS)
Lokalisation: Zu etwa 90% Ileozökalregion mit diskontinuierlichem, asymmetrischem Befallsmuster
Diagnostik: Gastroskopie und Koloskopie mit Biopsie
Tuberkulose : Verlaufs- und Sonderformen ?
Hiluslymphknoten-Tuberkulose
Ätiologie: Mitreaktion der (hilären und/oder paratrachealen) Hiluslymphknoten im Rahmen einer Primärtuberkulose
Komplikationen: Vergrößerung des Hilus mit Kompression und Verlegung von Bronchien mit nachfolgenden Atelektasen
Pleuritis tuberculosa
Ätiologie: Tritt bei 30% aller Patienten mit Lungentuberkulose auf, meistens als Erstmanifestation ca. 3–7 Monate nach Infektion
Klinik: Meist exsudative Rippenfellentzündung mit Pleuraerguss
Diagnostik: Histologischer Nachweis mittels thorakoskopischer Pleurabiopsie (der kulturelle Erregernachweis aus der Pleuraflüssigkeit gelingt nur selten, da die Erregerkonzentration im Punktat meist zu gering ist)
Bei unklaren chronisch rezidivierenden Pleuraergüssen sollte auch immer an eine Pleuritis tuberculosa gedacht werden!
Miliartuberkulose
Definition: Hämatogene Generalisation bei schlechter Immunlage mit Befall mehrerer Organe
Ätiologie: Kann direkt aus einer Primärtuberkulose (2–5 Monate nach Erstinfektion) oder Jahre nach einer Primärtuberkulose entstehen
Formen der Miliartuberkulose: Der isolierte Befall nur eines Organs ist eher die Ausnahme
Pulmonale Form (häufigste Form)
Röntgen-Thorax: Gleichmäßig große, feinknotige Lungenherde über die gesamte Lunge („Schneegestöber“)
Meningeale Form (Meningitis tuberculosa)
Weitere Organe: Leber/Milz (Hepatosplenomegalie), Nieren, Nebennieren, Chorioidea und Retina
Landouzy-Sepsis
Erklärung: Septische Verlaufsform der Primärtuberkulose bei schlechter Immunlage mit hoher Sterblichkeit
Tuberkulose : Diagnostik ?
Reise- bzw. Migrationsanamnese
Kontakt zu Erkrankten?
Reise oder Herkunft aus Gebiet mit hoher Tuberkuloseinzidenz, insb. mit hoher Rate resistenter Tuberkulosestämme?
Allgemeine Anamnese mit Fokus auf Risikofaktoren
Risikofaktoren für eine Immunschwäche? (= prädisponierender Faktor für eine Tuberkuloseinfektion)
Vorgeschichte einer Tuberkulose-Erkrankung oder -vorbehandlung?
Evtl. unspezifische Infektkonstellation (CRP↑, BSG↑, Leukozytose)
Keine tuberkulosespezifische Serologie bzw. Antikörper-Diagnostik!
Bildgebende Verfahren bei Lungentuberkulose
Röntgen-Thorax in 2 Ebenen (p.a. und lateral)
Ggf. auch CT-Thorax
Typische Radiologiebefunde bei Lungentuberkulose
Primäre pulmonale Tuberkulose
Wenig spezifisch!
Hiläre Lymphknotenvergrößerung, homogene Konsolidierungen , einseitiger Pleuraerguss
Postprimäre pulmonale Tuberkulose
Unscharf berandete, häufig bilaterale Konsolidierungen in den Oberlappen
Im Verlauf: Ausbildung von dickwandigen, unscharf und unregelmäßig berandeten Kavernen („kavernöser Spitzenherd“)
Einseitiger, häufig septierter Pleuraerguss mit reaktiven Pleuraverdickungen
Abgeheilte Tuberkulose
Verkalkte, teilweise sternförmige Narben
Pleuraverdickungen und -verkalkungen, bevorzugt apikal
Fibrose des Lungenparenchyms
Indirekter Erregernachweis
Nachweis einer zellulären Immunreaktion auf Proteine von Mykobakterien
Tuberkulin-Hauttest (Mendel-Mantoux-Test): Intrakutane Applikation von 2 Tuberkulineinheiten (= 0,1 mL) in die Beugeseite des Unterarmes nach Desinfektion der Haut; beurteilt wird nach 48–72 h der Durchmesser der Induration an der markierten Applikationsstelle
Interferon-γ-Test (z.B. Quantiferon-Test) Bei diesem Test wird mittels ELISA die Menge an Interferon-γ gemessen, die von den T-Zellen des Patienten bei Kontakt mit Antigenen des Tuberkuloseerregers ausgeschüttet wird
Veraltet: Tine-Test®
Aussagewert der indirekten Erregernachweisverfahren
Nachweis einer durchgemachten Infektion ohne Bezug zur Klinik. Es kann nicht zwischen aktiver klinischer und alter stummer Infektion unterschieden werden .
Eingeschränkte Spezifität und Sensitivität (nur 70%)
Falsch-negative Ergebnisse beim Tuberkulintest durch :
Immunsuppression (z.B. bei HIV)
Meningitis tuberculosa
Infektion liegt weniger als 6–8 Wochen zurück
Lymphome
Sarkoidose
Falsch-positive Ergebnisse beim Tuberkulintest durch:
BCG-Impfung
Infektion mit anderen Mykobakterien
Vorteile des Interferon-γ-Tests gegenüber dem Tuberkulintest
Kein Störeinfluss durch BCG-Impfung
Bei frischen Infektionen schneller positiv (Tuberkulin-Hauttest ist im Mittel erst nach 8 Wochen positiv)
Direkter Erregernachweis
Ein direkter Erregernachweis kann aus verschiedenen Untersuchungsmaterialien erfolgen und sichert die Diagnose. Insb. bei extrathorakalen Manifestationen ist ein entsprechender Erregernachweis wegweisend.
Sputum: Gewinnung und Untersuchung an drei verschiedenen Tagen durch Abhusten aus tiefen Atemwegen
Bronchialsekret
Bronchoalveoläre Lavage
Bronchoskopische Biopsie bzw. Biopsie mit der „geschützten Bürste“
Magensaft
Urin
Ejakulat
Stuhl
Blut bzw. Knochenmark
Menstrualblut
Gewebeproben bzw. Biopsien (bspw. koloskopische Biopsie bei V.a. Darmtuberkulose)
Pleuraflüssigkeit, Aszites, Synovialflüssigkeit bzw. andere Exsudate
Bei Fehlen spezifischer Erforderlichkeiten sollten Untersuchungsmaterialien nativ in einem sterilen Behältnis aufgefangen und umgehend zur Untersuchung verschickt werden. Falls eine Lagerung notwendig ist, sollte bei 2–8°C gelagert werden!
Proben sollten stets VOR Therapiebeginn gesichert werden!
Mikroskopie: Durch Spezialfärbung nach Ziehl-Neelsen oder Kinyoun ; zwar können säurefeste Stäbchen identifiziert werden, es kann aber nicht zwischen Tuberkulosebakterien und nichttuberkulösen Mykobakterien differenziert werden (Ergebnis sehr schnell, Voraussetzung ist eine Bakterienzahl von ca. 103–104 Keimen/mL)
Spezielle Kultur (z.B. lipidhaltiger Löwenstein-Jensen-Agar): Die kulturelle Anzüchtung dauert bis zu 6 Wochen, erlaubt aber Speziesbestimmung und Antibiogramm und stellt damit den Goldstandard der Erregerdiagnostik dar
PCR: Schnelldiagnostik in 2–3 Tagen, kann nach durchgemachter Tuberkulose noch bis zu einem Jahr positiv sein
Zur weiteren Erregerdiagnostik im Therapieverlauf siehe: Therapiemonitoring bei Lungentuberkulose
Diagnostische Sicherung einer Tuberkulose
Durchführung: An drei aufeinander folgenden Tagen wird Material gewonnen (z.B. Sputum, Urin, Magensaft, Menstruationsblut)
Ergebnis
Angestrebt wird immer eine Kultur mit Antibiogramm
Aufgrund des verzögerten Vorliegens von Ergebnissen wird versucht, die Diagnose durch den mikroskopischen Nachweis von säurefesten Stäbchen + positiver PCR des gleichen Materials zu sichern
Bei negativem Befund und weiterhin begründetem Verdacht → Ggf. bronchoalveoläre Lavage mit Biopsie
Offene Tuberkulose = Direkter Keimnachweis in Sekreten, v.a. in Sputum oder Magensaft
Tuberkulose : Pathologie ?
Tuberkulöses Granulom (Tuberkel): Charakteristisch verkäsende Nekrose im Zentrum
Verkäsende Nekrose
Radiologisch sichtbare Calciumablagerungen
Gute Abwehrlage
Lebenslange Persistenz
Geschwächte Abwehrlage (z.B. bei Unterernährung, AIDS, Alkoholismus, Drogenabusus) und/oder Auseinanderfallen des Granuloms
Streuung des Erregers
Verkäsende tuberkulöse Granulome sind ein Zeichen für eine gute Abwehrlage und charakteristisch für eine Tuberkulose. Beweisend sind sie aber nicht, da auch bei anderen Mykobakteriosen (u.a. tuberkuloide Form der Lepra) und bei tertiärer Syphilis ähnliche Granulome vorkommen können!
Andere histologische Formen
Azinös-nodöse Tuberkulose: Zusammenschluss mehrerer Epitheloidzellgranulome zu makroskopisch sichtbaren riesigen Nekrosebezirken
Miliartuberkulose: Feinknotige Einzelherde, meist ohne zentrale Nekrose
Urogenitaltuberkulose
Stufenartiger Verlauf mit initial einzelnen Tuberkeln und im Verlauf zunehmender verkäsender Destruktion des Kelchsystems
Im Endstadium bröckelige, mörtelartige Destruktion der Niere („Kittniere“ oder „Mörtelniere“)
Tuberkulose : Differenzialdiagnosen ?
Erreger: Nicht-tuberkulöse Mykobakterien (NTM), früher MOTT (engl. Akronym für „Mycobacteria other than tuberculosis“)
Mykobakterien, die nicht dem Mycobacterium-tuberculosis-Komplex und nicht Mycobacterium leprae zugeordnet werden
Häufige Vertreter: Erreger des Mycobacterium-avium-intracellulare-Komplexes oder Mycobacterium kansasii
Ubiquitär verbreitet, fakultativ humanpathogen
Klinik
Pulmonale Infektionen (Häufigste Manifestation)
Husten, Dyspnoe
Fieber, Nachtschweiß, Gewichtsverlust
Zervikale Lymphadenitis und Lymphknotenabszess (bei Kindern)
Erreger: Meist Mycobacterium avium
Therapie: Exstirpation, ggf. tuberkulostatische Therapie bei ausgeprägter Umgebungsentzündung
Disseminiert (bei HIV-Patienten mit CD4-Zellzahl <25/μL) : Häufig Lymphadenopathie und Knochenmarkinfiltration mit transfusionspflichtigen Zytopenien
Diagnosekriterien bei pulmonaler Infektion
Klinisch-röntgenologische Kriterien
Klinik: Bronchopulmonale Symptome und
Röntgen-Thorax: Noduläre oder kavernöse Herde oder
HRCT: Multilokuläre Bronchiektasen und noduläre Herde
Ausschluss der Differenzialdiagnosen
Mikrobiologische Kriterien
Mind. 2 positive Kulturen mit säurefesten Stäbchen
Diagnostik disseminierter Mycobacterium-avium-Infektion bei HIV-Patienten
Mikrobiologischer Nachweis: >90% aus Blutkulturen möglich
Medikamentöse Therapie einer Mycobacterium-avium-Infektion
Schwere Erkrankung: Täglich Clarithromycin + Rifampicin + Ethambutol
Tuberkulose : Therapie ?
Indikation: Sowohl der gesicherte als auch der hochgradige V.a. eine Tuberkulose sind Indikationen für die medikamentöse Standardtherapie
Wenn möglich, sollte vor Beginn der Therapie genug Material für eine Kultur gewonnen werden, um in einem Antibiogramm mögliche Resistenzen zu erkennen und die Therapie im Verlauf anpassen zu können
Infektiosität
4–6 Wochen nach Therapiebeginn ist ein Patient mit einer unkomplizierten Lungentuberkulose i.d.R. nicht mehr infektiös
Ausnahme: Persistierender direkter Keimnachweis in Sekreten wie Sputum, Magensaft oder Urin (→ weiterhin „offene Tuberkulose“)
Hygienische Maßnahmen
Isolation
Alle Personen mit V.a. offene Tuberkulose müssen isoliert werden!
Ende der Isolation: 3 negative Sputummikroskopien an 3 unterschiedlichen Tagen
Kontaminierte Abfälle müssen separat entsorgt werden, Schutzkleidung muss separat gewaschen werden
Therapiemonitoring
Prüfung der Compliance
Ggf. Directly Observed Therapy (DOT)
Prüfung des Therapieansprechens bzw. von Resistenzentwicklung
Mikroskopische bzw. kulturelle Verlaufsuntersuchungen
Röntgenkontrollen in regelmäßigen Abständen
Monitoring von Medikamentennebenwirkungen
Ambulante Therapie möglich: Medikamente der Standardtherapie haben bei p.o.-Gabe eine hohe Bioverfügbarkeit
Gesamttherapiedauer: Im Regelfall 6 Monate
Initialphase mit 4-fach-Therapie: 2 Monate Isoniazid (INH) + Rifampicin (RMP) + Pyrazinamid (PZA) + Ethambutol (EMB)
Kontinuitätsphase mit 2-fach-Therapie: Über weitere 4 Monate, hierbei möglichst mit INH + RMP
Verlängerung der Therapiedauer (auf 9–24 Monate), ggf. erforderlich bei
Komplizierten Verläufen
Unverträglichkeit eines der Medikamente der Standardtherapie
Erkrankung durch multiresistente Erreger
Eine Kombinationstherapie ist obligat, um eine adäquate Erregerelimination zu ermöglichen und eine Resistenzbildung zu verhindern
Tuberkulostatika
Bis auf Ethambutol (bakteriostatisch) wirken alle Tuberkulostatika bakterizid.
Vor Therapiebeginn ist wegen der Gefahr einer Optikusneuritis bei Ethambutol-Gabe ein Ophthalmologie-Konsil indiziert!
Weitere Tuberkulostatika
Substanzen: Bspw.
Fluorchinolone (z.B. Levofloxacin, Moxifloxacin)
Injizierbare Medikamente (z.B. Amikacin und Streptomycin )
Siehe auch: WHO-Gruppierung der Tuberkulostatika
Indikation: Resistenzen oder Komplikationen bei der Therapie mit den Medikamenten der Standardtherapie
Tuberkulose : Maßnahmen bei Kontakt mit offener Tuberkulose ?
Kontaktierung von Kontaktpersonen und Umgebungsuntersuchung: Abhängig vom lokalen Gesundheitsamt
Diagnostik: Durchführung eines Interferon-γ-Tests und eines Röntgen-Thorax
Bei positivem Befund und/oder Symptomen → Sputumdiagnostik und ggf. CT-Thorax
Bei Erregernachweis: Sofortiger Therapiebeginn
Ohne Erregernachweis: Die Maßnahmen sind insb. bei Immunsuppression und bei Kindern indiziert
Positiver Interferon-γ-Test und/oder Tuberkulin-Hauttest: Chemoprävention einer LTBI mit Isoniazid für 9 Monate
Negativer Interferon-γ-Test und/oder Tuberkulin-Hauttest: Ggf. Chemoprophylaxe mit Isoniazid für 3 Monate (Absetzen nach 3 Monaten bei negativem Interferon-γ-Test)
Tuberkulose : Prävention ?
STIKO-Empfehlung: Die aktive BCG-Impfung mit dem attenuierten Lebendimpfstoff wird von der STIKO seit 1998 aufgrund folgender Punkte nicht mehr empfohlen:
Wirksamkeit unter 50%
Starke Nebenwirkungen
WHO-Empfehlung: Für Populationen mit einem Tuberkulose-Infektionsrisiko <0,1% (z.B. in Europa) ist keine generelle BCG-Impfung empfohlen
Besonderheit: Der attenuierte BCG-Lebendimpfstoff gegen Tuberkulose kommt auch in der lokalen Therapie des Harnblasenkarzinoms zum Einsatz
Tuberkulose : Meldepflicht ?
Arztmeldepflicht nach § 6 IfSG
Namentliche Meldepflicht nur bei Erkrankung oder Tod durch behandlungsbedürftige Tuberkulose, auch ohne bakteriologischen Nachweis
Namentliche Meldepflicht auch bei Verweigern oder Abbruch der Behandlung einer (behandlungsbedürftigen) Lungentuberkulose
Der Verdacht ist nicht meldepflichtig!
Labormeldepflicht nach § 7 IfSG
Namentliche Meldepflicht nur bei direktem Erregernachweis (vorab namentliche Meldung bei Nachweis säurefester Stäbchen im Sputum, nachfolgend Meldung der Resistenzbestimmung)
Sarkoidose : Abstract ?
(Morbus Besnier-Boeck-Schaumann, Morbus Boeck)
Die Sarkoidose (Morbus Boeck) ist eine Multisystemerkrankung mit der Lunge als Hauptmanifestationsort.
Sie kann jedoch auch zahlreiche andere Organe befallen.
Typisch ist der histopathologische Nachweis von nicht-verkäsenden Granulomen mit mehrkernigen Riesenzellen.
Das sog. Löfgren-Syndrom, eine akute, meist selbstlimitierende Form der Sarkoidose, geht mit Fieber und der Trias aus Gelenkschmerzen, Erythema nodosum sowie bihilärer Lymphadenopathie einher und betrifft hauptsächlich junge Frauen.
Die häufigere chronische Sarkoidose (selten Folge der akuten Form) verläuft anfangs häufig symptomarm (ggf. Reizhusten, Belastungsdyspnoe).
Schon früh zeigen sich radiologisch jedoch Veränderungen in der Lunge sowie eine Verschlechterung der Vital- und Diffusionskapazität.
Im Verlauf kann es zu einer Lungenfibrose kommen.
Diagnostisch stehen die histologische Sicherung von betroffenem Gewebe sowie eine bronchoalveoläre Lavage (typischerweise erhöhter CD4/CD8-Quotient) im Vordergrund.
Bei akuter Sarkoidose kann aufgrund der hohen Spontanheilungsrate eine symptomatische Therapie mit NSAR ausreichend sein.
Progrediente Verlaufsformen der akuten und chronischen Sarkoidose werden ebenso wie extrapulmonale Manifestationen immunsuppressiv (Glucocorticoide, Kombinationstherapien mit anderen Immunsuppressiva) behandelt.
Vom Löfgren-Syndrom sind vor allem junge Frauen betroffen!
Bei Sarkoidosepatienten mit Hyperkalzämie soll keine Osteoporoseprophylaxe mittels Calcium- und Vitamin-D-Substitution durchgeführt werden!
Typisch ist die Divergenz zwischen den ausgeprägten radiologischen Lungenbefunden und der mäßigen klinischen Symptomatik!
Je akuter die Erstmanifestation der Sarkoidose, desto höher ist i.d.R. die Remissionsrate!
Die Spontanheilungsrate der akuten Sarkoidose ist sehr hoch, während sie bei chronischem Verlauf vom Typ der Erkrankung abhängig ist!
Sarkoidose : Epidemiologie ?
Alter: Häufigkeitsgipfel 20.–40. Lebensjahr
Geschlecht
Häufig erkranken junge Frauen
Insgesamt aber: ♀ = ♂
Verbreitung
Inzidenz: 5–60 Fälle/100.000 Einwohner pro Jahr (Europa)
Sarkoidose : Ätiologie ?
Ursache unbekannt
Genetische Prädisposition: Assoziation zu HLA-Antigenen HLA-DRB-1, HLA-DPB-1 und HLA-DQB-1
Umweltnoxen: Werden als zusätzliche Risikofaktoren diskutiert
Sarkoidose : Pathophysiologie ?
Systemische Erkrankung mit Störung der T-Lymphozyten-Funktion (Th1-gewichtete T-Helfer-Antwort) bei gleichzeitig erhöhter B-Lymphozyten-Aktivität
Lokale immunologische Überaktivität mit charakteristischer Bildung nicht-verkäsender Granulome, insb. im Lungengewebe und lymphatischen System
Tumornekrosefaktor (TNF) sowie TNF-Rezeptoren erhöht
Dysregulierte Immunreaktion mit erhöhtem CD4/CD8-Quotienten in der bronchoalveolären Lavage
Sarkoidose : Symptome/Klinik ?
Zwei Verlaufsformen
Akute Sarkoidose
Chronische Sarkoidose
Nur sehr selten geht die akute Sarkoidose in eine chronische Sarkoidose über!
Allgemeinsymptome: Hohes Fieber, Abgeschlagenheit, Appetitlosigkeit, Gewichtsabnahme
Pulmonale Symptome: Dyspnoe, Husten, thorakale Schmerzen
Weitere Manifestationen: Ggf. Polyarthritis
Sonderformen
Löfgren-Syndrom : Hochakutes Krankheitsbild mit Fieber und folgender Symptomtrias
Polyarthritis, insb. der Sprunggelenke (Sprunggelenksarthritis)
Erythema nodosum, insb. an Streckseiten der Unterschenkel
Bihiläre Lymphadenopathie
Heerfordt-Syndrom : Seltenes Krankheitsbild mit Fieber und Symptomtrias aus Parotitis, Uveitis (Iridozyklitis) und Fazialisparese
Prognose: Heilt i.d.R. folgenlos aus, sehr selten Übergang in chronische Form
Sarkoidose der Lunge (häufig)
Oftmals symptomlos/-arm
Ggf. Reizhusten, Belastungsdyspnoe
Extrapulmonale Sarkoidose
Auge: Bspw. Iridozyklitis, chronische Konjunktivitis
Haut: In ca. 20–50% der Fälle
Erythema nodosum
Lupus pernio: Flächenhafte, livide Infiltration meist von Nase und Wangen mit sog. „nackten histiozytären Granulomen“ in der Dermis
Narbensarkoidose: Entzündliche, livide Veränderung einer alten Narbe im Rahmen einer systemischen Sarkoidose
Weitere Manifestationsorte
Lymphknoten (häufigster Manifestationsort)
Nervensystem (Neurosarkoidose)
Herz (kardiale Sarkoidose)
Leber, Milz, Niere
Gelenke, Skelettmuskulatur
Sonderform
Jüngling-Syndrom: Sarkoidose der Knochen mit zystischem Befall der Finger (Endphalangen) und Zehen
Sarkoidose : Diagnostik ?
Entzündungsparameter
Die für die chronische Sarkoidose charakteristischen Laborbefunde finden sich eher selten bei der akuten Verlaufsform
ACE als Aktivitätsparameter und zur Therapiekontrolle
IgG↑ (ca. 50%)
Calcium↑ (Epitheloidzellen produzieren Vitamin D): Prognostisch ungünstig, da eine Erhöhung zu Niereninsuffizienz führen kann
Löslicher Interleukin-2-Rezeptor (S-IL-2R), Neopterin: Parameter korrelieren ebenfalls mit der Krankheitsaktivität und werden daher auch zum Therapiemonitoring eingesetzt
Die chronische Sarkoidose wird häufig als Zufallsbefund entdeckt. Die Stadieneinteilung der chronischen Sarkoidose erfolgt nach radiologischem Thoraxbefund.
Befund im Röntgen-Thorax
Remissionsrate
Typ 0
Normalbefund
/
Typ I
Bihiläre Lymphadenopathie (reversibel)*
ca. 70%
Typ II
Bihiläre Lymphadenopathie mit Lungenbefall → Disseminierte, retikulonoduläre Zeichnungsvermehrung
ca. 50%
Typ III
Lungenbefall ohne Lymphadenopathie
ca. 20%
Typ IV
Lungenfibrose
Irreversibel
*Dieser Röntgenbefund zeigt sich ebenfalls beim Löfgren-Syndrom (Form der akuten Sarkoidose)
Die histologische Sicherung von betroffenen Geweben (z.B. Lymphknoten, Lunge, Haut) mit Nachweis von nicht-verkäsenden Granulomen stellt den Goldstandard dar (siehe: Pathologie).
