Bindungsentwicklung
Bindung
Enge und überdauernde emotionale Beziehung von Kindern zu ihren Eltern (Bezugspersonen)
50er Jahre Harlow:
Affen, klammern sich bevorzugt an weiche „Handtuchmutter“ auch wenn Nahrung über die „Drahtmutter“ bereitgestellt wird.
Befriedigung physischer Grundbedürfnisse (Hunger, Durst, körperliche Hygiene, Schutz vor Kälte oder Hitze) reicht alleine nicht aus, um eine gesunde Entwicklung zu gewährleisten.
(vgl. auch Hospitalismusstudien von René Spitz, 1945)
Wichtige psychische Grundbedürfnisse (vgl. Deci & Ryan, 1995)
Bindung: Enge zwischenmenschliche Beziehung
-> sich sicher gebunden fühlen,
-> sich selbst als liebesfähig und liebenswert erleben (Bowlby, 1969, 1973; Ainsworth, Blehar, Waters und Wall, 1978)
Kompetenz: Effektive Interaktion mit der Umwelt
-> positive Ergebnisse erzielen, negative verhindern können (White, 1959)
Autonomie: Freie Bestimmung des eigenen Handelns
-> selbstbestimmte Interaktion mit der Umwelt
(Deci und Ryan, 1992)
Self Determination Theory - SDT - Deci & Ryan (1985, 2000)
Annahme:
Angeborenes Bestreben, sich mit anderen verbunden zu fühlen, effektiv zu wirken (zu funktionieren) und sich dabei persönlich autonom und initiativ zu erfahren.
Nach Skinner & Wellborn (1991) ist die Erfüllung dieser Grundbedürfnisse Voraussetzung für psychische Gesundheit und gelungene Anpassung.
Bindungstheorie
Einfluss der Psychoanalyse:
Bedeutung der frühen Erfahrung.
Einfluss der Ethologie:
Die emotionale Bindung des Kindes zu seiner Bezugsperson ist eine evolutionär entstandene Reaktion, die dem Überleben dient.
John Bowlby (1907-1990) - Pionier der Bindungsforschung
(britischer Kinderpsychiater, Psychoanalytiker)
Verhaltenssysteme haben evolutionsgeschichtlichen Ursprung (Überlebensvorteil)
Bindungsverhalten: Verhaltensweisen, die das Kind mit seiner Pflegeperson in Verbindung bringen sollen
Kinder verfügen von Geburt an über eine Reihe von Verhaltensweisen, die sicherstellen, dass Eltern in der Nähe bleiben und Unterstützung beim Explorationsverhalten sowie im Umgang mit der Umwelt bieten (z.B., weinen, nachfolgen, anklammern, rufen)
-> Bindung nicht erlernt sondern durch Evolution entstanden
John Bowlby
Funktion von Bindung:
Nähe zur Mutter aufrechterhalten, Schutz vor Gefahren;
Bindungsverhalten des Kindes und mütterliches Pflegeverhalten bilden zusammen die Grundlage für eine sozio-emotionalen Beziehung.
Betonung langfristiger Konsequenzen der Qualität primärer Bindungsbeziehungen für spätere Beziehungen (Definition des Selbst und Erwartungen an andere)
„Arbeitsmodell“ der Bindung
-> Frühe Bindungserfahrung wird zur Basis für die Entwicklung es Selbstwertgefühls und der Beziehung zu anderen Menschen
Bindungsentwicklung in 4 Phasen (nach Bowlby)
1. Pre-attachment (Geburt bis 6 Wochen):
Allgemeine soziale Ansprechbarkeit, angeborene Signale (z.B. Schreien) bringt Personen in die Nähe des Säuglings.
2. Attachment in the making (6 Wochen bis 6–8 Monate):
Besondere Reaktionen auf die Pflegeperson , soziales Lächeln, Präferenz für vertraute Personen (Fremdeln). Spezifische Erwartungen an das Verhalten der Bezugsperson.
3. Clear-cut attachment (7 –18 Monate):
Eigentliche Bindung (6–8 Monate bis 1.–2 Jahre): Kinder suchen aktiv die Nähe der Bezugsperson, Trennungsangst, Social Referencing
4. Reziproke Beziehung (ab ca. 1 . -2 Jahren):
Bildung des internen Arbeitsmodells der Bindung.
