Materiellrechtlicher Ausblick
§ 1 Abs. 1 Satz 1 SGB I. „Das Recht des Sozialgesetzbuchs soll zur Verwirklichung sozialer Gerechtigkeit und sozialer Sicherheit Sozialleistungen einschließlich sozialer und erzieherischer Hilfen gestalten.“
= Zweck des Sozialrechts!
Einzelne Sozialleistungen: §§ 18 ff SGB I (= wichtigste Teilrechtsgebiete des Sozialrechts)
SGB I (Allgemeiner Teil), IV (AT der Sozialversicherungen), X (Verwaltungsverfahren)
SGB II (Grundsicherung für Arbeitssuchende), III (Arbeitsförderung), V (Krankenversicherung) – IX (Rehabilitationsrecht), XI (Pflegeversicherung), XII (Sozialhilfe), § 68 SGB I
SGB VIII = Kinder und Jugendhilfe: Für uns nicht wichtig: Ist vor den Verwaltungsgerichten!
Kleinere Nebengesetze wie Elterngeld oderso kommen auch vor die Sozialgerichte
Schnittstelle zur VwGO
Verfahren der Sozialgerichtsbarkeit entspricht weitgehend dem der allgemeinen Verwaltungsgerichtsbarkeit
SGG (3. September 1953) ist vor der VwGO (21. Januar 1960) erlassen worden
SGG hat manche prozessuale Eigenheit
Früher: einstweiliger Rechtsschutz stärker wie ZPO
durch Gesetzesänderungen heute nicht mehr so
aber immer noch: §202 S.1 SGG, ZPO ergänzend anwendbar
Auch im verwaltungsgerichtlichen Verfahren so §173 S.1 VwGO
VwGO § 40 IVwGO (1) Der Verwaltungsrechtsweg ist in allen öffentlich-rechtlichen Streitigkeiten nichtverfassungsrechtlicher Art gegeben, soweit die Streitigkeiten nicht durch Bundesgesetz einem anderen Gericht ausdrücklich zugewiesen sind. ....
Sozialrecht = Öffentliches Recht vor besonderem Gericht: Sozialgericht!
Wichtigste Vorschrift: §51 I Nr.1-10 SGG
= öffentlich-rechtliche Streitigkeiten, die vor die Sozialgerichte kommen
=Abdrängende Sonderzuweisung
Wohngeld (WoGG) / BAföG / SGB VIII: Kinder- und Jugendhilfe sind mangels kodifizierter Sonderzuweisung noch vor dem Verwaltungsgericht §40 I VwGO
Gibt immer wieder Vorschläge das große Sozialgericht zu bilden, das das gesamte materielle Sozialrecht abdeckt; wer weiß, wann das kommt
Wenn neuer Bescheid während des Klageverfahrens ergeht, kann dieser automatisch Gegenstand des anhängigen Verfahrens werden §96 I SGG
Klarstellung, dass Einbeziehung neuer Verwaltungsakte im Prozess ausschließlich dann möglich ist, wenn diese ursprünglichen Verwaltungsakt ersetzen / abändern
es soll Rechtsprechung des BSG ein Riegel vorgeschoben werden (hat Norm in bestimmten Situationen analog angewendet)
jetzt kann von der erforderlichen planwidrigen Regelungslücke nicht mehr ausgegangen werden
§96 I SGG wird damit auf seinen ursprünglichen Regelungsgehalt zurückgeführt
Einbeziehung des neuen Verwaltungsaktes in das Verfahren bedarf keiner Prozesshandlung der Beteiligten
Kläger ist hinsichtlich des neuen Verwaltungsaktes überdies vom Erfordernis eines Vorverfahrens befreit
Ablauf mündliche Verhandlung
Eröffnung der mündlichen Verhandlung; Aufruf der Sache (§112 I 1, 2 Halbs. 1 SGG)
Darstellung des Sachverhalts (§112 I 2 Halbs. 2 SGG)
Erörterung (§112 II SGG)
Anträge (§112 II 2 Halbs. 2, III SGG)
Fragen ehrenamtlicher Richter (§112 IV SGG)
ggf. Beweisaufnahme (§§117, 118 SGG)
Schließung der mündlichen Verhandlung (§121 SGG)
Urteilsverkündung (§132 SGG)
Das sozialgerichtliche Verfahren kann durch Urteil §§125, 131 SGG oder durch Gerichtsbescheid §105 SGG beendet werden
Ende ohne gerichtliche Entscheidung:
§102 SGG Klagerücknahme, erledigt Rechtsstreit ex nunc
§101 II SGG Annahme eines Anerkenntnisses
§101 I SGG gerichtlicher Vergleich ist möglich
Öffentlich-rechtliches oder Privatrechtliches Hausrecht
Problematisch: Hausrecht gibt es auch im Zivilrecht
Normalerweise ist es ein Ausfluss der bürgerlich-rechtlichen Eigentums §§903, 1004 BGB, bzw. des Besitzes (Mieter) §§959 ff. BGB