CT des Thorax: Bspw. bei unklaren Röntgenbefunden
Bronchoskopie
CD4/CD8-Quotient bei Sarkoidose i.d.R. erhöht (häufig >5)
Lymphozytäre Alveolitis
Transbronchiale Biopsie: I.d.R. als Feinnadelaspiration (FNA) aus Lymphknoten in frühen Stadien unter endobronchialer Ultraschallsteuerung (EBUS)
In Stadium I und II bei hilärer Lymphadenopathie
In höheren Stadien auch transbronchiale Biopsie des Lungengewebes aussagekräftig
Lungenfunktion: Frühe Verminderung der Diffusionskapazität und der Vitalkapazität, diese werden als Parameter zur Aktivitätsbestimmung und Verlaufsbeurteilung genutzt
Beim Fibrosestadium kann zudem die Lungencompliance bestimmt werden
(Langzeit)-EKG und Echokardiografie: Hinweise auf eine kardiale Sarkoidose (AV-Blockierungen, Rhythmusstörungen, Kardiomyopathie)
Augenärztliche Untersuchung: Vergrößerung der Tränendrüsen, periphere chorioretinale Läsionen, Bindehautgranulome
Ausschluss einer Lungentuberkulose: Quantiferon-Test
(Ganzkörper‑)MRT: Suche nach Organbeteiligungen
F-FDG-PET: Suche nach entzündlich aktiven Organen
Tuberkulin-Test
Mögliche Durchführung zur Abgrenzung der Tuberkulose
Wird aufgrund von falsch-positiven und falsch-negativen Werten verlassen
Kveim-Test
Intrakutane Injektion von Granulom-Material
Bei positiv ausfallendem Test: Körpereigene Ausbildung von Granulomen
Wird aufgrund fehlender Validität nicht mehr verwendet
Sarkoidose : Pathologie ?
Nachweis von nicht-verkäsenden Granulomen
Epitheloidzellige Granulome mit Langhans-Riesenzellen und Lymphozytenwall
Keine zentrale Nekrose (= nicht-verkäsend)
Granulomatöse Reaktion insb. entlang der Lymphwege des bronchovaskulären Bündels, der interlobären Septen und der Pleura
Nachweis von Schaumann-Körperchen (Synonym: Conchoidal Bodies) in Langhans-Riesenzellen bei fast 90% der Sarkoidosen, können jedoch auch bei der Berylliose vorkommen
Sarkoidose : Differenzialdiagnosen ?
Tuberkulose und atypische Mykobakteriosen
Maligne Geschehen
Morbus Hodgkin
Durch die histopathologische Untersuchung eines Lymphknotens kann das Vorliegen eines Morbus Hodgkin überprüft und bei negativem Befund mit hoher Wahrscheinlichkeit ausgeschlossen werden
Non-Hodgkin-Lymphome
Lymphangiosis carcinomatosa z.B. bei Lungenkarzinom
Pneumokoniosen
Chronische Berylliose: Berufsanamnese (Beryllium-verarbeitende Industriezweige (Flugzeugindustrie, Kernkraftwerke))
Silikose, Anthrakose
Exogen-allergische Alveolitis
Sarkoidose : Therapie ?
Chronische Sarkoidose ab Typ II mit Einschränkung der Lungenfunktion
Hyperkalzämie
Extrapulmonale Sarkoidose (insb. bei kardialer, ophthalmologischer, hepatischer und/oder zentralnervöser Beteiligung)
Akute Sarkoidoseformen (Löfgren-Syndrom): Keine unmittelbare Glucocorticoidtherapie – wegen hoher Spontanremissionsrate (ca. 85%) zunächst antiphlogistische und symptomatische Therapie mit NSAR ausreichend
Bei nicht beherrschbaren Arthralgien und/oder progredientem Verlauf: Glucocorticoid-Monotherapie wie bei chronischer Sarkoidose, jedoch mit Auslassversuch nach Ausschleichen binnen 4–8 Wochen
Eskalationsschema abhängig von der Wirksamkeit der Therapieoptionen
Glucocorticoid-Monotherapie: Als immunsuppressive Therapieeinleitung
Kombination aus Glucocorticoiden in reduzierter Dosierung + alternatives Immunsuppressivum (wie z.B. Methotrexat oder Azathioprin): Bei Reaktivierung unter Dosisreduktion einer Glucocorticoid-Monotherapie
Kombination aus Glucocorticoid in reduzierter Dosierung + Anti-TNF-α-Antikörper: Bei Versagen der Kombinationstherapie aus Glucocorticoiden + Methotrexat oder Azathioprin
Lungentransplantation (Ultima ratio)
Neben dem klinischen Beschwerdebild müssen die organspezifischen Veränderungen (z.B. Röntgen-Thorax zur Beurteilung der Rückbildung der bihilären Lymphknotenschwellung, EKG für Hinweise auf myokardialen Befall etc.) und die Lungenfunktion kontrolliert werden
Sarkoidose : Komplikationen ?
Pulmonale Komplikationen
Bronchiektasen
Lungenfibrose: Durch den irreversiblen fibrotischen Umbau kommt es zu einem erhöhten pulmonalen Widerstand und zu pulmonaler Hypertonie
Respiratorische Insuffizienz durch Einschränkung der O2-Diffusionskapazität
Cor pulmonale
Extrapulmonale Komplikationen: Chronische Niereninsuffizienz (weitere Komplikationen, siehe: Symptome/Klinik)
Sarkoidose : Prognose ?
VOLLBILDTABELLEN-QUIZ
Spontanheilungsraten
>85%
Typ I: ca. 70%
Typ II: ca. 50%
Typ III: ca. 20%
Patienten mit Sarkoidose weisen ein erhöhtes Risiko für Malignome auf (vor allem der Lunge und der Lymphknoten)
Blutgerinnung und hämorrhagische Diathesen : Abstract ?
(Gerinnungsstörungen, Pathologische Blutungsneigung)
Hämorrhagische Diathesen entstehen aufgrund einer Störung der physiologischen Blutgerinnung und bezeichnen eine pathologisch gesteigerte Blutungsneigung.
Um die Symptome und Befunde einem bestimmten Krankheitsbild zuordnen zu können, ist ein Grundverständnis der Pathophysiologie der Gerinnung sehr wichtig.
Störungen der primären Blutstillung (Thrombozytenaggregation) müssen dabei von Störungen der sekundären Blutstillung (plasmatische Gerinnungskaskade) unterschieden werden.
Bei Störungen der Thrombozytenaggregation ist mit petechialen Blutungen und in der Gerinnungsdiagnostik mit einer verlängerten Blutungszeit zu rechnen.
Bei Störungen in der plasmatischen Gerinnung kommt es eher zu großflächigen Blutungen und in der Gerinnungsdiagnostik entweder zu einer Verlängerung der aPTT (intrinsisches System, z.B. bei Hämophilie) oder zu einer Erhöhung der INR (extrinsisches System, z.B. Cumarin-Therapie).
Bei kombinierten Störungen ist das gleichzeitige Vorliegen von Petechien und großflächigen Blutungen typisch (z.B. beim Von-Willebrand-Jürgens-Syndrom – wiederum ein Beispiel für eine Störung, die oftmals erst bei größeren Verletzungen oder Operationen auffällt).
Der Ablauf der Gerinnungskaskade ist nur im Beisein von Calcium-Ionen (Faktor IV) möglich!
Pathologien der Inhibitoren der Gerinnungskaskade führen zu einer verstärkten Gerinnungsneigung!
Die häufigsten Komplikationen einer Fibrinolyse sind Blutungen verschiedenster Art, wobei intrakranielle Blutungen am gefürchtetsten sind. Die wichtigste therapeutische Maßnahme bei schwerwiegenden Blutungskomplikationen ist die sofortige Beendigung der Fibrinolytikagabe!
Bei Störungen der primären Hämostase ist die Thrombozytenaggregation beeinträchtigt!
Bei Störungen der sekundären Hämostase ist die plasmatische Gerinnung (Gerinnungskaskade) beeinträchtigt!
Thrombozytenaggregationshemmer sind aufgrund der Erhöhung der Blutungsgefahr kontraindiziert bei der therapie des Von-Willebrand-Jürgens-Syndrom (vWS)
Petechiale Blutungen sprechen für eine Störung der primären Hämostase, großflächige Blutungen für eine Störung der sekundären Hämostase!
Blutgerinnung und hämorrhagische Diathesen : Definition ?
[1]
Hämostase („Blutstillung“): Vorgänge, die zur Beendigung einer Blutung beitragen
Gerinnungsstörungen
Hämorrhagische Diathese: Angeborene oder erworbene pathologisch gesteigerte Blutungsneigung
Thrombophile Diathese: Angeborene oder erworbene Thromboseneigung
Mikrozirkulationsstörungen: Störungen der Blutzirkulation im Bereich der Endstrombahn, bspw. bei disseminierter intravasaler Gerinnung (DIC) und hämolytisch-urämischem Syndrom (HUS) bzw. thrombotischer thrombozytopenischer Purpura (TTP)
Blutgerinnung und hämorrhagische Diathesen : Physiologische Grundlagen der Hämostase ?
Primäre Hämostase (= zelluläre Hämostase) : Bezeichnet die Blutstillung, die durch eine Adhäsion und Aggregation der Thrombozyten hervorgerufen wird
Thrombozytenadhäsion an geschädigtem Endothel mittels GPIb-Rezeptor und von-Willebrand-Faktor
Thrombozytenaktivierung → Ausbildung von Pseudopodien, Phospholipid-Expression an der Zelloberfläche und Freisetzung von ADP, Thromboxan und plättchenaktivierender Faktor (PAF)
Thrombozytenaggregation über GPIIb/IIIa-Rezeptor und Fibrinogen → Bildung eines Abscheidungsthrombus aus Thrombozyten (weißer Thrombus)
Sekundäre Hämostase (= plasmatische Hämostase) : Bezeichnet die Blutstillung, die durch ein Zusammenwirken von Gerinnungsfaktoren („Gerinnungskaskade“) zustande kommt
Aktivierung des extrinsischen Wegs durch eine Gewebeverletzung
Tissue Factor (= Gewebefaktor, Faktor III) der Fibrozytenoberfläche kommt mit Faktor VII in Kontakt und aktiviert ihn dadurch
Faktor VIIa und der Tissue Factor bilden einen Komplex*, der Faktor X aktiviert
Faktor Xa und Faktor Va bilden einen Komplex*, der Thrombin aktiviert
Zusätzlich Aktivierung des intrinsischen Wegs v.a. durch Thrombin
Thrombin aktiviert Faktor XI und Faktor VIII → Faktor XIa aktiviert Faktor IX
Faktor IXa und VIIIa bilden einen Komplex*, der Faktor X aktiviert
So kommt es durch den intrinsischen Weg zu einer positiven Rückkopplung der Faktor-X- und Thrombinaktivierung
Nun folgt die gemeinsame Endstrecke des extrinsischen und intrinsischen Wegs
Faktor Xa und Faktor Va bilden einen Komplex*, der Prothrombin zu Thrombin (Faktor IIa) spaltet
Thrombin spaltet Fibrinogen (Faktor I) in Fibrinmonomere, die sich zu einem Fibrinnetz zusammenlagern
Quervernetzung des Fibrinnetzes wird durch Faktor XIIIa stabilisiert → Bildung eines sekundären Gerinnungsthrombus (roter Thrombus) (*) Die Bildung der mit * gekennzeichneten Komplexe findet Ca2+-abhängig an der (negativen) Oberfläche von Fibrozyten bzw. aktivierten Thrombozyten statt.
Tissue factor pathway inhibitor: Hemmung des extrinsischen Gerinnungssystems durch Inhibition des tissue factor
Protein S: Cofaktor des Protein C
Protein C: Formt zusammen mit Protein S den aktiviertes-Protein-C-Komplex (APC-Komplex) → Hemmung von Faktor V und VIII → Inhibition der Gerinnungskaskade
Wird Vitamin-K-abhängig in der Leber synthetisiert
Kürzere Halbwertszeit als die Vitamin-K-abhängigen Gerinnungsfaktoren
Klinische Relevanz: APC-Resistenz, Therapie mit Vitamin-K-Antagonisten
Antithrombin: Einer der wichtigsten natürlichen Hemmer der Blutgerinnung. Es baut Thrombin und andere Gerinnungsproteasen (F.IXa, F.Xa) ab und aktiviert t-PA.
Klinische Relevanz: Vor allem eine Verstärkung oder Verminderung der Wirkung von Antithrombin.
Für weitergehende Informationen zu Erkrankungen der Inhibitoren der Blutgerinnung siehe auch: Risikofaktoren der tiefen Beinvenenthrombose
Blutgerinnung und Fibrinolyse laufen ständig parallel im Gefäßsystem ab. Durch das fibrinolytische System wird kontinuierlich Fibrin gespalten und abgebaut.
Physiologische Fibrinolyse
Urokinase und tissue-type-plasminogen-activator (t-PA) spalten Plasminogen → Entstehung des aktiven Plasmins
Plasmin spaltet Fibrin → Entstehung von D-Dimeren
Regulation: Bindung von t-PA an PA-Inhibitor (PA-I) vermindert die t-PA Aktivität und somit die Fibrinolyse
Blutgerinnung und hämorrhagische Diathesen : Pharmakologische Beeinflussung ?
[2]
Für Informationen zur pharmakologischen Beeinflussung der primären Hämostase siehe:
Thrombozytenaggregationshemmer
Blutgerinnung und hämorrhagische Diathesen - Therapie
Für Informationen zur pharmakologischen Beeinflussung der sekundären Hämostase siehe:
Vitamin-K-Antagonisten und direkte orale Antikoagulanzien
Nicht-orale Antikoagulation
Medikamentös kann die Fibrinolyse durch Fibrinolytika verstärkt und durch Antifibrinolytika gehemmt werden. Fibrinolytika sind bspw. in der Akuttherapie des ischämischen Schlaganfalls von großer Bedeutung, während Antifibrinolytika u.a. bei schwerwiegenden Blutungen aufgrund einer Hyperfibrinolyse eingesetzt werden.
Fibrinolytika (therapeutisch eingesetzte Plasminogenaktivatoren) :
Streptokinase
Urokinase (u-PA = engl. für „urokinase-type plasminogen activator)
Alteplase (rt-PA = rekombinanter Gewebeplasminogenaktivator)
Reteplase (r-PA)
Tenecteplase (TNK)
Für weitergehende Informationen siehe:
Medikamentöse Thrombolyse bei STEMI
Medikamentöse Fibrinolyse bei LAE
Medikamentöse Thrombolyse bei Schlaganfall
Akuter arterieller Extremitätenverschluss - Interventionelle Revaskularisation
Antifibrinolytika :
Tranexamsäure
Blutgerinnung und hämorrhagische Diathesen : Ätiologie ?
Thrombozytopathien
Thrombozytopenien
Beeinträchtigung des Gefäßsystems
Vaskuläre hämorrhagische Diathesen
Thrombotische Mikroangiopathie
Intrinsisches System
Mangel an einzelnen Gerinnungsfaktoren: Hämophilie A (Faktor VIII) oder Hämophilie B (Faktor IX)
Autoantikörper gegen einzelne Faktoren (z.B. bei SLE)
Extrinsisches System: Verminderung der Vitamin-K-abhängigen Gerinnungsfaktoren II, VII, IX und X
Vitamin-K-Antagonismus: Cumarin-Therapie
Vitamin-K-Mangel: z.B. bei Malabsorptionssyndrom
Lebersynthesestörung: z.B. bei Leberzirrhose
Hyperfibrinolyse: Übermäßige Aktivität von Plasmin verursacht verstärkten Fibrinabbau → Blutgerinnsel werden instabil bzw. lösen sich nach Bildung wieder auf
Primäre Hyperfibrinolyse
Definition: Gesteigerte Fibrinolyse ohne vorangegangene Thrombenbildung
Vorkommen
Nach Operationen an t-PA-reichen Organen wie Prostata, Uterus
Paraneoplastisch bei Prostata-Karzinom
Im Rahmen peripartaler Komplikationen
Sekundäre Hyperfibrinolyse
Definition: Gesteigerte Fibrinolyse nach vorangegangener Thrombenbildung
Vorkommen: Verbrauchskoagulopathie
Iatrogene Hyperfibrinolyse: Einsatz von rt-PA z.B. in der Lysetherapie beim Schlaganfall
Von-Willebrand-Jürgens-Syndrom (vWS)
Kurzbeschreibung: Beim von-Willebrand-Jürgens-Syndrom liegt ein quantitativer oder qualitativer Mangel des von-Willebrand-Faktors (vWF) vor
Epidemiologie: Häufigste angeborene Störung der Blutstillung
Meistens asymptomatisch
Symptomatische Fälle
Großflächige Blutungen (insb. Schleimhautblutungen) → durch verkürzte Halbwertszeit des F. VIII
In schweren Fällen petechiale Blutungen → durch Störung der Thrombozytenaggregation
Verlängerte Blutungszeit und evtl. verlängerte aPTT
Therapie: Nur bei symptomatischen Patienten
Desmopressin
Thrombozytenaggregationshemmer sind aufgrund der Erhöhung der Blutungsgefahr kontraindiziert!
Verbrauchskoagulopathie
Blutgerinnung und hämorrhagische Diathesen : Symptome/Klinik ?
Blutungszeitpunkt
Blutungstyp
Störung der primären Hämostase (Thrombozytenaggregation)
direkt nach der Verletzung
petechiale Blutungen
Störung der sekundären Hämostase (Plasmatische Gerinnung)
Minuten bis Stunden nach der Verletzung
großflächige Blutungen; Hämarthros, Hämatome
Kombinierte Gerinnungsstörung
unterschiedlich
petechiale und großflächige Blutungen
Blutgerinnung und hämorrhagische Diathesen : Diagnostik ?
Die verschiedenen laborchemischen Untersuchungen erfassen jeweils Abschnitte des komplexen Gerinnungssystems. Zusammengenommen geben sie meist Aufschluss über den Ort einer Störung.
Diagnostik von Störungen der primären Blutstillung
Thrombozytenzahl
Blutungszeit
Maß für die Dauer zwischen Lanzettenstich und Stillstand der Blutung
Erfasst quantitative und qualitative Pathologien der Thrombozyten
Norm: Je nach Testverfahren 2–5 Min
Diagnostik von Störungen der sekundären Blutstillung
Rumpel-Leede-Test
Durchführung: Anlage einer Blutdruckmanschette am Oberarm → Aufpumpen bis 10 mmHg über den diastolischen Blutdruck → Nach 5 min: Manschette wieder entfernen → I.d.R. keine Petechien sichtbar
Positives Testergebnis: Nachweis von Petechien distal der Stauung
Interpretation: Hinweis auf eine Thrombozytenfunktionsstörung, Thrombozytopenie oder eine vaskuläre hämorrhagische Diathese (bspw. Morbus Osler, Purpura Schönlein-Henoch) oder erhöhte Kapillarfragilität (bspw. bei Scharlach)
Faktor Xa: Bestimmung kann zur Therapiekontrolle in speziellen Situationen indiziert sein
Gabe von niedermolekularen Heparinen oder Fondaparinux bei eingeschränkter Nierenfunktion
Gabe von unfraktioniertem Heparin bei verfälschter aPTT-Messung
D-Dimere: Parameter zur Aktivität der Gerinnung und Fibrinolyse
Klinische Relevanz: Ausschlusstest für venöse Thrombose, Lungenembolie und disseminierte intravasale Gerinnung
Bei Verdacht auf Hyperfibrinolyse
Clot-Observation-Test: Leicht durchführbarer Bedside-Test zur Beurteilung der Blutgerinnung insb. bei Verdacht auf Hyperfibrinolyse
Durchführung: Blut des Patienten wird ohne Zusatz in ein Röhrchen gegeben und makroskopisch nach einigen Minuten beurteilt
Stabiler Thrombus → Normale Gerinnung
Ausbleibende Gerinnung des Blutes → Ungerinnbarkeit
Bildung eines instabilen Thrombus, der sich wieder auflöst → Hyperfibrinolyse
Thrombelastogramm: Vollblutanalyseverfahren, das neben Quick und aPTT auch die Entstehung, Festigkeit und Auflösung eines Blutgerinnsels untersuchen kann
Blutgerinnung und hämorrhagische Diathesen : Therapie ?
Die Therapie richtet sich nach der jeweiligen Primärerkrankung!
Thrombozytopenie, Thrombozytopathien, Störungen der thrombozytären Gerinnung: Je nach zugrundeliegender Erkrankung
Bei ASS-bedingter Blutungsneigung: ASS absetzen, ggf. Gabe von Desmopressin, Thrombozytenkonzentraten
Siehe auch Therapie der Thrombozytopenie
Siehe Therapie der Purpura Schönlein-Henoch
Siehe Therapie der thrombotischen Mikroangiopathie
Autoantikörper gegen einzelne Gerinnungsfaktoren
Siehe u.a. Therapie des SLE
Störungen des intrinsischen Systems
Bei Faktor VIII-Mangel siehe Therapie der Hämophilie A
Bei Faktor IX-Mangel siehe Therapie der Hämophilie B
Störungen des extrinsischen Systems
Bei Verminderung der Vitamin-K-abhängigen Gerinnungsfaktoren
Gabe von Vitamin K
Prothrombinkonzentrat (PPSB), Fresh Frozen Plasma (FFP)
Bei Leberzirrhose siehe Therapie der Leberzirrhose
Bei Hyperfibrinolyse
Gabe von Tranexamsäure
Von-Willebrand-Jürgens-Syndrom
Siehe Von-Willebrand-Jürgens-Syndrom
Siehe: Schock → Therapie der Verbrauchskoagulopathie
Hämophilie : Abstract ?
(Bluterkrankheit, Hereditärer Faktor-VIII-Mangel, Hereditärer Faktor-IX-Mangel)
Die umgangssprachlich auch als Bluterkrankheit bekannte Hämophilie ist eine X-chromosomal-rezessiv vererbbare Erkrankung, bei der es aufgrund eines Mangels an Gerinnungsfaktoren zu einer Störung der Hämostase kommt.
Es wird dabei ein hereditärer Faktor VIII-Mangel (Hämophilie A) von einem Faktor IX-Mangel (Hämophilie B) unterschieden.
Durch den Faktor VIII- bzw. IX-Mangel ist die sekundäre Blutstillung (plasmatische Gerinnung) im intrinsischen Schenkel (Verlängerung der aPTT) gestört.
Wie bei allen Störungen der plasmatischen Gerinnung sind klinisch großflächige Blutungen und Gelenkeinblutungen zu erwarten.
Zu diesen Blutungen kommt es aber in der Regel erst ab deutlich reduzierten Restaktivitäten der Faktoren.
Bei schwerer Hämophilie (Restaktivität <1%) ist eine regelmäßige Substitution der Gerinnungsfaktoren indiziert.
Es sind in der Regel nur Männer betroffen, da es sich um X-chromosomal-rezessive Erbgänge handelt!
Petechiale Blutungen sprechen gegen eine Hämophilie!
Hämophilie : Ätiologie ?
X-chromosomal-rezessiver Erbgang, in ca. 30% Neumutation
Häufigkeit: Ca. 1:10.000 (bzw. ca. 1:5.000 bei Männern)
Hämophilie A: Bei ≥80% der Hämophilien liegt eine Mutation im Xq28-Gen vor, was zu einem Faktor-VIII-Mangel führt
Keine ausreichende Aktivität des Faktors VIII: Hämophilie A+
Fehlen des Faktors VIII: Hämophilie A−
Hämophilie B: Bei etwa 10–15% der Hämophilien liegt eine Mutation im Xq27-Gen vor, was zu einem Faktor-IX-Mangel führt
Hämophilie : Symptome/Klinik ?
Erst bei einer Restaktivität des Faktors VIII (Hämophilie B: IX) von ≤15% kommt es in der Regel zu den charakteristischen Blutungen
Störung der sekundären Blutstillung (intrinsisches System)
Später Blutungsbeginn (nicht direkt nach der Verletzung)
Großflächige Blutungen
Hämarthros und Muskelblutungen
Schweregrad
Faktor-VIII bzw. IX-Aktivität
Physiologisch
>75%
Subhämophilie
Meist asymptomatisch
16–50%
Leichte Hämophilie (Milde Hämophilie)
Hämatome i.d.R. erst nach schweren Traumata
6–15%
Mittelschwere Hämophilie
Hämatome nach leichten Traumata
1–5%
Schwere Hämophilie
Spontane Hämatome
<1%
Hämophilie : Diagnostik ?
Quantitative Bestimmung der Einzelfaktoren, bzw. Nachweis des jeweiligen Faktorendefizits
Differenzialdiagnosen → siehe Störungen der plasmatischen Gerinnung
Thrombozyten: Normal
Blutungszeit: In der Regel normal
INR: In der Regel normal
aPTT: Verlängert
Hämophilie : Therapie ?
