ACT-R-Theorie (Adaptive Control of Thought)
Anderson & Funke 2013
Einspeichermodell
-anstelle Sensorischer Speicher: unterschiedliche Enkodierungs- und Verarbeitungsprozesse auf initialer Ebene
-anstelle AG: kurzzeitige Speicher- und Verarbeitungsprozesse als aktiver Teil des LZG
Automatische Prozesse bei Kodierung, Speicherung und Verarbeitung
Unterschied zwischen aktivierter und nicht-aktivierter Information im LZG: aktivierte Information direkt verfügbar, nicht-aktivierte muss im Gedächtnis erst aktiviert werden
Aktivierungsprozesse können sowohl beim Einprägen als auch beim Erinnern automatisch kontrolliert ablaufen
Prozedurales Wissen: wenn-dann-Regeln (Produktionsregeln)
-> Handlungsinitiierung
Auswahl konkurrierender Prozeduren:
Spezifität
Grad der Passung
Zieldominanz
Datengebundenheit
Stärke der Prozedur
Zusätzliche Vorgänge bei der Wissensoptimierung
Generalisation
Diskrimination
Verstärkung
Fähigkeitserwerb und Lernen in 3 Stufen (ACT-R-Theorie)
Anderson 1983
1) Deklarative Stufe:
aufwändiger Erwerb deklarativen Wissens
2) Stufe der Kompilation:
DW wird in leistungsstarkes prozedurales Wissen umgewandelt
3) Stufe des Tunings:
PW wird fein abgestimmt durch Stärkung erfolgreicher und Tilgung erfolgloser Regeln
Prozessmodell der Verarbeitungstiefe
Craik & Lockhart 1972 -> Einspeichermodell
Gedächtnisleistungen spielen sich in einem einheitlichen Gedächtnis ab und sind Ergebnis verschiedener Grade (Tiefen) der Informationsverarbeitung
-> Art der Informationsverarbeitung und Bedeutungsgehalt entscheiden, ob und wann wie lange Infos im Gedächtnis verfügbar sind
Kritik
Theorie erlaubt keine Vorhersage, inwiefern unterschiedliche Lern- oder Gedächtnisanforderungen zu unterschiedlicher Verarbeitungstiefe führen
keine eindeutigen Aussagen, welchen Unterschied es hinsichtlich der Verarbeitungstiefe macht, ob Wort akustisch oder visuell dargeboten wird
Alternative Arbeitsgedächtnisansätze
Cowan 2001
Bedeutung von Aufmerksamkeitsprozessen für Speicherung und Abruf von Informationen
-> AG als ein aktivierter und eingebundener Teil des LZG
Aktivierung bedeutet, dass Information im Gedächtnissystem ein erhöhtes Erregungsniveau besitzt
Aufmerksamkeitsfokus auf entsprechend aktivierte Information -> kann besser verarbeitet und gespeichert werden
neu eingehende Information kann mit Aktivierung von langzeitig abgelegten Gedächtnisinhalten einhergehen
Unterschied zwischen KZ- und AG: neben Aktivierung & Aufrechterhaltung von langfristig abgelegten Gedächtnisspuren, verfügt AG über kontrollierte Aufmerksamkeitsfunktion
Case 1985
Entwicklungsbedingte Veränderungen der Speicherkapazität des AG (totale Kapazität) und 2 Grundfunktionen werden erklärt
Verarbeitungsspeicher (operating space): für strategische Prozesse zuständig (wird im Laufe der Entw. größer)
Kurzzeitspeicher (storage space): reine Speicherfunktion (Größe bleibt immer gleich)
