Buffl

5. NS-Medizin

AB
von Anja B.

WISSEN


Defintion

“Eugenik”

“Eugenik”


Definition:Eugen(et)ik: “gute Herkunft herstellen”

  • Zukunftsprojekt eines Staates für die nächste(n) Generationen= politisches Programm

  • Ziel: Verbesserung der allgemeinen Gesundheit, Aufhalten von Krankheits- und Degeneratiosnerscheinungen (zunächst Fokus: Tbc und Syphilis)

  • Methode: staatliche Einflussnahme auf Reproduktion

  • Kontext 1: Hygienebewegung des 19. Jahrhunderts (präventiver Aspekt der Medizin)

  • Kontext 2: Kulturpessimismus und Darwinismus

    • diffuse Vererbungslehre: Gleichsetzung von Vererbung und familiärer Häufung

    • “Natürlichkeitsargumente” gegen den Sozialstaat

  • Ethische Problematik

    • Ausschließlich öffentliches Interesse, persönliche Präferenzen irrelevant

    • Art der Festlegung unerwünschter Eigenschaften (per Regierungsbeschluss ohne Einbeziehung Betroffener)

    • Fixierung auf Vererbung, “Schicksal”, Determinismus

    • Verbachlässigung anderer präventiver Maßnahmen

    • in der Geschichte oft: biologische Lösung sozialer Probleme angestrebt


2 Formen:

  • positive Eugenik: Förderung der Geburtenrate von Geeigneten (Förderprogramme, finanzielle Anreize, Abtreibungsverbot)

  • negative Eugenik: Geburtenkontrolle von “Ungeeigneten” (Heiratsrestriktionen für Einwanderer, Zwangssterilisationen für soziale Randgruppen und genetisch Erkrankte)


  • keine NS-Erfindung

  • kann von einer breiten Bevölkerungsmehrheit befürwortete werden

  • auch heute noch “eugenische” Tendenzen

  • muss nicht mit Zwangsmaßnahmen verbunden sein, sondern kann auch Anreize bieten (positive Eugenik)

  • hat NICHTS mit Euthanasie zu tun


Eugenik in

  • Großbrittanien

  • Dänemark

  • Schweden

  • USA


Eugenik in

  • Großbrittanien

    • Auftrieb durch Burenkrieg (1899-1902)

    • extrem verlustreich, große Grausamkeit, negatives Medienecho (erster Krieg in einer Massendemokratie)

    • Mangel an kampffähigen Soldaten (Degenerationsangst)

    • Angst vor Verlust der Vormachtstellung in Afrika

      • Prominente Fürsprecher der Eugenik, z.B.

        • John Maynard Keynes (Makroökonom)

        • Georg Bernard Shaw (Dramatiker, Satiriker, Nobelpreis 1925)

        • Margaret Sanger (Vorkämpferin für Frauenrecht auf Empfängnisverhütung, Gründungsmitglied von ProFamilia (sinkende Geburtenzahl für besser Gesundheit der Mutter und bessere Versorgung der Familie)

  • Dänemark

    • 1929 Gesetz zur Zwangssterilisation

    • ca 10.000 Betroffene, 5-7.000 zwangsweise

    • Praxis bei heranwachsenden geistig und körperlich Behinderten vor Entlassung aus Heimen

    • Ziel: präventive Lösung sozialer Probleme

    • 1967 abgeschafft

  • Schweden

    • 1921 Institut für Rassiche Biologie an der Universität Uppsala (1922 Schautafeln “rein schwedische Rasse”

    • 1934+1941 Gesetze zur eugenischen Zwangssterilisation

    • zwischen 1935 und 1976 ca 62.000 Sterilisationen

      • geistig Behinderte

      • “Gemischtrassige”, “Zigeuner”

      • “Asoziale”, alleinstehende Mütter mit “unstetem Lebenswandel” (Sterilisation nach 3. unehelichem Kind)

      • 1976 Aufhebung der Sterilisationsgesetze

  • USA

    • 1911-1930 Gesetze zur Zwangssterilisation in 24 Bundesstaaten

      (geistig Behinderte, Kranke, Kriminelle)

    • genetische Beratungspflicht vor der Heirat

    • Verbot von Eheschließlung zwischen Angehörigen verschiedener “Rassen”

    • 1924: Johnson-Act (Einschränkung der Einwanderung von Ost und Südeuropäern)