Auch Jobcenter hat dieses Recht (Aus Eigentümer- oder Besitzerposition)
Es gibt dieses Hausrecht jedoch auch im Öffentlichen Recht
Ist Ausfluss der öffentlich-rechtlichen Ordnungsgewalt der Behörde
Jede Behörde kann ihren Dienstbetrieb selbst organisieren = Entscheiden wer wo sitzt in welchem Büro und wer was zu tun hat = ungeschriebenes Recht, das untrennbar mit den gesetzlich zugewiesenen Aufgaben verbunden ist
Dazu gehört auch die Regelung der Sprechzeiten, wer wann da sein darf und ob bestimmte Personen das Recht haben die Behörde aufzusuchen oder eben nicht
Den Unterschied feststellen:
Es entscheidet sich danach ob das Hausrecht hier im Rahmen eines Verwaltungsverfahrens verteilt wird im Zusammenhang mit einer Verwaltungstätigkeit der Behörde = öffentlich-rechtlich (Jemand der sich unangemessen verhält während er einen Termin wahrnimmt, der zur Aufgabe der Behörde gehört)
Unabhängig von der Behörde; mit ihr selbst nichts zu tun = Zivilrechtlich (z.B. Obdachloser, der sich nachts reinschleicht um dort zu übernachten)
Hier ganz klar: K ist ein Leistungsempfänger/Antragsteller; kein x-beliebiger
Hausrecht ist öffentlich-rechtlich
Hausverbote - Vor welches Gericht?
Sozialrechtsweg eröffnet §51 I Nr.4a SGG?
Bundessozialgericht: Grundsätzlich sind solche Hausverbote Ausfluss der allgemeinen Organisationsgewalt jeder Behörde und damit nicht abhängig davon was für eine Verwaltungstätigkeit durchgeführt wird à Vor normale Verwaltungsgerichte!
Bundesverwaltungsgericht: Nein, es gehört vor die Sozialgerichte! Weil im Bereich des SGB II ist eine ganz besondere Nähebeziehung zwischen Behörde (dem Jobcenter) und dem Leistungsempfänger vorgesehen und auch gesetzlich so vorgeschrieben; diese Nähebeziehung geht über das hinaus was ein normaler Antragsteller, der eine Sozialleistung haben möchte zu seiner Behörde für ein Anrechtsverhältnis hat; siehe §14 III SGB II: Persönlicher Ansprechpartner (ist mit Hartz 4 Reformen eingeführt worden, man wollte sich lösen von dem allgemeinen unpersönlichen Verhältnis und hinkommen zu einer engen Führung des Hilfebedürftigen zurück ins Arbeitsleben)
Durch dieses enge Verhältnis sind Hausverbote nur in ganz besonderen Konstellationen zu erteilen; wäre sonst ja ein gewisser Widerspruch zu der Vorlage im Gesetz, da man ja eben nicht auf Distanz, sondern ganz eng mit den Leuten umgehen soll à Es muss eine sozialrechtliche Abwägung stattfinden, das geht nur vor den Sozialgerichten
Erstgenannte Ansicht sagt, dies sei trotzdem keine wesentlicher Abweichung vom Allgemeinen, und man kann im Wege der Verhältnismäßigkeitsüberprüfung des Hausverbots diese Ziele des Gesetzgebers und die Besondere Nähebeziehung mit einbeziehen; es ist nicht unbedingt notwendig!
(wenn Agentur für Arbeit geschrieben ist, auch Jobcenter gemeint: im Bereich des SGB II gibt sogenannte gemeinsame Einrichtungen, wo die Agentur für Arbeit (Bundesbehörde) in Zusammenhang mit dem lokalen Sozialhilfeträger (Landkreis/Stadt) das Jobcenter als gemeinsame Einrichtung bilden)
Die Verletztenrente - allgemeines
Verletztenrenten werden bezahlt, wenn Folgen von Arbeitsunfällen oder Berufskrankheiten verblieben sind und die eine gewisse Relevanz haben
Wird in einem System gemessen: Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE)
Je nachdem wie Umfangreich die Schäden sind, gibt es einen höheren oder einen geringeren Grad; ist in Prozenten gestaffelt von 0-100% und ab 20% gibt es eine Rente
Gibt auch Sonderkonstellationen wo man auch schon mit nur 10% eine Rente kriegen kann
Kann die Verletztenrente der Berufsgenossenschaft angerechnet werden auf die Altersrente?