Das Kind macht organisierte Bemühungen, die Nähe zur Bezugsperson aufrechtzuerhalten, kann aber auch Trennungen zunehmend gut akzeptieren.
Flexibles partnerschaftliches Verhalten.
-> Kinder investieren mehr in Beziehung (Reziprok -> auch gebend, nicht nur nehmend; Geschenke geben)
Ergebnis: Internes Arbeitsmodell der Bindung
-> Mentale Repräsentation des Selbst im sozialen Kontext
-> Dieses Arbeitsmodell ist für alle späteren Bindungen mit entscheidend
Erfassung der Bindung
Individuelle Unterschiede in der Bindungssicherheit
Mary Ainsworth entwickelte den “Fremde Situation Test” zur Erfassung der Bindungssicherheit (1-2Jährige)
-> Verhaltenseinschätzung durch geschulte Beobachter
Versuchsleiter führt Mutter/Vater und Baby in den Spielraum und lässt sie dort alleine (30 Sekunden).
Mutter/Vater setzt sich auf einen Stuhl, während Kind für sich spielt.
-> Mutter/Vater als sichere Basis?
Fremde tritt ein, setzt sich und spricht mit Mutter/Vater.
-> Reaktion auf Fremden
Mutter/Vater verlässt den Raum, Fremder reagiert auf das Kind und bietet Zuwendung.
-> Trennungsangst
Mutter/Vater kommt zurück, begrüßt das Baby und tröstet es (falls nötig). Fremde Person verlässt Raum.
-> Reaktion auf Wiedervereinigung
Mutter/Vater verlässt den Raum.
Fremder betritt den Raum und bietet sich als Tröster an.
-> “Tröstbarkeit“ durch Fremden
Mutter/Vater kommt zurück, begrüßt das Kind, tröstet es
(falls nötig) und versucht, das Kind erneut für ein Spielzeug
zu interessieren.
Unterschiedliche Bindungstypen
Sichere Bindung (65%)
Kinder sind kurzfristig irritiert und weinen ggf., wenn die Bezugsperson den Raum verlässt, lassen sich jedoch von der Testerin trösten und beruhigen sich schnell wieder; sie spielen im Raum auch mit der Testerin; laufen der Bezugsperson bei deren Wiederkehr entgegen und begrüßen sie freudig.
Unsicher-vermeidend (20%)
Kinder wirken bei der Trennung von der Bezugsperson unbeeindruckt; sie spielen auffallend oft für sich allein; bei der Wiederkehr der Bezugsperson bemerken sie diese kaum oder lehnen sie über ignorierendes Verhalten ab.
Unsicher-ambivalent (15%)
Kinder wirken bei der Trennung massiv verunsichert, weinen, laufen zur Tür, schlagen dagegen; sind kaum durch die Testerin zu beruhigen. Bei Wiederkehr der Bezugsperson zeigen sie abwechselnd anklammerndes und aggressiv-abweisendes Verhalten und sind nur schwer zu beruhigen.
Desorganisiert (kleiner Prozentsatz)
Hauptmerkmal solcher Kinder sind bizarre Verhaltensweisen wie Erstarren, Im-Kreis-Drehen, Schaukeln und andere stereotype Bewegungen; daneben treten (seltener) Mischformen der anderen Bindungsmuster wie bspw. gleichzeitiges intensives Suchen nach Nähe und deren Ablehnung auf.
—>Stabilität individueller Unterschiede in der Bindungssicherheit?
—> ca. 80% gleiche Klassifikation nach 5 Jahren (Großmann et al.)
Einflussfaktoren Bindungssicherheit
Gelegenheit, enge Beziehungen einzugehen (vgl. Studien von René Spitz, Rutter, Tizard & Rees mit hospitalisierten Kindern)
Qualität der Fürsorge –Mütterliche Responsivität: Promptes, konsistentes angemessenes Reagieren der Bezugsperson auf die Bedürfnisse des Kindes (z.B. Kochanska, 1998; Jaffe et al., 2001) -> still face Paradigma (keine Reaktion der bezugsperson)
Persönlichkeitseigenschaften des Kindes
-> Temperamentsunterschiede
Temperament
Individuelle Unterschiede in emotionaler Reaktivität, die schon bald nach der Geburt beobachtbar sind.
