Gegenstand der Klinischen Kinderpsychologie (4)
• Befasst sich mit den Ursachen, der Entwicklung und dem Verlauf psychischer
Störungen
• Besondere Bedeutung von frühen Risiko- und Schutzfaktoren
• Interdisziplinäre Ausrichtung
• Diagnostik: psychische Störungen, Entwicklungsabweichungen, psychosoziale
Belastungen
Interventionen (4)
Interventionen:
• Prävention, Therapie, Rehabilitation
• zur Vorbeugung, Minderung oder Heilung psychischer Beeinträchtigungen
und Störungen
• Basieren auf empirisch abgesicherten psychosozialen Entwicklungsmodellen
• Gut dokumentierte und empirisch abgesicherte Verfahren
ENTSTEHUNG UND ABGRENZUNG (3)
• in Abgrenzung zur Entwicklungspsychologie untersucht
sie die Entstehungsbedingungen und Auswirkungen von
Entwicklungsabweichungen
• Ableitung von entwicklungsorientierten Interventionen
• Die Klinische Kinderpsychologie entstand als Teildisziplin der
Psychologie an der Schnittstelle zwischen Klinischer Psychologie und
Entwicklungspsychologie
BESONDERHEITEN BEI KINDERN UND JUGENDLICHEN (6)
BESONDERHEITEN BEI KINDERN UND JUGENDLICHEN
• Verhalten von Kindern und Jugendlichen ist altersabhängig und kulturabhängig
• Sie sind in besonderer Weise in Familie und soziales Umfeld eingebunden
• Sind viele Jahre von erwachsenen Bezugspersonen abhängig
• Sie müssen altersspezifische Anforderungen und Aufgaben bewältigen
• Können durch psychische Beeinträchtigungen daran gehindert werden
• Belastungen erhöhen Anfälligkeit für Krisen
TYPISCHE FRAGESTELLUNGEN DER KKJP (8)
TYPISCHE FRAGESTELLUNGEN DER KKJP
• Identifikation von Frühindikatoren für psychische Störungen „frühe Vorläufer“
• Entwicklungs- und altersbedingte Vulnerabilitäten und Mechanismen, die zu
einer Entwicklungsabweichung führen
• Bedingungen für psychische Widerstandsfähigkeit, „Resilienz“ bei der
Bewältigung von Krisen
• Faktoren, die Belastung/Resilienz bestimmen und Moderation durch familiäre
Prozesse
• Merkmale psychisch robuster Kinder und Mechanismen, die sie gesund erhalten
– auch unter widrigen Bedingungen
• Einfluss von frühen Interaktionsmustern und Temperament auf sozial-
emotionale Entwicklung
• Beeinflussung der Entwicklungsprognose durch Wechsel des sozialen Milieus
• Erfassung von Ressourcen des Kindes/sozialen Umfeldes und Nutzung derer für
Planung und Durchführung von Interventionen
GRUNDLAGEN, NACHBARDISZIPLINEN, ANWENDUNG (2)
GRUNDLAGEN, NACHBARDISZIPLINEN, ANWENDUNG ()
KLASSIFIKATION PSYCHISCHER STÖRUNGEN IM KINDES- UND JUGENDALTER: KATEGORIALER VS DIMENSIONALER ANSATZ (2)
KLASSIFIKATION PSYCHISCHER STÖRUNGEN IM KINDES- UND JUGENDALTER
Kategoriale Klassifikation:
• Psychische Störungen als diskrete, klar voneinander abgrenzbare
Krankheits- bzw. Störungseinheiten (Klassifikationssysteme: ICD, DSM)
Dimensionale Klassifikation:
• Relativ stabile psychische Merkmale, die in ihrer Intensität kontinuierlich
variieren
• Lässt Auffälligkeiten auf mehreren Dimensionen zu
KLASSIFIKATION PSYCHISCHER STÖRUNGEN IM KINDES- UND JUGENDALTER: KATEGORIALER VS DIMENSIONALER ANSATZ: KATEGORIALE KLASSIFIKATION: ICD/DSM-Kategorien Psychischer Störungen im Kindes- und Jugendalter (3)
KLASSIFIKATION PSYCHISCHER STÖRUNGEN IM KINDES- UND JUGENDALTER: KATEGORIALER VS DIMENSIONALER ANSATZ: KATEGORIALE KLASSIFIKATION: ICD/DSM-Kategorien Psychischer Störungen im Kindes- und Jugendalter (2)
• ICD-10: Störungen, die typischerweise im Kindes- oder Jugendalter beginnen:
F8 (Entwicklungssstörungen) und F9 (Verhaltens- und emotionale Störungen mit Beginn in der Kindheit und Jugend)
• Prinzipiell sind alle Störungskategorien auf Kinder und Jugendliche übertragbar (z.B. Depression, Angststörungen, Essstörungen, etc.)
