Überblick
Wiederholung Grundbegriffe
Psychologie als empirische Wissenschaft
Sätze
Aussagen über Sachverhalte
Aufgabe von Wissenschaft: Aufstellen und Prüfen von Sätzen
Analytische Sätze
Über Wahrheit/Falschheit kann mit formal-logischen Argumenten entschieden werden
„wenn der Hahn kräht auf dem Mist, dann ändert sich das Wetter oder es bleibt wie es ist“ P -> (Q v ¬Q): immer wahr (Tautologie)
Synthetische Sätze
Über Wahrheit/Falschheit kann nur mit empirischen Argumenten entschieden werden
„wenn eine Person frustriert wird, reagiert sie aggressiv“
Psychologie
Die Psychologie stellt (überwiegend) synthetische Sätze auf
Zur Stützung dieser Sätze werden empirische Argumente verwendet.
Grundlage der Psychologie als empirische Wissenschaft ist daher die kontrollierte, systematische Beobachtung empirischer Sachverhalte.
Methodologie
Wissenschaftstheoretisch begründete Methodologienformulieren Richtlinien, wie systematische und kontrollierte Beobachtungen eine möglichst fundierte Bewertung synthetischer Sätze erlauben.
Empirische Überprüfung von Hypothesen
Problem:
Theorien können nicht als wahr bewiesenwerdenVgl. Kritik am Logischen Empirismus
Logischer Empirismus
„Objektive Beobachtungen“ werden in Protokoll-oder Basissätzen Bifestgehalten.
Aus der Konjunktion mehrerer Basissätze wird versucht, logisch eine Hypothese (allgemeingültige Gesetzesaussage) abzuleiten: (B1˄ B2˄B3˄ …. ˄Bn) -> H
Je häufiger sich die Basissätze empirisch bestätigen lassen, desto fester wird das Vertrauen in die Hypothese.
-> Je mehr weiße Schwäne beobachtet werden, umso fester wird geglaubt, dass alle Schwäne weiß sind.
Alle theoretischen Begriffe müssen also auf Beobachtungsbegriffe zurückführbar sein.
Experimente haben hier die Funktion, unter kontrollierten Bedingungen Basissätze bereitzustellen.
Das Vorgehen ist induktiv: Man schließt von speziellen Beobachtungen auf ein allgemeines Gesetz.
Kritik am logischen Empirismus
Es gibt keine „objektive“, theoriefreie Beobachtung.
Beobachtungen –und erst recht Sätze über Beobachtungen und Versuchsergebnisse –sind immer Interpretationen der beobachteten Tatsachen, Interpretationen im Lichte von Theorien.
Theoretische Begriffe sind mehr als nur Zusammenfassungen von Beobachtungen. Sie sollten Erklärungswert besitzen.
Das Induktionsprinzip ist unhaltbar.
es gibt keine logisch zu rechtfertigenden gehaltserweiternden Schlüsse
Universelle Hypothesen (über offene Populationen) können niemals endgültig verifiziert, sondern nur falsifiziert werden
Mit der Anzahl bestätigender Instanzen/Basissätze wächst nicht die Wahrscheinlichkeit des Zutreffens einer Hypothese:
-> Auch die Existenz sehr vieler weißer Schwäne schließt nicht die Möglichkeit aus, dass andersfarbige Schwäne existieren.
Kritischer Rationalismus
Wie werden Theorien/Hypothesen überprüft?
Theorien können nicht als wahr bewiesen werdenVgl. Kritik am Logischen Empirismus
Theorien können nicht als falsch bewiesen werdenVgl. Kritik am Kritischen Rationalismus
Theorien können nie endgültig „bewiesen“ werden.
Kritisch: Die Verifikation einer Theorie ist logisch nicht möglich, es bleiben stets Zweifel an ihrer Gültigkeit.
Rationalismus: Vorrang der Ratio. Die Theorie (nicht die Beobachtung) kommt zuerst.
Wissenschaft geht deduktiv vor: Aus einer Theorie werden Vorhersagen abgeleitet, die dann an empirischen Beobachtungen überprüft werden
Eine Theorie ist nie wahr oder falsch; sie gilt als mehr oder weniger gut bewährt.
