Merkmale, Ziele, Diagnose, Interventionsmethoden & Nomenklaturproblem der Primärprävention der OHP
fokussiert auf arbeitsbezogene Umweltfaktoren, die ein Risiko darstellen können: Arbeitsinhalte, Arbeitsorganisation, Arbeitsabläufe
Epidemiologisches Verständnis: Verminderung der “Inzidenz”
Problem/Risiko im Arbeitskontext existiert bereits -> Ausschlag für Intervention
Idealfall: Problem/Risiko hat noch keine Krankheit ausgelöst
Ziel: Behebung oder Management der Quelle eines Problems in der Organisation,…
… von dem viele in der Organisation betroffen sind
… das meist nur auf Organisationsebene zu lösen ist
… von denen viele Personen profitieren können
… keine individuellen Lösungen
Diagnose:
Problemuntersuchung
Meist Risikobeurteilung
Interventionsmethoden: Änderung von Arbeitsabläufen, Management, Gestaltung der Arbeitsumwelt; auf Gruppenebene
Nomenklaturproblem: Eigentlich nicht (epidemiologisch) primär-präventiv; Probleme sollen abgeschafft werden
Primäre Interventionen: Risikomanagement - Ansätze (Cox, Griffith, Randall)
Ist im Wesentlichen eine organisatorische Problemlösung, die auf die Verringerung oder Begrenzung von Risiken abzielt, wobei der Schwerpunkt auf der Risikominderung liegt.
-> Beurteilung von Risiken: was könnte Verletzungen/Schäden verursachen? Können die Risiken beseitigt werden? Falls nicht: Welche präventiven/schützenden Massnahmen sollten eingesetzt werden, um Risiken kontrollieren zu können?
Zentrale Begriffe:
Gefahr (hazard): Potential arbeitsbezogene Schäden auszulösen
Schäden (harm): Verletzungen/Krankheiten, die durch Arbeit verursacht werden (physisch und psychisch)
Risiko (risk): Assoziation zwischen Gefahren und Schäden bzw. Wahrscheinlichkeit, dass eine bestimmte Gefahr Schäden verursacht
Systematische, evidenzbasierte Problemlösestrategien auf Organisationsebene. Basiert auf zwei getrennten Abläufen: Risikobeurteilung (Diagnose) und Risikoabbau
Modell zur Implementierung (primärer) Gesundheitsförderung am Arbeitsplatz: Planning Framework (Noblet & LaMontagne)
Setzt auf Gruppenebene an (keine 1:1 Intervention)
Mehrere Schlaufen, abhängig von der Problem-/Risikosituation
7 Schritte: Umsetzung Risikomanagement
1-5: Entwicklung: Risikobeurteilung/ -abbau
Partizipativer Prozess
Ziel 1: Herausfinden wo und wie Gesundheit verbessert werden kann
Ziel 2: Garantie Unterstützung für alle
Planning Framework - Schritt 1: Unterstützung des Managements einholen
Ziel: Unterstützung vom Management bekommen (schwierig)
sehr komplexe Probleme zu erkennen
abhängig von der Dringlichkeit/Wahrnehmung des Problems
Oft Skepsis seitens Management (Führungsebene)
Hohe Frustrationstoleranz seitens der OHP
Umsetzung von Interventionsmassnahmen:
Geld, Ressourcen und zeitintensiv
Potenziell sehr störend
Erst auf lange Sicht erfolgreich (geldsparend, weniger Personalwechsel)
Ohne Unterstützung Management; Intervention nicht möglich
Argumentationsziele:
Komplexität des Vorhabens: Aufklärung, was Interventionen leisten und wo die Grenzen sind
Bedeutung für die Organisation: Chancen und Folgen einer Gesundheitsförderung - Fallbeispiele zeigen
Notwendigkeit des Engagements auf Managementebene: umfangreiche und systematische Intervention ist auf langfristige Kooperationen angewiesen; Management Engagement entscheiden
Bereitschaft zu Investitionen: Ressourcen wie Geld, Zeit vieler Mitarbeitenden und die Bereitschaft zu Veränderungen und Kritik des eigenen bisherigen Vorgehens
Planning Framework - Schritt 2: Koordinationsgruppe bilden oder übernehmen
Aufgabe: Koordination des Prozesses der Planung, Durchführung und Evaluation der Intervention zur Gesundheitsförderung
Verfügt über: Wissen, Einfluss- und Entscheidungsmöglichkeiten
Vertreter aller relevanten Gruppen der Organisation
Kann neu gebildet oder übernommen werden
Planning Framework - Schritt 3: Bedürfnisanalyse
Auch Risikobeurteilung
Ziel: Identifikation der (psychosozialen) Gefahren/Risikofaktoren
Instrumente: Umfragen in der Organisation, Berichte der Personalabteilungen, Statistiken. Diskussionen mit Interessenvertretung
Wer ist betroffen?