Trotz gleichbleibender Größe der Speicherfunktionen, kann entwicklungsbedingter Kapazitätszuwachs (es kann mehr Information mit zunehmender Entwicklung gespeichert werden) erklärt werden -> nimmt Veränderungen im Bereich der beiden Grundfunktionen an
mit zunehmernder Entwicklung steigt Verarbeitungsgeschwindigkeit und Effizienz innerhalb der Nutzung strategischer Prozesse im Verarbeitungsspeicher
-> es wird weniger Verarbeitungsspeicher für kognitive Prozesse benötigt -> mehr Platz für Kurzzeitspeicher
Vergessenskurve nach Ebbinghaus
Ebbinghaus 1885
-> Episodisches Gedächtnis im LZG
Ausmaß des Vergessens ist am Anfang sehr hoch und nimmt dann mit der Zeit ab
Lernzieltaxonomie
Bloom 1956
lange Zeit prominentes Modell
Ziel: Entscheidungsgrundlage für Lernen, Lehren und Diagnostik
Wissen, Verstehen, Anwendung, Analyse, Synthese, Bewertung/Evaluation
—> Wir verstehen Anwendung aller Stufen Blooms
Taxonomie der Wissensformen
DeJong & Ferguson-Hessler 1996
-> stärker auf den aktuellen Stand der Forschung bezogen
-> unterscheidet Wissensarten und -merkmale
-> Wissensarten können durch unterschiedliche und größtenteils unabhängige Wissensmerkmale charakterisiert werden
Wissensarten
Situationales Wissen: Wissen über Anforderungen und Merkmale von Problemen in bestimmten Domänen
Konzeptuelles Wissen: semantisches Wissen über Fakten, Begriffe und Prinzipien
Prozedurales Wissen: Wissen über Handlungen, die bei einer bestimmten Anforderung zum Erfolg führen
Strategisches bzw. metakognitives Wissen: Wissen über Gestaltung und Regulation des eigenen Lern- und Problemlöseverhalten und über situationsgreifende Handlungspläne
Wissensmerkmale
Verarbeitungstiefe: Elaboriertheitsgrad und Bedeutungsmerkmale von Wissen
Struktur: isolierte Wissenseinheiten oder gut organisiertes Netzwerk miteinander verbundender Wissenskomponenten
Automatisierungsgrad: Grad an notwendiger, intentionaler, angestrengter Informationsverarbeitung; Variiert zw. delarierbarem explizitem Wissen und einer oft nur noch subbewusst wahrgenommenen Ausprägung eines hochgradig prozeduralisierten (impliziten) Wissens
Modalität: Art der mentalen Repräsentation —> bildlich-analog (Erinnerung an eigene oder fremde Handlungssequenz) oder propositional-analytisch (abstaktes konzeptuelles Wissen)
Allgemeinheitsgrad: Wissen ist übergreifend oder domänen/ bereichsspezifisch
VAMSA
Propositionale Repräsentation
Grundlegende Bedeutungseinheit, aus denen sich Wissen strukturiert zusammensetzt
Propositionen stellen Beziehungen (Assoziationen) zwischen Begriffen her
Besteht aus mindestens 1 Argument (Begriff) und 1 Relation (Verb oder Adjektiv)
Wörter/Sätze (vermitteln Konzepte) ist nicht Proposition
(repräsentiert Konzepte)
Propositionale Netzwerke
Propositionen lassen sich auf unterschiedliche Weise darstellen
Lineare Darstellung
(Heft, Kilian, kaufen)
(neu, Heft)
Grafisch-propositionale Netzwerkdarstellung
Semantische Netzwerke
Schemata
Enthält kategoriale Informationen über spezifische, häufig auftretende Situationen in abstrahierter Weise
Beispiel: Auto —> Räder, Treibstoff, Lenkrad, Schaltung etc.