Kontinuierlicher iterativer Prozess
Lösung: Kontinuierlicher iterativer Prozess
Theorien werden streng & fair geprüft
relative Evidenz für konkurrierende Theorien
Besser:
Methodologischer Falsifikationismus
auch eine empirisch nicht bewährte Theorie kann u.U. wahr sein
z.B. bei fehlerbehafteter empirischer Untersuchung (HH falsch, statistische Irrtumswahrscheinlichkeit)
Angesichts empirischer Basis und Validität der Untersuchung ist hier eine Entscheidung für bzw. gegen die Theorie zu fällen
DeduktivistischeTheorie hypothesentestender Untersuchungen
Methodologie auf der Grundlage des Kritischen Rationalismus
zunächst wird gefragt, welche beobachtbaren Sachverhalte aus der vorliegenden Theorie bzw. Hypothese abgeleitet werden können
anhand von empirischenUntersuchungenwird dann entschieden, ob die Theorie/Hypothese sich bewährt oder nicht
Funktion einer hypothesenprüfenden Untersuchung: die möglichst strenge und faire Prüfung einer Hypothese
d.h. der ernstgemeinte Versuch, sie zu falsifizieren…
während man ihr gleichzeitig eine faire Chance gibt, sich zu bewähren
Deduktivistische Theorie hypothesentestender Untersuchungen (3)
Voraussetzungen
psychologische Hypothesen (PH) werden (i.d.R.) über statistische Hypothesen (SH) geprüft
SH, Untersuchung (U) und Entscheidungsstrategie (ES) sind untrennbar miteinander verknüpft: (SH, U, ES)
Regeln
R1: Wähle (SH, U, ES) möglichst streng und fair
R2: Wähle SH möglichst so, dass eine Äquivalenzbeziehung zwischen PH und SH besteht
-> Mindestforderung Implikationsbeziehung: PH & (HH1…HHn) -> SH
-> Valide Entscheidung über (PH & HHn) bei Entscheidung gegen SH
R3: Wähle U und ES so, dass die statistischen Irrtumswahrscheinlichkeitenαund βkontrollierbar und möglichst klein sind
Ziel: Strenge & Fairness maximieren
Strenge hängt insbesondere ab von…
Gute Bewährung der Hilfshypothesen
statistisches Fehlerniveau α
Fairness hängt ab von…
Gültigkeit der Implikation PH SH
Entspricht (bei Gültigkeit PH SH) der Teststärke 1 –β
Implikationen für Versuchsplanung:
Auswahl möglichst bewährter Hilfshypothesen (state-of-the-art-Methoden)
Stringente Herleitung der Hypothesen, sorgfältige Versuchs-& Auswertungsplanung
Implikationsbeziehung (TIH & HHn) SH
Ausschluss von Alternativerklärungen
statistische Fehlerniveaus (α& β) kontrollieren und möglichst gering halten
WissenschaftlicherDiskursals Qualitätssicherung
Untersuchung steht nicht isoliert und für sich
nicht ausreichend für Entscheidung über Theorie/Hypothese (HHn)
eingebunden in Forschungsgebiet mit Vielzahl an Untersuchungen
Validität einer Untersuchung wird durch wiss. Gemeinschaft geprüft
Erfordert detaillierte & transparente Dokumentation
z.B.: wurde die Hypothese vor der Untersuchung aufgestellt? hypothesenprüfendes vs. exploratives Vorgehen? Befund replizierbar?
Erkenntnisfortschritt durch Auswertung und Zusammenfassung mehrerer Studien (Metaanalysen)
Probleme einzelner Studien: Validität/Qualität einzelner Studien
Probleme im wiss. Prozess: z.B. Replizierbarkeit, Publicationbias, …
Gesamtbild erlaubt besseres Urteil…
über Validität der vorhandenen empirischen Evidenz
über dieTheorie/Hypothese (wenn ausreichende Evidenz vorhanden)
Validität
Definition:
Gültigkeit, Wahrheit, Angemessenheit von Schlussfolgerungen
“ Validity is an integrated evaluative judgment ofthedegreetowhichempiricalevidenceand theoreticalrationales support theadequacyand appropriatenessofinferences“ (Messick, 1989)
Merkmale:
graduell: mehr oder weniger stark gegeben
Urteil: abstrakt, nicht beobachtbar oder messbar
Schlussfolgerung betreffend: Wahrscheinlichkeit korrekter Schlussfolgerung bzw. Abwesenheit von Irrtümern/Fehlschlüssen
Beispiele:
Ist Schlussfolgerung X aus Untersuchungsergebnis Y zulässig?
Misst ein Verfahren Z das Konstrukt, das es vorgibt zu messen?“
Hypothesneprüfung und Versuchsplanung
Psychologische Theorien bestehen aus Aussagen über psychologische Variablen (Konstrukte) und die Zusammenhänge zwischen ihnen.
Psychologische Hypothesen beziehen sich auf einzelnen Zusammenhang.
Sie sollen in empirischen Untersuchungen auf Gültigkeit überprüft werden.
Problem: Psychologische Konstrukte sind nicht direkt beobachtbar (latent).
Vier Validitäten: Gütekriterien empirischer Untersuchungen
Statistische Validität
Ist der beobachtete Zusammenhang/Effekt inferenzstatistisch bedeutsam? (Validität des statistischen Schlusses)
Interne Validität
Wurde der beobachtete Zusammenhang/Effekt durch die UV kausal verursacht? (Schlussfolgerung auf kausale Ursache)
Konstruktvalidität
Wurden die interessierenden Konstrukte adäquat & vollständig realisiert? (Rückschluss von beobachteten Variablen auf latente Konstrukte)
Externe Validität (kein Gütekriterium einzelner Untersuchung)
Ist der Gültigkeitsbereich des Befunds/der Schlussfolgerung unbegrenzt, bzw. gibt es Moderatorvariablen, die den Befund beeinflussen? (Schluss von Stichprobe auf Population)
Zuletzt geändertvor 2 Jahren