Allgemeine Prophylaxe: Intravenöse Substitution von rekombinanten Faktorenkonzentraten
Indikation: Schwere Hämophilie, ggf. auch mittelschwere Formen
Durchführung: Üblicherweise 3× wöchentlich i.v. Substitution von Faktoren, individuelle Anpassung von Dosis und Häufigkeit nach klinischem Verlauf.
Bedarfsbehandlung im Blutungsfall und vor Operationen/Interventionen
Bei akuter Blutung: Intravenöse Gabe von Faktorenkonzentraten
Blutungskontrolle im Verlauf: Ggf. Fortführung der Gabe von Faktorenkonzentraten, bis die Blutung stabilisiert ist
Nur bei Hämophilie A (leichte bis mittelschwere Formen): Desmopressin (Vasopressin-Analogon) bei leichteren Blutungsereignissen
Bei größeren Eingriffen: Faktorenkonzentrate prä- und perioperativ zur Anhebung der Gerinnungsaktivität
Antiphospholipid-Syndrom : Abstract ?
Beim Antiphospholipid-Syndrom (APS) handelt es sich um eine Thrombophilie, deren Grundlage die Bildung von Autoantikörpern (z.B. Lupus-Antikoagulans, Anticardiolipin, Anti-β2-Glykoprotein-I) gegen an Phospholipide gebundene Proteine ist.
Es kommt zu einer erhöhten Gerinnungsneigung und somit gehäuft zu Thrombosen mit etwaigen ischämischen Folgen.
In etwa der Hälfte der Fälle tritt das APS sekundär neben einer anderen Grunderkrankung (z.B. systemischer Lupus erythematodes) auf.
Behandlungsziele nach Diagnosestellung eines APS sind die erfolgreiche Akutbehandlung einer Thromboembolie, v.a. aber die Sekundärprophylaxe zur Verhinderung weiterer schwerer thromboembolischer Ereignisse und die Senkung des Abortrisikos bei Frauen mit Kinderwunsch.
Zur oralen Antikoagulation bei APS sind nur Vitamin-K-Antagonisten zugelassen!
Antiphospholipid-Syndrom : Epidemiologie ?
Geschlecht: ♀ > ♂
Antiphospholipid-Syndrom : Ätiologie ?
Primär
Sekundär
Häufig: Systemischer Lupus erythematodes
Rheumatoide Arthritis
Malignome
HIV
Antiphospholipid-Syndrom : Pathophysiologie ?
Die genaue Pathophysiologie ist nicht eindeutig geklärt. Folgende Pathomechanismen werden angenommen:
Die Antikörper bilden nach Bindung an Phospholipide Komplexe mit Inhibitoren der Gerinnung (z.B. Protein C und S), was zu einer Hyperkoagulabilität führt
Verminderter Abbau des Faktor-Xa-Va-Phospholipid-Komplexes nach Bindung der Antikörper an Phospholipide → Hyperkoagulabilität
Antiphospholipid-Syndrom : Symptome/Klinik ?
Schwangerschaftskomplikationen: Plazentainsuffizienz, Präeklampsie, wiederholte Aborte
Thrombosen und Thromboembolien: Das APS fällt durch rezidivierende Thrombosen und Thromboembolien auf (von denen jedes Organ betroffen sein kann), bspw.
Herz: Myokardinfarkt , Kardiomyopathie
ZNS: Ischämischer Schlaganfall , transitorische ischämische Attacke, Amaurosis fugax, Sinusvenenthrombose, Krampfanfälle, Migräne
Lunge: Lungenarterienembolie
Niere: Niereninfarkt, renaler Hypertonus, Niereninsuffizienz
Haut: Ulzera, Livedo racemosa, sekundäres Raynaud-Syndrom
Blutbildveränderungen (siehe auch: Diagnostik bei Antiphospholipid-Syndrom)
Antiphospholipid-Syndrom : Verlaufs- und Sonderformen ?
Katastrophales APS
Definition: Thrombosen in ≥3 Organsystemen
Viele mikrozirkuläre Verschlüsse innerhalb kürzester Zeit
Oft fulminante, lebensbedrohliche Verläufe mit Verbrauchskoagulopathie und Multiorganversagen
Differenzialdiagnostische Abgrenzung zu HUS und TTP schwierig
Therapie: Versuch der Antikörpereliminierung mittels Plasmapherese und Cyclophosphamid-Bolustherapie
Prognose: Hohe Mortalität, unter Therapie bei 30%
Antiphospholipid-Syndrom : Diagnostik ?
Die Diagnose APS ist zu stellen, wenn von den folgenden Kriterien je ein klinisches und ein serologisches erfüllt ist.
Klinische Kriterien
Arterielle oder venöse Thrombosen (mind. 1)
Komplikationen in der Schwangerschaft
≥1 Abort nach der 10. Schwangerschaftswoche oder ≥3 Aborte vor der 10. Schwangerschaftswoche, die nicht durch andere Ursachen zu erklären sind
Frühgeburt wegen Präeklampsie oder Plazentainsuffizienz
Laborkriterien: Serologischer Nachweis von Antiphospholipid-Antikörpern
Lupus-Antikoagulans: Anti-Phospholipid-Antikörper, der nicht direkt bestimmt werden kann; Nachweis bestimmter Kriterien (z.B. Verlängerung eines phospholipidabhängigen Gerinnungstests) als indirekter Hinweis auf ein Vorhandensein
→ Verlängerte aPTT trotz erhöhter Thromboseneigung
Anti-Cardiolipin-Antikörper
Anti-β2-Glykoprotein-I-Antikörper
Weitere prokoagulatorische Antikörper
Thrombozytopenie: 20–30% der Patient:innen mit APS zeigen eine milde, aber chronische Thrombozytopenie
Hämolyse, Leukozytopenie
Antiphospholipid-Syndrom : Therapie ?
Gemäß Akuttherapie des jeweiligen thromboembolischen Ereignisses, bspw.
Phlebothrombose
Lungenembolie
Myokardinfarkt
Schlaganfall
Patient:innen mit APS zeigen ein hohes Rezidivrisiko für thromboembolische Ereignisse, sodass i.d.R. die Indikation zur dauerhaften Antikoagulation besteht.
Patient:innen mit stattgehabter Thrombose
Dauerhafte orale Antikoagulation mit Phenprocoumon oder Warfarin
Patientinnen mit wiederholten Aborten und Schwangerschaftswunsch
Niedermolekulare Heparine + ASS
Thrombozytopenien : Abstract ?
(Thrombozytenmangel)
Eine Thrombozytopenie beschreibt den Mangel an Thrombozyten im Blut.
Dies kann die Folge einer Thrombozytenbildungsstörung bei beeinträchtigter Megakaryopoese (z.B. aufgrund infiltrativer Prozesse im Knochenmark) oder eines beschleunigten peripheren Abbaus (z.B. bei mechanischer Schädigung oder Immunthrombozytopenien) sein.
Eine erniedrigte Megakaryozytenzahl im Knochenmark spricht dabei für eine Bildungsstörung, eine reaktiv gesteigerte für einen erhöhten Umsatz.
Bei isolierter Thrombozytopenie aufgrund verkürzter Lebenszeit der Thrombozyten und Ausschluss sekundärer Ursachen (Malignome, Autoimmunerkrankungen, Medikamente, etc.) kann eine idiopathische immunthrombozytopenische Purpura (Morbus Werlhof) vorliegen.
Bei Thrombozytopenien ist die primäre Blutstillung beeinträchtigt, was sich klinisch durch petechiale Blutungen (abhängig von der absoluten Thrombozytenzahl) an Haut und Schleimhaut zeigt.
Bei einer verminderten Thrombozytenproduktion ist die Megakaryozytenzahl im Knochenmarkspunktat ebenfalls vermindert!
Bei einem vermehrten peripheren Umsatz von Thrombozyten ist die Megakaryozytenzahl im Knochenmarkspunktat reaktiv erhöht!
Eine dezente Splenomegalie kann in Einzelfällen vorkommen, ist aber eher untypisch und spricht deswegen gegen die Diagnose ITP (Idiopathische immunthrombozytopenische Purpura)
Thrombozytopenien : Ätiologie ?
Ein Thrombozytenmangel ist in der Regel auf eine gestörte Bildung im Knochenmark oder auf einen gesteigerten Umsatz zurückzuführen.
Verminderte Produktion: Bei einer Schädigung des Knochenmarks kann es auch zu einer Verminderung der für die Thrombopoese entscheidenden Megakaryozyten kommen. In den meisten Fällen liegt der Störung eine erworbene Ursache zugrunde.
Toxische Schädigung: Medikamente, ionisierende Strahlen, Benzol, etc.
Malignome: Insbesondere akute Leukämien, Lymphome und ossäre Metastasen
Ineffektive Produktion: Vitamin B12-Mangel und/oder Folsäuremangel
Antikörper gegen Thrombozyten
Idiopathisch immunthrombozytopenische Purpura (ITP) (→ siehe Verlaufs- und Sonderformen)
Sekundäre Ursachen
Medikamenteninduziert (z.B. bei HIT)
Malignome (z.B. CLL)
Autoimmunerkrankungen: SLE, Rheumatoide Arthritis
Posttransfusionsthrombozytopenie
HELLP-Syndrom
Erhöhter Verbrauch
Mechanische Schädigung durch Herzklappen oder Blutzirkulationen in künstlichen Systemen (z.B. bei Dialysen)
Hämolytisch-urämisches Syndrom (HUS) und Thrombotisch-thrombozytopenische Purpura
Disseminierte intravasale Gerinnung
Splenomegalie
Thrombozytopenien : Symptome/Klinik ?
Thrombozytenzahl/μl
Symptomatik
Physiologisch: >150.000
>100.000
I.d.R. keine erhöhte Blutungsneigung
50.000-100.000
Verlängerte Blutungen bei größeren Verletzungen
30.000-50.000
Verlängerte Blutungen bei kleineren Verletzungen, petechiale Blutungen
<30.000
Spontanblutungen, disseminierte Petechien an Häuten und Schleimhäuten
Thrombozytopenien : Verlaufs- und Sonderformen ?
Die idiopathische immunthrombozytopenische Purpura ist eine Ausschlussdiagnose bei einer isolierten Thrombozytopenie (<100.000/μL, abweichend vom unteren Referenzwert 150.000/μl)
Synonyme: ITP, Morbus Werlhof
Ätiologie: Unbekannt, eine Assoziation mit Virusinfektionen der oberen Atemwege wird diskutiert
Epidemiologie: Häufigste Ursache einer Blutungsneigung bei Kindern
Ein Drittel aller Patienten zeigt einen asymptomatischen Verlauf
Die Klinik ist abhängig von der Thrombozytenzahl (→ siehe Klinik)
Diagnostische Hinweise
Isolierte Thrombozytopenie aufgrund verkürzter Lebenszeit der Thrombozyten mit reaktiv gesteigerter Megakaryopoese im Knochenmarkspunktat
Nachweis von IgG-Antikörpern gegen Thrombozyten (Bildungsort ist i.d.R. die nicht vergrößerte Milz) ohne Nachweis einer ursächlichen Erkrankung (s. oben)
Chronifizierung: Erkrankungsdauer >12 Monate → chronische ITP
Symptomlose Patienten oder Thrombozytenzahl >30.000/μL: "Watch and wait" (>80% zeigen spontane Remission innerhalb einiger Wochen)
Symptomatische Patienten oder Thrombozytenzahl <30.000/μL: Glukokortikoide, ggf. als hochdosierte Stoßtherapie
Second-line: Bei Nicht-Ansprechen auf Glukokortikoidtherapie, Cushing-Gefahr oder mehreren Rezidiven
Splenektomie
Indikation: Persistierende Thrombozytopenie und schwere Blutungen
Verfahren: Bevorzugt minimal-invasive, laparoskopische Operation
Intravenöse Immunglobuline: Insbesondere vor Operationen kann durch Immunglobulingabe die Thrombozytenzahl kurzfristig erhöht werden
Immunsuppression: Ausweitung der Glukokortikoidtherapie, CD 20-Antikörper (Rituximab)
Thrombopoetin-Rezeptoragonisten: Romiplostim, Eltrombopag
Bei lebensbedrohlichen Blutungen: Gabe von Thrombozytenkonzentraten, Immunglobulinen und Glukokortikoiden
Eine dezente Splenomegalie kann in Einzelfällen vorkommen, ist aber eher untypisch und spricht deswegen gegen die Diagnose ITP!
Thrombozytopenien : Therapie ?
Kausale Therapie bei bekannter Grunderkrankung
Symptomatische Therapie → siehe Transfusionen: Thrombozytenkonzentrat
Thrombotische Mikroangiopathie : Abstract ?
(TMA)
Das hämolytisch-urämische Syndrom (HUS, Synonym: Gasser-Syndrom)
und die thrombotisch-thrombozytopenische Purpura (TTP, Synonym: Moschcowitz-Syndrom)
> vereinen das Auftreten einer Hämolyse sowie Mikroangiopathien durch Plättchenthromben.
Charakteristisch für das HUS ist eine ausgeprägte Nierenbeteiligung, für die TTP eine schwere Thrombozytopenie.
Eine sichere Unterscheidung ist nicht immer möglich.
Das HUS tritt gehäuft im Kindesalter im Anschluss an eine EHEC-Gastroenteritis, vermittelt durch das Shiga-Toxin, auf.
Als weitere Ursache für eine thrombotische Mikroangiopathie sind angeborene oder antikörpervermittelte Inaktivierungen einer antithrombotisch wirkenden Protease zu nennen.
Der Verdacht ergibt sich durch Symptome des Nierenversagens und den Nachweis einer Thrombozytopenie.
In einer solchen Konstellation sollte ein Blutausstrich erfolgen, um den wegweisenden Nachweis von Fragmentozyten zu prüfen.
Eine zügige Behandlung zur Abwendung eines terminalen Nierenversagens oder eines letalen Verlaufs ist wichtig.
Über einen Plasmaaustausch mit Gabe von Frischplasma wird versucht, die Toxine und Antikörper zu eliminieren und die verminderte Proteaseaktivität zu substituieren.
D:
Gasser-Syndrom : Das hämolytisch-urämische Syndrom, kurz HUS, ist eine seltene, postinfektiöse Erkrankung der Endothelzellen. Es zählt wie die thrombotisch-thrombozytopenische Purpura zu den thrombotischen Mikroangiopathien. Das Syndrom ist durch die Symptomtrias aus mikroangiopathischer hämolytischer Anämie, Thrombozytopenie und akutem Nierenversagen mit Urämie charakterisiert.
Die thrombotisch-thrombozytopenische Purpura, kurz TTP, ist ein Erkrankungsbild, das durch Thrombozytopenie, hämolytische Anämie und zentralnervöse Symptome gekennzeichnet ist. Es zählt zu den thrombotischen Mikroangiopathien (TMA).
EHEC-Gastroenteritis : Die Escherichia-coli-Enteritis ist eine bei Infektion mit verschiedenen enteropathogenen Varianten des Bakteriums Escherichia coli auftretende bakterielle Gastroenteritis.
Fragmentozyten :
(Schistozyten) Durch Schädigung der Membran entstandene deformierte Erythrozyten oder Erythrozytenbruchstücke. Die Verletzungen kommen aufgrund eines behinderten Blutflusses entweder durch mechanische Hindernisse (z.B. künstlicher Herzklappenersatz) oder durch körpereigene Hindernisse (z.B. Mikrothromben bei HUS) zu Stande.
Thrombotische Mikroangiopathie : Epidemiologie ?
Häufigkeitsgipfel: Zum typischen hämolytisch-urämischen Syndrom kommt es häufig im Kindesalter → meist nach EHEC-Infektion
Thrombotische Mikroangiopathie : Ätiologie ?
Bei der durch EHEC ausgelösten HUS-Epidemie im Jahr 2011 sind mehr als 30 Menschen in Deutschland verstorben. Der Auslöser EHEC wurde zwar früh festgestellt, jedoch gelang es lange Zeit nicht, die kontaminierten Nahrungsmittel zu identifizieren. Letztendlich wurde vom RKI bekannt gegeben, dass der Erreger über Sprossen aus ägyptischen Bockshornkleesamen übertragen wurde.
Synonym: Gasser-Syndrom
Typisches HUS: Durch die Wirkung des Shiga-Toxins → zu den Symptomen des HUS kommt es nach vorangegangener Diarrhö
Infektion mit enterohämorrhagischen E. coli (EHEC)
Infektion mit Shigellen
Seltener Pneumokokkeninfektion
Atypisches HUS: Ohne infektiöse Ursache, familiäres HUS → Schlechte Prognose!
Synonym: Moschcowitz-Syndrom
Ursache: Mangel an Metalloprotease ADAMTS 13
Erworben durch Auto-Antikörper-Bildung
Im Rahmen rheumatischer Erkrankungen
Induziert durch Medikamente (u.a. einige Zytostatika)
Während der Schwangerschaft (Östrogene)
Angeboren
Thrombotische Mikroangiopathie : Pathophysiologie ?
Toxinwirkung oder Mangel an antithrombotisch wirkender Metalloprotease ADAMTS 13 (angeboren oder erworben durch Auto-AK) → Bildung von thrombozytenreichen Thromben → Mikroangiopathie (v.a. Niere und Gehirn) sowie Thrombozytopenie, Hämolyse mit Bildung von Fragmentozyten → Akute Nierenschädigung, ZNS-Symptomatik
Thrombotische Mikroangiopathie : Symptome/Klinik ?
Allgemeine Symptome: Abgeschlagenheit, Fieber
Spezifische Symptome
Hämolytische Anämie: Abgeschlagenheit, Blässe, Tachykardie, ggf. brauner Urin bei Hämoglobinurie
Thrombozytopenie, Störung der Thrombozytenaggregation: Petechiale Blutungen
Akute Nierenschädigung: Insbesondere in der anurischen Phase kann es zu folgenden Symptomen kommen
Oligurie/Anurie
Arterielle Hypertonie
Periphere Ödeme
Zerebrale Beeinträchtigung
Thrombotische Mikroangiopathie : Diagnostik ?
Allgemein
Ausgeprägte Thrombozytopenie
Hämolytische Anämie: Hämolysezeichen
Nierenschädigung
Erhöhte Retentionsparameter: Kreatinin↑
Hämaturie, Proteinurie
Speziell
Nachweis von Fragmentozyten im Ausstrich
Bestimmung der Aktivität der Metalloprotease ADAMTS 13 (ggf. Nachweis Auto-AK)
Thrombotische Mikroangiopathie : Therapie ?
Das Krankheitsgeschehen und der genaue Wirkmechanismus der Therapie sind noch nicht ausreichend geklärt. Folgende Therapieoptionen werden empfohlen:
Gabe von Fresh Frozen Plasma (FFP), Plasmapherese
Dialyse oder Hämofiltration
Bei autoimmuner Genese zusätzlich Immunsuppression (Glucocorticoide, Rituximab)
Bei ausbleibendem Erfolg wird Eculizumab empfohlen (zum Teil erfolgreich während der HUS-Epidemie 2011 eingesetzt)
Eine antibiotische Therapie kann bei schwereren Verläufen eines HUS infolge EHEC-Infektion erfolgen[1][2]
Eine Thrombozytentransfusion kann zu einer Aggravierung des Krankheitsbildes führen und sollte möglichst unterlassen werden!
Thrombotische Mikroangiopathie : Komplikationen ?
Niere
Vaskulär-bedingte rapid progressive Glomerulonephritis
Chronische Niereninsuffizienz und arterielle Hypertonie
ZNS: Zerebrale Krampfanfälle
Thrombotische Mikroangiopathie : Prognose ?
Die Prognose ist vor allem vom Therapiebeginn abhängig. Ein frühzeitiger Beginn senkt nicht nur die akuten Komplikationen (Akute Niereninsuffizienz, Koma), sondern verhindert auch die Entwicklung einer chronischen Niereninsuffizienz.
Typisches hämolytisch-urämisches Syndrom: Geringe Letalität (1–5%)
Andere Formen: Hohe Letalität (frühe Therapie wichtig), hohes Risiko für terminale Niereninsuffizienz
Langfristig: Chronische Niereninsuffizienz
Thrombotische Mikroangiopathie : Prävention ?
Nach dem Infektionsschutzgesetz ist der Krankheitsverdacht, die Erkrankung sowie der Tod am enteropathischen hämolytisch-urämischen Syndrom (HUS) namentlich meldepflichtig.
Splenomegalie : Abstract ?
Die Vergrößerung der Milz (Splenomegalie) kann die Folge einer verstärkten Aktivität der Milz, eines verminderten Blutabflusses oder einer Infiltration des Milzgewebes sein.
Klinisch fällt sie nur bei sehr starker Vergrößerung durch Palpation auf, zumeist ist sie eine Zufallsentdeckung in bildgebenden Verfahren.
Unabhängig von der Ätiologie kann eine Volumenzunahme der Milz wiederum zu einem vermehrten Blutabbau einzelner Zellreihen oder aller Zellreihen mit Panzytopenie führen (sog. Hypersplenismus).
Als Ultima ratio kann eine Splenektomie erwogen werden, die allerdings mit einem erhöhten Risiko für ein OPSI-Syndrom einhergeht.
Splenomegalie : Pathogenetischer Mechanismus ?
Ursache
Assoziierte Krankheitsbilder
Verstärkte Aktivität der Milz
Verstärkter Abbau veränderter oder defekter Blutzellen
Hämolysen
Korpuskuläre hämolytische Anämien
Polycythaemia vera
Verstärkte Immunreaktion
Virale Infektionen
Besonders ausgeprägt bei EBV-Infektionen
Bakterielle Infektionen
Mykotische Infektionen
Parasitäre Infektionen
Gestörte Immunreaktion
Vaskulitiden
Kollagenosen
Extramedulläre Hämatopoese bei Knochenmarkinsuffizienz
Primäre Myelofibrose
Knochenmarksbefall bei Hodgkin-Lymphom und Non-Hodgkin-Lymphomen
Knochenmarksbefall bei Leukämie
Toxische Schädigung des Knochenmarks
Verminderter Blutabfluss
Portale Hypertension
Leberzirrhose
Obstruktion der V. portae, V. hepatica oder V. lienalis
Infiltration der Milz
Verdrängung des Milzgewebes
Milzbefall bei Hodgkin-Lymphom und Non-Hodgkin-Lymphomen
Milzbefall bei Leukämie
Solide Tumoren: Malignes Melanom
Benigne Tumoren
Splenomegalie : Extreme Splenomegalie ?
Definition: Mehr als 8 cm unter dem Rippenbogen tastbar und/oder Organgewicht über 1000 g
Chronisch myeloische Leukämie
Seltener: Haarzellleukämie, Hodgkin-Lymphom und Non-Hodgkin-Lymphome
Insbesondere myeloproliferative Erkrankungen gehen mit einer massiven Splenomegalie einher!
Splenomegalie : Hypersplenismus (Hypersplenie-Syndrom) ?
Die Vergrößerung der Milz kann unabhängig von der Ätiologie einen vermehrten Blutabbau einzelner Zellreihen oder aller Zellreihen mit Panzytopenie bedingen. Die Panzytopenie führt zu einer reaktiven Hyperplasie des Knochenmarks (Ausnahme: Knochenmarkinsuffizienz als Ursache der Splenomegalie)
Definition: Splenomegalie, Zytopenie, hyperplastisches Knochenmark
Klinik: Panzytopenie
Hämolytische Anämie mit Blässe und Müdigkeit
In der Regel keine Retikulozytose
Leukopenie mit Infektneigung
Thrombozytopenie mit petechialer Blutungsneigung
Behandlung der Grunderkrankung
Splenektomie bei symptomatischer Zytopenie
Erhöhtes Risiko für ein OPSI → Impfungen gegen Pneumokokken, Meningokokken und Haemophilus influenzae
Asplenie : Abstract ?
Die Milz ist der primäre Ort des Erythrozytenabbaus, kann in bestimmten Situationen auch Erythropoese betreiben und spielt v.a. im Immunsystem eine wichtige Rolle.
Insb. für eine adäquate immunologische Reaktion gegen bekapselte Bakterien sowie Parasiten ist dieses Organ essenziell.
Verschiedene Ursachen wie die traumatische Milzruptur (mit möglicherweise starker Blutung) oder die symptomatische Splenomegalie können eine notfallmäßige operative Entfernung des Organs notwendig machen.