Enthält Wissen, dass in Form von Leerstellen oder Slots organisiert ist
Ermöglichen Vorhersagen über Ausprägung von Attributen eines Gegenstandes vorzunehmen (auch wenn Information aktuell nicht verfügbar ist)
+ Informationen zu einem aktuellen Geschehen können aus entsprechendem Schema ergänzt werden
Beispiel:
Sarah hörte das Eisauto kommen
Schemata ermöglichen es, fehlende Infos auf Basis der vorhandenen Info zu ergänzen und adäquat in den Kontext zu rücken
Auch Potenzial bei der Anwendung von Problemlöseprozessen —> Abstraktion eines erfolgreich bewältigten Problemlöseprozesses (z.B. Lösung eines Dreisatzes) lässt sich bei ähnlichen Problemstellungen erneut anwenden —> Spezifika einer aktuellen Problemstellung werden mit Standardwerten des Schemas verglichen und dann eingesetzt: z.B. werden Slots der abstrakten Variable im Dreisatz mit konkreten Zahlen der aktuellen Problemstellung ausgefüllt
Vor- und Nachteile Schemata
Vorteile:
Schemata ersparen es dem Lernenden, für jeden neuen Reiz einen Speicherplatz zur Verfügung zu stellen
Unterstützung von Gedächtnisleistung
Schemata strukturieren unübersichtliche Mengen an Informationen
Schemata erhalten “freie Plätze”, sodass wichtige Informationen einfach hinzugefügt werden können (z.B. Schema “Büro” kann man “dienstlich” und “häuslich” hinzufügen)
Viele Ereignisse lassen sich verlässlich vorhersagen
Nachteile:
Beobachtungen/Nacherzählungen können aufgrund von Schemata verfälscht werden (meist werden nur schema-konforme Reize wahrgenommen)
Skripts
Neben Schemata über Personen, Objekte und visuelle räumliche Repräsentationen, existieren auch Modellannahmen darüber, wie Infos zum typischen Ablauf von Handlungen und Ereignissen in Schemata oder sog. Skripts repräsentiert werden können
Jeder Mensch hat solche prototypischen Ereignisfolgen als verallgemeinerbare Handlungsschemata individuell repräsentiert
Durch Skripts werden fehlende Infos ergänzt und Erwartungen über nächste Teilhandlung abgeleitet (über Skripts Info, was in einer Situation zu erwarten/tun/ unterlassen ist)
Neuartige Handlungsabläufe sollen auf Basis ähnlicher Handlungsabläufe leichter internalisiert werden
Für Textverstehen relevant, da fehlende Infos ergänzt werden können; Gefahr, dass durch Ergänzung Infos abgeleitet werden, die so in Text/Handlung nicht vorhanden waren
Relativ übereinstimmende Skripts für Angehörige einer Nation bzgl. Restaurantbesuch (Bower et al. 1979)
Mentale Modelle
Werden wie Schemata, Skripts oder Frames erfahrungsbasiert generiert
Stellen Modellvorstellungen über das dynamische Zusammenwirken von Zuständen, Bedingungen für diese Zustände und Funktionen in komplexen Systemen dar (z.B. naive physikalische Konzepte; Modellvorstellungen über Dynamik in Gruppen; implizite psychologische Annahmen zur menschlichen Intelligenz oder Funktionieren komplexer technischer Geräte)
Führen zu analogen und realitätsnahen Repräsentationen, die im AG verarbeitet und im deklarativem LZG abgelegt werden (Johnson-Laird 1983)
Sind weniger komplex, als zugrundeliegende Wirklichkeit
-> Johnson-Laird führt dies auf begrenzte AG-Ressourcen zurück
Werden zur Ableitung von Schlussfolgerungen und Vorhersagen hinzugezogen
Trifft mentales Modell nicht zu, kann es verworfen oder durch alternatives Gegenmodell ersetzt werden oder entsprechend der in Wirklichkeit vorgefundenen Gegenevidenz modifiziert werden
Unterscheidung nach Lockl und Schneider (2007)
Deklaratives metakognitives Wissen zu