K hat geklagt und verloren, hat jetzt in der 2. Instanz einen Amtshaftungsanspruch geltend gemacht —> Ist hierbei aber noch die Zuständigkeit des Landessozialgerichts gegeben?
Amtshaftungsanspruch aus Staatshaftungsrecht, geregelt in Art. 34 GG, §839 BGB
Wenn eine hoheitliche Tätigkeit ausgeführt wird von einem Beamten im haftungsrechtlichen Sinne, der mit Verschulden gehandelt hat und es dadurch zu einem Schaden gekommen ist, dann haftet der Staat dafür
Besonderheit beim Amtshaftungsanspruch ist die Zuweisung an die ordentliche Gerichtsbarkeit Art. 34 S. 3 GG; §40 II S.1 VwGO; §17 II S.2 GVG
Historischer Gesetzgeber hat damals den Verwaltungsgerichten nicht zugetraut, dass sie darüber entscheiden können
Innerhalb der Zivilgerichtsbarkeit ist das Landgericht zuständig
Hier: In der zweiten Instanz geltend gemacht
Normalerweise ist es so, dass die zweite Instanz an eine angenommene Zuständigkeit der ersten Instanz gebunden ist
Gesetzgeber will verhindern, dass wenn schon in der ersten Instanz lange über Zuständigkeit entschieden wurde, die zweite Instanz es dann doch ablehnt und an ein anderes Gericht verweist
Man möchte dann bei einem Rechtszug bleiben um damit dem Kläger auch keine zu großen Nachteile zu geben §17a V GVG
Hier: Landessozialgericht sagt: Der Amtshaftungsanspruch ist ja im ersten Verfahren noch gar nicht geltend gemacht worden, deshalb konnte die erste Instanz noch nicht über die Zuständigkeit entscheiden, deshalb muss die zweite Instanz entscheiden
Amtshaftungsansprüche sind zwingend durch die verfassungsrechtlichen Vorgaben die ordentliche Gerichtsbarkeit
Landessozialgericht müsste hier also den Sachverhalt an die ordentliche Gerichtsbarkeit verweisen
Die Klageänderung
§99 SGG nur dann zulässig, wenn die übrigen Beteiligten einwilligen oder das Gericht die Änderung für sachdienlich hält = identisch mit Parallelvorschrift in der §91 VwGO
Immer Klageantrag = Begehren (hier: höhere Altersrente) und Klagegrund = Sachverhalt, der sich dahinter verbirgt (hier: Problem, die Verletztenrente soll nicht angerechnet werden) unterscheiden
Wenn eines davon sich ändert, haben wir eine Klagenänderung
Hier: anderer Klagegrund
Einwilligung der Beteiligten §99 II SGG
Auch identisch mit der VwGO
Liegt vor, wenn darüber verhandelt wird oder Schriftsätze ausgetauscht werden oder wenn sich die andere Seite einfach auf die Klageänderung einlässt und dem ganzen nicht widerspricht
§99 III SGG ist eine Besonderheit des Sozialgerichts
Besondere Fälle, die automatisch Akzeptiert werden und keine Klageänderung darstellen
Erneut: Sozialgerichtsbarkeit möchte besonders Klägerfreundlich sein
Je großzügiger das Gericht gegenüber Änderungen ist, desto freundlicher ist dies gegenüber dem Kläger
Hier eventuell: §99 III Nr. 2 SGG, also Erweiterung des Klageantrags in der Hauptsache
Gericht hat es hier nicht so gesehen
Amtshaftung ist etwas ganz besonders Ausgestaltetes; ist also nicht nur eine Erweiterung des ursprünglichen Anspruchs, sondern ist ein ganz anderer
Ist hier die Klageänderung sachdienlich?