• —>im DSM teilweise ergänzende, spezifische Kriterien für Kinder und Jugendliche (z.B. bei Angst und Depressivität)
KLASSIFIKATION PSYCHISCHER STÖRUNGEN IM KINDES- UND JUGENDALTER: KATEGORIALER VS DIMENSIONALER ANSATZ: KATEGORIALE KLASSIFIKATION: ICD/DSM-Kategorien Psychischer Störungen im Kindes- und Jugendalter: ENTWICKLUNGSSTÖRUNGEN (ICD F8) (3)
Entwicklungsstörungen
• Beginn der Störung liegt ausnahmslos im Kleinkindalter oder in der Kindheit
• Einschränkung oder Verzögerung der Entwicklung von Funktionen, die eng mit der biologischen Reifung des ZNS verknüpft sind
• Weisen einen stetigen Verlauf auf - ohne Remissionen und Rezidive auf
KLASSIFIKATION PSYCHISCHER STÖRUNGEN IM KINDES- UND JUGENDALTER: KATEGORIALER VS DIMENSIONALER ANSATZ: KATEGORIALE KLASSIFIKATION: ICD/DSM-Kategorien Psychischer Störungen im Kindes- und Jugendalter: ENTWICKLUNGSSTÖRUNGEN (ICD F8): ÜBERSICHT ENTWICKLUNGSSTÖRUNGEN (4)
KLASSIFIKATION PSYCHISCHER STÖRUNGEN IM KINDES- UND JUGENDALTER: KATEGORIALER VS DIMENSIONALER ANSATZ: KATEGORIALE KLASSIFIKATION: ICD/DSM-Kategorien Psychischer Störungen im Kindes- und Jugendalter: ÜBERSICHT VERHALTENS- UND EMOTIONALE STÖRUNGEN MIT BEGINN IN KINDHEIT UND JUGEND (ICD F9) (5)
KLASSIFIKATION PSYCHISCHER STÖRUNGEN IM KINDES- UND JUGENDALTER: KATEGORIALER VS DIMENSIONALER ANSATZ: MULTIAXIALE KLASSIFIKATION (6)
Sowohl ICD als auch DSM ermöglichen eine multiaxiale Klassifikation
• Beurteilung auf 6 Achsen:
• 1 klinisch psychiatrisches Syndrom
• 2 umschriebene Entwicklungsstörung
• 3 Intelligenzniveau
• 4 körperliche Symptomatik
• 5 assoziierte aktuelle abnorme psychosoziale Umstände
• 6 Globalbeurteilung der psychosozialen Anpassung
KLASSIFIKATION PSYCHISCHER STÖRUNGEN IM KINDES- UND JUGENDALTER: KATEGORIALER VS DIMENSIONALER ANSATZ: DIMENSIONALE KLASSIFIKATION (3)
• Grundlage: empirisch gewonnene Dimensionen psychischer Störungen
(z.B. über Faktorenanalysen)
• Einflussreiches dimensionales Klassifikationssystem für psychische
Störungen im Kindes- und Jugendalter: „Achenbach System of Empirically
Based Assessment“ (ASEBA; Achenbach und Rescorla, 2000, 2001)
• Basierend auf Eltern-, Lehrer- und Selbsturteil
KLASSIFIKATION PSYCHISCHER STÖRUNGEN IM KINDES- UND JUGENDALTER: KATEGORIALER VS DIMENSIONALER ANSATZ: DIMENSIONALE KLASSIFIKATION: Dimensionen (3)
KLASSIFIKATION PSYCHISCHER STÖRUNGEN IM KINDES- UND JUGENDALTER: KATEGORIALER VS DIMENSIONALER ANSATZ: Fazit (3)
• Die dimensionale Struktur konnte im deutschen Sprachraum und in 30
Ländern mittels Faktorenanalysen weitgehend repliziert werden
• Kategorialer und dimensionaler Ansatz weisen jeweils vor und Nachteile auf
• deshalb langjährige Kontroverse
• Kombination beider Systeme könnte helfen, die jeweiligen Nachteile
auszugleichen
EPIDEMIOLOGIE PSYCHISCHER STÖRUNGEN IM KINDES- UND JUGENDALTER (2)
Verbreitung psychischer Störungen
im Kindesalter:
• Gesamtprävalenz psychischer Auffälligkeiten im Kindesalter:
12,3% (eingeschlossen 49 Studien), 22% (21 internationale Studien)
EPIDEMIOLOGIE PSYCHISCHER STÖRUNGEN IM KINDES- UND JUGENDALTER: EPIDEMIOLOGIE & PRÄVALENZ: Symptomatik vs. Funktionseinschränkung (2)
• bis zu 45% aller Kinder erfüllen bzgl. Symptomatik die Kriterien für eine
psychische Störung