Strategievariablen: Wissen über Enkodierungs- und Abrufstrategien (z.B. Kenntnis, warum es sich um eine Elaborationsstrategie handelt und in welchem Zusammenhang diese lernförderlich eingesetzt werden kann)
Aufgabenvariablen: Informationen, die eine Lernforderung erschweren/vereinfachen (z.B. Länge der Vokabelliste)
Personenvariablen: Charakteristika der eigenen oder anderen Personen; Vorstellung über Stärken/ Schwächen in Bezug auf eigene Kognition (z.B. dass man sich bildhafte Infos nur schwer merken kann, aber ein gutes Gedächtnis für Zahlen hat)
Prozedurales metakognitives Wissen wird als relativ unabhänig vom deklarativen metakognitiven Wissen angesehen: Fähigkeit zur Überwachung (Monitoring), Regulation, Kontrolle kognitiver Tätigkeiten; Wissen, wie man kognitive Vorgänge steuert
Vor allem Überwachung und Kontrolle im Fokus der Forschung
Erinnern
Unterscheidung zwischen Wiedererinnern (Recall) und Wiedererkennen (Rekognition) von Informationen
Recall: keine Hinweisreize außer entsprechende Frage: zwei Prozessphasen müssen durchlaufen werden —> Generierungs- und Rekognizierungsphase (Schokomarken nennen)
Rekognition: Informationen müssen aus einer Auswahl wiedererkannt werden: nur eine Prozessphase —> einfachere Rekognitionsphase = leichter (Schokomarken anhand von Bildern erkennen)
Enkodierspezifität nach Tulving und Thomson (1973)
—> zum Verständnis des Unterschieds zwischen Recall und Rekognition
Gelingen eines Abrufs hängt vom Ausmaß der Ähnlichkeit von Enkodier- und Abrufsituation ab, da neben der Enkodierung des zu lernenden Inhalts auch weitere Informationen gespeichert werden = zusätzliche Hinweisreize beim Abruf der Zielreize
Wichtig: welche zusätzlichen Infos, in welchem Umfang, Zusammenhang mit der zu merkenden Information, aufgewandte Aufmerksamkeitsressourcen, situative Aspekte, innere Befindlichkeit
Je mehr zusätzliche relevante Hinweisreize, desto besser der spätere Abruf des Zielreizes
Hinweisreize sollten zum Zielreiz passen: z.B. Klang der Stimme der LK beim Vorlesen neuer Vokabeln
Vergessen
Abruf gelingt nur teilweise oder gar nicht; Informationen sind aktuell nicht verfügbar
LZG hat zwar unbegrenzte Speicherkapazität, Fähigkeit zum Abruf scheint aber begrenzt - wenn nicht, würden wir in Erinnerungen untergehen
Durch oftmaligen Abruf bestimmter Informationen wird deren Verfügbarkeit erhöht; seltener benutzte Info ist aber nicht für immer verloren, sondern kann bei Bedarf reaktiviert werden
Positionseffekte (Murdoch 1962)
VP sollen seriell präsentierte Infos (z.B. Wortliste) in der gleichen Reihenfolge wiedergeben; zuerst (Primacy) und zuletzt (Recency) dargebotene Items werden besser behalten als Item in der Mitte
Primacy-Effekt: Speicherung im LZG verantwortlich; für Items des Listenanfangs kann mehr Rehearsal stattfinden, d.h. Wahrscheinlichkeit der Übertragung ins LZG hoch
Recency-Effekt: Speicherung im KZG verantwortlich; Items am Listenende werden nicht in LZG transferiert, sind aber noch im KZG präsent
Vergessen durch Interferenz (=Störung)
Interferenz kann beim Abruf von unterschiedlichen Inhalten im LZG auftreten, das Gedächtnisspuren sich überlappen; Überlappung tritt eher dann auf, wenn es sich um ähnliche Inhalte handelt
Proaktive Interferenz: Störung aktuell zu lernender/abzurufender Inhalte durch früher gelernte Inhalte
Retroaktive Interferenz: Störung früherer Inhalte durch später gelernte Inhalte
Zuletzt geändertvor 2 Jahren