Temperamentsdimensionen (nach Chess & Thomas, 1982)
Aktivitätsniveau
Biologische Rhythmizität
Annäherungs-und Rückzugsverhalten
Anpassungsfähigkeit
Sensibilität für neue Reize
Heftigkeit eigener Reaktionen
Grundstimmung
Ablenkbarkeit
Aufmerksamkeitsspanne
-> Stabilität der Temperamentsmerkmale ist in den ersten beiden Lebensjahren sehr gering, steigt aber im Verlauf der Entwicklung deutlich an.
Zu: Sensibilität für neue Reize,
Hier auch berücksichtigt: Verhaltenshemmung (Inhibiertheit) im Sinne v. Furcht vor NEUEM
Inhibierte “Toddlers” (2 Jährige) sind auch später gehemmter im Umgang mit Gleichaltrigen
Vgl. Arbeiten von Mähler (z.B: 2007): 14 Monate alte inhibierte Kinder… sind auch zurückgezogener und schüchterner mit 3 Jahren, zeigen höhere soziale Ängstlichkeit mit 7-8Jahren und sind in der Adoleszenz sozial phobischer
-> Frühes stark inhibiertes Verhalten (hier untersucht: 14 Monate alte Kinder) birgt erhöhtes Risiko für die spätere Entwicklung internalisierenden Problemverhaltens
Bindungstypen - Langzeiteffekte
Sichere Bindung korreliert mit:
Positivere Beziehung zu Gleichaltrigen
Bessere Soziale Skills
Besseres Verständnis für Emotionen anderer
Prosoziales Verhalten: Teilen
Weniger aggressives antisoziales Verhalten
Engere Freundschaften
Soziale Beliebtheit
Schulerfolg
! Korrelation -keine Rückschlüsse auf Kausalzusammenhänge !
Emotionsentwicklung - Theorien
EMOTION - Komponenten
Verhaltenstendenz (Flucht, Annäherung, Einwirkung auf andere…)
Physiologische Korrelate (Puls, Atmung, Hormonspiegel)
Subjektive Gefühle
Begleitende Kognitionen
Theoretische Ansätze
Annahme von Basisemotionen, „Primäre und Sekundäre Emotionen“
Appraisal-Theorien (kogn. Bewertungstheorien)
Kognitiv-konstruktivistische Emotionstheorien
Sozial-konstruktivistische Emotionstheorien
Unterschiede bezüglich der Gewichtung von:
Biologischen/Evolutionären Aspekten
Kognitionen
Sozialem Umfeld
Annahme von Basisemotionen (z.B. Plutchick, 1980; Izard, 1991)
Begrenzte Zahl angeborener primärer „Basisemotionen“
(z.B: Furcht, Ärger, Freude, Ekel, Trauer, Überraschung)
Emotionen haben jew. ein spezifisches Set an körperlichen und mimischen Reaktionen.
Evolutionsbiologischer Ansatz: Basisemotionen haben sich im Verlauf der Evolution als Antwort auf grundlegende adaptive Anforderungen entwickelt
-> (z.B. Nahrungsaufnahme, Fortpflanzung, Schutz vor Feinden)
Universalitätsanspruch
Primäre / sekundäre Emotionen (vgl. Damasio)
Primäre Gefühle
sind angeboren. Sie sind u.a. mit Aktivierungsmustern der Gesichtsmuskeln und damit mit typischen Gesichtsausdrücken gekoppelt. Diese sind ebenfalls angeboren
-> bei allen Menschen ähnlich
Sekundäre Gefühle (kulturelle Einflüsse)
entstehen, wenn Erfahrungen und Traditionen und andere rationale Faktoren hinzukommen. Z.B. Neben Freude auch Schadenfreude oder Nationalstolz, oder als Mischung von Wut und Ekel auch Abneigung oder Fremdenhass.