Bei fehlender Milz kann es aufgrund der immunologischen Funktion des Organs zum lebensgefährlichen Syndrom der "overwhelming postsplenectomy infection“ (OPSI) kommen, weshalb durch entsprechende Impfungen und Vorsichtsmaßnahmen entgegenzuwirken ist.
Zudem besteht im ersten Halbjahr nach einer Milzentfernung ein erhöhtes Risiko für eine Pfortaderthrombose.
Ein Fehlen von Howell-Jolly-Körperchen nach Splenektomie spricht für das Vorliegen einer Nebenmilz!
Patienten mit (funktioneller) Asplenie sollten gegen Pneumokokken, Meningokokken und Haemophilus influenzae Typ b geimpft werden sowie die jährliche Influenza-Impfung erhalten!
Splenektomierte Patienten müssen über das erhöhte Infektrisiko aufgeklärt werden!
Asplenie : Ursachen einer Asplenie ?
Häufigste Ursache einer Asplenie (>90%)
Indikationen bzw. mögliche Ursachen
Notfallmäßige Splenektomie: (Traumatische) Milzruptur
Elektive Splenektomie
Schwere hämolytische Anämien, bspw. hereditäre Sphärozytose, β-Thalassämie, autoimmunhämolytische Anämie
Therapierefraktäre Thrombozytopenien, v.a. idiopathische immunthrombozytopenische Purpura (ITP)
Hypersplenie-Syndrom und chronisch symptomatische Splenomegalie
Neoplasien der Milz
Sichelzellanämie
Autoimmunerkrankungen
Infektionen
Gastrointestinale und Leber-Erkrankungen
Hämatoonkologische Erkrankungen
Iatrogen
Vaskuläre Ursachen
Kongenitale Asplenie (sehr selten)
Asplenie : Folgen einer Asplenie ?
Ätiologie: Ausfall der Milz als sekundäres lymphatisches Organ
Epidemiologie: Lebenslang erhöhtes Infektrisiko
Therapie: Frühe antibiotische Therapie bei Fieber bzw. Infektverdacht , bspw. mit Amoxicillin-Clavulansäure
Passagere Thrombozytose: Postoperativ erhöhtes Risiko für thromboembolische Komplikationen
Lymphozytose
Verminderte Bildung von Immunglobulinen (IgG, IgM)
Howell-Jolly-Körperchen: DNA-Reste in jungen Erythrozyten
Prävention von Infektionen
Ausreichende Aufklärung der Patienten
Betroffene sollten einen Notfallausweis mit sich tragen (mit dokumentiertem Impfstatus)
Strengere Vorsichtsmaßnahmen bei Aufenthalt in Malaria-Risikogebieten
Antibiotikaprophylaxe
Indikation: Falls Impfung nicht möglich ist
Frühzeitige Antibiotika-Therapie bei fieberhaften Infekten
Immunisierung
Zeitpunkt
Möglichst bis 14 Tage vor dem Eingriff
Postoperativ nach ausreichender AZ-Stabilisierung
Impfungen bei (funktioneller) Asplenie: Pneumokokken, Haemophilus influenzae Typ b, Meningokokken, jährliche Influenza-Impfung
Asplenie : Komplikation ?
Definition des OPSI-Syndroms: Fulminant verlaufende Bakteriämie (meist ohne Fokus) als Komplikation einer Postsplenektomieinfektion
Häufige Erreger: Kapseltragende Bakterien wie Streptococcus pneumoniae (60%), Haemophilus influenzae (30%), Neisseria meningitidis
Seltener Staphylococcus aureus, Escherichia coli oder andere gramnegative Erreger
Symptome
Kurzes Prodromalstadium mit unspezifischen Symptomen: Fieber, Schüttelfrost, Halsschmerzen, Übelkeit, Durchfälle
Rasche Verschlechterung des Allgemeinzustandes (meist innerhalb weniger Stunden)
Plasmapherese : Abstract ?
(Plasmaaustausch, Plasmaseparation)
Die Plasmapherese dient der Entfernung von pathogenen Blutbestandteilen.
Dafür wird dem Patienten Blut entnommen, das extrakorporal in Plasma und Restblut aufgetrennt wird.
Das Restblut wird dem Patienten dann wieder zugeführt und das Plasma durch Plasmakonzentrate oder Albuminlösungen ersetzt.
Bei der spezifischen Plasmapherese werden stattdessen durch Immunadsorption, Selektion oder Filtration gezielt Bestandteile vom Plasma abgetrennt und das gereinigte Plasma dem Patienten wieder zugeführt.
Plasmapherese : Definition ?
Methode zur Gewinnung von Spenderplasma über Separation des Blutes. Außerdem therapeutische Methode zur Elimination bestimmter Plasmabestandteile (z.B. Auto-Antikörper).
Plasmapherese : Indikation ?
Unselektive Plasmapherese
Thyreotoxische Krise
Thrombotisch-thrombozytopenische Purpura (TTP), atypisches hämolytisch-urämisches Syndrom (HUS)
Morbus Waldenström
Selektive Plasmapherese bei Autoimmunerkrankungen (z.B. werden spezifisch Antikörper durch Immunadsorption entfernt)
Guillain-Barré-Syndrom
Goodpasture-Syndrom
Antiphospholipid-Syndrom
Myasthenia gravis
Plasmapherese : Komplikationen ?
Komplikationen sehr selten
Infektionen durch periphere Venenpunktion
Vermehrte Blutungsneigung durch Antikoagulation (Schlauch- und Gerätesystem, Heparin-Bolusgabe vor Therapiebeginn)
Allergische Reaktion durch Medikamentengabe (u.a. Albumine als Plasmaexpander)
Kardiovaskuläre Störungen wie Hypotonien durch Blutverluste
Pleuraerguss : Abstract ?
Ein Pleuraerguss ist eine Flüssigkeitsansammlung in der Pleurahöhle zwischen Lunge und Brustwand.
Handelt es sich um eine zell- und eiweißarme Flüssigkeit, wird dies als Transsudat bezeichnet.
Es entsteht infolge eines vermehrten Flüssigkeitsaustritts aus den Kapillaren bei einer Stauung oder einer pathologischen Zusammensetzung des Blutes.
Ist die Flüssigkeit hingegen zell- und eiweißreich, handelt es sich um ein Exsudat.
Dieses entsteht in Folge einer entzündungs- oder tumorbedingten Störung der Barriere zwischen Blutbahn und Lymphwegen mit Austritt von Zellen.
Der Erguss sammelt sich bei aufrechtem Oberkörper der Schwerkraft folgend in den Randwinkeln der Pleurahöhle.
Perkutorisch fällt dann basal ein gedämpfter Klopfschall und auskultatorisch ein abgeschwächtes bis fehlendes Atemgeräusch auf.
Nachweisverfahren der ersten Wahl ist die Ultraschalluntersuchung.
Um die Genese zu klären, sollte jeder erste bzw. unklare Pleuraerguss punktiert und untersucht werden (Mikrobiologie, Zytologie, klinische Chemie).
Erst große Pleuraergüsse führen zu Luftnot und können gegebenenfalls symptomatisch punktiert und drainiert werden.
Generell steht die Therapie der Grundkrankheit im Vordergrund.
Transsudat und Exsudat Ergussese : Beiden Formen gemeinsam ist, dass die erhöhte Produktion von Lymphe die maximale Lymphrückresorption der Pleura (pleurale Lymphstromgeschwindigkeit) übersteigt!
Bei diagnostischer Pleurapunktion muss nur eine Seite punktiert werden. Aber auch bei therapeutischer Indikation wird zunächst immer nur einseitig punktiert, aufgrund der Komplikationsgefahr!
Ein blutiger Pleuraerguss ist verdächtig auf eine maligne Genese und bedarf einer Abklärung!
Bei einem Pleuraempyem sind in jedem Stadium die antibiotische Therapie sowie die Anlage einer Thoraxdrainage indiziert!
Ein maligner Pleuraerguss {Flüssigkeitsansammlung im Pleuraspalt im Rahmen einer Tumorerkrankung. Ursachen können lokales Tumorwachstum oder die Blockade des Lymphabstroms durch ein Malignom sein. Symptome treten häufig erst ab einer gewissen Flüssigkeitsmenge auf} ist Zeichen einer fortgeschrittenen Tumorerkrankung und häufig mit einer schlechten Prognose verbunden!
Bei Entwicklung von Symptomen eines Pneumothorax nach Punktion sollte unmittelbar ein Röntgen-Thorax erfolgen.
Pleuraerguss : Ätiologie ?
Je nach Beschaffenheit des Ergusses lassen sich Transsudat und Exsudat mit jeweils typischen Ursachen unterscheiden.
Pathophysiologie: Austritt von Flüssigkeit mit wenigen Zellen und Proteinen über die intakte Pleura aufgrund pathologischer Druckunterschiede, bspw.
Hydrostatischer Druck↑ in den Pleurakapillaren
Interstitieller Flüssigkeitsdruck↑ in der Lunge
Häufige Ursachen
Herzinsuffizienz
Nephrotisches Syndrom
Pathophysiologie: Austritt von Flüssigkeit mit reichlich Zellen und Proteinen in den Pleuraspalt aufgrund erhöhter Durchlässigkeit der Kapillarwände im Rahmen einer Entzündung oder Tumorerkrankung
Pneumonie (parapneumonischer Erguss)
Malignom
Beiden Formen gemeinsam ist, dass die erhöhte Produktion von Lymphe die maximale Lymphrückresorption der Pleura (pleurale Lymphstromgeschwindigkeit) übersteigt!
Pleuraerguss : Symptome/Klinik ?
Zunächst inapparent
Bei ausgeprägtem Pleuraerguss
Hustenreiz, (trockener) Husten
(Stechende) Schmerzen im Brustkorb
Gewichtszunahme
Ggf. Symptome der Grunderkrankung, siehe auch
Symptome der Linksherzinsuffizienz
Symptome der Leberzirrhose
Symptome des nephrotischen Syndroms
Symptome der Lungenembolie
Symptome der Tuberkulose
Pleuraerguss : Diagnostik ?
Anamnese
Nachschleppen der betroffenen Thoraxhälfte (asymmetrische Thoraxexkursion)
Stimmfremitus vermindert
Abgeschwächtes oder fehlendes Atemgeräusch
Bronchophonie vermindert
Perkussion: Gedämpfter Klopfschall (nach lateral ansteigend )
Sonografie
Lagerung: Sitzende Position
Vorteil: Sehr empfindliche Nachweismethode
Befund: Echoarme/-freie Struktur am ehesten in den am tiefsten stehenden Randwinkeln der Pleurahöhle (Recessus costodiaphragmaticus) zu sehen
Röntgen in 2 Ebenen: p.a.-Aufnahme in Seitenlage oder im Stehen , Seitaufnahme im Stehen
Befund: Homogene Verschattung in den am tiefsten stehenden Randwinkeln der Pleurahöhle (Recessus costodiaphragmaticus)
Zwerchfellkontur aufgehoben
Verschattung steigt nach lateral an (Meniskuszeichen); die von medial betrachtet konvexe Begrenzungslinie zwischen Lunge und Erguss wird dabei als Ellis-Damoiseau-Linie bezeichnet
Verschattung steigt mit Ergussmenge nach kranial an
Totale Verschattung der Lunge mit Verdrängung des Mediastinums nach kontralateral möglich
Vorteil
Nachweis auch kleiner Ergussmengen
Befund: Sichelförmiger Saum zwischen Lunge und Thoraxwand
Großer Erguss mit Dyspnoe (therapeutisch)
Unklare Genese des Ergusses (diagnostisch)
Sonografische Beurteilung der Ergussmenge in sitzender Position
Wahl des Punktionsortes
Lokalanästhesie am Oberrand einer Rippe
Punktion der Pleurahöhle von dorsal bzw. dorsolateral am Oberrand der Rippe entlang, wenn möglich unter sonografischer Kontrolle
Max. 1,5 L Flüssigkeit in einem Eingriff ablassen, andernfalls droht Reexpansionsödem
Mind. 3 Untersuchungsröhrchen entnehmen
Kontraindikation: Quick <50%; INR >1,5; Thrombozyten <50.000/μL
Komplikationen: Infektionen, Blutungen, Nervenläsionen, Leber- und Milzverletzungen sowie Pneumothorax
Differenzialdiagnose Pleurapunktat
Untersuchungen des Punktats
Mikrobiologie: Bakterienkultur, evtl. Gram- oder Ziehl-Neelsen-Färbung
Klinische Chemie
Gesamteiweiß, LDH, spezifisches Gewicht
Cholesterin, Triglyceride , Amylase und Lipase , ggf. Tumormarker
Zellzahl und Glucose
pH-Wert: Bei V.a. Pleuraempyem
Pathologie
Zytologischer Ausstrich zum Ausschluss eines malignen Ergusses (Tumorzellen ja/nein)
Siehe auch: Exfoliativzytologie
Light-Kriterien: Unterscheidung zwischen Exsudat und Transsudat; trifft mind. eines dieser Kriterien zu, handelt es sich um ein Exsudat
Pleura-Gesamteiweiß/Serum-Gesamteiweiß >0,5
Pleura-LDH/Serum-LDH >0,6
Pleura-LDH >200 U/L
Pleuraerguss : Verlaufs- und Sonderformen ?
Definition: Blutansammlung im Pleuraspalt
Spontan
Traumatisch: Stumpfe oder perforierende Verletzungen des Brustkorbs
Symptome/Klinik
Thorakale Schmerzen
Kreislaufinstabilität
Körperliche Untersuchung: Abgeschwächtes/fehlendes Atemgeräusch, gedämpfter Klopfschall
Sonografie: Nachweis selbst geringer Mengen Blut bzw. Flüssigkeit
Röntgen-Thorax: Basale Verschattung , ggf. Begleitverletzungen (bspw. Rippenfraktur, Pneumothorax)
Pleurapunktion: Blutiger Erguss (siehe auch: Charakteristische Befunde bei Pleurapunktion)
Thoraxdrainage
Ggf. operative Blutungsstillung
Definition: Eiteransammlung in der Pleurahöhle
Stadiengerechte Therapie
Jedes Stadium
Kalkulierte antimikrobielle Therapie
Aminopenicillin plus β-Lactamase-Hemmer
Stadium I: Zusätzlich Spültherapie über Thoraxdrainage
Stadium II zusätzlich erwägen
Lokaltherapie mit Fibrinolytika
Chirurgische Intervention
Stadium III: Chirurgische Sanierung
Definition: Meist exsudativer Pleuraerguss durch Pleurametastasen oder direktes Tumorwachstum
Pleurametastasen
Pleuramesotheliom
Ein maligner Pleuraerguss ist Zeichen einer fortgeschrittenen Tumorerkrankung und häufig mit einer schlechten Prognose verbunden!
Definition: Ansammlung von Chylus im Pleuraspalt (Verdachtsdiagnose bei weißlichem Drainagesekret)
Traumatisch: Verletzung des Ductus thoracicus
Neoplastisch: Benigne oder maligne
Bestimmte Konstellationen beim Auftreten eines Pleuraergusses können auf zugrunde liegende Ätiologien hinweisen.
Meigs-Syndrom: Raumforderung des Ovars und i.d.R. bds. Pleuraergüsse
Polyserositis: Bei rheumatologischen und autoinflammatorischen Syndromen auftretende Ergussbildungen an Pleurae, Peritoneum und Perikard
Lupus erythematodes
Rheumatoide Arthritis und Morbus Still
Familiäres Mittelmeerfieber
Serumkrankheit
Wichtigste Differenzialdiagnosen bei generalisierter Ergussbildung: Herzinsuffizienz, Hypoalbuminämie, Hypervolämie, Urämie
Pleuraerguss : Differenzialdiagnosen ?
Pleuraschwarte
Pneumothorax
Pleuritis
Siehe auch: Differenzialdiagnose Pleurapunktat
Pleuraerguss : Pleuritis ?
Definition und klinische Verlaufsformen: Entzündung der Pleura mit zwei Verlaufsformen
Pleuritis sicca (Pleuritis fibrinosa): Starke atemabhängige Thoraxschmerzen ausgehend von der sensorisch innervierten Pleura parietalis, häufig dorsal oder lateral, verstärkt bei Inspiration oder Husten, Besserung bei Exspiration
An die betroffene Seite gepresster Arm, um die Thoraxbewegungen zu reduzieren
Auskultierbares Pleurareiben („Lederknarren“)
Pleuritis exsudativa
Entsteht häufig innerhalb kurzer Zeit aus einer Pleuritis sicca
Ausbildung eines Pleuraergusses, Besserung der Schmerzsymptomatik durch die Separation der Pleurablätter
Infektiös
Bakteriell: Parapneumonisch, Pleuritis tuberculosa
Viral: Meist unproblematische, selbstlimitierende Verläufe
Häufigste Erreger: Adenoviren (Erreger atypischer Pneumonien), Coxsackie-B-Viren, RS-Viren, Zytomegalieviren, Herpes-simplex-Viren
Pilze: Sehr seltene Ursache für chronische Pleuritiden
Parasitär: Bspw. bei Amöbiasis, Echinokokkose
AIDS-assoziiert
Nicht-infektiös
Systemischer Lupus erythematodes
Eosinophile Granulomatose mit Polyangiitis
Benigne Asbestpleuritis
Medikamenteninduzierte Pleuritis: Bspw. durch Amiodaron, Nitrofurantoin, Phenytoin, Methotrexat
Für die Pleuritis exsudativa siehe: Differenzialdiagnose Pleurapunktat
Bei Pleuritis sicca: Klinische Diagnosestellung (siehe auch: Thoraxschmerz)
Therapie: Therapie der Grunderkrankung, symptomatische Schmerztherapie
Pleurapunktion: Bei großen Pleuraergüssen bzw. Atemnot infolge von Ergussbildung oder zu diagnostischen Zwecken
Siehe auch: Pleurapunktion - Klinische Anwendung
Komplikationen: Pleuritis calcarea, Pleuraschwarte
Pleuraerguss : Therapie ?
Behandlung der Grunderkrankung, bspw.
Akute Linksherzinsuffizienz mit Schleifendiuretika, siehe auch: Kardiale Dekompensation
Pneumonie mit Antibiotika, siehe auch: Medikamentöse Therapie der ambulant erworbenen Pneumonie
Pleurapunktion: Bei Pleuraerguss
Pleuradrainage: Bei rezidivierendem Pleuraerguss
Bei malignem Erguss und/oder medikamentös nicht beherrschbaren Ergüssen evtl. mit anschließender chemischer Pleurodese (bspw. durch Talkum)
Bei Pleuraempyem
Videoassistierte Thorakoskopie (VATS)
Bei malignem Pleuraerguss zur Histologiegewinnung
Bei mittels Drainage nicht ausreichend kontrollierbarem, parapneumonischem Pleuraerguss
Bei mit konventioneller Drainage nicht beherrschbarem Pleuraempyem
Pleuraerguss : Komplikationen ?
Hämatothorax
Versehentliche Organpunktion/-verletzung (z.B. Leber, Milz)
Reexpansionsödem
Empyem
Pleuraschwarte, selten Pleuritis calcarea
Atelektase :Abstract ?
Die Atelektase beschreibt einen unvollständig entfalteten, luftleeren Lungenbereich und kann in Folge aller möglichen Störungen der Belüftung entstehen:
ob bspw. durch die Verletzung eines Bronchus oder durch obstruierendes Wachstum eines Tumors.
In der körperlichen Untersuchung sind ein geminderter Klopfschall und ein abgeschwächtes Atemgeräusch wegweisend.
Im Röntgenbild imponiert der atelektatische Lungenabschnitt verdichtet und führt durch eine Volumenverkleinerung zu einem Zug auf das umliegende Gewebe.
Dies kann sich in einem Zwerchfellhochstand und einer Mediastinalverlagerung zur betroffenen Seite äußern.
Die Therapie ist abhängig von der Ursache, als Komplikation kann eine Pneumonie oder je nach Ausmaß eine respiratorische Insuffizienz auftreten.
Der Nachweis einer Atelektase erfordert das Vorliegen einer homogenen Verschattung mit gleichzeitigen Zeichen einer Volumenminderung!
Atelektase : Definition ?
Atelektase: Unvollständig entfalteter, luftleerer Lungenbereich
Dystelektase: Mangelbelüftung, unvollständige Atelektase {Wenn Teile des Segmentes noch belüftet sind, wird ein positives Pneumobronchogramm erkennbar. Man spricht in diesem Fall von einer Dystelektase.}
Atelektase : Klassifikation ?
Primäre Atelektase (angeborene bzw. fetale Atelektase)
Ursache: Mangelnde Lungenentfaltung bei Neugeborenen wegen Surfactant-Mangel
Sekundäre Atelektase
Obstruktionsatelektase
Ursache: Fremdkörper, Raumforderungen (bspw. Bronchialkarzinom)
Resorptionsatelektase
Ursache: Niedriges Ventilations-Perfusions-Verhältnis, hohe inspiratorische Sauerstoffkonzentration (insb. ≥0,8)
Kompressionsatelektase
Ursache: Pleuraerguss, Zwerchfellhochstand
Kontraktionsatelektase
Ursache: Chronisch-destruierende Lungenprozesse (Tuberkulose, Fibrose)
Entspannungsatelektase
Ursache: Pneumothorax
Atelektasen durch Bronchusverletzung
Atelektase : Diagnostik ?
Körperliche Untersuchung
Leitbefunde: Gedämpfter Klopfschall, abgeschwächtes Atemgeräusch
Siehe auch: Klinische Untersuchung der Lunge
Radiologischer Befund
Homogene Verschattung, die sich an den Lappengrenzen orientiert
Gleichzeitige Volumenverkleinerung der Lunge
Je nach Ausprägung Zwerchfellhochstand und Mediastinalverlagerung zur betroffenen Seite
Differenzialdiagnose einseitiger Zwerchfellhochstand: Subphrenischer Abszess, Zwerchfellruptur, Zwerchfellparese (bei Phrenikusparese)
Schnittbild-Serien
Atelektase : Differenzialdiagnosen ?
Definition: Kongenitale Fehlbildung mit funktionsunfähigem Lungengewebe, das nicht an den Bronchialbaum angeschlossen ist und folglich nicht am Gasaustausch teilnimmt
Blutversorgung erfolgt meist direkt aus der Aorta
Symptomatik: Meist keine klinischen Symptome
Befund: Radiologisch imponieren isolierte Lungenabschnitte, die sich als zystische, oft zwerchfellnahe Raumforderungen darstellen und mit Luft oder Flüssigkeit gefüllt sein können
Atelektase : Therapie ?
Ziel: Wiederbelüftung des betroffenen Lungenabschnitts
Vorgehen: Abhängig von der Genese (siehe Fremdkörperaspiration, Pleuraerguss, Pneumothorax etc.)
Atelektase : Komplikationen ?
Pneumonie, Abszess
Hypoxie
Bronchiektasen : Abstract ?
(Bronchiektasie, Bronchiektasien)
Bronchiektasen sind irreversible Aussackungen der großen Bronchien.
Sie sind in der Folge von wiederholten Entzündungen der Bronchien und bei gestörtem Abfluss der Bronchialsekrete (mukoziliäre Clearance) zu erwarten.
Der chronische Entzündungsprozess führt zu einer Zerstörung der Bronchienarchitektur und zur Ansammlung von Bronchialsekret.
Leitsymptom der Erkrankung sind Husten und dickflüssiger voluminöser Auswurf, häufig morgens nach Körperlagewechseln.
Bei einem konventionellen Röntgen-Thorax-Bild können Bronchiektasen nicht ausgeschlossen werden!
Bronchiektasen : Definition ?
Irreversible sackförmige oder zylindrische Ausweitung der großen Bronchien
Bronchiektasen : Ätiologie ?
Frühe Manifestation durch angeborene Defekte
Mukoviszidose
Kartagener-Syndrom
Sehr selten entstehen angeborene Ektasien durch eine gestörte Alveolardifferenzierung
Erworben bzw. späte Manifestation
Chronische Infekte
COPD
Bronchusstenosen
Fremdkörper
Tumor
Bronchiektasen : Symptome/Klinik ?
Voluminöser Auswurf ("maulvoll") vor allem morgens nach Positionswechsel
Produktiver Husten durch Mukostase und rezidivierende Infekte
Visköses, grün-gelbliches, purulentes Sputum mit süß-fadem Geruch
Subfebrile und febrile Temperaturen im Wechsel
Hämoptysen/Hämoptoe bei Lungenblutung
Bronchiektasen : Diagnostik ?