Landessozialgericht sagt: Nein! Wir müssten es ja an die ordentlichen Gerichte verweisen, also könnte hier nicht von uns entschieden werden
Es ist nicht sachdienlich; Klageänderung ist unzulässig
Es ist sinnvoll den ursprünglichen Prozess zu Ende zu bringen und die Amtshaftung kann man getrennt davon behandeln vor dem Landgericht
Das löst auch das 2. Instanz-Problem (die 2. Instanz kann nur an die 2. Instanz der ordentlichen Gerichte verweisen und das würde nicht passen)
n der Sache selber hatte die Klage auch keinen Erfolg; der Kläger hatte sich darauf berufen, dass eine Probeberechnung übermittelt worden ist und er daraus hier Ansprüche geltend machen kann
Gericht hat darauf hingewiesen, dass diese Probeberechnung nicht verbindlich war, ist auch ausdrücklich so bezeichnet worden; ist also keine Zusicherung
Aus dieser Probeberechnung heraus kann kein Anspruch auf eine höhere Altersrente geltend gemacht werden
Sanktionen bei Nicht-Mithilfe
- SGB II Grundsicherung für Arbeitssuchende = Hartz 4
- §31 I S.1 Nr. 2 SGB II „sich weigern eine Arbeit aufzunehmen / verhindern“ Das gilt nicht, wenn sie einen triftigen Grund vorlegen
- Wenn man gegen die Pflichten verstößt, bekommt man eine Sanktion §31a SGB II
o Beim ersten mal 30% verkürzen
o 2. Und 3. Stufe mit 60% und 100% wurden als verfassungswidrig erklärt
- Nachdem der Sanktionsbescheid zurückgenommen wurde, kann die Klage geändert werden in eine Fortsetzungsfeststellungsklage §131 I S. 3 SGG
o Klageänderung §99 III Nr.2 SGG
§ „Ich will nicht die Aufhebung des Bescheids, sondern die Feststellung, dass er rechtswidrig war“
§ War von Anfang an Teil der Klage
§ Wird nicht wie eine Klageänderung gehandhabt
- Fortsetzungsfeststellungsinteresse
o Fallgruppen:
§ Wiederholungsgefahr
§ Rehabilitationsinteresse
§ Präjudizität für einen späteren Amtshaftungsprozess
§ Tiefgreifender Grundrechtseingriff
- Ziel (Feststellung der Rechtswidrigkeit) muss überhaupt erreichbar sein
o Wenn Rechtswidrigkeit bereits festgestellt ist, dann fehlt das Ziel
o Mit der Aufhebung des Bescheides hat die Behörde bereits festgestellt, dass der Bescheid rechtswidrig war
o Gericht würde nichts anderes feststellen, sagt nur erneut, was der Kläger bereits erreicht hat
o Es gibt kein Rechtsschutzbedürfnis mehr
- Kläger ist vielleicht wegen der Gründe interessiert
o Warum ist es rechtswidrig?
o Reicht aus, wenn in den Akten aufgeführt ist, dass man die Aufhebung des Bescheids auf Hinweis des Gerichts gemacht hat
Keine Genehmigung des besonderen Vertreters
Situation ist nicht ganz so selten
Prozessfähigkeit ist geregelt in §§71 SGG
Beteiligter ist prozessfähig, soweit er sich durch Verträge verpflichten kann §104 Nr. 2 BGB
Möglichkeit einen staatlichen Betreuer anzuordnen
Scheitert oft (auch in der Praxis) wenn sie nicht zusammenwirken
Lückenfüller: §72 SGG
„Für einen nicht prozessfähigen Beteiligten ohne gesetzlichen Vertreter, kann der Vorsitzende bis zum Eintritt eines Vormundes/Betreuers einen besonderen Vertreter bestimmen, dem alle Rechte außer dem Empfang von Zahlungen zustehen“
Besondere Vertreter wird für das Verfahren bestellt (Oft Sozialarbeiter oder Rechtsanwalt
Genehmigung geben ist wie im Zivilrecht
Hier im Sozialrecht aber Besonderheit: Bei nicht gegebener Genehmigung ist diese Entscheidung zu überprüfen
Argumentation des Bundessozialgerichts geht über 2 Stränge
1: Vorschrift analog heranziehen, stellt parallele Konstellation im sozialrechtlichen Verwaltungsverfahren (SGB X = Gegenstück zum Verwaltungsverfahrensgesetz) dar;
§11 SGB X; §15 SGB X = parallel zum besonderen Vertreter
Aber: Hier sehr viel ausführlicher geregelt
§15 IV SGB X verweist auf die Vorschriften über die Betreuung im BGB §1901 BGB
§1901 II BGB Der Betreuer hat die Angelegenheit so zu besorgen wie es dem Wohl des Betreuten entspricht
§1901 III BGB Der Betreuer hat den Wünschen des Betreuten zu entsprechen, wenn diese nicht dessen Wohl zuwiderlaufen würden und es dem Betreuer zuzumuten ist
2: UN-Behindertenrechtskonvention
Sind politische Erklärungen auf völkerrechtlicher Ebene, die, wenn sie von den Staaten ratifiziert sind, diese auch verpflichten
Ist von Deutschland ratifiziert worden 2006
Verpflichtet Deutschland zu einigen Verbesserungen im tatsächlichen und rechtlichen Bereich, die eigentlich auch gut durchgeführt wurden
Hat einen Beobachtermechanismus und entsprechende Gremien
Gibt Beschwerdeverfahren
Wird zur Auslegung von innerstaatlichem Recht herangezogen
Art. 12 III: Vertragsstaaten müssen geeignete Maßnahmen treffen um Menschen mit Behinderungen Zugang zu der Unterstützung zu verschaffen, die sie bei der Ausübung ihrer Rechts- und Handlungsfähigkeit gegebenenfalls benötigen
Also um behinderte Menschen Rechts- und Handlungsfähig zu machen müssen sie unterstützt werden; aber das soll sie nicht in ihren Rechten beschränken, sondern soll ihre Möglichkeiten erweitern
Bundessozialgericht hat ausgeführt, das der besondere Vertreter nicht einfach seine eigenen Entscheidungen treffen darf, sondern den Behinderten soweit möglich und zumutbar unterstützen muss in dessen Entscheidungen um dessen Wünsche und Interessen möglichst zu verwirklichen
Dazu gehört es, die Berufung hier zu unterstützen und zu genehmigen
Bundessozialgericht hat diesen Fall wieder zurückverwiesen und gesagt:
Hier hat das Gericht Fürsorgepflichten gegenüber des Beteiligten und muss sicherstellen, dass der besondere Vertreter seinen Verpflichtungen genügt
Entscheidung lässt einige Fragen offen:
Was passiert wen sich der besondere Vertreter weigert? Kann das entscheidende Gericht dann seine Entscheidung ersetzen?