Derzeitige Befundlage BASISEMOTIONEN
Bislang noch keine notwendigen und hinreichenden Kriterien für das Vorliegen einer bestimmten Emotion identifiziert.
Differenzierung verschiedener Emotionsausdrücke oft problematisch. (auf physiologischer Ebene wie auch auf Handlungsebene)
Appraisal-Theorien / Kognitive Bewertungstehorien (z.B.: Lazarus, 1991; Frijda, 1986)
v.a. Kognitive Prozesse (Bewertungen) sind für emotionale Reaktionen verantwortlich und bestimmen deren Qualität und Intensität.
Auch hier (wie beim Basis-emotions-Ansatz):
Annahme distinkter Emotionen (distinkt = klar und deutlich)
Emotionsgenerierung eher automatisiert
Unterscheidung primärer (automatisierter) und sekundärer (willkürlicher) Bewertungsprozesse
Kognitiv-konstruktivistische (z.B. Schachter & Singer) und sozial-konstruktivistische Ansätze (Averill, Mesquita)
Emotionale Prozesse werden in Verbindung gebracht mit Konstrukten wie Kognition, Motivation und Aufmerksamkeit
Kognitionen (Bewertungen) sind Bestandteil und nicht unmittelbare Ursache von Emotionen
Emotionen sind nicht klar voneinander abgrenzbar
-> Eher dimensionale Betrachtung anhand der Grunddimensionen “Valenz“ und “Intensität“
Sozial-konstruktivistische Ansätze
zusätzlich Betonung der Rolle des sozialen und kulturellen Umfelds für das Emotionserleben und die Regulation von Emotionen
Zeigen von Emotionen - Vorläuferemotionen
“Vorläuferemotionen“
Positive Emotionen
Negative Emotionen
Selbstbewusste Emotionen
Emotionen des Neugeborenen (vgl. Izard & Malateste, 1987; Sroufe, 1996)
”Vorläuferemotionen” (Sroufe), da diese Emotionen eher “reflexartigen” Charakter aufweisen:
Werden ausgelöst durch physikalische Stimuluseigenschaften (weniger durch kognitive Bewertungen, Bedeutungszuschreibungen o.ä.)
Reaktionen sind nicht so sehr auf den Anlass abgestimmt. Für Außenstehende oft schwierig, den Emotionsanlass zu identifizieren.
Diese Emotionen haben langsamen Anstieg und Abfall. ”Entwickeltere” Emotionen werden prompter durch den Anlass ausgelöst.
Zeigen positiver Emotionen
Zeigen von Emotionen - Früher Entwicklungsverlauf
Ab ca. 2 Monaten:
Soziales Lächeln (als Reaktion auf andere Personen)
Davor: Lächeln noch nicht in Abhängigkeit von Außenreizen, spontanes Lächeln –kommt auch häufig im Schlaf vor.
Freude, wenn das Kind ein bestimmtes Ereignis kontrollieren kann.
Ab ca. 7-8 Monaten:
Selektives Lächeln gegenüber bekannten Personen.
Ab ca. Ende 1tes Lebensjahr / Beginn 2tes Lebensjahr:
Freude (Lachen) bei ungewöhnlichen, unerwarteten Ereignissen (z.B. Mutter macht ungewohnte Geräusche,…)
Freude, wenn das Kind selbst jemanden zum Lachen bringt.
Zeigen negativer Emotionen
Spezifische Abgrenzung von Unwohlsein, Angst oder Wut zunächst schwierig
Angst/Furcht wird innerhalb des 1ten Lebensjahres spezifischer:
Fremdenangst ab 7 Monaten (bis ca. 2tes Lebensjahr) Außerdem Angst vor neuen Spielzeugen, lauten Geräuschen (nimmt ab 12 Monaten langsam wieder ab -> evtl. weil das Kind dann potentiell gefährlichen Reizen ausweichen kann)
Ab 8 Monaten Trennungsangst
Ärger/Wut
ab ca. 5 Monaten, (wenn sich das Kind als Kausalagent begreifen kann) -> Kind weiß, was es kann
Ansteigen von Wut-Verhalten v.a. im 2ten LJ, zusammen mit entsprechenden sprachlichen Äußerungen
Bis zum Vorschulalter allm. Abnahme der „Wutausbrüche“
-> In Verbindung mit verbesserten Emotionsregulationsfähigkeiten
Zeigen selbstbewusster Emotionen
„Selbst-bewusst“ weil sie das Selbst in Bezug zu den Reaktionen anderer setzen.