Feuchte grobblasige Rasselgeräusche
Giemen und Brummen bei Obstruktion
Erregerdiagnostik
Sputum
Ggf. Bronchoskopie
Röntgen-Thorax
Entzündlich verdickte Bronchialwände führen zum radiologischen Bild der parallel verlaufenden "Tram-Linien" (oder "Schienenzeichen")
„Ringschatten“: Zystische Transparenzerhöhungen, ggf. mit dem Nachweis eines Flüssigkeitsspiegels
Spätstadium: "Wabenlunge"
Streifenzeichnung bei chronischer Bronchitis
High Resolution Computertomografie (HR-CT): Verlässliche Nachweismethode
Typische Siegelringform
Wandverdickungen durch entzündlichen Prozess
"Tram-Linien" ("Schienenzeichen") bei Anschnitt parallel zu den Bronchien
Bronchiektasen : Therapie ?
Konservativ
Morgendliche Bronchialtoilette im Vierfüßlerstand (Quincke-Lagerung)
Nikotinverzicht
Influenza-Impfung, Pneumokokken-Impfung
Bei Infekt gezielte Antibiotikagabe
Interventionell
Segmentresektion oder Lobektomie: Bei einseitiger Lokalisation der Bronchiektasen Therapie der Wahl
Bronchiektasen : Komplikationen ?
Rezidivierende bronchopulmonale Infekte → Obstruktive Ventilationsstörung → Respiratorische Insuffizienz und Cor pulmonale
Lungenblutung
Interventionelle Pneumologie : Abstract ?
Die Pneumologie umfasst neben diagnostischen und therapeutischen Verfahren auch interventionelle Eingriffe.
Dazu gehört u.a. die Spiegelung der Bronchien (Bronchoskopie).
Dieser kommt in Verbindung mit der endobronchialen Ultraschalluntersuchung eine tragende Rolle in der Diagnostik von Lungentumoren zu.
Weiterhin kann bei der Bronchoskopie durch Spülung und/oder Aspiration gewonnenes Material zytologisch (bei Autoimmunerkrankungen, Lungentumoren) oder bakteriologisch (zur Diagnostik von Krankheitserregern) untersucht werden.
Dabei bezeichnet man eine bronchoskopische Spülung der Trachea als Bronchiallavage, eine Spülung aus den tiefen unteren Atemwegen als bronchoalveoläre Lavage (BAL).
Für die Punktion und Untersuchung von Pleuraflüssigkeit siehe: Pleurapunktion.
Interventionelle Pneumologie : Bronchoskopie ?
Kurzbeschreibung: Endoskopie der Trachea und Bronchien mittels eines Bronchoskops („Atemwegsspiegelung“)
Transoraler oder transnasaler Zugang
Mittels flexiblem oder starrem Endoskop möglich
Ggf. Erweiterung der Aussagekraft durch spezielle Bronchoskope mit endobronchialem Ultraschall (EBUS)
Indikationen
Abklärung unklarer Atemwegsveränderungen/-erkrankungen (Verdacht auf Tumoren, entzündliche Erkrankungen u.a.)
Ggf. in Kombination mit Biopsie und/oder bronchoalveolärer Lavage
Entfernung von Fremdkörpern
Stillung von schweren bzw. persistierenden Blutungen
Sekretretention bei invasiv beatmeten Patienten
Bronchusdilatation, Einbringen von Stents
Lokale Radiatio
Fiberoptische Intubation
Interventionelle Pneumologie : Bronchoalveoläre Lavage (BAL) ?
Kurzbeschreibung: Im Rahmen einer Bronchoskopie gewonnene Lavage (Spülung) aus den tiefen unteren Atemwegen
Wertigkeit: Anwesenheit von Flimmerepithelien und Alveolarmakrophagen sind Zeichen für eine hohe diagnostische Wertigkeit der Untersuchung
Indikation: Abklärung bei Verdacht auf Bronchialkarzinom, Sarkoidose (CD4/CD8-Quotient), Alveolitis (z.B. Exogen allergische Alveolitis), Sklerodermie
Interventionelle Pneumologie : Bronchiallavage ?
Kurzbeschreibung: Gewinnung von Bronchialmaterial durch Spülung
Durchführung: Bronchoskopische Anspülung der Trachea mit Kochsalzlösung (erfasst Bronchien höherer Ebene) → anschließend Aspiration der Spülflüssigkeit
Mikrobiologische Erregerdiagnostik vor allem bei intubierten Patienten mit Pneumonie
Vorteil: Technisch weniger aufwendig als bronchoalveoläre Lavage
Asthma bronchiale : Abstract ?
Asthma bronchiale ist eine chronisch-entzündliche Erkrankung der Atemwege, die mit einer reversiblen bronchialen Obstruktion und/oder mit einem hyperreagiblen Bronchialsystem einhergeht.
Das klinische Bild ist variabel: Es reicht von leichten Verläufen mit nur rezidivierendem Husten oder Räusperzwang bis hin zu intermittierend (ggf. anfallsartig) auftretender Luftnot mit pfeifender Atmung und auskultatorischem Giemen und Brummen.
Anamnestisch sind oft bereits in der Kindheit respiratorische Symptome eruierbar.
Diagnostisch wegweisend sind v.a. die Anamnese sowie die Befunde von Lungenfunktionsmessung und Allergiediagnostik.
Die Genese ist multifaktoriell, sodass es diverse Einteilungen gibt.
Die wichtigste Unterform ist das allergische Asthma bronchiale, das neben der rein symptomatischen Therapie auch kausal mittels Allergenkarenz und Allergen-Immuntherapie (sog. „Hyposensibilisierung“) behandelt werden kann.
Bei einem allergischen sowie eosinophilen Asthma können auch sog. Biologicals zum Einsatz kommen.
Die antientzündliche Dauertherapie erfolgt i.d.R. mit inhalativen Corticosteroiden (ICS) und ggf. langwirksamen bronchienerweiternden Medikamenten.
Die akute Asthmasymptomatik wird mit schnellwirksamen β2-Sympathikomimetika (insb. Salbutamol) und, wenn notwendig, mit systemischen Corticosteroiden durchbrochen.
Eine gute Patientenschulung ist essenziell, insb. zur richtigen Applikation der Substanzen und zum Vorgehen im Notfall.
Je nach Verlauf ist eine Eskalation oder Deeskalation der Medikation anhand des Stufenschemas sinnvoll.
Bei einem akuten Asthmaanfall besteht Lebensgefahr, weshalb ein notfallmäßiger Transport in die Klinik indiziert ist!
Eine Tabakrauchexposition erhöht das Asthmarisiko im Kindesalter!
Bei einer Exazerbation oder einem Asthmaanfall ist eine Therapieintensivierung notwendig!
Die Diagnose Asthma bronchiale gilt als gesichert bei charakteristischer Symptomatik + Nachweis einer Obstruktion + Reversibilität!
Bronchiale Hyperreagibilität ist typisch beim Asthma – aber auch bei allergischer Rhinitis, CF, COPD, Sarkoidose und bei Gesunden (unspezifischer Befund)!
Der Methacholin-Provokationstest kann einen lebensbedrohlichen Asthmaanfall auslösen! Deshalb muss immer(!) eine Bronchodilatation im Anschluss erfolgen!
Die vollständige Wirkung von inhalativen Glucocorticoiden (ICS) wird erst nach 2–4 Wochen regelmäßiger Anwendung erreicht!
Seit dem GINA-Update 2019 und in der NVL 2020 wird ICS + LABA {ICS = Inhalative Corticosteroide: Budesonid, Fluticason + LABA = Langwirksame β2-Sympathomimetika: Formoterol, Salmeterol} als Fixkombination bedarfsorientiert bereits ab Stufe 1 empfohlen. Laut GINA soll SABA {SABA = Kurzwirksame β2-Mimetika: Salbutamol, Fenoterol, Terbutalin} als einziges Bedarfsmedikament nicht mehr angewandt werden, in der NVL ist dies hingegen als Alternative zu ICS + LABA als Fixkombination noch möglich. Beide Leitlinien erlauben eine Kombination von SABA mit ICS in höheren Stufen.
Vor der Verschreibung von LTRA {LTRA = Leukotrien-Rezeptor-Antagonisten: Montelukast} (Montelukast) sollte eine genaue Nutzen-Risiko-Abwägung erfolgen, da es unter der Therapie zu psychischen Nebenwirkungen kommen kann, bspw. zu Schlaf- und Verhaltensstörungen bis hin zu suizidalen Gedanken! Die FDA hat hierzu ein Boxed Warning herausgegeben.
Bei einem akuten Asthmaanfall stehen inhalative β2-Sympathomimetika im Vordergrund! Da Glucocorticoide bei inhalativer(!) Applikation einen verzögerten Wirkungseintritt aufweisen, sollten diese immer oral oder i.v. gegeben werden!
Bei jedweder Form eines Asthmaanfalls dürfen keine Betablocker gegeben werden!
Jeder Patient mit einem schweren bis lebensbedrohlichen Asthmaanfall sollte unter Notarztbegleitung ins Krankenhaus gebracht werden!
Bei Kindern tritt eine bronchiale Obstruktion insb. im Rahmen von Infekten auf, sodass hier mit den Eltern der frühzeitige Einsatz von SABA zu besprechen ist!
Asthma bronchiale : Ätiologie ?
Folgende Faktoren beeinflussen die Entstehung und den Verlauf des Asthma bronchiale.
Endogene Risikofaktoren
Genetische Prädisposition
Erhöhtes Körpergewicht
Psychosoziale Belastungen
Exogene Risikofaktoren
Allergene
Umweltbedingungen
Berufliche Noxen
Tabakrauch
Medikamente
Allergien
Körperliche Anstrengung (sog. Anstrengungs- oder Belastungsasthma)
Kalte Luft
Medikamente: ASS, Betablocker
Chemisch-toxische Stoffe
Psychogene Auslösung durch Konditionierung
Asthma bronchiale : Unterformen ?
Bei der Unterteilung in verschiedene Asthmaformen sind vor allem die multifaktoriellen Ursachen zu beachten. Die Klassifizierung in verschiedene Subtypen ist daher als fließend anzusehen.
Allergisches Asthma bronchiale
Synonym: Extrinsisches Asthma
Kriterien: Nachweis spezifischer IgE-Antikörper (atopische Diathese) plus Allergenbezug zur Asthmasymptomatik
Alter
Meist im Kindesalter
Transiente Verlaufsform: Häufiges Verschwinden der Symptomatik in der Pubertät, manchmal Wiederauftreten im Erwachsenenalter
Auslösende Allergene
Saisonal: Pollen, Schimmelpilz
Nicht-saisonal (perennial=ganzjährig): Hausstaubmilben , Tierepithelien
Berufsbedingt: Bspw. Mehlstaub (Bäckerasthma)
Nicht-allergisches Asthma bronchiale
Synonym: Intrinsisches Asthma
Kriterien: Kein Nachweis spezifischer IgE-Antikörper und fehlende Allergiesymptomatik
Prävalenz: ca. 30–50% aller erwachsenen Asthmatiker
Alter: Insb. >40 Jahre
Auslösender Faktor: Insb. Atemwegsinfekte
Synonym: Belastungsasthma
Kriterien: Bronchiale Obstruktion nur oder insb. bei körperlicher Belastung
Allgemein: Aufwärmphase vor körperlicher Belastung
Akuttherapie: Kurzwirksame inhalative β2-Sympathomimetika (Salbutamol) nach Bedarf
Synonym: Aspirin-Exacerbated Airway Disease
Kriterien: Sog. Samter-Trias
Asthma bronchiale (meist intrinsisch)
Chronische Sinusitis und Polyposis nasi
Intoleranz gegenüber COX-1-Hemmern (wie Aspirin oder Ibuprofen)
Adaptive Desaktivierung: ASS-Dauertherapie
Kriterien: Nachweis der eosinophilen bronchialen Entzündung mittels Sputumuntersuchung und Differenzialblutbild (siehe auch: Diagnostik des Asthma bronchiale)
Ätiologie: Eosinophilie der Atemwege sowohl bei allergischem als auch bei nicht-allergischem Asthma möglich
Identifizierung wichtig!
Besseres Ansprechen auf ICS
Indikationskriterium für Biologikatherapie
Asthma bronchiale : Klassifikation ?
Bedeutung: Bei allen Patienten sollte wenn möglich ein kontrolliertes Asthma angestrebt werden (siehe auch: Therapie des Asthma bronchiale)
Unbehandelte Patienten: Beginn der medikamentösen Behandlung nach dem Grad der Asthmakontrolle
Bereits behandelte Patienten: Therapieanpassung (Eskalation oder Deeskalation) unter Berücksichtigung des Grades der Asthmakontrolle
Asthma bronchiale : Pathophysiologie ?
Schleimhautödem und entzündliche Schleimhautinfiltration mit Hyperplasie der Becherzellen und Verdickung der Basalmembran
Remodeling der Bronchialwände mit Hypertrophie der glatten Muskulatur
Vermehrte Produktion zähen Schleims
Asthma bronchiale : Symptome/Klinik ?
Chronischer Husten oder Räusperzwang, teilweise auch als primär einziges Symptom
Kurzatmigkeit/Dyspnoe
Häufig atopische Komorbiditäten, bspw. atopisches Ekzem
(Anfallsartig auftretende) Luftnot und exspiratorische Atemgeräusche mit Giemen, Brummen und pfeifender Atmung
Brustenge, Erstickungsangst
Thorakale Einziehungen
Auftreten insb. nachts und früh morgens
Häufig nur episodenhafte Beschwerden, bspw. bei
Saisonal auftretenden Allergenen
Infekten (bevorzugt im Winter)
Körperlicher Anstrengung
Asthma bronchiale : Diagnostik ?
Diagnose Asthma bronchiale gesichert
Typische Klinik und Anamnese
plus Nachweis einer Bronchialobstruktion
plus komplette Reversibilität in der Lungenfunktion (durch Bronchospasmolysetest oder antiasthmatische Stufentherapie)
Eigenanamnese
Asthmatypische Symptomatik (insb. nachts und früh morgens)
Bekannte Allergie oder allergietypische Symptome
Triggerfaktoren, die die Symptomatik begünstigen oder auslösen (bspw. Allergene, Infekte)
Familienanamnese: Atopie (Allergie, atopisches Ekzem oder Asthma bronchiale)
Sozial- und Berufsanamnese
Raucherhaushalt
Haustiere
Allergenexposition am Arbeitsplatz (bspw. Bäcker, Schreiner)
Indikation: Rezidivierende Bronchialinfekte, Lungeninfiltrate, fehlender Therapieerfolg oder Vorliegen eines schweren Asthma bronchiale
Parameter
Differenzialblutbild, insb. mit der Fragestellung „Eosinophilie“
CRP
Allergiediagnostik bei Asthma bronchiale
Ggf. Sputumbakteriologie
Indikation: Alle Patienten bei Erstdiagnose Asthma (jedes Alter)
Methoden
Prick-Test oder spezifische IgE-AK im Serum (z.B. durch CAP (Carrier-Polymer-System)-Test)
Gesamt-IgE im Serum
Lungenfunktionsdiagnostik bei Asthma bronchiale
Spirometrie: FEV1↓, Tiffeneau-Index (FEV1/VC)↓ = Obstruktive Ventilationsstörung mit Erhöhung des Atemwegswiderstandes
Bronchospasmolysetest
Komplette Reversibilität der Obstruktion durch Bronchodilatatoren, insb. Salbutamol: Nachweis eines Asthma bronchiale
Teilreversibilität: Therapieversuch mit hochdosierten ICS ± weiteren Antiasthmatika für 4 Wochen und anschließender Reversibilitätsprüfung
Provokationstest zum Nachweis eines hyperreagiblen Bronchialsystems
Verdacht auf Asthma bei aktuell fehlender Klinik und fehlender bronchialer Obstruktion in der Lungenfunktion
Direkte Stimulation: Methacholin-Provokationstest
Positivbefund: FEV1-Abfall ≥20%
Indirekte Stimulation: Belastungs-Lungenfunktionstest
Hintergrund: Körperliche Belastung, Inhalation von Kaltluft, Mannitol, hyper- und hypotoner NaCl-Lösung oder Adenosin → Freisetzung entzündlicher Mediatoren → Bronchokonstriktion
Positivbefund: Signifikanter FEV1-Abfall um ≥10%
Peak-Flow-Messung
Indikation: Objektive Verlaufsbeurteilung zusätzlich zur Klinik (bei jedem Asthma-Patienten)
Methode: Eigenmessung mittels Peak-Flow-Meters, das den exspiratorischen Spitzenfluss (PEF) misst
FeNO-Messung
Erklärung: Fraktion des exhalierten Stickstoffmonoxids
Indikation: Diagnosestellung bzw. Überprüfen der Asthmakontrolle (in jedem Alter)
Methode: Non-invasiver Biomarker der Atemwegsinflammation
Bildgebung
Indikation: Bei Erstdiagnose Asthma (zum Ausschluss anderer Erkrankungen)
Befunde bei Asthma: Zeichen der Lungenüberblähung
Tiefstehendes, abgeflachtes Zwerchfell
Verbreiterte Interkostalräume
Bei längerem Bestehen: Ggf. Fassthorax
Asthma bronchiale : Differenzialdiagnosen ?
Differenzialdiagnostische Gegenüberstellung von Asthma bronchiale und COPD
Asthma bronchiale
Erstdiagnose
Häufig im Kindes- und Jugendalter
Meist in der 2. Lebenshälfte (ab dem 50. LJ)
Häufig allergische Genese
Fast ausschließlich Raucher
Häufig episodisch mit symptomfreien Phasen
Anfallsartige Dyspnoe
Schleichender Beginn und chronische Progredienz über Jahre
Dyspnoe bei Belastung
(Teil‑)Reversible Obstruktion
Obstruktion nicht zu jeder Zeit nachweisbar
Persistierende Obstruktion ohne Reversibilität
Medikamentöse Besonderheiten
Langzeittherapie: Gutes Ansprechen auf inhalative Glucocorticoide
Akuttherapie bei Exazerbation: Gutes Ansprechen auf kurzwirksame β2-Sympathomimetika und systemische Glucocorticoide
Langzeittherapie
Gutes Ansprechen auf Parasympatholytika (z.B. Ipratropiumbromid) und langwirksame β2-Sympathomimetika (z.B. Formoterol)
Roflumilast: Bei Exazerbationen trotz Therapie mit LABA+ICS oder LABA+LAMA+ICS als Fixkombination
Akuttherapie bei Exazerbation: Gutes Ansprechen auf systemische Glucocorticoide
Asthma bronchiale : Therapie ?
Initialtherapie bei Erstdiagnose
Initialtherapie entsprechend der Asthmakontrolle (bei unbehandelten Patienten)
Teilweise kontrolliertes Asthma: Therapiebeginn mit Therapiestufe 2
Unkontrolliertes Asthma: Therapiebeginn mit mind. Therapiestufe 3
Therapieanpassung im Verlauf
Bei der regelmäßigen ärztlichen Überprüfung der Asthmakontrolle sollte immer eine Therapieanpassung erwogen werden.
Nicht- oder teilkontrolliertes Asthma: Ggf. Therapie-Eskalation
Gute Asthmakontrolle über ≥3 Monate: Therapie-Deeskalation ; bei klinischer Verschlechterung sofortige Re-Eskalation
Stufentherapie bei Asthma bronchiale
*1 Langwirksame β2-Sympathomimetika sind keine Monotherapeutika und werden nur in Kombination mit inhalativen Glucocorticoiden eingesetzt; wirken insb. gut zur Prophylaxe der nächtlichen Asthmasymptomatik.
*2 Aus der Gruppe der LAMA ist Tiotropiumbromid bei Asthma bronchiale zugelassen (ab dem Alter von 6 Jahren).
*3 Anti-IL-5(R)- oder Anti-IL-4R-Antikörper werden bei schwergradigem eosinophilem Asthma (ab dem Alter von 18 Jahren) in Stufe 5 zusätzlich empfohlen.
*4 Anti-IgE-Antikörper werden bei allergischem Asthma (ab dem Alter von 6 Jahren) in Stufe 5 zusätzlich empfohlen.
*5 Die Bedarfstherapie mit ICS + Formoterol erfolgt im Rahmen des sog. SMART-Konzepts, bei dem eine fixe Kombination aus ICS + LABA sowohl zur Langzeit- als auch zur Bedarfstherapie verwendet wird. Im Vordergrund steht bei der Akuttherapie der schnelle Wirkungseintritt des Formoterol. Das SMART-Konzept wird von der GINA-Leitlinie klar favorisiert gegenüber einer Dauermedikation + SABA als Akuttherapie.
SABA = Kurzwirksame β2-Mimetika: Salbutamol, Fenoterol, Terbutalin
ICS = Inhalative Corticosteroide: Budesonid, Fluticason
LTRA = Leukotrien-Rezeptor-Antagonisten: Montelukast
LABA = Langwirksame β2-Sympathomimetika: Formoterol, Salmeterol
LAMA = Langwirksame Muscarinrezeptor-Antagonisten (Anticholinergika): Insb. Tiotropiumbromid
Kombinationspräparate ICS + LABA: Budesonid + Formoterol, Beclometason + Formoterol, Fluticason propionat + Formoterol, Fluticason propionat + Salmeterol, Fluticason furoat + Vilanterol
Biologicals
Anti-IL-5-Antikörper: Mepolizumab und Reslizumab
Anti-IL-5R-Antikörper: Benralizumab
Anti-IL-4R-Antikörper: Dupilumab
Anti-IgE-Antikörper: Omalizumab
Seit dem GINA-Update 2019 und in der NVL 2020 wird ICS + LABA als Fixkombination bedarfsorientiert bereits ab Stufe 1 empfohlen. Laut GINA soll SABA als einziges Bedarfsmedikament nicht mehr angewandt werden, in der NVL ist dies hingegen als Alternative zu ICS + LABA als Fixkombination noch möglich. Beide Leitlinien erlauben eine Kombination von SABA mit ICS in höheren Stufen.
Vor der Verschreibung von LTRA (Montelukast) sollte eine genaue Nutzen-Risiko-Abwägung erfolgen, da es unter der Therapie zu psychischen Nebenwirkungen kommen kann, bspw. zu Schlaf- und Verhaltensstörungen bis hin zu suizidalen Gedanken! Die FDA hat hierzu ein Boxed Warning herausgegeben.
Asthma bronchiale : Akuttherapie bei Exazerbation und Asthmaanfall ?
Ablauf
Schwere der Exazerbation
Leichte bis mittelschwere Exazerbation
Schwere Exazerbation
Lebensbedrohlicher Asthmaanfall
Klinische Zeichen und diagnostische Parameter
Sprechen unbeeinträchtigt
Atemfrequenz (AF) <25/min
Herzfrequenz (HF) <110/min
PEF ≥50% des PBW
Sprechen durch Dyspnoe beeinträchtigt
AF ≥25/min
HF ≥110/min
PEF <50% des PBW
Kein Atemgeräusch („Silent Lung“)
Frustrane Atemarbeit
Zyanose
Bradykardie/Hypotension
Erschöpfung, Verwirrtheit, Koma
PEF <33% des PBW
SaO2 <92%
PaCO2 >45 mmHg
Initialtherapie
Atemerleichternde Manöver (bspw. Lippenbremse) und Körperposition (sitzende Position mit aufgestützten Armen für den Einsatz der Atemhilfsmuskulatur)
Inhalative kurzwirksame β2-Sympathomimetika, bspw. Salbutamol
Ziel: Normalisierung von AF und HF sowie PEF >70%
Glucocorticoide p.o.
Glucocorticoide p.o. oder i.v.
Sauerstoffgabe
Ggf. Ipratropiumbromid inhalativ
Zusätzliche Maßnahmen
β2-Sympathomimetika parenteral
Terbutalin s.c.
oder Reproterol i.v.
Magnesiumsulfat i.v.
Im Ausnahmefall: Theophyllin i.v. (CAVE: Intoxikation!)
Je nach Klinik: Intubation und invasive Beatmung
Versorgung
Ambulante Versorgung
Stationäre Aufnahme erwägen
Umgehend stationäre Aufnahme und intensivmedizinische Betreuung!
Bei unzureichendem Therapieansprechen nach 30–60 min: Stationäre Aufnahme, ggf. mit intensivmedizinischer Betreuung
Asthma bronchiale : Besondere Patientengruppen ?
Siehe unter: Asthma bronchiale im Kindes- und Jugendalter
Chronisch obstruktive Lungenerkrankung : Abstract ?
(COPD)
Bei der chronisch obstruktiven Lungenerkrankung (COPD) kommt es vorwiegend durch inhalative Noxen zu einer Entzündung der kleinen Atemwege.