Alkoholkonsum und gesetzliche Unfallversicherung
Gesetzliche Unfallversicherung SGB VII
Hier sind Arbeitsunfälle §8 SGB VII und Berufskrankheiten versichert
Definition Unfall prüfen
Problem: Ab einem gewissen Alkoholpegel sagt man, dass keine sinnvolle Arbeit mehr möglich ist; ab dann ist er privat unterwegs
Eigennützig
Selbst wenn auf der Baustelle, wenn Alkoholpegel zu hoch, dann nicht mehr für die Arbeit, sondern privat
Hier: Überprüfungssituation
§44 SGB X
Ähnlich wie bei Rücknahme und Widerruf von Verwaltungsakten im VwVfG
Auch hier gibt es im gerichtlichen Verfahren die Möglichkeit bei der Behörde einen Antrag zu stellen um das nochmal zu überprüfen
Wenn Recht unrichtig angewandt wurde = Rechtsfehler
Spielt eine große Rolle
Man muss immer nochmal prüfen!
Wenn der Bescheid zu meinen Gunsten verändert wird, dann bekomme ich nur die letzten 4 Jahre nachgezahlt
§44 IV SGB X
Bereich der Grundsicherung für Arbeitssuchende SGB II ist das Ganze beschränkt auf 1 Jahr
Wenn von einem falschen Sachverhalt ausgegangen wurde = Tatsachenfehler
Hier hat die Behörde geprüft, und sagt: Keine neuen Tatsachen vorgebracht, alles bleibt gleich
Jetzt möchte K Klagen
Aufhebung des neuen Widerspruchbescheides = Anfechtungsklage
Aufhebung des 1. Bescheids „Kein Arbeitsunfall“ beseitigen = Verpflichtungsklage mit dem Ziel, dass die Behörde ihren ursprünglichen Bescheid aufhebt
Hier hat das Gericht es ein wenig einfacher gemacht und meinte, dass es selbst diesen Bescheid dann auch aufheben kann
Also hier auch eine Anfechtungsklage
Feststellung dass es ein Arbeitsunfall ist
§54 I 1 2. Alt. SGG Verpflichtung Behörde das festzustellen = Verpflichtungsklage
§55 I Nr.3 SGG Gericht stellt fest, dass ein Arbeitsunfall vorlag = Feststellungsklage
=2 Möglichkeiten
§56 SGG Man kann Klagearten kombinieren
Kombinierte Anfechtungs- und Verpflichtungsklage
Kombinierte Anfechtungs- und Feststellungsklage
Gericht muss dann weiter ermitteln, wenn es davon ausgeht, dass in den Verfahren davor nicht ausreichend ermittelt worden ist
Wenn also noch Tatsachen geklärt werden müssen, die für die Aufklärung notwendig sind §103 SGG Amtsaufklärung / Untersuchungsgrundsatz
Hier: Wir wissen nicht, wie hoch die Alkoholkonzentration war
Zeugen befragen und Sachverständiger soll aus Zeugenaussagen einen ungefähren Blutalkoholwert ermitteln
Alleine die Menge reicht nicht, man muss schauen, wie er sich verhalten hat und wie sehr er tatsächlich betrunken war
Frage der Beweislast:
Kläger muss nachweisen, dass er versichert war, und dass er bei einer versicherten Tätigkeit verunfallt ist
Den Umstand, dass er so stark betrunken ist, dass er keine sinnvolle Arbeit vornehmen konnte – muss die Berufsgenossenschaft beweisen
Wenn Zweifel verbleiben, spricht man von der objektiven Beweislast; trägt in dieser Konstellation die Berufsgenossenschaft
Im Ergebnis wird der Kläger gewinnen
Ausschluss der Öffentlichkeit
Hier könnte ein Verfahrensfehler vorliegen
Hat hier das Gericht die Öffentlichkeit zu Unrecht ausgeschlossen?