Verlegenheit, Stolz, Scham, Schuld beginnen ca. im 2. Lebensjahr
Scham: Fokus auf die eigene Person
Schuld: Mitgefühl für andere, Reue bezüglich der Konsequenzen eigener Fehlhandlungen
Verlegenheit: Wenn das Kind im Mittelpunkt der allg. Aufmerksamkeit steht
Stolz (etwas später, ca. ab 3 Jahren -> Bezug zu Leistungsstandards)
Voraussetzungen für selbstbewusste Emotionen:
Bewusstsein für Regeln und Normen der eigenen Kultur
Vorhandensein eines objektiven Selbstbewusstseins (ab ca. Mitte 2tes Lebensjahr -> Erkennen im Spiegel, Pronomina „ich“, „mir“)
ABER siehe auch neuere Forschung zu Selbstbewusstsein im ersten LJ
Verstehen von Emotionenen
Emotionen identifizieren
Emotionsauslöser verstehen
Zwischen echten und vorgetäuschten Emotionen unterscheiden
Simultane und ambivalente Emotionen verstehen
—> Bezüge zur Theory of Mind Entwicklung
Emotionen anderer identifizieren
Mit 4-7 Monaten: Differenzierung von Emotionsausdrücken, Beginnende Zuordnung: Stimme, emotionaler Ausdruck, Situation
8-12 Monate: Soziales Referenzieren: Aus emotionalem Ausdruck anderer werden eigene Verhaltenskonsequenzen abgeleitet
18-24 Monate: Empathie -> Differenzierung zwischen eigener und fremder Emotion
Hierarchisches Modell des Emotionsverstehens im
Kindergarten-und Schulalter (Pons et al. 2004)
Externale Aspekte (ca. 3-4 Jahre)
Benennen von Emotionen
Situative Auslöser von Emotionen verstehen
Erinnerungen als Emotionsauslöser verstehen
Mentale Aspekte (c.a. 5-6 Jahre)
Wünsche als Determinanten von Emotionen verstehen
Überzeugungen als Determinanten von Emotionen verstehen
Verständnis vorgetäuschter Emotionen
-> Verstehen, dass der emotionale Ausdruck nicht immer den realen Gefühlszustand widerspiegelt
-> Ausdrucksregeln: Verwendung von “display rules” (reine Verhaltensebene) läuft dem Verständnis voraus: 3 jährige verbergen zwar Enttäuschung über „doofes“ Geschenk…
-> aber erst ab etwa 5 Jahren beginnendes Verständnis für Diskrepanzen zwischen scheinbarer und tatsächlicher Emotion
-> Lernen über Motive für das Verbergen von Emotionen (prosozial, Selbstschutz)
-> Bezüge zur ToM Entwicklung
Reflexive Aspekte (ca. 6-8 Jahre)
Effektivität kognitiver Emotions-Regulations-Strategien erkennen
Verständnis multipler Emotionen (simultanes Emotionserleben)
-> ab ca. 6 Jahren: Verstehen, dass man zwei kompatible Emotionen gleichzeitig empfinden kann (froh und aufgeregt)
Verständnis moralischer Einflüsse auf das Emotionsgeschehen (z.B. etwas geklalut -> fühle mich gut, weil Besitz; moralischer Aspekt: “man darf nicht steheln -> Schuldgefühle)
Verständnis komplexer Emotionen:
Vorschulkinder machen Emotionszuschreibungen vom Motiv des Täters abhängig (Dieb freut sich, weil er jetzt die Beute hat)
6-8 Jährige beziehen moralische Regelverletzung mit ein (Dieb freut sich über Beute, fühlt sich aber auch schlecht, weil man nicht klauen darf…)
allm.Verständnis emotionaler Ambivalenz (positive & negative Emotion), Bedeutung für Selbstreflexion und soziale Interaktion
Emotionsregulation - ER
ER - Begriffsdefinition
Nach Thompson (1994):
Emotionsregulation beinhaltet Prozesse zur Überwachung Bewertung und Modifizierung emotionaler Reaktionen zum Zweck der eigenen Zielerreichung.