Dies führt zu einer fortschreitenden, irreversiblen Verengung der Bronchien und zu einer Überblähung der Alveolen mit Verlust der zur Verfügung stehenden „Lungenaustauschfläche“ (Emphysem), die der Organismus für die Sauerstoffaufnahme und die Kohlendioxidabgabe benötigt.
Die Lunge kann folglich nicht mehr ihrer Funktion nachkommen – Sauerstoffmangel (Hypoxie) sowie später eine Erhöhung des Kohlendioxidgehalts im Blut (Hyperkapnie) sind die Folgen.
Die erschwerte Atmung erfordert einen erschöpfenden Einsatz der Atemhilfsmuskulatur und führt im Endstadium zum völligen körperlichen Verfall (Kachexie).
In 90% der Fälle ist die Erkrankung eine Folge des Rauchens.
Leitsymptome sind progrediente Luftnot und produktiver Husten.
Mittels Lungenfunktionsuntersuchung und Klinik wird der Schweregrad der COPD bestimmt und anschließend die stadiengerechte symptomatische Therapie mit bronchodilatatorischen und entzündungshemmenden Medikamenten eingeleitet.
Die einzige Maßnahme, die den Krankheitsverlauf aufhalten kann, ist der Verzicht auf weitere Noxen (Rauchstopp).
Der Schweregrad der Obstruktion wird nach inhalativer Bronchodilatation bestimmt! Die Bestimmung sollte nicht während einer akuten Exazerbation erfolgen!
Bei normalem Tiffeneau-Index mit TLC↓ und DLCO↓{Diffusionskapazität} ist immer differenzialdiagnostisch an eine restriktive Lungenerkrankung zu denken!
Bisher wird in der klinischen Praxis das Symptom-Scoring noch zu selten angewendet – wesentlich gängiger ist noch die Schweregradeinteilung nach dem spirometrischen Befund!
Eine obstruktive Ventilationsstörung ist bei fortschreitender COPD und Lungenemphysem kaum reversibel, da pathophysiologisch irreversible Prozesse wie Fibrose und Destruktion im Vordergrund stehen!
Leitsymptome: „AHA“ = Auswurf, Husten, Atemnot
Die Therapie der COPD kann lediglich eine Symptomlinderung und somit einen Erhalt der Alltagskompetenz ermöglichen. Eine Verzögerung der Krankheitsprogression ist für die medikamentösen Therapien nicht nachgewiesen! Therapieziel ist die Vermeidung von Exazerbationen.
Patienten mit chronischen Lungenerkrankungen sollen ab dem 60. Lebensjahr gegen Influenza und Pneumokokken geimpft werden. (DGIM - Klug entscheiden in der Pneumologie)
Bei Patienten mit obstruktiven Atemwegserkrankungen wie Asthma und COPD soll eine Therapie mit Inhalatoren nicht begonnen oder geändert werden, ohne dass der Patient im Gebrauch des Inhalationssystems geschult ist und die korrekte Anwendung der Inhalatoren überprüft wurde. (DGIM - Klug entscheiden in der Pneumologie)
Die exazerbierte COPD ist häufig ein lebensbedrohlicher Notfall! Daher sollte der Zustand des Patienten bei Erstkontakt dringlich erfasst werden und ggf. eine sofortige Verlegung auf die Intensivstation erfolgen!
Bei schwerer exazerbierter chronisch obstruktiver Lungenerkrankung (COPD) und kardialem Lungenödem soll frühzeitig eine nichtinvasive Atemunterstützung (NIV beziehungsweise CPAP) eingesetzt werden. (DGIM - Klug entscheiden in der internistischen Intensivmedizin)
Nach einer akuten Exazerbation einer COPD, die zu einem Krankenhausaufenthalt führte, soll eine pneumologische Rehabilitation erfolgen. (DGIM - Klug entscheiden in der Pneumologie)
Beatmete Intensivpatienten sollen ohne spezifische Indikation keine tiefe Sedierung erhalten. (DGIM - Klug entscheiden in der internistischen Intensivmedizin)
Bei Patienten, denen im Krankenhaus wegen einer akuten Verschlechterung ihrer Erkrankung eine Langzeit-Sauerstofftherapie verordnet wurde, soll ohne Überprüfung der Notwendigkeit (weiter andauernde Hypoxämie) keine Weiterverordnung erfolgen. (DGIM - Klug entscheiden in der Pneumologie)
Chronisch obstruktive Lungenerkrankung : Definition ?
Chronische Bronchitis (nach WHO): Husten und Auswurf (produktiver Husten) in zwei aufeinanderfolgenden Jahren für jeweils mindestens drei Monate
COPD (Chronic Obstructive Pulmonary Disease, chronisch obstruktive Lungenerkrankung): Nicht vollständig reversible Einschränkung des Atemflusses bei assoziierter inflammatorischer Reaktion; meist progredienter Verlauf mit extrapulmonalen Auswirkungen
Lungenemphysem: Irreversible Erweiterung der Lufträume distal der Bronchioli terminales als Folge der zerstörten Lungenarchitektur; sowohl das Lungengerüst (Destruktion der Alveolenwände) als auch die Gasaustauschfläche (Destruktion der pulmonalen Kapillaren) sind betroffen
Chronisch obstruktive Lungenerkrankung : Epidemiologie ?
Geschlecht: ♂ > ♀
Weltweit dritthäufigste Todesursache
Prävalenz mit dem Alter zunehmend, höchste Prävalenz >70 Jahre
Prävalenz für Stadium II–IV in Deutschland: 13%
Chronisch obstruktive Lungenerkrankung : Ätiologie ?
Exogene Faktoren
Rauchen jeglicher Art (90%), inkl. Cannabiszubereitungen
Zigaretten: Ab ca. 20–30 Pack Years ist bei 80–90% der Raucher mit der Entstehung einer chronischen Bronchitis zu rechnen, die in eine COPD übergehen kann
Tabakpfeifen, Wasserpfeifen
Passivrauchen
Rezidivierende bronchopulmonale Infekte beschleunigen die Progression der Erkrankung
Luftverschmutzung und Feinstaubbelastung
Berufliche Exposition gegenüber organischen und anorganischen Stäuben
Bspw. Bergmannbronchitis als Berufserkrankung bei Steinkohleabbau
Krankheiten und Zustände, die eine normale Entwicklung der Lunge in der Kindheit behindern, führen zu einem erhöhten COPD-Risiko
Rezidivierende pulmonale Infektionen und insb. Tuberkulose
Rauchen der Mutter während der Schwangerschaft
Exposition gegenüber Tabakrauch in Kindheit und Jugend
Endogene Faktoren
α1-Antitrypsin-Mangel
Antikörpermangelsyndrome (z.B. IgA-Mangel)
Primäre Ziliendyskinesie (z.B. im Rahmen eines Kartagener-Syndroms)
Frühgeburtlichkeit
Chronisch obstruktive Lungenerkrankung : Klassifikation ?
Relevanz der Spirometrie: Stellenwert der COPD-Einteilung nach GOLD zur Beurteilung der Atemwegsobstruktion (in der Spirometrie mittels FEV1) wird in den aktuellen Leitlinien heruntergestuft
Therapieentscheidung
Maßgeblich ist COPD-Einteilung in ABCD-Gruppen
Kombinierte Einschätzung der COPD: Berücksichtigt weiterhin Schweregrad der Obstruktion
Einteilung nach GOLD
Prinzip: Klassifikation liegt eine Lungenfunktionstestung mit Messung des Tiffeneau-Index und der FEV1 (Einsekundenkapazität) zugrunde
Normwertiger Tiffeneau-Index möglich: Bei erniedrigter CO-Diffusionskapazität und schwerem Emphysem sowie massiver Lungenüberblähung mit RV↑, FRC↑, TLC↑ und FVC↓
COPD-Einteilung nach GOLD zur Beurteilung der Atemwegsobstruktion
Tiffeneau-Index (FEV1/VC)
FEV1 % vom Soll
Schweregrad der Atemwegsobstruktion
GOLD 1
<70%
≥80%
Leicht
GOLD 2
50–79%
Mittel
GOLD 3
30–49%
Schwer
GOLD 4
<30%
Sehr schwer
Bei normalem Tiffeneau-Index mit TLC↓ und DLCO↓ ist immer differenzialdiagnostisch an eine restriktive Lungenerkrankung zu denken!
Einteilung in ABCD-Gruppen
Prinzip: Die neuen Empfehlungen berücksichtigen vorrangig die Symptomschwere anhand spezieller Fragebögen und die Anzahl der vorausgegangenen Exazerbationen
Standardisierte Befragungsinstrumente: Zum Einsatz kommen der mMRC und der CAT (COPD Assessment Test)
mMRC-Dyspnoe-Skala (Modified medical Research Council)
Graduierung anhand der Schwere der Dyspnoe (nach Belastungstoleranz) und des Einflusses auf die Alltagsaktivitäten
0 – Atemnot nur bei starker körperlicher Belastung
1 – Atemnot bei schnellem Gehen und leichtem Bergaufgehen
2 – Vermeidungsverhalten, geht langsamer als Gleichaltrige ohne Erkrankung bzw. benötigt beim Gehen Pausen zur Erholung
3 – Benötigt beim Gehen nach 100 m Strecke oder wenigen Minuten eine Pause zur Erholung
4 – Verlässt das Haus nicht mehr und ist wegen Dyspnoe kaum noch in der Lage, sich selbstständig zu versorgen
Interpretation: mMRC ≥2 spricht für das Vorliegen einer schweren Symptomatik
CAT (COPD Assessment Test)
Beantwortung von 8 Fragen über Beschwerden und deren Schweregrad durch den Patienten (numerische Skala, siehe: Tipps & Links)
COPD-Einteilung in ABCD-Gruppen zur Beurteilung der Symptome und des Exazerbationsrisikos
Exazerbationen/Jahr
Klinische Symptomatik
A
≤1 mit ambulanter Behandlung
Wenig symptomatisch
mMRC <2
CAT® <10
B
Stark symptomatisch
mMRC ≥2
CAT® ≥10
C
≥2 mit ambulanter Behandlung oder
≥1 mit stationärer Behandlung
D
Hintergrund: Nach aktueller Leitlinie wird das verfeinerte ABCD-Beurteilungsinstrument empfohlen
Beispiel 1
FEV1 von 40% in der Spirometrie → GOLD 3
mMRC = 3 Punkte, ≥2 Exazerbationen im zurückliegenden Jahr → Gruppe D
Ergebnis: Einstufung als GOLD 3 D, wobei das „D“ für die Therapieentscheidung maßgeblich ist
Beispiel 2
mMRC = 1 Punkt, ≥2 Exazerbationen im zurückliegenden Jahr → Gruppe C
Ergebnis: Einstufung als GOLD 3 C, wobei das „C“ für die Therapieentscheidung maßgeblich ist
Beispiel 3
FEV1 von 75% in der Spirometrie → GOLD 2
mMRC = 2 Punkte, 2 Exazerbationen im zurückliegenden Jahr → Gruppe D
Ergebnis: Einstufung als GOLD 2 D, wobei das „D“ für die Therapieentscheidung maßgeblich ist
Zentrilobuläres (zentroazinäres) Lungenemphysem: Häufig (Vorkommen insb bei Tabakrauchen), Lokalisation bevorzugt im Oberlappen
Panlobuläres (panazinäres) Lungenemphysem: Selten (Vorkommen insb. bei α1-Antitrypsin-Mangel), Lokalisation bevorzugt im Unterlappen
Weitere Klassifizierungen bzw. Typen
Narbenemphysem: Chronische Entzündung mit knotiger Narbenbildung bei Quarzstaubbelastung
Großbullöses Emphysem: Große Bullae (angeboren oder erworben) mit verdrängendem Effekt; Rupturgefahr, die zu einem Pneumothorax führen kann; je nach Ausprägung muss Resektion der Bullae erwogen werden
Altersemphysem: Altersbedingte Abnahme der Lungenelastizität, was zu einer emphysematischen Lunge führt, ohne echten Krankheitswert
Chronisch obstruktive Lungenerkrankung : Pathophysiologie ?
Durch inhalative Noxen kommt es zur chronischen Entzündung der kleinen Atemwege (Bronchiolen) → Fibrosierung, Parenchymverlust (u.a. Zerstörung des Flimmerepithels) der Atemwege, bronchiale Instabilität und vermehrte Schleimproduktion → (Forcierte) Exspiration führt zum Bronchialkollaps = FEV1↓ → Chronisch progrediente Obstruktion
Die Kombination folgender Faktoren begünstigt den Parenchymverlust der Alveolen
Rauchen und bronchopulmonale Infekte verschieben das Proteasen-/Proteaseninhibitor-Gleichgewicht zugunsten der Proteasen
Oxidativer Stress durch Tabakrauch potenziert die Schädigungsmechanismen im pulmonalen Gewebe
Proinflammatorische Zytokine aus Entzündungszellen begünstigen die Migration weiterer destruktiv wirkender Entzündungszellen in das pulmonale Gewebe
Die gestörte Exspiration führt zur Lungenüberblähung (Air trapping)
Konsequenz: Residualvolumen↑ + Intrathorakales Gasvolumen↑ + Atemzugvolumen↓ → Emphysem
Chronisch obstruktive Lungenerkrankung : Symptome/Klinik ?
Leitsymptome
Chronischer Husten und Auswurf
Typisch ist das morgendliche Abhusten von Sputum
Dyspnoe: Initial Belastungsdyspnoe, im Verlauf jedoch dauerhafte Dyspnoe
Weitere Symptome
Ggf. Lippen- und Fingernagelzyanose durch Hypoxämie
Ggf. Zeichen der Rechtsherzdekompensation bei fortgeschrittenem Cor pulmonale
Unterschenkelödeme
Gestaute Halsvenen
Bei langjähriger Hypoxie: Ggf. Uhrglasnägel und Trommelschlägelfinger, ggf. auch als Hinweis auf ein Lungenkarzinom zu werten
Bei langjähriger COPD (insb. im Emphysemstadium): „Fassthorax“
Stereotype Erscheinungsbilder, da sich klinisch in der Regel ein Mischbild zeigt!
Pink-Puffer
Blue-Bloater
Emphysem steht im Vordergrund
Obstruktion steht im Vordergrund
Intrathorakales Gasvolumen↑
Residualvolumen↑
FEV1↓
BGA
Hypoxämische respiratorische Insuffizienz (pO2↓)
Hyperkapnische respiratorische Insuffizienz (pO2↓+pCO2↑)
Pulmonale Kachexie
Produktiver Husten
Assoziationen: Adipositas, obstruktives Schlaf-Apnoe-Syndrom
Chronisch obstruktive Lungenerkrankung : Diagnostik ?
Inspektion
„Fassthorax“
Kachexie
Einsatz der Atemhilfsmuskulatur
Periphere Ödeme (meist Knöchelödeme)
Perkussion: Insb. bei Patienten mit ausgeprägter Emphysemkomponente aussagekräftig!
Hypersonorer Klopfschall
Tiefstehendes, wenig verschiebliches Zwerchfell
Relativ verkleinerte Herzdämpfung
Trockenes Nebengeräusch
Verlängertes Exspirium
Giemen und Brummen
Abgeschwächtes Atemgeräusch
Eventuell „Silent Lung“ (Silent Chest)
Bei Infiltrat: Feuchte Rasselgeräusche
Entzündungsparameter: Kleines Blutbild (Leukozytose), CRP, ggf. PCT
Blutgasanalyse: Initial und auch als Verlaufskontrolle während des stationären Aufenthalts
Typische Befundkonstellationen
pO2↓ = Hypoxämische respiratorische Insuffizienz durch ventilatorische Verteilungsstörung infolge der Obstruktion von Atemwegen
pO2↓ und pCO2↑ = Hyperkapnische respiratorische Insuffizienz
Blutkulturen: Insb. bei Fieber oder Nachweis eines Infiltrats im Röntgen-Thorax
α1-Antitrypsin: Spiegelbestimmung bei allen Betroffenen <50 Jahre bei Erstdiagnose zum Ausschluss eines α1-Antitrypsin-Mangels
Pulsoxymetrie: Bei Sauerstoffsättigung (spO2) <94% ist eine BGA indiziert
Lungenfunktionstestung
Typische Befunde
FEV1 und FEV1/VC (Tiffeneau-Index)↓, Residualvolumen↑, intrathorakales Gasvolumen↑, Diffusionskapazität↓
Differenzierung COPD / Asthma bronchiale
Bronchospasmolyse-Test: Kein wesentlicher Anstieg von FEV1 bei COPD (ΔFEV1 <12% bzw. <200 mL)
Stellenwert/Aussagekraft: Zur Diagnosesicherung (siehe: Klassifikation)
Bei Exazerbation sind die Werte nicht zur Klassifikation geeignet
Ausschluss eines Infiltrates
Zeichen eines Lungenemphysems
Bild eines „Fassthorax“
Horizontal verlaufende Rippen, weite Interkostalräume
Zwerchfell tief stehend und abgeflacht
Strahlentransparente Lunge mit Rarefizierung der peripheren Gefäße
Durch emphysematisch verändertes Lungengewebe vergrößerter Retrosternalraum im Seitenbild
Zeichen eines Cor pulmonale
Erweiterte Pulmonalarterien
Charakterisierung und Beurteilung der Verteilung eines Lungenemphysems
Darstellung von Bronchiektasen als Ursache für rezidivierende Infektexazerbation
Darstellung von Bullae, ggf. vor einer operativen Resektion
Bei schwerer, infektbedingter akuter Exazerbation einer COPD zur Erregerdiagnostik, insb. nach Versagen einer primären kalkulierten antibiotischen Therapie
Chronisch obstruktive Lungenerkrankung : Differenzialdiagnosen ?
Roflumilast: Bei Exazerbationen trotz Therapie mit LABA/ICS oder LABA/LAMA/ICS
Lungenkarzinom
Asthma cardiale
(Spannungs‑)Pneumothorax
Sinubronchitis (sinubronchiales Syndrom)
Chronisch obstruktive Lungenerkrankung : Therapie ?
Verzicht auf Rauchen bzw. Expositionsstopp
Impfungen: Influenzaviren (jährlich), Pneumokokken-Impfung
Patientenschulung: Atemtraining, bspw. Lippenbremse
Sole-Inhalation (Kochsalzlösung), Drainagelagerung
Körperliche Aktivität: Erhält Belastbarkeit, lindert Dyspnoe
Osteoporoseprophylaxe mit Vitamin D3 und Calcium
Ambulante oder stationäre Rehabilitationsmaßnahmen
COPD-Stufentherapie
Leitsubstanzen
SABA – Inhalative kurzwirksame β2-Sympathomimetika (β2-Agonisten): Salbutamol, Fenoterol
SAMA – Inhalative kurzwirksame Muskarinrezeptor-Antagonisten (Anticholinergika): Ipratropiumbromid
LABA – Inhalative langwirksame β2-Sympathomimetika (β2-Agonisten): Salmeterol, Formoterol, Indacaterol
LAMA – Inhalative langwirksame Muskarinrezeptor-Antagonisten (Anticholinergika): Tiotropiumbromid
ICS („Inhaled Corticosteroids“) – Inhalative Glucocorticoide: Budesonid, Fluticason, Beclometason
PDE-4-Hemmer – Phosphodiesterase-4-Hemmer: Roflumilast
COPD-Stufentherapie gemäß Einteilung in ABCD-Gruppen
COPD-Einteilung in ABCD-Gruppen
Therapie der 1. Wahl
Alternative (bei nicht ausreichendem Ansprechen)
Bedarfsmedikation
Gruppe A
Dauertherapie nicht unbedingt erforderlich
Ggf. SAMA und SABA (initial)
Ggf. Monotherapie LAMA oder LABA
Wechsel der Substanzklasse auf bisher nicht verwendete Substanzklasse bzw. Kombination
SABA und/oder
SAMA
Gruppe B
Monotherapie LAMA oder LABA
2er-Kombination LAMA und LABA
Gruppe C
Monotherapie, vorzugsweise mit LAMA
Bei Initialtherapie mit LAMA: Zusätzlich LABA
Bei Initialtherapie mit LABA und LAMA: Eskalation auf 2er-Kombination LABA und ICS
Gruppe D
2er-Kombination LABA und LAMA
Bei COPD mit asthmatischer Komponente und/oder Eosinophilie in Blut/Sputum : Initialtherapie mit
2er-Kombination LABA und ICS oder
3er-Kombination LABA + LAMA + ICS
Bei Initialtherapie mit LABA und LAMA: Eskalation auf
3er-Kombination (sog. „Triple Therapie“ der COPD) LABA + LAMA + ICS oder
2er-Kombination LABA und ICS
Bei Initialtherapie mit LABA und ICS: Zusätzlich LAMA
Bei schwerer therapierefraktärer Symptomatik
Zusätzliche Gabe von PDE-4-Hemmer (Roflumilast) oder
Theophyllin (die Substanzen dürfen nicht kombiniert werden)
Bei rezidivierenden Exazerbationen ≥2 pro Jahr und Nachweis von P. aeruginosa: Antibiotische Dauerprophylaxe mit Makrolid-Antibiotikum erwägen
Theophyllin als Therapieoption bei COPD
Wirkung: Wahrscheinlich über unspezifische Phosphodiesterase-(PDE‑)Hemmung und Adenosin-Rezeptor-Blockade
In der Therapie der COPD nur in begründeten Ausnahmefällen
Bei akuten Exazerbationen wird Theophyllin nicht mehr empfohlen
Nebenwirkungen (sehr geringe therapeutische Breite und individuell unterschiedliche Eliminationszeit von Theophyllin → Drug monitoring durch Plasmaspiegelbestimmung notwendig)
ZNS
Tremor
Unruhe und Schlaflosigkeit
Psychotische Veränderungen
Zerebrale Krampfanfälle
Herz-Kreislauf: Tachykarde Herzrhythmusstörungen
Vegetativ
Gesteigerte Diurese
Übelkeit, gastrointestinale Nebenwirkungen
Kontraindikationen
Vor allem kardiale Schädigung (frischer Herzinfarkt, Tachyarrhythmie, HOCM)
Chronisch obstruktive Lungenerkrankung : Komplikationen ?
Ca. 80% eindeutig infektbedingt (v.a. in Winter und Herbst) → Häufige Erreger sind Haemophilus influenzae und Streptococcus pneumoniae oder Viren
Zunehmende Atemnot mit respiratorischer Insuffizienz
Zentrale Zyanose
Therapie der AECOPD
Je nach klinischer Ausprägung
Sitzende Lagerung
Inhalative Therapie
β2-Sympathikomimetika (z.B. Salbutamol)
Parasympathikolytika (z.B. Ipratropiumbromid)
Intravenöse Applikation
Ausreichende Flüssigkeitsgabe
Bei Herzinsuffizienz als Komorbidität kann jedoch im Rahmen einer begleitenden kardialen Dekompensation auch ein Flüssigkeitsentzug notwendig sein, z.B. durch Gabe des Schleifendiuretikums Furosemid
Glucocorticoide (in der Akutsituation für 5–14 Tage)
Morphin in individuell adaptierter Dosierung zur Beruhigung bei starker Dyspnoe
β2-Sympathikomimetika, wenn auf die inhalative Therapie kein gutes Ansprechen feststellbar ist: z.B. Reproterol i.v. oder alternativ bei fehlendem Venenzugang Terbutalin s.c.
Antibiotische Therapie der AECOPD
Bei purulentem Sputum und Hinweisen auf eine bakterielle Infektion (z.B. Aminopenicillin +/- β-Lactamase-Inhibitor)
Über eine Nasenbrille → Aufgrund der drohenden schweren Hyperkapnie langfristig nicht mehr als 1–2 Liter pro Minute geben
Ggf. Beatmung
Indikation: Bei zunehmender respiratorischer Insuffizienz: Nichtinvasive Beatmung (NIV); als Ultima Ratio invasive Beatmung
Kurzbeschreibung: Durch zunehmenden emphysematischen Ausbau und fortschreitenden Verlust der effektiven Diffusionsfläche ergibt sich in fortgeschrittenen Stadien der Erkrankung häufig eine chronische respiratorische Insuffizienz. Diese kann je nach Ausmaß und führender Ursache durch eine Langzeit-Sauerstofftherapie, eine Heimbeatmung, lungenvolumenreduktive Verfahren und als Ultima ratio mit einer Lungentransplantation behandelt werden.