§171b GVG Möglichkeit des Ausschlusses der Öffentlichkeit
Diese Vorschriften gelten über §202 S. 1 SGG auch für das sozialgerichtliche Verfahren
§171b I 1 GVG Wenn öffentliche Erörterung schutzwürdige Interessen eines Beteiligten verletzen würde
Medizinische Sachverhalte betreffen das Allgemeine Persönlichkeitsrecht
Im Sozialrecht sind medizinische Sachverhalte sehr häufig Thema in den Verhandlungen
Bundessozialgericht hat ausgeführt, dass ein Minimum an Diskussionen über ärztliche Befunde und Diagnosen ist unvermeidlich
Wenn Gesetzgeber das anders gesehen hätte, dann hätte er die Öffentlichkeit in diesem Bereich generell ausgeschlossen
Wie zum Beispiel im Jugendstrafverfahren
Man braucht also etwas mehr, es muss wirklich geeignet sein, die Ehre oder schutzwürdige Interessen des Betroffenen zu gefährden, ihn in seinem Ansehen herabzuwürdigen oder in seiner beruflichen Stellung zu gefährden
Hier: Bundessozialgericht eröffnet hier dem Instanzgericht eine Interessenabwägung
Interessenabwägung ist in das gerichtliche Ermessen gestellt
Nur dann vom Revisionsgericht aufzuheben/zu überprüfen, wenn hier grundlegende Kriterien verletzt worden sind
Wenn einzelne Kriterien falsch gewürdigt worden sind oder falsche Maßstäbe angewendet wurden
die Berufskrankheit
Berufskrankheit §9 SGB VII = Krankheiten, die durch eine versicherte Tätigkeit verursacht worden sind
Müssen noch zusätzlich in der Berufskrankheitenverordnung aufgeführt werden
Maßstab: Einzelfallüberprüfung
Wenn Berufskrankheit besteht, dann besteht Anspruch auf Leistungen der gesetzlichen Unfallversicherung
Heilbehandlungen (analog zur Krankenversicherung)
Verletztengeld (entspricht dem Krankengeld)
Reha-Maßnahmen
Verletztenrente, wenn die Minderung der Erwerbsfähigkeit ein bestimmtes Maß erreicht (MdE von 20)
Man kann also eine Berufskrankheit annehmen, aber wenn sie unter 20 ist, erhält man keine Verletztenrente; hat aber trotzdem Vorteile, sie anerkennen zu lassen
Heilbehandlungen, Verletztengeld, Reha-Maßnahmen
Wenn später Krankheit sich verschlimmert eventuell über 20; dann Verletztenrente immer noch möglich
Weigerung zum Gutachter zu gehen; was tut das Sozialgericht
§103 SGG Sozialgericht ist verpflichtet von Amts wegen aufzuklären
Kann deswegen den Kläger auch bereits im Verfahren vor der mündlichen Verhandlung begutachten lassen
Gehört zu den Möglichkeiten, die der Vorsitzende nach §106 III SGG hat
§106 III Nr.5 SGG nennt Begutachtung durch Sachverständige
K weigert sich
Wenn er sich weigert, ist dem Sozialgericht hier das Mittel aus der Hand genommen worden
Kann nicht gezwungen werden durch ein Ordnungsgeld oderso
Folgen für das Verfahren: Zweifel die dann bestehen gehen zu Lasten des Klägers, wenn er eine zumutbare Mitwirkungshandlung verweigert kann es nicht dazu führen, dass er prozessual einen Vorteil hat
Wenn Gericht sagt, die vorliegenden Gutachten reichen nicht aus, es verbleiben Zweifel, werden diese dann zu Lasten des Klägers gehen und die Wahrscheinlichkeit, dass die Klage abgewiesen wird, steigt
Andere Möglichkeit des Gerichts: Versuch ein Gutachten nach Aktenlage einzuholen
Schicken der vorhandenen Unterlagen an einen Gutachter
Dieser muss dann alle Unterlagen sichten und seine Einschätzung abgeben
Hier: Es müssen Messungen vorgenommen werden bei der Schwerhörigkeit; diese Möglichkeit hier besteht nicht
Sozialgericht kann nichts tun, aber es geht zu Lasten des Klägers
Begleitperson beim Gutachten
Sachverständige mögen das nicht so gerne
Dahinter steckt ein Misstrauen gegen den Sachverständigen
Anknüpfungspunkt: §116 S.1 SGG
Regelt die Beweisaufnahme
Sieht die sogenannte Beteiligtenöffentlichkeit vor
Wenn ein Beweisaufnahmetermin ist, dann dürfen hier die Beteiligten hinzukommen und dürfen auch Fragen stellen
Ist dann der Fall, wenn Gericht einen separaten Termin vorsieht um einen Zeugen/Sachverständigenguthaben zu hören
Ist losgelöst von der mündlichen Verhandlung
Kommt im Sozialrecht nur sehr selten vor
Untersuchung durch den Sachverständigen ist lediglich eine vorbereitende Untersuchung; hier ist auch das Gericht nicht anwesend
Auf Grund der vorbereitenden Untersuchung entwickelt der Sachverständige sein schriftliches Gutachten
Frage: Besteht auch hier Anwesenheitsrecht?
