Charakteristika chronischer Erkrankungen
Erstmal Charakteristiken chronischer Erkrankungen:
Dauern lange, sind schwer oder gar nicht heilbar
Öfter multifaktoriell bedingt: Genetik, Umwelt, Verhalten
Formen der Chronizität: progredienter Verlauf, rezidivierender Verlauf, persistierender Verlauf
Gutes Erkrankungsmanagement durch Patient/in & Behandelnden kann:
Fortschreiten aufhalten
Symptome reduzieren
Schub verhindern
Rückfall verhindern
Handlungsfeld: Unterstützung bei Erkrankungsmanagement
Stärkung der Patient:innen für weitgehend selbständigen Umgang mit Erkrankung Verbesserung der körperlichen Gesundheit, Aufrechterhaltung von Gesundheitszuständen, Verzögerung des Fortschreitens von Erkrankung
Wie? Patient:innenschulungen mit Fokus auf Gesundheitsverhaltensänderung
Format: Gruppen, Beratung
Wann? (Behandlung und) Rehabilitation
Handlungsfeld: Behandlung psychophysiologischer Störungen
Verbesserung von Symptomen Verbesserung funktionaler Einschränkungen z.B. Schmerz, Fatigue
Wie? Patient:innenschulungen: Gesundheitsverhaltensänderung, Stressbewältigung, Schmerzbewältigung
Format: Gruppe, Beratung
Handlungsfeld: Psychische Bewältigung von Erkrankung
Reduktion von Stresserleben Mobilisierung sozialer Ressourcen Reduktion von Symptomen
Wie? Patient:innenschulungen: Stressbewältigung, Einbeziehung der Familie/des sozialen Netzwerks
Format: Gruppe, Beratung, Krisenintervention, Kurzzeittherapie
Merkmale der Evidenzbasierung (Meyer)
Idee kommt ursprünglich aus der Medizin „Evidence based Medicine“ (EbM)
Gute klinische Entscheidungen treffen → zunächst individuelle Entscheidungssituation, dann auf höhere Ebenen transportiert (z.B. Gesundheitssystem)
Idee der Evidenzbasierung hat sich auf viele Disziplinen in der Gesundheitsförderung übertragen (z.B. Pflege, Public Health, Versorgungsforschung/evidence-based Health Care, Klinische Psychologie, auch Gesundheitspsychologie)
Methoden, Begrifflichkeiten, Qualitätsstandards etc. wurden adaptiert und entwickelt
Evidenz bei klinischer Entscheidungsfindung: Ermittlung und Darlegung der Folgen von Behandlungsentscheidungen unter Unsicherheit
→ Folgenorientierung als Entscheidungsgrundlage
→ Abwägung positiver Folgen und erwarteter Schadenspotentiale
Evidenz wird empirisch ermittelt
Evidenzhierarchien (Tabelle)
Interventionsstudien: RCTs (Bonita)
viele verschiedene Typen von Interventionsstudien
hier: randomized controlled trial RCT
prospektiv, längsschnittlich, experimentell
Gesundheitspsychologische Kriterien im klinischen Kontext
Gesundheitsrelevantes Verhalten, z.B. Erkrankungsmanagement, Rauchen, Alkoholkonsum, Ernährung, körperliche Aktivität, ...
Stress und Wohlbefinden
Stressbewältigung/Krankheitsbewältigung
Schmerzen
andere Symptome und Körperfunktionen
Funktionale Limitationen: Activities of Daily Living (ADLs), Instrumental Activities of Daily Living (IADLs)
Rollenfunktionen: soziale (u.a. Arbeit), emotionale, körperliche
Subjektive Gesundheit
Übergeordnet: gesundheitsbezogene Lebensqualität, generisch und krankheitsspezifisch
Weiterhin übergeordnet zusammengefasst bezeichnet und ergänzt: Patient-Reported Outcome Measures (PROs/PROMs)
Was ist Lebensqualität (McGee & Ring)
Problemstellung:
Sehr uneinheitliche Verwendung des Begriffs
Sehr viele Definitionen
Sehr viele Messinstrumente
Sehr wenig Theorie
In der Regel operationale Definition (es ist das, was wir messen)
Philosophische Perspektive: Wants and Needs
Needs-Ansatz: Erfüllen von universellen menschlichen Bedürfnissen → Objektive Erfassung von QoL, normativer Ansatz
Wants-Ansatz: Individuum bestimmt, was die eigene Lebensqualität ausmacht → Subjektive Erfassung, idiographischer Ansatz
Definition: (allgemeine) Lebensqualität: Quality of life was defined, therefore, as individuals‘ perception of their position in life in the context of the culture and value systems in which they live and in relation to their goals, expectations, standards and concerns.“ (WHOQOL Group, 1995, p. 1405)
Definition: Gesundheitsbezogene Lebensqualität (health-related quality of life, HRQOL): HRQOL is the functional effect of a medical condition and/or its consequent therapy upon a patient. HRQOL is thus subjective and multidimensional, encompassing physical and occupational function, psychological state, social interaction and somatic sensation. (International Society for Quality of Life Research
Nutzen von Lebensqualität im klinischen Kontext (McGee & Ring)
Hintergrund: Paradigmenwechsel zum biopsychosozialen Modell
→ QoL meist secondary outcome, bei chronischen / progredient verlaufenden Krankheiten auch main / primary outcome
Funktionen der Lebensqualitätserfassung im klinischen Kontext:
Vergleich von Treatments in klinischen Untersuchungen Entscheidungshilfe für Behandlungen
Evaluationen / Qualitätssicherung
Deskriptive Erfassung in unterschiedlichen Populationen
Hilfe bei Entscheidungen zur Ressourcenallokation im Gesundheitssystem
Quality-adjusted life years (QALYs): Einfluss medizinischer Interventionen auf QoL und Überleben
Messung der Lebensqualität (McGee & Ring)
Messinstrumente für die Messung von:
Allgemeiner Lebensqualität
Allgemein-gesundheitsbezogener und krankheitsspezifisch-gesundheitsbezogener Lebensqualität
Populations-spezifischer Lebensqualität
Dimensions-spezifischer Lebensqualität
Individualisierter Lebensqualität
Nützlichkeit
Erfassung über Fremdbericht oder Selbstbericht
→ Selbstbericht gehört zum breiteren Konzept der patient reported outcomes, PRO
Mögliche Probleme bei der Erfassung von Lebensqualität (McGee & Ring)
Response shift
durch veränderte eigene Standards
durch veränderte Gewichtung einzelner Komponenten – durch veränderte eigene Definition von Lebensqualität
Erinnerungsverzerrung / Recall bias
Herausforderung: response shift kann Ausdruck einer adaptiven Bewältigungsreaktion sein
Zuletzt geändertvor 2 Jahren