Welche Schwierigkeiten ergeben sich bei funktioneller Bildgebung vs. Läsionsstudien?
Aktivität einer Region ≠ Region ist für die Aufgabe entscheidend oder notwendig ist
z.B. erhöhte Aufmerksamkeit bei bestimmten Aufgaben kann zusätzliche aber nicht notwendige Hirnregionen aktivieren
Funktionelle Bildgebung liefert Hinweise, welche Regionen für die Ausführung einer bestimmten Aufgabe hinreichend sind, aber nicht unbedingt, welche Regionen für die Ausführung der Aufgabe notwendig sind.
Bei der funktionellen Bildgebung werden nur korrelative (keine kausalen) Aussagengetroffen.
Wie funktionieren Läsionsstudien im Vergleich zu funktioneller Bildgebun?
Läsionsstudien
Ort der Läsion (UV) wird „manipuliert“ (bzw. entsprechende Patientengruppe ausgewählt)
das resultierende Verhalten/Kognition (A V) wird beobachtet
->kausaler Zusammenhang zwischen Läsion & Verhalten angenommen
Funktionelle Bildgebung
Aufgabe (UV) wird manipuliert
Veränderungen in Hirnregionen (AV) werden beobachtet
-> korrelativer Zusammenhang zwischen Aufgabe & Aktivität in bestimmten Regionen
Was sind mögliche Ursachen von Hirnschädigungen?
Mögliche Ursachen für Hirnschädigungen
Schädel-Hirn-Trauma
Schlaganfall
Tumore
Virusinfektionen
Neurochirurgische Eingriffe
Neurodegeneration
Was sind einfache und doppelte Dissoziation?
Einfache & doppelte Dissoziation
Einfache Dissoziation:
Patient mit Läsion A hat Beeinträchtigung bei Aufgabe A‘, aber nicht bei Aufgabe B‘
Schlussfolgerung: Kognitive Verarbeitungsprozesse und neuronale Grundlagen sind für Aufgabe A‘ und B‘ unterschiedlich.
Alternative Schlussfolgerung: Aufgaben A‘ und B‘ beanspruchen dieselben kognitiven bzw. neuronalen „Ressourcen“, aber in unterschiedlichem Ausmaß (z.B. Aufgabe A‘ ist schwieriger)
Doppelte Dissoziation:
Patient mit Läsion A hat Beeinträchtigung bei Aufgabe A‘, aber nicht bei Aufgabe B‘ Patient mit Läsion B hat Beeinträchtigung bei Aufgabe B‘, aber nicht bei Aufgabe A‘
-> Hinweis auf Unabhängigkeit von kognitiven Verarbeitungssystemen neuronalen Grundlagen
Wofür sind Einzelfallstudien wichtig?
wichtige Rolle bei der Untersuchung von kognitiven Verarbeitungsstufen und Komponenten durch ausführliche neuropsychologische Testungen
Wofür sind Gruppenstudien wichtig?
Assoziationen zwischen Läsion & Verhaltensdefiziten
etablieren
Gruppierung abhängig von der Fragestellung, z.B. nachSyndrom, nach kognitiven Symptomen oder nach anatomischer Lokalisation der Läsion
Variabilität hins. Größe der Läsionen, Betroffenheit des umliegenden Gewebes, Konnektivität zu anderen Regionen
Wie kann man Läsionsstudien interpretieren?
Aufgrund von Läsion-Verhaltensassoziationen kann man nicht schließen,
dass Region X nur für Funktion F verantwortlich ist (ggf. auch andere Funktionen)
dass Region X alleine für F verantwortlich ist (ggf. auch andere Regionen an F beteiligt)
Auch eine diskrete Läsion in einer bestimmten Hirnregion kann die Funktion einer entfernter liegenden Region beeinträchtigen (Diaschisis)
Man kann nur schlussfolgern, dass Region X kritisch ist für Funktion F (zumindest für einige wesentliche Aspekte).
Gegensätzliche Defizite können zusammen auf die Unabhängigkeit von kognitiven Verarbeitungssystemen und neuronalen Grundlagen hinweisen (doppelte Dissoziation).
Was sind Vor- & Nachteile von Läsionsstudien?
✓ Starke Hinweise auf Struktur-Funktion Beziehungen: liefern Belege, dass die geschädigte Region eine notwendige (kausale) Rolle für eine bestimmte Funktion spielt
✘ beim Menschen nur „natürliche Läsionsstudien“: keine Manipulation, keine Prä-/Post- Messungen möglich
✘ Läsionen oft groß bzw. in multiplen Regionen
✘ Läsion kann auch andere oder entfernter liegende Regionen beeinflussen (Konnektivität)
✘ kompensatorische Mechanismen möglich
Was sind nicht invasive Stimulationsmethoden?
Die Hirnaktivität kann von außen nicht-invasiv beeinflusst werden.
Dabei wird die Aktivität von Neuronen i.d.R. „gestört“ und eine „virtuelle Läsion“ kurzzeitig induziert (reversible Läsion)
Häufigste Methoden: transkranielle Magnetstimulation (TMS) & transkranielle Gleichstromstimulation (tDCS)
Wie funktioniert transkranielle Magnetstimulation(TMS)?