Ins Zivilrecht übertragen: Wenn der Sachverständige etwas begutachten muss, zum Beispiel ein Gebäude, ist es normal, das Beteiligte und deren Rechtsanwälte anwesend sein dürfen
Im Sozialrecht: Kläger darf anwesend sein, Rechtsanwalt als Bevollmächtigter darf anwesend sein; aber Ehefrauen oder Selbsthilfegruppen sind in der Prozessordnung nicht vorgesehen
Grundsätzlich besteht also die Möglichkeit, aber nur innerhalb von Grenzen
Eine Grenze ist, wenn die Untersuchungssituation gestört wird
Z.B. wenn Sachverständiger sagt, ich kann den Kläger nicht unvoreingenommen untersuchen, wenn mir jemand im Nacken sitzt
Bei psychiatrischen Erkrankungen kann Kläger auch nicht so frei reden, wenn zum Beispiel Ehefrau mit im Raum ist
Untersuchungen zur Lärmschwerhörigkeit ist das schwer zu sagen
Entscheidung steht nicht im Ermessen des Sachverständigen, dieser muss dem Gericht darlegen, dass die Untersuchungssituation gestört wird und er seinem Auftrag nicht gerecht werden kann, wenn diese Dritte Person im Raum ist
Das alles war die Erste Meinung: Generell ja, es dürfen Leute mitgenommen werden; außer der Sachverständige erklärt medizinisch warum dies in diesem Fall nicht geht
Andere Ansicht: §116 SGG ist hier gar nicht anwendbar, es ist alleine die Entscheidung des Sachverständigen; aber er hat die Möglichkeit von sich aus dritte Personen zuzulassen
Vielleicht ist es für den Sachverständigen sogar hilfreich noch dritte Personen befragen zu können
Die beiden Meinungen sind gar nicht so weit auseinander
Normalerweise machen es erfahrene Sachverständige so, dass sie die Begleitperson erst einmal draußen warten lassen und zu einem späteren Zeitpunkt mit reinholen und mit einbeziehen
Der Erörterungstermin §106 III Nr.7 SGG
Hier kann kein Urteil ergehen
Wird sehr schnell und formlos erledigt
Aber Informationen können eingeholt werden und einiges kann geklärt werden
Möglicherweise kann auch bereits eine gerichtliche Einschätzung der Erfolgsaussichten dargelegt werden
Oft kann bereits ein Vergleich geschlossen oder eine Rücknahme oder Anerkenntnis erwirkt werden
Manche Kläger schreiben gerne dem Gericht, aber wollen nicht sehr gerne ihre Meinungen vor dem Gericht vertreten
Erörterungstermin ist ein kleines Druckmittel in diese Richtung
Zeigt ein wenig, dass man es ernst meint
Persönliches Erscheinen kann angeordnet werden §111 SGG
Wenn jemand nicht kommt, dann kann ein Ordnungsgeld verhangen werden §202 S. 1 SGG; §§141 III S. 1, 2, 381 ZPO
Keine Ordnungshaft!
