Lernziele
- Evidenzbasierung als wissenschaftliches Konzept verstehen und erklären können
- Anforderungen, Voraussetzungen und Ziele von Evidenzbasierung im Bereich Prävention kennen
- Methoden zur Evidenzgenerierung in der Prävention (sogenannte evidenzbasierte Prävention/Public Health)
verstehen und erläutern können
- im Grunde: das Konzept der Evidenz auf den Kontext der Prävention übertragen, Was sind Besonderheiten? das
alles anhand von Beispielen darstellen
Was ist Evidenz?
Was ist Evidenzbasierung?
- lat. evidentia = Augenscheinlichkeit - ugs.: Offenkundigkeit, völlige Klarheit - völlige Klarheit Einsicht muss nicht hinterfragt werden (im landläufigen Sinne)
- engl. evidence = Beleg, Beweis, Indiz
- med.: Anzeichen/Belege für einen Sachverhalt, wird grundlegend gefordert, auch in Prävention
- Kombination aus systematisch erfassten klinisch-praktischen Erkenntnissen (bzw. präventions-
praktisch) und dem aktuellen Stand der klinischen Forschung (wissenschaftliche Studien)
- völlige Klarheit nicht gegeben, stattdessen ein iterativer Prozess (es gibt nicht das eine richtige oder
falsche)
- Wissenschaft ist immer im Wandel (Beispiel: Hysterie war früher mal Störung heute nicht mehr)
- häufig fälschliche Vorstellung, dass es sich um Wahrheiten handelt
- Evidenz = das was wir gerade mit den Regeln, mit denen wir jetzt arbeiten, sagen können - kein absolutes Urteil, ist nur Moment-Aufnahme - kann sich verändern, kann falsifiziert werden → wissen aber nur Menschen mit wiss.Ausbildung
- z. B. empirische Evidenz (wünschenswert) aber auch theoretische Evidenz (hat dann einen niedrigeren Evidenzgrad)
- Finanzierung der Krankenkassen, wenn es eine grundlegende Evidenz gibt
Evidenzbasierung
- Evidenzbasierung als Forderung an medizinisch-therapeutisches Handeln!
→ Multidimensionales Konstrukt: - Evidenz, z. B. zur Wirksamkeit eines Therapieverfahrens bei chronischer Depression, kann zur individuellen
Behandlung (Auswahl und Einsatz des Verfahrens), aber auch zur gesellschaftlichen Steuerung (Umsetzung als Leitlinienverfahren, Regelfinanzierung) genutzt werden.
Was ist Evidenzbasierte Medizin?
Welche 3 Aspekte sind relevant?
EbM ist die Kombination von …
Kann man immer zu 100% auf dem neusten Forschungsstand zu sein?
- EbM ist „der gewissenhafte, ausdrückliche und angemessene Gebrauch der gegenwärtig besten vorhandenen Daten aus der Gesundheitsforschung, um bei Behandlung und Versorgung von konkreten Patienten Entscheidungen zu treffen. EbM beinhaltet die Integration individueller klinischer Expertise mit der bestmöglichen Evidenz aus klinischer Forschung und der Präferenz des Patienten.“
- kurz: Handeln, welches sich nach der aktuell herrschenden Evidenz richtet z. B. in der Gesundheitsforschung, Behandlung, Versorgung; diese 3 Aspekte relevant:
- klinische Expertise (Praxis): das was Behandler wissen, was sie aus der Praxis mitbringen - bestmögliche Evidenz (Forschung): RCTs, Meta-Analysen - Präferenz des Patienten (Patientenorientierung): was sich Patienten
wünschen, was für die umsetzbar ist, was Pat. nicht überfordert
- EbM ist die Kombination von klinischer Expertise, bestmöglicher Evidenz aus klinischer Forschung und Präferenz des Patienten für die bestmögliche Behandlung und Versorgung von Patienten.
- klinische Expertise, Kritik Vorhersagefehler, klin Expertise bedeutet aber auch, dass man es nie schafft immer zu 100% auf dem neusten Forschungsstand zu sein (alle relevanten Studien auf dem Schirm haben), gewisse Dinge können sich über die Zeit/Erfahrung als Expertise einspielen & auch nicht alle Befunde passen 1:1 in die Praxis, zur klin. Expertise gehört auch: Was ist in der Situation, für die Umstände, in dem spezifischen Kontext, mit vorhandenen Ressourcen umsetzbar? ist nicht frei von Fehlern, an macht sich im Modell bewusst, dass es auch eine Rolle spielt
- Beispiel: Reha, nur wenig zeit für PT-Sitzungen, Kurz-Module anpassen für begrenzte Zeit-Ressourcen, wenn es keine Evidenz gibt dafür, dann eigenständig anpassen: Welche Themen sind relevant? Was schaffen wir umzusetzen? Dafür braucht es dann die klin. Expertise.