WISSEN


Beispiele für NS-Sozialmedizin und NS-Leistungsmedizin

Beispiele für NS-Sozialmedizin und NS-Leistungsmedizin


Sozialmedizin

  • Übertragung von Prävention/ Hygiene auf soziale/ gesellschatftliche Probleme

  • Ideologie, in der der Einzelne sehr wenig, die “Volksgemeinschaft” aber sehr viel zählt

  • Medizin als politisches Instrument

  • Ziele:

    • Bevölkerungswachstum

    • “Rassenhygiene”

    • gesundheitsbezogene “Leistungsbilanz” des Volkes

    • lange Erhaltung/ rascher Wiederaufbau von Arbeits-/ Wehrfähigkeit

    • Verlängerung der Arbeitslebenszeit

    • Kostenersparnis und Entlastung der Sozialsysteme


Leistungsmedizin

  • “Patient deutsches Volk” soll unter allen Umständen und auch gegen persönliche Einzelinteressen und moralische Einwände gesund und zukunftsfähig gemacht werden

  • kein humanitärer, sondern ideologischer Gedanke

  • Maßnahmen

    • Mutter-, Jugend- und Arbeitsschutz (Verhinderung von Frühinvalidität)

    • Betriebsarztsystem

    • Förderung des Breitensports, Betriebssportgruppe

    • Anti-Tabak- und Anti-Alkohol-Kampagne

    • Ausbau eines staatlich-ambulanten Fürsorgenetzes, besonders zur Tuberkulosebekämpfung

    • epidemiologische Register

    • Forcierung von Krebsforschung und -früherkennung

    • Verbot/ Verhinderung von Abtreibung

    • rechtliche Gleichstellung ehelicher und unehelicher Kinder

    • Prämierung von Kinderreichtum (“Mutterkreuz”)

  • Max Bürger (1885-1966)

    • 1937: Ordinarius für Innere Medizin

    • Pathophysiologie, Sportmedizin, Hormonforschung, Stoffwechsel (Fette, Diabetes), Altersforschung

    • Beteiligung am “leistungsmedizinischen Programm”

    • 1938: Zeitschrift für Verdauungs- und Stoffwechselkrankheiten

    • 1939: Zeitschrift für Alternsforschung


WISSEN


Die Situation jüdischer Ärzte vor 1933

Die Situation jüdischer Ärzte vor 1933


  • Arzt als bevorzugter Beruf

    • 0,9% der Bevölkerung Juden, aber 16% der Ärzte

    • jüdische Familientradition seit dem 18. Jahrhundert

    • freie Berufe wegen sonstiger Diskriminierung bevorzugt

      • mehr Rechte für Juden im Zuge der Zivilgesellschaft

      • Verbeamtungsverbot für Juden (keine Möglichkeit im Juristentum/ Professur)

    • relativ hoher Frauenanteil (konnten nicht verbeamtet werden, wenig Lehrerinnen (Lehrerinnenzölibat, Heiratsverbot) -> oft Wahl der Ärztinnenkarriere

    • gut 2/3 niedergelassen

  • hohes Ansehen auch bei Nicht-Juden

    • trotz z.T. kirchlicher Verbote konsultiert

    • hoher Anteil unter Forschern

    • Generationen von Ärzten -> langjähriges Vertrauen der Bevölkerung in Ärztefamilien

  • 1882-1909: 20-25 jüdische Ordinarien, bis 1917 auf 13 abgesunken, dann Anstieg auf 30

  • Antisemitismus in Studentenschaften (durch Studentenverbindungen -> Burschenschaften und christliche Verbindungen -> Ausschluss von Juden)

  • oft sozialer Boykott von Kollegen (Karriereende mit Extraordinat)

  • Wahl von Randfächern (geringere Konkurrenz/ Boykott)

    Dermatologie, Pharmakologie, Hygiene, Pädiatrie

  • neue oder kleine Universitäten

    Ausnahme: Frankfurt am Main, Breslau

  • außeruniversitäre Forschung (Kaiser-Wilhelm-Institute)


Antisemitismus um 1900

  • Judentum als “Konfession” vs. Judentum als Volk bzw. “Rasse” (“Israeliten”)

    • Konversion vs. Zionistische Bewegung

    • Einwanderungswelle konservativer “Ostjuden” wegen Pogromen in Russland

  • Abgrenzung der “Semiten” von “Germanen”

    • Zuschreibung von Minderwertigkeit

    • Einbindung in die Weltgeschichte (“der ewige Jude”), dunkle Mächte, Weltverschwörung (“Protokolle der Weisen von Zion”)

    • Schädlichkeit durch Verhindern der Weiterentwicklung

  • Antisemitismus in der Ärztschaft

    • Überlagerung des konfessionellen Antisemitismus (“volksfremd”)

    • Konkurrenz

      • Unterstellung moralischer Unzuverlässigkeit (weibliche Patienten!)