Kriterien: Dauerhafte hypoxämische (pO2 in Ruhe <60 mmHg) bis hyperkapnische respiratorische Insuffizienz (zusätzlich pCO2 >45 mmHg)
Langzeit-Sauerstofftherapie (LTOT): Mind. 16 Stunden täglich, senkt die Mortalität
Indikation: COPD Grad IV und schwere respiratorischer Insuffizienz, trotz optimaler Medikation dauerhaft pO2-Werte von <55 mmHg
Voraussetzung für eine sinnvolle Verordnung ist, dass der pO2 durch die Sauerstofftherapie ansteigt und das pCO2 60–70 mmHg nicht überschreitet bzw. die Hyperkapnie nicht zu einer respiratorischen Azidose bzw. Bewusstseinstrübung führt
Heimbeatmung
Prinzip: Es erfolgt eine nichtinvasive Beatmung über Nacht, die eine Erholung der Atemmuskulatur erlaubt, damit auch tagsüber eine bessere respiratorische Funktion erzielt werden kann
Volumenreduzierende Verfahren
Prinzip: Stark emphysematische Areale werden von der Ventilation ausgeschaltet. Hierdurch sollen die Überblähung verringert und die Dyspnoe und die Lungenfunktion verbessert werden. Es stehen operative und endoskopische Verfahren zur Verfügung
Lungentransplantation: Als Ultima ratio bei fortgeschrittener COPD mit Lungenemphysem und schwerster Diffusionsstörung
Alveoläre Hypoventilation → Hypoxische pulmonale Vasokonstriktion (Euler-Liljestrand-Mechanismus) → Pulmonale Hypertonie → Cor pulmonale
Sekundärer Spontanpneumothorax durch Ruptur einer Bulla (insb. bei bullösem Emphysem)
Chronisch obstruktive Lungenerkrankung : Prognose ?
Insb. bei anhaltendem Rauchen: Zunehmende und irreversible Funktionseinschränkung der Lunge mit stark eingeschränkter Lebenserwartung
Fehlende kausale Therapieansätze
Endstadium
Gehäufte Exazerbationen
Chronisch respiratorische Insuffizienz (nur supportiv behandelbar)
Körperlicher Verfall mit wiederholten, sehr leidvollen „Erstickungszuständen“'
Interstitielle Lungenparenchymerkrankungen : Abstract ?
(Diffuse Lungenparenchymerkrankungen, ILD)
Interstitielle Lungenparenchymerkrankungen (ILDs) sind eine heterogene Gruppe von Lungenerkrankungen unterschiedlicher Ätiologie, die das Interstitium und/oder die Alveolen sowie häufig die Bronchien und Bronchiolen betreffen.
Es werden idiopathische Formen, wie die idiopathische Lungenfibrose (IPF), von sekundären Formen (z.B. Assoziation mit Medikamenten oder Kollagenosen) sowie granulomatösen Varianten (Sarkoidose, exogen allergische Alveolitis) unterschieden.
Einerseits gibt es eher entzündlich geprägte und oft reversible ILDs, zum anderen die sog. Lungenfibrosen, welche mit einer chronischen und irreversiblen Zunahme des Bindegewebes assoziiert sind.
Leitsymptome sind Belastungsdyspnoe und trockener Husten.
In der Auskultation kann beidseitig ein basales inspiratorisches Knisterrasseln auffallen.
Ist die Ursache bekannt (autoimmun, Medikamente, infektiös), wird die zugrunde liegende Erkrankung behandelt, andernfalls erfolgt ein Therapieversuch mit Immunsuppressiva.
Im Verlauf der Erkrankung kommt es zu respiratorischer Insuffizienz und Cor pulmonale mit Rechtsherzinsuffizienz.
Die Diagnosestellung interstitieller Lungenparenchymerkrankungen beruht immer auf der interdisziplinären Zusammenschau insb. radiologischer und histologischer Befunde!
Interstitielle Lungenparenchymerkrankungen : Ätiologie ?
Die idiopathischen Formen werden als idiopathische interstitielle Pneumonie (IIP) bezeichnet und in mehrere Subgruppen eingeteilt
Klassifikation der American Thoracic Society und der European Respiratory Society 2013
Fibrosierend
Idiopathische pulmonale Fibrose (IPF)
Nicht spezifische interstitielle Pneumonie (NSIP)
Assoziation mit Rauchen
Respiratorische Bronchiolitis-ILD
Desquamative interstitielle Pneumonie
Akut oder subakut
Kryptogen organisierende Pneumonie
Akute interstitielle Pneumonie
Selten
Lymphozytische interstitielle Pneumonie
Pleuroparenchymale Fibroelastose
Medikamentös
Zytostatika: Bleomycin, Methotrexat, Busulfan
Andere Medikamente: Amiodaron, Penicillamin
Inhalative Noxen
Anorganisch: Pneumokoniosen (Silikose, Asbestose, Berylliose, Aluminose u.a.)
Organisch: Exogen-allergische Alveolitis
Systemische Erkrankungen
Autoimmunerkrankungen: Sarkoidose (häufigste Ursache), systemische Sklerose (SSc-ILD), systemischer Lupus erythematodes, rheumatoide Arthritis, Granulomatose mit Polyangiitis u.a.
Interstitielle Lungenparenchymerkrankungen : Symptome/Klinik ?
Progrediente Belastungsdyspnoe
Trockener Reizhusten
Später durch chronische Hypoxie: Trommelschlägelfinger und Uhrglasnägel
Interstitielle Lungenparenchymerkrankungen : Diagnostik ?
Anamnese: Insb. bzgl. Medikamentenvorgeschichte, Nikotinkonsum, mögliche (berufliche) Schadstoffexposition, Reisen
Beidseitiges basales inspiratorisches Knisterrasseln (Sklerosiphonie)
Bei fortgeschrittener Lungenfibrose: Lautes "Korkenreiben"
Zeichen der Restriktion: Hochstehendes Zwerchfell, plötzlicher Einatmungsstopp bei tiefer Inspiration
Blutgasanalyse: pO2↓
Restriktive Ventilationsstörung
Erniedrigt: Vitalkapazität (VC↓), totale Lungenkapazität (TLC↓), intrathorakales Gasvolumen (ITGV↓), Residualvolumen (RV↓)
Im Verlauf der Erkrankung FEV1↓, Tiffeneau-Index bleibt aber normal!
Diffusionskapazität↓ durch Verlängerung der alveolokapillären Diffusionsstrecke (sehr sensitiver Parameter)
Röntgen-Thorax: Retikuläre Zeichnungsvermehrung als Zeichen der Lungenfibrose
CT oder besser HR-CT des Thorax: Irreguläre Verdickungen interlobulärer Septen, Waben und Bronchiektasen
Weitere Diagnostik: Bronchoalveoläre Lavage, transbronchiale Biopsie
Interstitielle Lungenparenchymerkrankungen : Therapie ?
Idiopathische interstitielle Pneumonie
Nicht-medikamentöse Therapieoptionen ausschöpfen (z.B. pulmonale Rehabilitation, „Lungensport“)
Medikamentöse antifibrotische Therapie: Pirfenidon oder Nintedanib
Zulassung in Deutschland: Nintedanib für alle Schweregrade, Pirfenidon bei leichtem bis mittlerem Schweregrad
Bei Exazerbation: Glucocorticoide
Veraltet: Glucocorticoide ggf. in Kombination mit Immunsuppressiva (Azathioprin, Cyclophosphamid) und hochdosiertem Acetylcystein
Andere idiopathische interstitielle Pneumonien: Glucocorticoide + ggf. Immunsuppressiva (Azathioprin, Ciclosporin, Tacrolimus)
ILDs mit chronisch progredientem fibrosierenden Verlauf: Nintedanib
Sekundäre interstitielle Lungenparenchymerkrankungen: Behandlung bekannter Ursachen (Medikamente meiden, Allergenkarenz usw.)
Interstitielle Lungenerkrankung mit systemischer Sklerose (SSc-ILD)
Mycophenolat und Cyclophosphamid, meist kombiniert mit niedrig dosiertem Prednison oder
Nintedanib
Alle Formen der interstitiellen Lungenparenchymerkrankungen
Impfung gegen Influenza, Pneumokokken und SARS-CoV-2
Rauchen aufgeben
Bei hypoxämischer respiratorischer Insuffizienz: O2-Langzeittherapie
Ultima Ratio: Lungentransplantation
Interstitielle Lungenparenchymerkrankungen : Komplikationen ?
Initial hypoxämische respiratorische Insuffizienz mit paO2↓
Im Verlauf hyperkapnische respiratorische Insuffizienz mit paO2↓ und paCO2↑
Exogen-allergische Alveolitis : Abstract ?
Wie der Name bereits verrät, handelt es sich bei der exogen-allergischen Alveolitis um eine von außen (durch organische Stäube) ausgelöste Lungenerkrankung auf dem Boden einer allergischen Reaktion.
Häufig betroffen sind Berufsgruppen mit Kontakt zu Vögeln, Heu oder Wasser-Vernebelung (z.B. Belüftung).
Anders als der Name der Erkrankung vermuten lässt, täuscht die akute Verlaufsform eher eine infektiöse Genese mit Fieber, grippalen Beschwerden und Leukozytose vor.
Die Berufsanamnese und ein basales Knisterrasseln in der Auskultation können den Verdacht in die richtige Bahn lenken.
Therapeutisch steht neben dem Einsatz von Glucocorticoiden die Vermeidung einer weiteren Exposition (ggf. Berufswechsel) im Vordergrund.
Bei chronischem Verlauf kann es zur Lungenfibrose kommen.
Raucher weisen ein verringertes Risiko auf!
Rezidivierende „grippale Infekte“ mit Reizhusten und Fieber können ein Hinweis auf eine exogen-allergische Alveolitis sein!
Die klassischen Entzündungswerte können zur Fehldiagnose einer bakteriellen Infektion der Atemwege verleiten!
Bei der exogen-allergischen Alveolitis finden sich Typ IgG-Antikörper trotz allergischen Geschehens!
Exogen-allergische Alveolitis : Ätiologie ?
Kombinierte Typ-III- und -IV-Reaktion mit genetischer Disposition
Inhalation organischer Partikel (<5 μm) meist bei beruflicher Exposition (meldepflichtige Berufserkrankung)
Inhalation von Antigenen
Krankheit
Tierproteine
Vogelproteine
Vogelhalterlunge (Brieftaubenzüchterlunge)
Tierepithelien
Kürschnerlunge
Mikroorganismen
Pilzsporen und/oder Bakterien aus Klimaanlagen, Luftbefeuchtern, Wasserreservoirs
Befeuchterlunge
Aktinomyzeten (Stäbchenbakterien) aus feuchtem Heu
Farmerlunge
Schimmelige Käserinde
Käsewäscherlunge
Schimmelige Komposterde
Pilzzüchterlunge
Verschiedene Keime im Sägemehl (Verarbeitung von Holzstämmen)
Chemische Stoffe
Beispielsweise Isocyanate (Verwendung in der Kleb- und Schaumstoffindustrie)
Chemiearbeiterlunge
Exogen-allergische Alveolitis : Symptome/Klinik ?
Akut (Beginn ca. 4 Stunden nach Exposition)
Grippale Beschwerden
Fieber
Reizhusten
Auskultatorisch meist basales Knistern
Abklingen nach ca. 24h (bei Ausbleiben weiterer Exposition)
Chronisch
Schleichende Zunahme von Müdigkeit (Leistungsabfall), Husten, Dyspnoe, Zyanose
Gewichtsverlust aufgrund vermehrter Atemarbeit
Exogen-allergische Alveolitis : Diagnostik ?
Auskultation: Beidseitig betontes, basales inspiratorisches Knisterrasseln (Sklerosiphonie)
Blut: Leukozytose, CRP↑, BSG↑
Serologie: Präzipitierende IgG-Antikörper (= Präzipitine = Antigen-Antikörper-Komplexe) → Kombinierte Immunkomplex-(Typ-III)-Reaktion und zellgebundene (Typ-IV) Reaktion → Aktivierung der Komplementkaskade und Phagozytose von Immunkomplexen → Freisetzung von Entzündungsmediatoren → Interstitielle Entzündung
Antigen-spezifisches IgG i.d.R. deutlich höher bei Erkrankten vs. exponierten Patienten ohne Erkrankung
Gesamt-IgG häufig auch bei exponierten Personen ohne Erkrankung erhöht
Akutes Stadium: Meist unauffällig, eventuell fleckige Infiltrate in den basalen Lungenabschnitten
Chronisches Stadium: Retikulonoduläre (netz- und feintüpfelige) Zeichnungsvermehrung
CT-Thorax: Disseminierte, milchglasartige Eintrübungen in den basalen Lungenabschnitten
Lungenfunktion: Primär restriktive Ventilationsstörung (insb. Vitalkapazität↓), in 40% zusätzlich Obstruktion (siehe Diagnostik: Interstitielle Lungenparenchymerkrankungen)
Bronchoalveoläre Lavage (BAL)
Akutes Stadium: Neutrophilie
Chronisches Stadium: CD8-Lymphozytose → CD4/CD8-Quotient <1 (Normalwert um 2)
Verfahren mit hoher Sensitivität: Eine normale BAL schließt eine exogen-allergische Alveolitis nahezu aus
Exogen-allergische Alveolitis : Pathologie ?
Histologisches Bild der Lungenbiopsie
Intramurale Alveolitis mit lymphozytärem Infiltrat
Granulomatöse Entzündung: Meist Nachweis unspezifischer oder epitheloidzelliger Granulome
Exogen-allergische Alveolitis : Differenzialdiagnosen ?
Typische bakterielle Pneumonie und andere infektiöse Lungenerkrankungen
Interstitielle Lungenparenchymerkrankungen anderer Genese
Exogen-allergische Alveolitis : Therapie ?
Entscheidend ist die Expositionskarenz
Akut: Glucocorticoide i.v.
Exogen-allergische Alveolitis : Komplikationen ?
Exogen-allergische Alveolitis : Prognose ?
Im akuten Stadium ist die Prognose günstig; ansonsten ist sie abhängig vom Stadium der Lungenfibrose
Schlafbezogene Atmungsstörungen : Abstract ?
Die häufigste Ursache einer schlafbezogenen Atemstörung ist eine Obstruktion der oberen Atemwege durch Kollaps der Schlundmuskulatur während des Schlafes, das sogenannte Obstruktive Schlafapnoe-Syndrom (OSAS).
Die Patienten sind meist adipös und leiden unter starker Tagesmüdigkeit.
Fremdanamnestisch geben die Lebenspartner Atempausen und starkes Schnarchen während des Schlafens an.
Die Lebenserwartung der Patienten ist durch kardiovaskuläre Folgen einer sekundären Hypertonie eingeschränkt, kann aber durch konsequente Gewichtsreduktion und nächtliche Überdruckbehandlung (nCPAP) normalisiert werden.
Der Therapieerfolg bedarf einer hohen Therapieadhärenz mit regelmäßigen Kontrollen durch Schlafuntersuchungen.
Die meisten Patienten mit Schlafapnoe-Syndrom sind adipös!
Das Schlafapnoe-Syndrom ist eine sehr häufige Ursache der sekundären Hypertonie!
Während physiologischerweise Dauer und Anteil der REM-Schlafphasen im Verlauf der Nacht zunehmen, kommt es beim Schlafapnoesyndrom zu einer Abnahme der REM-Schlafphasen.
Bei Adipösen, Diabetikern, Patienten mit Vorhofflimmern und Patienten mit Hypertonie, die über Schnarchen berichten, soll die Diagnostik zum Ausschluss eines Schlafapnoesyndroms erfolgen. (DGIM - Klug entscheiden in der Pneumologie)
Beim symptomatischen obstruktiven Schlafapnoe-Syndrom ist die Überdruckbehandlung in der Nacht mittels nCPAP-Therapie {nCPAP (Nasal continuous positive airway pressure)} das Mittel der Wahl. Für den Therapieerfolg bedarf es einer hohen Patientencompliance mit regelmäßiger Therapieüberwachung durch Schlafuntersuchungen!
Schlafbezogene Atmungsstörungen : Definition ?
Schlafapnoe-Syndrom: Nächtliche Atmungsstörung mit klinischer Beschwerdesymptomatik und/oder gesundheitlichen Risiken
Apnoe: Atempausen von ≥10 Sekunden
Hypopnoe: Reduktion des Atemflusses um ≥30% für ≥10 Sekunden kombiniert mit Sauerstoffsättigungsabfall ≥3% oder Arousal
Apnoe-Hypopnoe-Index (AHI): (Hypopnoen + Apnoen)/Stunde Schlafzeit
Kriterien für ein obstruktives Schlafapnoe-Syndrom (OSAS)
AHI >15/ Stunde Schlafzeit oder
AHI >5/Stunde Schlafzeit in Kombination mit typischer klinischer Symptomatik
Respiratory Effort related Arousal (RERA): Sequenz von Atemzügen (≥ 10 Sekunden), die durch eine erhöhte Atemanstrengung zu einem Arousal führen
Respiratory disturbance index (RDI) (Hypopnoen + Apnoen + Respiratory Effort related Arousal)/Stunde Schlafzeit
leichtgradig
mittelgradig
schwergradig
AHI
5–15
15–30
>30
Schlafbezogene Atmungsstörungen : Epidemiologie ?
Obstruktives Schlafapnoe-Syndrom (OSAS)
Geschlecht: ♂ > ♀ (2:1)
Manifestationsalter: Vermehrtes Auftreten nach dem 40. Lebensjahr
Schlafbezogene Atmungsstörungen : Ätiologie ?
Obstruktives Schlafapnoe-Syndrom (OSAS; >90%)
Schlafbezogene Atemstörung mit Obstruktion der oberen Atemwege durch Kollaps der Schlundmuskulatur während des Schlafens
Atemantrieb und damit Atembewegungen bleiben erhalten
Risikofaktoren: Erkrankungen, die den Atemfluss der oberen Atemwege behindern (z.B. Tonsillenhyperplasie, Nasenseptumdeviation)
Zentrales Schlafapnoe-Syndrom (<10%)
Schlafbezogene Atemstörung durch mangelnde Stimulation des zentralen Atemzentrums ohne Obstruktion der oberen Atemwege
Durch zeitweise fehlende Innervation der Atemmuskulatur bleiben thorakale und/oder abdominelle Atembewegungen aus
Risikofaktor: Herzinsuffizienz (Cheyne-Stokes-Atmung)
Sonderform: Obesitas-Hypoventilationssyndrom (Pickwick-Syndrom; Adipositas-Hypoventilationssyndrom)
Pathologische Adipositas (BMI >30)
Schlafapnoe
Tageshyperkapnie, ausgeprägte Tagesmüdigkeit,
Polyglobulie, pulmonale Hypertonie
Alkohol- und Tabakkonsum
Einnahme von Sedativa, Beta-Blockern
Metabolisches Syndrom
Schlafbezogene Atmungsstörungen : Symptome/Klinik ?
Obstruktives Schlafapnoe-Syndrom
Lautes Schnarchen mit Atemaussetzern
Erwachen aus dem Schlaf
Starke Tagesschläfrigkeit mit Sekundenschlaf
Vergesslichkeit
Verminderte Leistungsfähigkeit
Depressivität
Potenz-/Libidostörung
Morgendliche Kopfschmerzen
Zentrales Schlafapnoe-Syndrom
Symptome der Grunderkrankung (kein Schnarchen, selten Tagesschläfrigkeit) → Herzinsuffizienz
Schlafbezogene Atmungsstörungen : Diagnostik ?
Schlafmedizinische Anamnese
Eigenanamnese, insb. Abfragen der typischen Symptome
Epworth Sleepiness Scale (ESS)
Fragebogen zur Beurteilung der Einschlafneigung in typischen Alltagssituationen
Für Links zu den Fragebögen: Siehe Tipps&Links
24-Stunden-Blutdruck-Messung
Polygrafie
Messen folgender Parameter während des Schlafens: Atemfluss, Atempausen, Sauerstoffsättigung im Blut, Herzfrequenz, Schnarchgeräusche und Atembewegungen von Brustkorb und Bauch
Hieraus Bestimmung von Apnoen, Hypopnoen und Apnoe-Hypopnoe-Index möglich
Polysomnografie
Neben den Parametern der Polygrafie zusätzlich
Kortikale Potentialschwankungen mittels Elektroenzephalografie (EEG) → Ermöglicht Einteilung in Schlafphasen und Schlafstadien
Augenbewegungen mittels Elektrookulografie (EOG) → Zur Erfassung der REM-Phasen
Muskelaktivität mittels Elektromyografie (bspw. durch Sensoren für die Bewegungen der Beine oder am Kinn)
Oft (aber nicht zwangsläufig): Elektrokardiografie (EKG)
Klassische Befunde beim Schlafapnoesyndrom
Apnoen und Hypopnoen (Apnoe-Hypopnoe-Index >15)
Abfälle der Sauerstoffsättigung
Weckreaktionen (Arousal)
Fragmentierung des Schlafs mit pathologischer Abnahme der Traumschlaf- (REM-Schlaf‑) und Tiefschlafphasen
Schlafbezogene Atmungsstörungen : Therapie ?
Behandlung der Grunderkrankung (z.B. die Herzinsuffizienz bei zentralem Schlafapnoe-Syndrom oder Operation einer Septumdeviation beim OSAS)
Risikofaktor reduzieren: Gewichtsreduktion, eventuell mittels bariatrischer Chirurgie
Meiden von Alkohol, Nikotin und Sedativa
Schlafhygiene: Regelmäßiger und ausreichender Schlaf, Schlaf auf der Seite und nicht auf dem Rücken
Einstellung des Blutdrucks
nCPAP (Nasal continuous positive airway pressure)
BIPAP (Biphasic positive airway pressure)
Beim symptomatischen obstruktiven Schlafapnoe-Syndrom ist die Überdruckbehandlung in der Nacht mittels nCPAP-Therapie das Mittel der Wahl. Für den Therapieerfolg bedarf es einer hohen Patientencompliance mit regelmäßiger Therapieüberwachung durch Schlafuntersuchungen!
Schlafbezogene Atmungsstörungen : Komplikationen ?
Genereller Pathomechanismus: Hypopnoe/Apnoe → pO2↓, pCO2↑ → Obstruktives Ersticken, Atemantrieb↑ → Stresshormone↑, Arousal↑ → RR↑
Daraus resultierende Komplikationen
Sekundäre arterielle Hypertonie mit fehlender Nachtabsenkung
Erhöhtes Risiko für Herzinfarkte, Schlaganfälle und plötzlichen Herztod
Ischämische Kardiomyopathie, Herzinsuffizienz
Hypoxie-induzierte Herzrhythmusstörungen
Globale respiratorische Insuffizienz
Pulmonale Hypertonie und Cor pulmonale
Unfallrisiko durch Sekundenschlaf
Erhöhtes Risiko für die Entwicklung einer vaskulären Demenz
Schlafbezogene Atmungsstörungen : Prognose ?
Bei allen schlafbezogenen Atmungsstörungen: Hypertonie und erhöhte Mortalitätsrate an kardiovaskulären Erkrankungen
Bei obstruktivem Schlafapnoe-Syndrom: Durch konsequente nCPAP-Beatmung Senkung des Mortalitätsrisikos auf das der Normalbevölkerung möglich
Lungenkarzinom : Abstract ?
Bösartige Neubildungen der Lunge bzw. des Bronchialsystems gehören bei beiden Geschlechtern weltweit zu den häufigsten Krebsneuerkrankungen und -todesursachen.
Wichtigster Risikofaktor ist das Rauchen, wobei Menge und Dauer des Konsums das Krebsrisiko bestimmen.
Symptome der Erkrankung sind erst bei stärkerem Tumorwachstum und damit spät zu erwarten.
Insbesondere bei Rauchern sollten somit therapieresistenter Husten (später auch Hämoptysen) und Gewichtsverlust an eine Karzinomerkrankung denken lassen.
Radiologisch zeigt sich meist zunächst eine typische unscharf begrenzte Läsion im Röntgenbild der Lunge.
Zur Diagnosesicherung muss je nach Lage des Tumors der Befund bronchoskopisch, durch CT-gesteuerte Punktion oder seltener offen thorakoskopisch histologisch gesichert werden.
Eine Heilungsaussicht besteht allein in frühen Stadien durch operative Resektion eines oder mehrerer Lungenlappen.
Mehr als zwei Drittel der Patienten sind jedoch aufgrund von Metastasierung oder einer schlechten Funktion der Lunge inoperabel.
Es verbleibt nur noch eine palliative Chemotherapie und/oder Bestrahlung, die das Überleben um Monate oder wenige Jahre verlängern können.