• Allerdings: mit erheblicher Funktionseinschränkung sind es im Median nur
noch 12% (3-18%)
• MECA-Studie:
• repräsentative Stichprobe, N=1.269, Alter 9-17 Jahre
• Gesamtprävalenz: 50.6% —> nach Berücksichtigung des Funktionsniveaus: 12,8-24,7%
EPIDEMIOLOGIE PSYCHISCHER STÖRUNGEN IM KINDES- UND JUGENDALTER: EPIDEMIOLOGIE & PRÄVALENZ: EINZELNE STUDIENERGEBNISSE ZUR PRÄVALENZ (2)
• 17,2 % (Barkmann & Schulte-Markwort (2004)) —>29 Studien aus
Deutschland
• 18% (Ihle & Esser, 2002)
• 12,3% (Verhulst, 1995) —>erfasst über dimensionalen Ansatz
• 13-28% bei 4 bis 10-jährigen (Döpfner et al., 1997, 1998; Lehmkuhl et al.,
1998) —>repräsentative Stichprobe, N=3.000 Kinder/Jugendliche zwischen 4
und 18 Jahren
• Kulturvergleichende Analysen: kulturelle Variation, aber bzgl hochbelasteten
Kindern vergleichbar
GESCHLECHTSUNTERSCHIEDE BEI PSYCHISCHEN STÖRUNGEN DES KINDES- UND JUGENDALTERS (2)
• Geschlechtsunterschiede in der Auftretenshäufigkeit psychischer
Störungen – z.T. in Abhängigkeit vom Alter
• Sind bei Kindern (bis ca. 13 Jahre) mehr Jungen oder mehr Mädchen
betroffen?
• Durchgehend höhere Gesamtprävalenzen bei Jungen bis zum Alter von 13
Jahren
• Adoleszenz: Angleichung der Raten
• Im späteren Jugendalter: höhere Gesamtraten bei Mädchen
GESCHLECHTSUNTERSCHIEDE BEI PSYCHISCHEN STÖRUNGEN DES KINDES- UND JUGENDALTERS: Höhere Raten nach Geschlecht (2)
Jungen:
• Höhere Raten von
• ADHS
• Dissozialen Störungen
• Substanzmissbrauch
• Tics
• Enkopresis
Mädchen:
Essstörungen
Psychosomatischen Störungen
GESCHLECHTSUNTERSCHIEDE BEI PSYCHISCHEN STÖRUNGEN DES KINDES- UND JUGENDALTERS: Erklärungsansätze: Biologischer Ansatz (3)
1.) Biologische und Entwicklungsfaktoren?
• Hormonelle Veränderungen in der Adoleszenz —>Depression bei Mädchen?
• Testosteron —>aggressiveres Verhalten?
• Anteil von Jungen höher bei aggressiven Störungen und Entwicklungsstörungen —>evt. weil sie kognitive und physische Entwicklung und Reifung langsamer durchlaufen als Mädchen?
Anmerkung: Evtl. wegen greater male variability?
GESCHLECHTSUNTERSCHIEDE BEI PSYCHISCHEN STÖRUNGEN DES KINDES- UND JUGENDALTERS: Erklärungsansätze: Psychosoziale Faktoren? (3)
2.) Psychosoziale Faktoren?
• Unterschiedliche Sozialisationserfahrungen und Erziehungspraktiken bei
Jungen und Mädchen —>körperliche Aggressionen bei Jungen eher toleriert
• Gesellschaftliche Werthaltungen / z.B. Schlanksein —>Überwiegen von
Essstörungen bei Mädchen
Anmerkung: Evolutionary Mismatch von Ausgesetztsein einer MAsse “perfekter” und pewrfektionierter Körper und Menschen?
GESCHLECHTSUNTERSCHIEDE BEI PSYCHISCHEN STÖRUNGEN DES KINDES- UND JUGENDALTERS: Erklärungsansätze: Artefakte in der Erfassung? (3)
3.) Artefakte in der Erfassung?
• evt. sprechen Mädchen offener über Gefühle und Ängste —>unterschiedliches
Antwortverhalten (Ängste, Depressionen?)
• Geschlechtsspezifische Ausdrucksweisen einzelner Störungsbilder werden in
den Klassifikationssystemen nicht erfasst (z.B. Störungen des Sozialverhaltens
—>erfasst durch aggressive Verhaltensweisen —>eher „typisch“ für Jungen (weibliche Aggression werden nicht/weniger erfasst)
• Nicht ausreichende Berücksichtigung von Mädchen z.B. in Studien zu aggressivem Verhalten
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