      • Propotionialität: “zu viele Juden unter den Ärzten”

    • Antimodernistische Stömungen

      • Beteiligungen an Tierversuchen, Impfungen

      • Psychoanalyse, Sexualwissenschaft, Hypnose

      • “entseelte Heilkunst”


WISSEN


Vorgeschichte der NS-Euthanasie

“Lebensunwertes Leben” - Vorgeschichte

  • Euthanasie = “guter Tod”, “Gnadentod”

  • Adolf Jost: Das Recht auf den Tod (1895)

    • Wert des Lebens für die Betroffenen

    • Wert des Lebens für die Gemeinschaft

    • kann auf und unter Null (“Unwert”) sinken

    • Staat hat Recht auf Lebensbeendigung bei Unheilbarkeit

    • Unbegrenztes Vertrauen in die Integrität des Staates

    • Praktische Forderungen Josts:

      • Freigabe der Selbsttötung (Selbstmord wird nicht mehr bestraft)

      • Freigabe der Tötung auf Verlangen

  • Ernst Haeckel: “Lebenswunder”

    • “Selbsterlösung”, u.U. mit ärztlicher Beihilfe

    • neue “monoistische” Moral: Forderung nach biologischer Auslese

    • Tötung missgebildeter Neugeborener

    • “Perfekte Natur”

      • Befürworter der Eugenik

      • “Perfekte Gesellschaft” durch Maßnahmen

      • politische Forderung aufgrund der Mystifizierung der Natur

  • Roland Gerkan

    • schwer lungenkrank - Langzeitschaden nach Tuberkulose

    • Mitglied des Monistenbundes

    • 1913 Vorschlag für einen Gesetzesentwurf (in: “Das monistische Jahrhundert”)

      • “wer unheilbar krank ist, hat das Recht auf Sterbehilfe” = aktive Euthanasie

      • “Wer einen Kranken tötet, ohne dass dieser es ausdrücklich und unzweideutig verlangt, wird mit Zuchthaus bestraft”

  • Karl Binding (Jurist) und Alfred Hoche (Psychiater):

    • Die Freigabe der Vernichtung lebensunwerten Lebens (1920)

      • “Gnadentod” für Unheilbare und Leidende

      • Tötung von “Schwachsinnigen” und Komatösen (“Menschenhülsen”, “Verödete”)

      • Betonung der “finanziellen Belastung”

    • breite gesellschaftliche Diskussion

    • Umdeutung des Euthanasie-Begriffes



WISSEN


Maßnahmen und Zielgruppen für NS-Euthanasie

Maßnahmen und Zielgruppen für NS-Euthanasie

  • Die “Aktion T4” (Tiergartenstraße 4, Berlin)

    • Tarnfirmen

      • Reichsarbeitsgemeinschaft Heil- und Pflegeanstalten (Kommunikation mit Angehörigen)

      • gemeinnützige Krankentransport GmbH

      • Gemeinnützige Stiftung für Anstaltspflege

      • Zentralverrechnungststelle Heil- und Pflegeanstalten

    • ca 70.000 Erwachsene aus psychiatrischen Anstalten betroffen

      • Pflegefälle aus unbehandelten Stoffwechselerkrankungen

      • tatsächlich psychisch Kranke

      • vorgeben, die Patienten gingen zu “Arbeitseinsätzen” -> keine schwer kranken Patienten, später jedoch weniger selektiv

    • Jan 1940-24.08.1941, danach “wilde Euthanasie” (Tod der Insassen durch Verwahrlosung)

    • CO2-Gas, später Medikamente und Verhungern (“Leeren” der Psychiatrie, Einsatz als Feldlazarett)

    • 6 zentrale Tötungsanstalten

      • Brandenburg, Bernburg, Grafeneck bei Reutlingen, Hadamar, Hartheim bei Linz, Sonnenstein bei Pirna

  • “Aktion 14f13” (April 1941-Dezember 1944)