Die Prognose des Lungenkarzinoms hat sich in den letzten Jahren kaum verbessert: Die 5-Jahres-Überlebensrate beträgt bei Diagnosestellung circa 15%!
Sobald ein zweiter Tumor im kontralateralen Lungenflügel oder eine Fernmetastasierung besteht, liegt ein Stadium IV vor!
Tumormarker haben für die Diagnostik des Lungenkarzinoms keine und für die Verlaufsbeurteilung auch nur eine begrenzte Bedeutung!
Jeder Lungenrundherd bei einem Patienten >40 Jahre gilt bis zum Beweis des Gegenteils als Lungenkarzinom!
Es soll kein CT-Screening für Lungenkrebs bei Patienten mit einem niedrigen Risiko durchgeführt werden. (DGIM - Klug entscheiden in der Pneumologie)
Das kleinzellige Lungenkarzinom wächst rasant, spricht aber initial gut auf eine Chemotherapie an. Es kann nur in Ausnahmefällen operiert und damit geheilt werden. Bei Inoperabilität sollte die Indikation einer palliativen Chemotherapie gegenüber „Best Supportive Care“ kritisch abgewogen und mit dem Patienten besprochen werden!
Es werden kleinzellige von nicht-kleinzelligen Lungenkarzinomen unterschieden. Grundlage für diese Unterteilung ist die Zellteilungsrate, die sich in diesen beiden Subgruppen unterscheidet: Kleinzellige Lungenkarzinome haben eine deutlich höhere Zellteilungs- und damit Wachstumsrate als nicht-kleinzellige Lungenkarzinome. Dieser Unterschied hat vor allem therapeutische Konsequenzen und wirkt sich auf die Prognose aus. Histologisch betrachtet gehören zu den nicht-kleinzelligen Lungenkarzinomen vor allem das Plattenepithelkarzinom und das Adenokarzinom, während das kleinzellige Karzinom histologisch in die Gruppe der neuroendokrinen Tumoren fällt.
Siehe auch: Pathologie der Lungenkarzinome
Synonyme: Non small cell lung cancer, NSCLC, NSCC
Histologische Subtypen: Adenokarzinom, Plattenepithelkarzinom
Lage
Adenokarzinome: Meist peripher
Plattenepithelkarzinome: Meist zentral
Zellteilungsrate: Niedriger als SCLC
Therapieansatz: Öfter auch kurativ
Prognose: Besser als beim SCLC
Synonyme: Small cell lung cancer, SCLC
Histologie: Gehört zu der Gruppe der neuroendokrinen Tumoren
Lage: Eher zentral
Zellteilungsrate: Hoch, somit schnelles Wachstum, außerdem frühere Metastasierung
Therapieansatz: Selten kurativ
Prognose: Schlecht
Geschlecht: ♂ > ♀ (ca. 3:1)
Ausnahme Adenokarzinom: ♂ < ♀
Mann: Zweithäufigstes Karzinom und häufigste Krebstodesursache
Frau: Dritthäufigstes Karzinom und zweithäufigste Krebstodesursache sowohl in Deutschland als auch weltweit
Bei der Frau hat sich die Mortalität seit 1975 verdoppelt
Alter: Inzidenz nimmt insb. ab der sechsten Lebensdekade zu, Häufigkeitsgipfel im achten Lebensjahrzehnt
Häufigkeit histologischer Subtypen
NSCLC (Nicht-Kleinzellige Lungenkarzinome): Ca. 85%
SCLC (Kleinzelliges Lungenkarzinom): 15%
Rauchen: Dauer und Menge des Konsums bestimmen das Krebsrisiko
Berufliche Karzinogene: Verschiedene Metalle (Arsen, Chrom, Nickel, Uran), polyzyklische aromatische Kohlenwasserstoffe etc.
Umweltbedingte Faktoren: Passivrauchen, Feinstaub, Asbest, Industrie- und Verkehrsgase, Radonexposition
Endogene Risikofaktoren: Insb. bei Adenokarzinom
Genetische Disposition
Vorerkrankungen der Lunge mit Narbenbildung bzw. chronisch-entzündlichen Prozessen, z.B. Tuberkulose
TNM
Eigenschaften
T
Tis
Carcinoma in situ
T1
Größter Durchmesser <3 cm, umgeben von Lungengewebe oder viszeraler Pleura, Hauptbronchus nicht beteiligt
T2
Größter Durchmesser >3 bis ≤5 cm und/oder
Infiltration des Hauptbronchus oder
Infiltration der viszeralen Pleura oder
Tumorbedingte partielle Atelektase oder obstruktive Pneumonie bis in den Hilusbereich, Teile der Lunge oder die gesamte Lunge umfassend
T2a: Größter Durchmesser >3 bis ≤4 cm
T2b: Größter Durchmesser >4 bis ≤5 cm
T3
Größter Durchmesser >5 bis ≤7 cm und/oder
Infiltration von Thoraxwand (inkl. parietaler Pleura und Tumoren des „Superior Sulcus“ ), N. phrenicus oder parietalem Perikard
Zusätzlicher Tumor im selben Lungenlappen
T4
Größter Durchmesser >7 cm und/oder
Mit direkter Infiltration von Diaphragma, Mediastinum, Herz, großen Gefäßen, Trachea, N. laryngeus recurrens, Ösophagus, Wirbelkörper oder Carina
Zusätzlicher Tumor in anderem ipsilateralen Lungenlappen
N
N1
Lymphknotenmetastase ipsilateral: Peribronchial, hilär und/oder intrapulmonal
N2
Lymphknotenmetastase ipsilateral: Mediastinal und/oder subcarinal
N3
Lymphknotenmetastase kontralateral: Mediastinal, hilär oder tief zervikal, und/oder
Lymphknotenmetastase ipsilateral: Tief zervikal und/oder supraklavikulär
M
M1
Fernmetastasen
M1a: Separater Tumorknoten in einem kontralateralen Lungenlappen, Pleura mit knotigem Befall, maligner Pleuraerguss, maligner Perikarderguss
M1b: Isolierte Fernmetastase in einem extrathorakalen Organ
M1c: Mehrere Fernmetastasen (>1) in einem oder mehreren Organen
Meist treten Symptome erst in fortgeschrittenem Tumorstadium auf.
B-Symptomatik
Typische Symptome
Chronischer Husten oder rezidivierende Erkältungskrankheiten mit kurzer Anamnese sind bei Patienten ≥40 Jahre immer karzinomverdächtig
Hämoptysen, Dyspnoe
Bei chronischer Hypoxie: Uhrglasnägel und Trommelschlägelfinger , Kachexie
Verdrängungsbedingte Beschwerden
Dysphagie bei Kompression des Ösophagus
Heiserkeit
Obere Einflussstauung
Lymphogen
Lunge und Mediastinallymphknoten
Skalenus- und supraklavikuläre Lymphknoten
Hämatogen
Leber, Gehirn, Nebennieren , Knochen
Knochenmarksmetastasierung: Ggf. Panzytopenie im Blutbild
Weitere Organmetastasen in Niere, Haut, Schilddrüse etc. möglich, aber selten
Paraneoplastische Syndrome sind besonders häufig beim kleinzelligen Lungenkarzinom zu beobachten. Die Zellen des kleinzelligen Lungenkarzinoms entstammen nämlich dem diffusen neuroendokrinen System (DNES) und können Hormone produzieren.
Syndrom der inadäquaten ADH-Sekretion (SIADH, Schwartz-Bartter-Syndrom)
Hyperkalzämie: Produktion eines dem Parathormon ähnlichen Peptids
Cushing-Syndrom: ACTH-Produktion
Lambert-Eaton-Syndrom: Antikörper gegen präsynaptische Calciumkanäle
Hypoglykämie: Produktion von Insulin-Like-Growth-Factor durch Tumorzellen
Paraneoplastische zerebelläre Degeneration und paraneoplastische Polyneuropathie: Antineuronale Antikörper (Anti-Hu-Antikörper)
Thrombozytose mit vermehrter Phlebothrombose und Phlebitis migrans
Hypertrophe pulmonale Osteoarthropathie (Pierre-Marie-Bamberger-Syndrom)
Definition: Paraneoplasie, die mit bilateralen periostalen Knochenreaktionen an den Dia- und Metaphysen der kurzen und langen Röhrenknochen einhergeht
Ätiologie: Nicht abschließend geklärt
Assoziierte Erkrankungen: Nicht-kleinzelliges Lungenkarzinom, chronische Lungenerkrankungen
Schwellung und Schmerzen im Bereich der Diaphysen der Extremitäten
Uhrglasnägel sowie Trommelschlägelfinger und -zehen
Arthritische Beschwerden
Diagnostik: Skelettszintigrafie
Nicht-steroidale Antirheumatika
Symptome verschwinden bei erfolgreicher Behandlung der Grunderkrankung
Weitere paraneoplastische Syndrome
Kurzbeschreibung: Peripheres Karzinom der Lungenspitze mit Symptomen eines Pancoast-Syndroms
Symptomkomplex des Pancoast-Syndroms
Horner-Syndrom = Ptosis, Miosis, (Pseudo‑)Enophthalmus (und Anhidrosis) durch Infiltration des Ganglion stellatum
Infiltration des Plexus brachialis
Plexusneuralgie mit Armschmerzen
Motorische und sensible Defizite des Arms
Kompression der Blut- und Lymphgefäße mit Lymphödem des Arms
Obere Einflussstauung durch Kompression der V. cava
Rippenschmerz: Infiltration der Thoraxwand (oft der ersten oder zweiten Rippe)
Heute verstärkt als „minimal invasives Adenokarzinom“ oder „Adenokarzinom in situ“ bezeichnet
Adenokarzinom
Ausbreitung „tapetenartig“ entlang der Alveolar- und Bronchialwände
Nicht oder kaum invasiv!
Langsam wachsend
Radiologischer Befund: Solitärer Rundherd oder Befund ähnlich einer chronischen Pneumonie
Therapie: Nach Möglichkeit OP, alternativ Kombinationschemotherapie
Prognose: Gut
Strangförmige Ausbreitung von Tumorzellen entlang der Lymphbahnen
Radiologisch streifig-retikuläre Zeichnung
Stadien nach UICC8
Stadium 0
Tis (Carcinoma in situ)
Stadium I
Geringe Tumorausbreitung
IA: T1, N0
IB: T2, N0
Stadium II
Tumorausbreitung auf Lunge begrenzt
IIA: T2b, N0
IIB: T1–T2, N1 oder T3, N0
Stadium III
Tumorausbreitung über Lunge hinaus, aber noch auf den Hemithorax beschränkt
IIIA: T1–T2, N2 oder T3, N1 oder T4, N0–N1
Tumorausbreitung über Lunge hinaus und nicht mehr auf den Hemithorax beschränkt
IIIB: T1–T2, N3 oder T3–T4, N2
IIIC: T3–T4, N3
Stadium IV
Fernmetastasierung bzw. Tumorausbreitung über Lunge hinaus (jedes M+ unabhängig von N)
IVA: Einzelne Fernmetastase
M1a: Separater Tumorknoten in einem kontralateralen Lungenlappen, Pleura mit knotigem Befall, maligner Pleuraerguss, maligner Perikarderguss.
IVB: Mehrere Fernmetastasen
Stadium
Zuordnung TNM und Befundsituation
Prozentuale Verteilung
Very Limited Disease (VLD)
T1–T2, N0–N1
Ca. 5%
Limited Disease (LD)
T1–T4, N2–N3
Ca. 20%
Extensive Disease (ED)
M1 (jedes T, jedes N)
Ca. 75%
Körperliche Untersuchung: Untersuchung insb. fokussiert auf mögliche Folgen einer Ausbreitung und eingetretener Komplikationen (maligner Pleuraerguss, Atelektase, Pneumonie, Kachexie)
Blutuntersuchung
Blutbild, Elektrolyte, Kreatinin, Harnstoff, Leberwerte , LDH, Harnsäure
Tumormarker
Neuronenspezifische Enolase (NSE): Tumormarker des kleinzelligen Lungenkarzinoms
LDH: Als möglicher prognostischer Marker bei kleinzelligem Lungenkarzinom
CYFRA 21-1: Tumormarker für Lungenkarzinome unabhängig der Histologie (aber insb. nicht-kleinzellige Bronchialkarzinome)
Basisdiagnostik: Röntgenthorax
Weitere Bildgebung
1. Wahl: CT mit Kontrastmittel von Thorax und Oberbauch
Alternative: MRT mit Kontrastmittel von Thorax und Oberbauch
Merkmale karzinomverdächtiger Befunde: Insb. bei Patienten >40 Jahre mit ausgeprägter Rauchanamnese besteht eine höhere Wahrscheinlichkeit für Malignität
Unscharf begrenzt
Ohne Verkalkung
Spicula: Tumorausläufer, die vom Rand aus in das Lungenparenchym einstrahlen
Größenzunahme im Vergleich zu einer Voraufnahme
Bei Verdacht auf Lungenkarzinom in der Bildgebung ist für die definitive Diagnose der bioptische Beweis obligat und für die Therapieentscheidung essenziell.
Bronchoskopie mit transbronchialer Biopsie: Bei zentraler Raumforderung bzw. mediastinalen Lymphknoten
Transthorakale, CT-gesteuerte Biopsie: Bei peripheren Raumforderungen
Thorakoskopie bzw. Mediastinoskopie: Bei unzureichender Sicherung bzw. Fragestellung nach genauer intrathorakaler Ausbreitung
Ausschluss Fernmetastasierung
CT-Abdomen
Ergänzend: Abdomensonografie
MRT des Schädels
Knochenszintigrafie oder PET-CT
Molekulare bzw. immunologische Therapie-Targets: Neue Chemo-/Immunotherapeutika sind vor allem bei NSCLC vermehrt in klinischer Prüfung oder bereits zugelassen
EGFR-Mutation
EML4-ALK-Translokation
PD-L1 bzw. PD-1 (Immuntherapie)
VEGF
Präoperative Lungenfunktionsdiagnostik zur Feststellung der funktionellen Operabilität (Letalitätsrate ≤5%)
Lobektomie: FEV1>1,5 L; Diffusionskapazität von >60% der Norm gefordert
Pneumonektomie: FEV1>2,0 L (80% des Solls); Diffusionskapazität von >60% der Norm gefordert
Für Grenzfälle ggf. Spiroergometrie und/oder Lungenperfusionsszintigrafie nötig
Histologisch erfolgt die Einteilung der Lungenkarzinome anhand der Morphologie und der Immunhistochemie. Dabei können zusammenfassend die folgenden Entitäten unterschieden werden.
Plattenepithelkarzinom der Lunge
Mit ca. 45% häufigstes NSCLC bei Männern
Bei Frauen nur ca. 30% der NSCLC
Lokalisation: Meist zentral gelegen, da diese häufiger im Bereich der zentralen Bronchien (Haupt-, Segmentbronchien) entstehen
Histopathologie
Epithelialer, solider Tumor des Bronchialepithels
Verhornt oder unverhornt
Interzellularbrücken durch Intermediärfilamente
Fehlender Nachweis von Muzin (Schleim)
Immunhistochemie: Expression der Zytokeratin-Subtypen CK5 und CK6 oder des Markers p40
Mit ca. 40% häufigstes NSCLC bei (insb. auch nichtrauchenden!) Frauen
Bei Männern nur ca. 25% der NSCLC
Häufigster histologischer Typ bei Nichtrauchern
Lokalisation: Meist peripher gelegen
Meist mit Drüsen-/Schleimbildung
Immunhistochemie: Expression von TTF-1 und CK7
Neuroendokrine Tumoren
Die neuroendokrinen Tumoren der Lunge gehen von den neuroendokrinen Zellen der Bronchialmukosa aus. Folgende Subtypen werden dabei unterschieden.
Kleinzelliges Lungenkarzinom
Lokalisation: Liegt meist zentral
Kleine spindelförmige Tumorzellen mit hyperchromatischen Zellkernen und kaum Zytoplasma
Zellen liegen meist einzeln oder in einem sehr lockeren Zellverband
Immunhistochemisch: Expression von CK7 und CK18 möglich
Auftreten paraneoplastischer Syndrome durch ektope Hormonausschüttung
Großzelliges neuroendokrines Lungenkarzinom
Karzinoide
Typisches Karzinoid
Atypisches Karzinoid
Tumorstadium
Therapieansatz
Maßnahmen
Alle Stadien bis IIIA3
Kurativ
Operative Resektion
Alternative bei lokal begrenzten Tumoren aber Inoperabilität: Stereotaktische Radiatio
Adjuvante Kombinationschemotherapie
Bei größeren Tumoren
Bei positivem Lymphknotenstatus bis N2
Alternative: Neoadjuvante bzw. Induktionspolychemotherapie vor OP
Ggf. konsolidierende Radiatio des Mediastinums bei N2-Status, im Anschluss an die adjuvante Chemotherapie und nur bei geeigneten Patienten
Ab Stadium IIIA4
Palliativ
Definitive Radiochemotherapie (Kombinationschemotherapie + Radiatio)
Alternativ
Neoadjuvante Radiochemotherapie, dann OP
Induktions-Chemo, dann OP, dann Bestrahlung
In Stadium IV: Palliative Systemtherapie (Chemotherapeutika)
Ausnahme: Bei solitären Nebennieren-, ZNS-, Lungen-, Leber- oder Knochenmetastasen kann ein kuratives Behandlungskonzept infrage kommen
Pancoast-Tumoren bis Stadium IIIB
Neoadjuvante Radiochemotherapie (Kombination aus simultaner Radiatio und Kombinationschemotherapie), dann OP
Very Limited Disease (5%)
OP + adjuvante Chemotherapie + prophylaktische Schädelbestrahlung
Alternativ: Simultane Radiochemotherapie + prophylaktische Schädelbestrahlung
Limited Disease (20%)
Simultane Radiochemotherapie
Prophylaktische Schädelbestrahlung
Extensive Disease (75%)
Palliative Chemotherapie
Radiatio des Mediastinums
Prophylaktische Schädelbestrahlung oder regelmäßige cMRT-Kontrollen („Watchful Waiting“)
Die Lobektomie (ggf. Bilobektomie, Pneumonektomie) inkl. systematischer, mediastinaler Lymphknotendissektion ist die Therapie der Wahl und Hauptmodalität bei kurativem Therapieansatz.
Indikation: Kurativer Therapieansatz
Nicht-kleinzelliges Lungenkarzinom: Bis UICC-Stadium IIIA möglich
Kleinzelliges Lungenkarzinom: Nur bei „Very Limited Disease“ oder bei erst postoperativ gestellter, histologischer Diagnose im Rahmen der Operation eines unklaren Rundherdes
Ausmaß der Resektion
Keilresektion : Bei kleinen, peripher gelegenen Tumoren und/oder Kontraindikation für Lobektomie
Lobektomie : Tumor wächst nur in einem Lappen
Bilobektomie : Tumor wächst auf zwei Lappen übergreifend
Lobektomie mit Manschettenresektion : OP-Alternative bei zentralen Tumoren und Bronchusbefall, wenn aufgrund schlechter Lungenfunktion keine Pneumektomie durchgeführt werden kann
Pneumektomie : Zentral gelegene Tumoren
Lymphknotenresektion: Standard ist die komplette Entfernung aller interlobären, hilären und mediastinalen Stationen
Durchführung: Offene laterale Thorakotomie oder videoassistierte Thorakoskopie (VATS)
Bronchusstumpfinsuffizienz nach Pneumonektomie
Nach einseitiger Lungenresektion füllt sich die „leere“ Thoraxhöhle mit seröser Flüssigkeit → Übertreten der Flüssigkeit über „undichten“ Bronchusstumpf ins Innere der anderen Seite der Lunge → Ergussbildung mit Gefahr eines Pleuraempyems (→ Entzündungszeichen)
Akutes Cor pulmonale
Atelektasen
Pneumonie
Nachblutung
Verletzung des Ductus thoracicus (→ Chylothorax)
Verlagerung des Herzens auf die operierte Seite
Indikation: Ab UICC-Stadium II ist die Kombinationschemotherapie Bestandteil der Therapie
Adjuvant: In operablen Stadien als adjuvante Chemotherapie
Neoadjuvant bzw. Induktionschemotherapie: Bei grenzwertig operablen Lungenherden, um eine Tumorverkleinerung und damit Operabilität zu erreichen (Stadium III)
Definitiv: In inoperablen Stadien als definitive Radiochemotherapie
Palliativ: In Stadium IVB; hier auch weiteste Verbreitung der Targeted Therapies (s.u.)
Targeted Therapies : Alternative Kombinationspartner bzw. Ersatz der „regulären“ Chemotherapeutika bei Vorhandensein bestimmter genet. Marker bzw. sog. „Treibermutationen“
Tyrosinkinase-Inhibitoren (TKI): Afatinib, Erlotinib, Gefitinib oder Osimertinib bei EGF-Rezeptormutation
Infolge der Hemmung des EGF-Rezeptors, der physiologischerweise auch vermehrt in Haut und Haarfollikeln exprimiert wird, treten sehr häufig (bis zu 90%) Hautreaktionen (z.B. akneiforme Ausschläge) auf
ALK1-Inhibitoren: Crizotinib und Ceritinib bei EML4-ALK-Translokation oder ROS1-Translokation
PD-1-Inhibition: Pembrolizumab bzw. Nivolumab bei Expression von PD-1 (Immunhistochemie) bzw. hoher Mutationslast
Bei fehlenden Treibermutationen: Wirkstoffe mit Effekt auf den VEGF-Signalweg einsetzbar und effektiv (Bevacizumab, Nintedanib, Ramucirumab)
Therapieschemata: Cisplatin in Kombination mit Vinorelbin, Docetaxel, Paclitaxel, Etoposid, Gemcitabine oder Pemetrexed
Bei Extensive Disease (bzw. Stadium IV): Als palliative Chemotherapie
Bei Limited Disease: Als definitive simultane Radiochemotherapie (s.u.)
Bei Very Limited Disease: Als adjuvante Chemotherapie nach primärer Operation
Therapieschemata: Kombinationstherapie mit Cisplatin und Etoposid; die Remissionsraten betragen ca. 70%
NSCLC: I.d.R. Tumorbestrahlung
In den Stadien I und II: Bei nicht operablen Patienten
Bei operierten Patienten: Nach inkompletter Resektion oder ggf. bei präoperativem Status ≥N2
Ab Stadium III: Simultane Radiochemotherapie mit Cisplatin + Etoposid als Standard
Palliativ: Ggf. als neoadjuvante Therapie Bestrahlung des Primärtumors und Mediastinums, oder zur Bestrahlung von Hirn- und Knochenmetastasen
Bei Hirnmetastasen: Gute lokale Tumorkontrolle durch vergleichsweise schonende stereotaktische Bestrahlung möglich
SCLC: Bestrahlung des Tumorfeldes und/oder Schädelbestrahlung
In allen Stadien: Adjuvante bzw. prophylaktische Ganzschädelbestrahlung; bei Extensive Disease ggf. erst bei Nachweis von zerebralen Metastasen („Watchful Waiting“)
Bei Limited Disease und Very Limited Disease: Definitive Radiochemotherapie
Bei Extensive Disease: Ggf. mediastinale Bestrahlung eines Resttumors nach palliativer Chemotherapie
Kompressionsbedingte Phrenikusparese → Kann zu Zwerchfellhochstand führen
Maligner Pleuraerguss
Blutung infolge eines Tumoreinbruchs in das Bronchial- und Gefäßsystem
Prognostische Faktoren: TNM-Stadium, Genotyp, Histologie, Geschlecht, Allgemeinzustand und Komorbidität
Mittlere 5-Jahres-Überlebensrate: Etwa 10–20% (♀ 21%, ♂ 16%)
65% der Lungenkarzinome sind zum Diagnosezeitpunkt inoperabel
Schlechteste Prognose: Kleinzelliges Lungenkarzinom aufgrund des explosiven Wachstums (Tumorverdopplungszeit von 10–50 Tagen)
Beste Prognose: Nichtkleinzellige Lungenkarzinome (Tumorverdopplungszeit von 180–300 Tagen) in lokal begrenzten Tumorstadien (T1–T2 N0 M0) → 5-Jahre-Überlebensrate bis zu 70%
Nichtrauchen bzw. Rauchstopp, Vermeiden von Passivrauchen
Berufliche Exposition gegenüber Risikofaktoren vermeiden (Arbeitsschutz!)
Körperliche Aktivität
Siehe auch: Raucherentwöhnung
Zuletzt geändertvor 2 Jahren