Nach Zemann et al. (2006):
Fähigkeit, Emotionsinformationen zu identifizieren, zu verstehen, zu integrieren und gleichzeitig das eigene Verhalten mit intra-und interpersonalen Zielen in Einklang zu bringen.
Normativer Aspekt: Rolle der ER für die Herstellung einer Balance zwischen der eigenen Zielverfolgung und der Berücksichtigung von Interessen des sozialen Umfelds.
ER - Prozesse
ER Strategien
-> abschwächen, Suppression incl. Unterdrückung physiologischer Aspekte
-> Unterscheide bei Kulturen
-> Männer eher Suppression
Entwicklung der Emotionsregulation
Ab 2 Monaten Regulierung der visuellen Aufmerksamkeit (Blickabwendung) und Selbstberuhigendes Verhalten (Fingersaugen)
Frühe intra-psychische Maßnahmen, die lediglich bei nicht allzu großer Belastung erfolgreich eingesetzt werden können.
Hauptsächliche Kontrolle des kindlichen Erregungsniveaus
durch die Bezugsperson = interpsychische Regulation.
Bedeutung der elterlichen Responsivität auf emotionale Äußerungen
Kindliche Kontingenzerfahrung bezüglich des Zusammenhangs: Emotionsauslöser –Emotionsausdruck -Emotionsbewältigung
Ab ca. 3 Monaten beginnt das Kind, aktiv Unterstützung bei der Emotionsregulation einzufordern
6-12 Monate:
Erweiterung des Regulations-Repertoires durch motorische Fortschritte (Annäherungs-, Rückzugsverhalten)
Emotionales Referenzieren
= Erschließen der Bedeutung einer unsicheren
Situation über die Reaktion der Bezugsperson
= Gezielte Abstimmung des Emotions-Ausdrucks
durch die Bezugsperson zur Modulation des
kindlichen Emotionserlebens.
Zweites Lebensjahr:
Erweiterung des Regulations-Repertoires durch Sprache:
Sprechen über Befindlichkeiten nimmt zu. Auslöser und Folgen von Emotionen und Regulationshandlungen werden angesprochen.
Förderung der emotionalen Perspektivübernahme
Vorschulalter / 3.-6. Lebensalter
Zunehmende Fähigkeit, Emotionen selbst zu regulieren. Damit verbunden: Loslösung von direkten Einflüssen des Emotionserlebens.
Das regulierte Emotionserleben kann besser für die Erreichung von Zielen genutzt werden.
Bsp.: Wenn Spielzeug weggenommen wird, wird nicht mehr versucht, es dem „Dieb“ wieder zu entreißen sd. ein Alternativobjekt anzubieten.
Allmählich Entkopplung des Emotionserlebens vom wahrnehmbaren Emotionsausdruck
-> Vortäuschen von Emotionen wird möglich
Trotz vermehrter intrapersonaler Regulationsfähigkeit spielt das soziale Umfeld weiterhin eine wichtige Rolle als Modell für den Umgang mit Emotionen.
Schulalter
Erweiterung des Spektrums von Emotionsregulations-Strategien v.a. kognitive Strategien (z.B. Neubewertung der Situation)
Zunehmend differenzierter Einsatz von ER-Strategien je nach gegebenen situativen Anforderungen:
Bsp: Beachtung der Kontrollmöglichkeiten in Belastungssituationen
Bei nicht beeinflussbaren Situationen (z.B: Zahnarzt), eher Einsatz indirekter Bewältigungsstrategien wie Ablenkung od. Neubewertung der Situation.