    • mindestens 20.000 KZ-Insassen betroffen

    • politisch-rassistische Gesichtspunkte, keine Krankheiten

    • “Nachnutzung” der Gaskammern in Bernburg, Hartheim und Sonnenstein

  • “Aktion Brandt” (ab Sommer 1943)

    • Opferzahl unbekannt, kaum erforscht, eventuell nur in Berlin

    • Schwerkranke und Pflegefälle im allgemeinen Krankenhaus betroffen (Bettenmangel nach Zerstörung vieler Kliniken durch Luftangriffe)

  • Krankentötungen in den besetzten Gebieten Polens und der Sowietunion

    • mindestens 10.000 Insassen von Heil- und Pflegeanstalten


WISSEN


Menschenversuche im Nationalsozialismus und daran beteiligte (auch aus der Leipziger Medizinischen Fakultät) nennen und deren späteres Schicksal beschreiben

NS- Menschenversuche, die Beteiligten und deren späteres Schicksal

  • Joseph Mengele

    • KZ Auschwitz-Birkenau:

    • promovierter Anthropologe, “Rassenkundler” (kein Mediziner)

    • Selektion der Gefangenen für Vergasung

    • vererbungswissenschaftliche Zwillingsforschung -> Handlungen aus Grausamkeit ohne rechtfertigende medizinische Fragestellung

    • Ermordung zur Organentnahme und vergleichenden Sektion

    • Operationen ohne Narkose

    • künstliche Infektionen

    • Flucht nach Südamerika, Arbeit als Genetiker, gest. 1979, exhumiert 1985

  • Sigismund Rascher

    • NS-Menschenversuche in Dachau (kein Vernichtungslager, für politische Gefangene)

    • Unterdruckversuche -> von 200 Versuchspersonen ca 75 gestorben

    • Karriere + “Kriegswichtigkeit”

    • unterstützt durch August Weltz, Siegfried Ruff, Hans-Wolfgang Romberg (freigesprochen)

    • auf Befehl Himmlers Ende April 1945 erschossen

  • Ernst Holzlöhner

    • NS-Menschenversuche in Dachau, Kälteversuche

  • Hans Eppinger, Wilhelm Beiglböck

    • NS-Menschenversuche in Dachau

    • Durstversuche, Trinkbarmachen von Salzwasser

  • Claus Schilling (1871-1946)

    • NS-Menschenversuche in Dachau

    • Schüler von Robert Koch, Kolonialarzt in Togau und Deutsch-Ostafrika

    • 1905-1936 Direktor der tropenmedizinischen Abteilung des Robert-Koch-Instituts, seit den 1920er Jahren serologische Experimente an Psychiatriepatienten italienischer Heilanstalten und in Berlin

    • ab 1942 in Dachau Experimente zur Entwicklung eines Heilmittels (Boehringer 2516) bzw eines Impfstoffes gegen Malaria (infizierte Stechmücken, Injetkion infizieren Mückenspeichels)

    • über 1.000 Häftlinge beteiligt, 30 sofort gestorben, 300-400 durch Spätfolgen geschädigt

    • Todesstrafe

  • Carl Clauberg

    • KZ Auschwitz

    • Röntgenkastration, Sterilisationsversuche mit Injektionen, Hormonversuche

  • Erwin Ding-Schuler

    • Hygiene-Institut der SS

    • Fleckfieberversuche (von Läusen übertragen, z.B. in Kaserne -> Kriegsrelevanz)

    • unterstützt von namenhaften Wissenschaftlern

  • Karl Gebhardt

    • KZ Ravensbrück

    • Sulfonamidwirkung bei Schussverletzungen

    • Knochenregeneration und Transplantation


WISSEN


NKLM: Historische Ursprünge der Humangenetik, einschließlich der Eugenik

NKLM: Historische Ursprünge der Humangenetik, einschließlich der Eugenik


Anfänge der Genetik

  • Gregor Mendel (1822-1884): Kreuzungsexperimente an Erbsen

  • erst 1900 in Botanik wiederentdeckt (Hugo deVries, Carl Correns, Erich Tschermak)

    (Forschung an nicht-mendelschen Erbgängen)

  • Wiliam Bateson, 1900: Nachweis der Gültigkeit der Regeln für Tiere

  • schwer wiegende Einwände gegen Darwin: Ausdünnen der Mutation in der nächsten Generation

  • Ablehung in der Sowietunion: Weitergabe erworbener Eigenschaften (Neo-Lamarckismus), Einflüsse der Umwelt (Lyssenkiosmus)