→ diese drei Dimensionen ganz wichtig in dem Modell, diese sollten in der Behandlung immer mit einbezogen werden um die bestmögliche Behandlung anzubieten.
Was sind die Fünf Schritte der EbM?
Was könnte problematisch sein an dem Modell / bei den 5 Schritten?
die basalen, klassischen Prozessschritte:
Übersetzung des klinischen Problems in eine Fragestellung, die durch wissenschaftliche Untersuchungen zu
beantworten ist
Systematische Literaturrecherche nach geeigneten Studien
Kritische Evidenzbewertung über alle identifizierten Studien hinweg
Anwendung der gewonnenen Einsichten in Abwägung der konkreten klinischen Situation
Selbstkritische Evaluation und ggf. Anpassung der bisherigen Vorgehensweise
- vieles davon wird einem auch schon abgenommen durch Meta-Analysen - das ist auch Grundlage der EBM, die Meta-Analyse zu sichten, feststellen welches Programm am besten ist
und es dementsprechend in meiner Einrichtung durchzuführen/anzupassen/patientseits ausrichten
- immer auf dem aktuellsten Stand der Forschung zu sein - nicht so einfach das Verhalten zu ändern (auch als Behandler) - ggf. sind auch Kompetenzen beim Behandler nicht vorhanden - herausfordernde Evaluation - Prozess kostet wahnsinnig viel Zeit, die muss man erstmal haben
Auf einem großen Festival sollen als Maßnahme zur Hörprävention Ohrenstöpsel als Gehörschutz verteilt werden. Zu diesem Zweck soll eine Online-Botschaft erarbeitet werden, die ...
- ... beschreibt, wieso diese Maßnahme sinnvoll ist, - ... wann und wie Ohrenstöpsel getragen werden sollten und - ... wo Ohrenstöpsel erworben werden können
Beschreiben Sie, wie eine solche Botschaft aus Sicht evidenzbasierter Praxis und praxisbasierter Evidenz gestaltet werden kann.
- wichtig: mit dem Veranstalter zusammenzuarbeiten
- Vorbilder schaffen (soziale Gruppenmechanismen)
- Langzeiteffekte und Studien recherchieren → Aufarbeitung in Form von Kurz-Clips von z.B. Influencer, die das
unterstützen und animieren und die in dem Bereich tätig sind → das auf sozialen Medien posten
- auf die Frage wo man sie verteilen sollte: am Eingang und an hoch frequentierten Orten, wie Toiletten oder
Ständen, kostenfrei oder sehr günstig zur Verfügung stellen
Nachhaltige Implementation von Prävention:
Erklären Sie anhand eines Beispiels.
Präventionsmaßnahmen sollten möglichst umfassend evaluiert werden.
Was schließt das alles mit ein (3)?
Was ist das Ziel?
- Präventionsmaßnahmen sollten möglichst umfassend evaluiert werden - Struktur (z. B. Voraussetzungen, Rahmenbedingungen) - Prozess (z. B. Implementation eines Programms) - Ergebnis (z. B. Änderung von Verhalten oder Einstellung)
- Ziel: Sicherung von Wissen und populationsrelevanten Befunden; Überprüfbarkeit und Übertragbarkeit der Ergebnisse
- Auswahl und Implementation von Präventionsmaßnahmen perspektivisch erleichtert
Auf welchen Prinzipien fußt Evidenzbasierung im Bereich Prävention (Public Health)?
- evidenzbasierte Public Health
- Sicht der Pat. haben wir nicht immer indivduell, da PH sich ja auf die Bevölkerung bezieht, eher mit Kennzahlen arbeiten z. B. Inzidenzen etc.
- für die Präferenzen der Bevölkerungen kann man dann z. B. Werte & Einstellungen erfassen, da gibt es teilweise ja große surveys, die das erfassen
- Wirksamkeiten & Kosten: Evidenzen aus Meta-Analysen zu präventiven Interventionen, sollen auch berücksichtigt werden
- Beispiel: SKT mit Jugendlichen soll durchgeführt werden
- Wie machen wir das evidenzbasiert?
- Wo tritt das überhaupt auf? Für wen ist es relevant? Was sind RF die wir
ansprechen müssen?
- Inwieweit sind Ju bereit mitzumachen? Was wird akzeptiert? Wie muss man
dabei Vorgehen?
- oder Jug. fragen: Was wünscht ihr euch?
- Wirksamkeit & Kosten: Welche Maßnahmen anbieten? Was wird schon
angeboten?