Bei kontrollierbaren Situationen vermehrt problemlöseorientierte Strategien (Situationsmodifikation)
Späte Kindheit/frühes Jugendalter: Vermehrt Distanzierungsstrategien Reduzierter Ausdruck von Ärger oder Wut bei Konflikten. (= Reaktive ER-Strategie)
Jugendalter
Große Vielfalt und Nutzungsflexibilität beim Einsatz von ER-Strategien
Bedeutsame strukturelle und funktionale Veränderungen der Hirnregionen, die für die Affekt-Generierung und -Regulation wichtig sind (z.B. limbisches System, prefrontaler Cortex)
Hohe Vulnerabilität für “dysfunktionale“ Emotionsregulation:
Überkontrollierte (ausdrucksschwache) Regulation negativer und positiver Emotionen in Verbindung mit internalisierendem Problemverhalten (Depression, sozialer Rückzug) -> v.a. Mädchen
Unterkontrollierte (ausdrucksstarke) Regulation negativer Emotionen in Verbindung mit externalisierendem Problemverhalten (antisoziales Verhalten, delinquentes Verhalten) -> v.a. Jungen
Emotionsregulation - EInflussfaktoren
Regulation meint:
[1] einen Prozess steuern, ihn unter Kontrolle behalten.
[2] etwas nach einem vorgefassten Plan anlegen, organisieren.
Was heißt “(dys)funktionale“ Emotionsregulation?
Was heißt “(un)angemesser“ Emotionsausdruck?
Einflüsse des familiären Umfelds
Dysfunktionale Affektregulation zwischen Mutter und Säugling (z.B. bei mütterlicher Depression) steht in Zusammenhang mit dem Auftreten intern./extern. Problemverhalten im Schulalter. (Reck et al., 2015)
ER-unterstützendes Verhalten durch die Eltern als wichtiger Mediator für den Zusammenhang zwischen ER und internalisierendem / externalisierendem Problemverhalten
Bsp.: Schon bei 6 Jährigen zeigt sich, dass elterliche Nicht-Akzeptanz oder Herabspielen negativer Emotionsausdrücke des Kindes in Verbindung stehen mit vermehrtem externalisierendem Problemverhalten (Fäscheet al. 2015)
Kulturelle Einflüsse
Kulturelle Normen beeinflussen den Ausdruck und die subjektive Erfahrung von Emotionen (e.g., Ellworth1994)
Kulturspezifische selektive Responsivität auf kindliche Emotionsäußerungen (z.B. Keller, 2002):
Deutsche und euro-amerikanische Mütter
Vermehrte mütterliche Responsivität auf positive Emotionsäußerungen
-> Aktiver sozialer Austausch im Vordergrund
-> Begünstigungdes kindlichen Emotionsausdrucks
Afrikanische Mütter (Kamerun)
Vermehrte mütterliche Responsivität auf negative Emotions äußerungen
-> Trösten und Stressregulation im Vordergrund
-> Hemmung der kindlichen Emotionsäußerungen
Hemmung der kindlichen Emotionsäußerungen, nicht per se negativ zu beurteilen
Auswirkungen auf Entwicklung der Selbstkontrolle: Studie Lamm et al. (2018):
Interkultureller „Marshmallow-Test“ (nach Mischel) mit deutschen und kamerunischen Kindern im Vorschulalter (4-5Jahre) (Test-Variante: Jetzt gleich eine Süßigkeit oder 10 Min warten und dann zwei?)
30% der deutschen Kinder sind erfolgreich
70 % der kamerunischen Kinder sind erfolgreich
Ander Kulturelle Ideale –Kamerun: Wichtigkeit, sich in die Gemeinschaft einzufügen, sich ggfs. unterzuordnen, eigene Bedürfnisse auch zurückzustellen…
“Gelungene“ Emotionsregulation und Wohlbefinden
Das Konzept des IDEALEN AFFEKTS(Tsai et al. 2013)
Differenzierte Betrachtung des Zusamenhangs zwischen Emotions-Valenz und Emotions-Intensität (Arousal).
Nord-Amerika: Positive Emotion und hohes Arousal angestrebt
Ost-Asien: Positive Emotion bei niedrigerem Arousal angestrebt
Konzeption von Wohlbefinden und Glück orientiert sich am jeweiligen idealen Affekt.
Kulturelle Differenzen:
Bereits im Alter ab 3 Jahren erkennbar.
Zeigen sich in vielen kulturellen Produkten
(z.B. Kinderbücher, Facebook)
Zuletzt geändertvor 2 Jahren