  • “Synthetische Theorie” der Evolution erst seit den 1950er Jahren


Entwicklung der Genetik

  • 1842 Entdeckung anfärbbarer “Chromosomen” (Begriff 1888) im Zellkern, Funktion unklar

  • 1905 Zusammenhang zwischen Chromosomen und Geschlecht (XX vs XY)

  • 1909 Begriff “Gen” als Objekt der Vererbungsforschung

  • 1910 Differenzierung zwischen Genotyp und Phänotyp

  • 1915 Chromosomentheorie der Vererbung: Thomas Hunt Morgan, Nobelpreis 1933

  • 1941: Ein-Gen-Ein-Enzym-Hypothese: George Wells Beadle und Edward Lawrie Tatum, Nobelpreis 1958

  • 1953: Doppelhelix: Francis Crick, James Watson, Maurice Wilkins, Nobelpreis 1962


Eugenik

  • Eugen(et)ik: “gute Herkunft herstellen”

  • Zukunftsprojekt eines Staates für die nächste(n) Generationen= politisches Programm

  • Ziel: Verbesserung der allgemeinen Gesundheit, Aufhalten von Krankheits- und Degeneratiosnerscheinungen (zunächst Fokus: Tbc und Syphilis)

  • Methode: staatliche Einflussnahme auf Reproduktion

  • Kontext 1: Hygienebewegung des 19. Jahrhunderts (präventiver Aspekt der Medizin)

  • Kontext 2: Kulturpessimismus und Darwinismus

    • diffuse Vererbungslehre: Gleichsetzung von Vererbung und familiärer Häufung

    • “Natürlichkeitsargumente” gegen den Sozialstaat


WISSEN


NKLM: Historische Entwicklung der Sterbehilfediskussion in deren Bedeutung für die aktuellen Debatten

NKLM: Historische Entwicklung der Sterbehilfediskussion in deren Bedeutung für die aktuellen Debatten


Historische Entwicklung:

  • Adolf Jost: Das Recht auf den Tod (1895)

    • Wert des Lebens für die Betroffenen

    • Wert des Lebens für die Gemeinschaft

    • kann auf und unter Null (“Unwert”) sinken

    • Staat hat Recht auf Lebensbeendigung bei Unheilbarkeit

    • Unbegrenztes Vertrauen in die Integrität des Staates

    • Praktische Forderungen Josts:

      • Freigabe der Selbsttötung (Selbstmord wird nicht mehr bestraft)

      • Freigabe der Tötung auf Verlangen

  • Ernst Haeckel: “Lebenswunder”

    • “Selbsterlöung”, u.U. mit ärztlicher Beihilfe

  • Karl Binding (Jurist) und Alfred Hoche (Psychiater):

    • Die Freigabe der Vernichtung lebensunwerten Lebens (1920)

      • “Gnadentod” für Unheilbare und Leidende

      • Tötung von “Schwachsinnigen” und Komatösen (“Menschenhülsen”, “Verödete”)

      • Betonung der “finanziellen Belastung”

    • Breite gesellschaftliche Diskussion

    • Umdeuteung des Euthanasie-Begriffes


Aktuelle Debatten

  • Lernen aus Geschte: Angst vor Missbrauch

  • Selbsttötung ist nicht strafbar (damit auch die Beihilfe zur Selbsttötung nicht, wenn Suizident freiwillig handelt und keine Garantenpflicht (Eltern, Ehegatten, behandelnder Arzt) besteht

  • ärztlicher Suizid vom deutschen Juristentag 2006 ausdrücklich gebilligt

  • Verpflichtung gegen das Leben: Reanimation auch von Suizidenten

  • Hilfe zum Sterben

    • passive Sterbehilfe (nichtergreifen, reduzieren oder nicht-fortführen lebenserhaltender Maßnahmen)

    • indirekte Sterbehilfe (Tötung als unbeabsichtigte Folge der Schmerzbekämpfung)

    • aktive Sterbehilfe (Beschleunigen des Sterbevorganges durch Gabe eines tödlichen Mittels bei infauster Diagnose, Tötung als letztes Mittel zur Schmerzbeseitigung) - in Dtl nicht erlaubt

    • Tötung auf Verlangen (ggf durch Unterlassen)

    • Beihilfe zur Selbsttötung/ ärztlich assistierter Suizid


Author

Anja B.

Informationen

Zuletzt geändert