Wenn jemand zu einem Erörterungstermin geladen wird und es ist für den Kläger bereits absehbar, dass es nur darum geht ihn zu bewegen die Klage zurückzunehmen
Frage ist umstritten ob hier auch ein Ordnungsgeld verhängt werden kann
1. Meinung: Klägerfreundlich:
Hier geht es nur darum in dem Erörterungstermin Dinge zu besprechen, aufzuklären = Sachverhaltsermittlung
Wenn ein Kläger nicht bereit ist eine Klage zurückzunehmen, darf auf diesem Weg kein Druck ausgeübt werden
Wenn letztlich hier nichts mehr aufzuklären ist, dann darf das Gericht auch kein Ordnungsgeld verlangen, wenn man nicht erscheint
Das wäre unverhältnismäßig
Gericht muss Ermessen ausüben und die jeweiligen Gesichtspunkte würdigen und kann am Ende nicht darauf kommen, dass ein Ordnungsgeld verhängt werden sollte
2. Meinung: Gericht ist auch gehalten den Rechtsstreit zügig zu beenden
Wenn hier ein aufwändiges Urteil vermieden wird, nur weil sich der Kläger weigert zum Erörterungstermin zu kommen, müsste eine mündliche Verhandlung angesetzt werden
Es ist sachgerecht hier ein Ordnungsgeld zu verhängen
Ist auch eine Frage des Ansehens des Gerichts, wenn ein Termin anberaumt wird und der Kläger kommt nicht
Ordnungsgeldbeschlüsse sind nur beschwerdefähig (2. Instanz), das bedeutet das Bundessozialgericht wird hier nie eine entsprechende Entscheidung treffen
Man muss also jeweils im Einzelfall schauen, wie die Entscheidungen des jeweiligen Landessozialgerichts sind
Nördliche Länder meist Klägerfreundlicher
Südliche Länder meist kritischer
Die Anerkenntnisabgabe
§101 II SGG
Das Anerkenntnis = Prozesserklärung des Beklagten
Anerkenntnis muss vom Kläger angenommen werden und er muss damit zum Ausdruck bringen ob für ihn damit der Rechtsstreit erledigt ist
Hier: Durch Klageänderung ist nur noch das, was jetzt anerkannt wurde Teil des Verfahrens, es ist anzunehmen, dass der Kläger das Anerkenntnis annehmen würde
Kraft gesetztes §101 II SGG ist der Rechtsstreit in der Hauptsache beendet; das Gericht muss keine Entscheidung mehr treffen; Rechtsstreut ist zu Ende
Die Entscheidung über die Kosten bleibt übrig:
Für die Beteiligten fallen keine Gerichtskosten an
Es bedarf eines gesonderten Antrages des Klägers §193 SGG wenn er eigene Kosten hatte (z.B. Anwalt) dann muss der Beklagte diese Kosten übernehmen
Das Gericht handelt hier nicht von Amts wegen
Wenn er Antrag gestellt wurde, wird (nur über die Kosten) ein Beschluss verfasst
Der Prozess selbst ist beendet
Die Arbeitslosenhilfe
Arbeitslosenhilfe gibt es heute nicht mehr, ist eingeflossen in die Grundsicherung für Arbeitssuchende SGB II
Der Bescheid mit dem die Leistung zurückgefordert wurde ist ein belastender Verwaltungsakt àAnfechtungsklage §54 I S.1
Hat der Kläger Vertrauensschutz? §45 II S.3
Hier sind 3 Möglichkeiten aufgeschrieben wie kein Vertrauensschutz besteht
Hier in diesem Fall kommt §45 II S.3 Nr. 3 in Betracht, der Beteiligte hat grob fahrlässig verkannt, dass hier ein Fehler passiert ist
Grob fahrlässig = erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt
K braucht keinen Rechtsanwalt für die Berufung §73 SGG
Beteiligte können den Streit selbst führen außer Bundessozialgericht
Man kann natürlich Anwalt nehmen, muss aber nicht
Dann muss man aber Risiko tragen, wenn Prozesskostenhilfe nicht genehmigt wird
Bundessozialgerichtsentscheidung:
In freier Beweiswürdigung muss Gericht grob fahrlässige Unkenntnis bestimmen §128 I S.1 SGG
Um das ganze beurteilen zu können, muss es den Grundsatz der Unmittelbarkeit der Beweisaufnahme berücksichtigen §117 SGG
Berufungsgericht darf sich nicht einfach über das hinwegsetzen was die erste Instanz an Beweiswürdigung vorgenommen hat, wenn es nicht die Beweise in gleicher Weise erhebt = wenn es den K nicht selbst persönlich anhört
Also das Berufungsgericht darf nicht allein nach Aktenlage eine Aussage der ersten Instanz verwerfen; das geht nur, wenn sie das Beweismittel auch angehört hat
Gilt für Zeugen / Kläger / Beteiligten
§118 I SGG verweist nicht auf die Vorschriften der Parteivernehmung in der ZPO §§445, 448 ZPO
Es gibt also keine Parteivernehmung im sozialgerichtlichen Verfahren
Aber die Aussage des Beteiligten ist trotzdem eine wesentliche Grundlage
Darauf kann man auch eine Entscheidung stützen, vor allem in diesem Fall
Entscheidung des Landessozialgerichts war falsch und das Bundessozialgericht hat sie zur erneuten Entscheidung zurückgewiesen
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