Wieviele sind betroffen?
Wie scherwiegend ist das Problem?
Welche Faktoren spiele eine Rolle?
Was sind positive Faktoren?
Planning Framework - Schritt 4: Prioritäten und Ziele festlegen
Aufgrund Bedürfnisanalyse: identifizierung von Zielen
Prioritäten bei der Zielsetzung: begründet & transparent
Transparente Kommunikation: Generierung von Verständnis
Mögliche Entscheidungskriterien:
Schwere der Problematik
Anzahl der Betroffenen
Gesetzliche Vorschriften
Wissen über Veränderbarkeit des Problems
Effektivität der vorhandenen Interventionsstrategien
Durchführbarkeit mit bestehenden Mitteln
Planning Framework - Schritt 5: Interventionsentwicklung und Handlungsplanung
In Zusammenarbeit mit Koordinationsgruppe:
Ergebnisse der Bedarfsanalyse nutzen
Bestehende Ressourcen der Organisation nutzen
Evidenzbasierte Strategien
Hoher Kontextbezug
Zielpersonen einbeziehen
Bei Planung festlegen:
Methoden der Intervention
Zeitrahmen (Kommunikation)
Wer führt Intervention durch und überwacht sie?
Budget
Planning Framework - Schritt 6: Implementierung
Barrieren antizipieren
Barrieren: Geräte gekauft werden, aber diese aus Zeitgründen oder wegen Skepsis nicht genutzt werden
Häufig: mangelnder Erfolg der Interventionen
Kaum Akzeptanz bei den Mitarbeitenden
Durch vollständige Implementierung (schlechte Absprache mit dem Management)
Kaum Einbezug von Entscheidungsträgern
Schlechte Finanzierung
Problemlösestrategien entwickeln
Erfolg der Intervention von den Massnahmen abhängig
Primäre Interventionen und ihre Effektivität (Richardson & Rothstein)
seltener als sekundäre Interventionen
Oft schwächere Designs als sekundäre Interventionen (selten Kontrollgruppen, eher prä-post Designs)
→ Gründe: Organisationsziele; Ethik; Randomisierung Individuumsebene nicht möglich, auf Clusterebene häufig auch nicht
häufig (zunächst) schwächere Effekte
→ Gründe:
− Verhinderung von Problemen
- oft Outcomes auf Organisationslevel statt Individuumslevel; häufig multifaktoriell bedingt
Interventionen auf Organisationsebene brauchen langfristige Follow-ups
ABER: auch effektstarke primäre Interventionen vorhanden
Sekundäre Interventionen der OHP: Gegenstand (Randall & Nielsen)
sekundäre Interventionen werden eingesetzt, wenn primäre Interventionen nicht realisierbar sind.
Ziele: Reduktion möglicher Belastungen durch schwierige, aber nicht lösbare Arbeitsbedingungen
Bsp: Gestörter circadianer Rhythmus bei Flugbegleiter*innen
Bsp: medizinisches Fachpersonal (Umgang mit Tod oder Schichtdienst)
Diagnose: Risikoanalyse (Teil von Riskmanagement)
Interventionsmethoden:
Training von Umbewertung und Bewältigung (z. B. Coaching, Psychotherapie)
Job-related Skills Training (z. B. Kompetenztraining im elektronischen Rechnungswesen)
Sekundäre Interventionen der OHP: Implementierung
Stress Management Training Interventionen:
Trainingsexpertise wird häufig eingekauft
Schritte:
Psychoedukation: Auswirkungen der Arbeitsbedingungen
Stressmanagement-Training: Bewertung und Bewältigung (verschiedene Techniken, z. B. Achtsamkeit)
Intervention häufig nicht im direkten Arbeitskontext
Kann als Arbeitszeit angerechnet werden, stört weniger den Arbeitsbetrieb
Dauer: Wochen bis Monate
Zuletzt geändertvor 2 Jahren