Präventionskonzepte beurteilen, auch anhand verschiedener Kriterien von anderen Bereich z. B. für evidenzbasierte Medizin, welche Dimensionen/Konzepte werden angesprochen, interne/externe Validität → Bezüge herstellen, wenn es um evidenzbasierte Maßnahmen geht, überlegen „Inwieweit ist das relevant für das Feld? Ist es ein gesundheitsrelevantes Problem? Was sagt die Machbarkeit, die bisherige Erfahrung, klinische Expertise? Studienlage? Wirksamkeit und Übertragbarkeit von Maßnahmen? Langfristige Effekt? z. B. universitäre Konzepte die dann ins Feld gebracht werden, Nachhaltigkeit in Bezug auf weitere Kostenübernahme der Maßnahme
alles Ebenen der Evidenzbasierung die man mit berücksichtigen kann und die drei Aspekte (Praxis, Forschung, Präferenz) kann man auf die einzelnen Ebenen anwenden (siehe nächste Seite)
Welche Wirkungsbereiche der Prävention im Bereich wissenschaftlicher Evidenz kennen Sie?
Welche Methoden der evidenzbasierten Prävention (EbP) gibt es?
- Wirkungsbereiche der Prävention im Bereich wissenschaftlicher Evidenz - (sind mehr als nur outcome Studien)
- Relevanz (z. B. Bedeutung der Fragestellung) - Machbarkeit (z. B. Erreichung, Akzeptanz) - Wirksamkeit (z. B. Verhaltensbezogene Effekte) - Übertragbarkeit (z. B. Feldstudien) - Nachhaltigkeit (z. B. Regelfinanzierung)
Methoden der evidenzbasierten Prävention (EbP)
- Einrichtung zentraler Register (vgl. Cochrane Collaboration für EbM) zur Dokumentation evidenzbasierter Maßnahmen
- Formulierung für Evidenzkriterien von Prävention
- Anbindung der Evidenz an die Ausbildung im Bereich Prävention
- Transfer der Ergebnisse in Politik und Praxis (Schulungsprogramme, Empfehlungen für Politik)
- Nachhaltigkeit (ökonomisch, ökologisch, sozial)
- Methodische Weiterentwicklung der Präventionsforschung
(Bsp.: Entwicklung adäquater Forschungsmethoden zur Analyse von cluster-randomisierten Kontrollstudien oder adaptiven Interventionen)
Welche Methoden der evidenzbasierten Prävention (EbP) haben Sie kennengelernt?
Exkurs: Bsp. Cluster-randomised controlled trial (cRCT)
Exkurs: Mehrebenenanalyse
- laut Tomczyk nicht prüfungsrelevant, müssen wir nur kennen/nennen
Bsp. Adaptive Interventionen - SMART
Evidenzregister – Bsp.: Grüne Liste Prävention
wir sollen uns die grüne Liste mal anschauen, damit man eine Idee von den Angeboten bekommt:
- Stufe III: Balu & Du, Triple P (Positive Parenting Program)
- Stufe II: Familien stärken (Familienbasierte Prävention von Sucht- und Verhaltensstörungen bei Kindern
und Jugendliche), Das IGEL Programm (Prävention von sexualisierter Gewalt in der Primarstufe)
- Stufe I: No Blame Approach (Mobbing: Hinschauen, Handeln)
Was bedeutet evidenzbasierte Prävention?
Für was ist EBP ein strategisches Instrument?
Mittlerweile liegen elaborierte methodische Konzepte zur Evidenzgenerierung vor. Welche sind das z. B.?
Was ist Problematisch an den hohen Anforderungen der Evidenz?
- Evidenzbasierte Prävention bedeutet eine Optimierung der Auswahl, Implementation und Evaluation von Präventionsmaßnahmen basierend auf
- Praktischer Expertise (aus Forschung und Praxis zur Prävention) - Zielgruppenperspektive (Bedürfnisse, Wissen, Erfahrungen und Kompetenzen) - Rigoroser Evidenz (RCTs, systematische Übersicht und Evaluation)
- EBP als strategisches Instrument zur individuellen Interventionsgestaltung sowie zur Vereinheitlichung und Steuerung der Präventionsaufgaben in Staat und Gesellschaft
- Mittlerweile liegen elaborierte methodische Konzepte zur Evidenzgenerierung vor (vgl. methodische Ansätze wie Mehrebenenanalyse, SMART-Modelle)
- Die hohen Anforderungen an Evidenz gehen allerdings zu Lasten der Aktualität der Erkenntnisse (vgl. Problematik der Evidenzsynthese z. B. publication bias → Meta-Analysen u. a.)
HAUSAUFGABE
- Lesen Sie zur nächsten Sitzung den Artikel von Panova und Carbonell (2018)
- Setzen Sie sich mit einem Programm der Prävention für Glücks- oder Internetspielsucht auseinander und
notieren Sie Rahmenbedingungen, Stärken und Schwächen, z. B. Spielfieber https://www.gruene-liste- praevention.de/nano.cms/datenbank/programm/84
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