Welche Formen der Applikation werden unterschieden?
transkranielle Magnetstimulation(TMS)
Prinzip der elektromagnetischen Induktion:
Mittels einer Spule wird über einer bestimmten Hirnregion ein elektromagnetischer Impuls (<1ms) appliziert. Durch das kurzzeitig aufgebaute Magnetfeld werden elektrische Ströme induziert, die das Hirngewebe bis zu ca. 5 cm unterhalb des Schädels (kortikale Regionen,1-2cm3) beeinflusst.
niederfrequente wiederholte TMS-Applikation (slow repetitive TMS, srTMS)
zur funktionalen Hemmung des Hirngewebes („virtuelle Läsion“)
hochfrequente kurzfristige TMS-Applikation
zur funktionalen Erregung des Hirngewebes
kurze Applikation von Einzelimpulsen während der Bearbeitung einer Aufgabe
kurzzeitige Störung neurophysiologischer Prozesse, insbes. um zeitliche Komponenten der Informationsverarbeitung zu untersuchen
Beispiel für TMS
Was sind Vor- & Nachteile von TMS?
TMS -Vor-/Nachteile
✓ kausale Struktur-Funktions-Zusammenhänge können nicht-invasiv und auch bei Gesunden untersucht werden
✓ örtliche Manipulation der Läsion & Prä-/Post-Messungen möglich
✓ gute zeitliche Auflösung (vs. Läsionsstudien)
✓ Untersuchung von zeitlichen Komponenten bei Verarbeitungsprozessen möglich
✓ keine Reorganisation/Kompensationsmechanismen (vs. Läsionsstudien)
✓ Einsatz in Therapie & Rehabilitation
✘ nur TMS des Kortex möglich
✘ räumliche Auflösung schlecht (∼2 cm)
✘ trotz fokaler Stimulation sind Effekte auf andere Regionen möglich
✘ Auswahl der Kontrollbedingung schwierig
Wie funktioniert Transkranielle Gleichstromstimulation (tDCS)
Schwache elektrische Ströme (∼1-2 mA) werden über zwei großflächige Schwammelektroden (∼20 cm2) ins Hirngewebe geleitet.
Eine Elektrode wird über dem untersuchten Hirngebiet angebracht, die andere über einer Kontrollregion. Der schwache elektrische Strom fließt von der Anode (+) zur Kathode (-).
Abgrenzung zur Elektrokonvulsionstherapie (EKT): unter Narkose wird das Gehirn fur̈ ca. 30s mit sehr kurzen elektrischen Impulsen (~0.9A) angeregt; Behandlung therapieresistenter Patienten mit schweren psychischen Erkrankungen.
Welche Formen der Stimulation werden bei der transkraniellen Gleichstromstimulation unterschieden?
Anodale Stimulation: Hirngewebe unter der Anode wird erregt, d.h. Depolarisation der Neurone und Verstärkung der neuronalen Aktivität
Kathodale Stimulation: Hirngewebe unter der Kathode wird gehemmt, d.h. Hyperpolarisation der Neurone und Hemmung der neuronalen Aktivität
Welche Fließrichtungen des Stroms werden bei der transkraniellen Gleichstromstimulation unterschieden (tDCS)?
transcranial direct current stimulation (tDCS)
gleichmäßiger Strom fließt in eine Richtung transcranial
alternating current stimulation (tACS)
Strom mit alternierender Richtung
transcranial random noise stimulation (tRNS)
Strom mit fluktuierender Richtung und Amplitude
Oszillationen mit bestimmten Frequenzen im Gehirn können mit bestimmten kognitiven Funktionen in Verbindung gebracht werden
Was sind Vor- & Nachteile von tDCS?
tDCS – Vor-/Nachteile gegenüber TMS
✓ Kontrollbedingung leichter zu realisieren (keine Geräusche, Zuckungen)
✓ Einsatz in Therapie & Rehabilitation, aber auch bei Gesunden zur Verbesserung der kognitiven Leistungsfähigkeit
✘ räumliche Auflösung schlechter als TMS
✘ zeitliche Auflösung z.T. schlechter als TMS
Was ist tiefe Hirnstimulation (DBS)
invasive Methode, Elektroden werden in subkortikale Kerngebiete implantiert und mit einem subkutan implantierten Neurostimulator („Hirnschrittmacher“) verbunden.
Durch Applikation kontinuierlicher Stromimpulse kann die neuronale Aktivität der Zielregion systematisch & reversible moduliert werden.
Bsp: bei Patientin mit der Parkinson Krankheit wird der Nucleus subthalamicus stimuliert
Neurofeedback
Durch Messung und Rückmeldung der Hirnaktivität lernen Probanden ihre Hirnaktivität zu beeinflussen
EEG-Feedback: Mit Elektroden wird die EEG- Aktivität gemessen. Ein Computer berechnet bestimmte EEG-Kennwerte, die dann auf einem Bildschirm dem Pb zurückgemeldet werden (z.B. als Balken)
Der Proband lernt, die EEG-Aktivität in einem bestimmten Bereich zu halten.
Therapeutische Anwendung in verschiedenen Bereichen (z.B. ADHS, Epilepsie)
Neurofeedback mit Echtzeit fMRT
(real-time fMRI)
Hämodynamische Antwort einer bestimmten Hirnregion wird in Echtzeit berechnet und zurück-gemeldet.
Zeitverzögerung des Feedbacks größer als bei EEG
Kombinationsmöglichkeiten zwischen EEG & Echtzeit fMRT für bessere räumliche & zeitliche Auflösung.
Zuletzt geändertvor 2 Jahren